Übersicht, Bezeichnungen und Verbreitung
Im Hegau bei Tengen und Wiechs am Randen sowie im oberschwäbischen Molassegebiet zwischen dem Bodensee und Biberach a. d. Riß treten vor allem in den Schichten der Oberen Meeresmolasse Schillkalksteine (Schalentrümmerkalke), schillreiche Sandsteine und karbonatische Sandsteine an die Oberfläche. Sie werden bzw. wurden über viele Jahrhunderte hinweg, z. T. schon zu römischer Zeit, genutzt. Derzeit (Stand 2021) wird in Baden-Württemberg nur noch der Randen-Grobkalk bei Tengen abgebaut. Der Abbau findet im Bruch der Fa. Otto Meier (RG 8117‑2) am südlichen Ortsrand von Tengen statt (s. Karte). Der Hintere Steinbruch (RG 8117‑4) wurde bis 1978 von der Fa. Lauster Steinbau und im Zeitraum 1998–2000 von der Fa. Schön & Hippelein betrieben. Der Vordere Steinbruch (RG 8117‑300), einst ebenfalls von der Fa. Lauster angelegt, wird seit 1978 als städtischer Bauhof genutzt. Ein weiteres wichtiges Abbaugebiet von Randen-Grobkalk war lange auch dasjenige bei Wiechs am Randen.
Am südlichen Bodenseegebiet werden sowohl auf Schweizer Seite, im Kanton St. Gallen, als auch in Vorarlberg bei Bregenz Feinsandsteine der Oberen Meeresmolasse in großem Umfang genutzt; sie werden nach ihren Abbaugebieten als Rorschacher Sandstein oder Schwarzachtobler Quarzsandstein bezeichnet. Wegen ihrer guten Bearbeitbarkeit und der großen gewinnbaren Blockformate hatten und haben sie besondere Bedeutung für die Baudenkmale des Bodenseegebiets; berühmte Beispiele sind das im 8. Jahrhundert gegründete Kloster auf der Insel Reichenau und das im Wesentlichen zwischen dem 11. und 15. Jh. errichtete Münster von Konstanz (s. u.). Schöne und leicht zugängliche Sandsteinaufschlüsse findet man auf deutscher Seite im Stadtgarten von Überlingen und an der Uferstraße bei Überlingen-Goldbach. Die Altstadt von Überlingen liefert zahlreiche schöne Verwendungsbeispiele von Molassesandstein.
Geologisches Alter, Entstehung
Das dem Alpenbogen im Norden vorgelagerte und von Frankreich bis in das Wiener Becken reichende Molassebecken entstand während des Tertiärs in einem rasch einsinkenden Vorlandbecken (weitere Informationen in: Walter, 1995; Villinger, 2011; Geyer et al., 2011). Flüsse lieferten aus den sich heraushebenden Alpen große Mengen an Erosionsmaterial in diese Senke, wobei nahe am Alpenrand grobe Gesteinskomponenten (Konglomerate, Grobsande), in größerer Entfernung vom Liefergebiet aber feine Sande und Mergel abgelagert wurden. In einem Zeitraum von rund 30 Mio. Jahren entstand so ein über 4000 m mächtiges Sedimentpaket. Zweimal konnte Meereswasser in diese Senke vordringen, was eine Gliederung dieser Folge erlaubt:
- Untere Meeresmolasse (Rupelium), abgelagert vor etwa 34 bis 28 Mio. Jahren
- Untere Süßwassermolasse (Chattium und Aquitanium), abgelagert vor etwa 28 bis 22 Mio. Jahren
- Obere Meeresmolasse (Burdigalium und Langhium), vor etwa 22 bis 16 Mio. Jahren
- Obere Süßwassermolasse (Serravallium, Tortonium und Pontium), abgelagert vor etwa 16 bis ca. 5 Mio. Jahren
Der Randen-Grobkalk ist eine charakteristische Bildung der nordwestlichen Randfazies der miozänzeitlichen Oberen Meeresmolasse im Hegau. Die Gesteine, die als ehemalige Strandablagerungen zu interpretieren sind (Hofmann et al., 2000; Bieg, 2005), liegen dem Oberjura, z. T. auch Rinnenschüttungen der Älteren Juranagelfluh auf. Aufgrund des Bildungsmilieus an einem Meeresstrand ist die Geometrie der Sand- und Schillkalkkörper durch rasche Wechsel gekennzeichnet. Der geologische Schnitt (rechts) zeigt einen Ausschnitt aus den Verhältnissen oberhalb des Oberen Lagers von Randen-Grobkalk.
Randen-Grobkalk
Übersicht, Bezeichnung, Verbreitung:
Im Hegau zwischen Tengen, Tengen-Wiechs am Randen und Engen (Lkr. Konstanz) wurde an vielen Stellen Muschelsandstein der Oberen Meeresmolasse abgebaut; bei Tengen und Wiechs am Randen ist er besonders reich an Schalentrümmern (Schill), weshalb er hier auch als Randen-Grobkalk oder Muschelkalkstein bezeichnet wird. Nach den Aufschlüssen bei Tengen handelt es sich um isolierte Körper von mehreren Hundert Metern Länge und Breite, die sich mit schräg geschichteten, glimmerreichen, gelblichen und rötlichen Sanden der Oberen Meeresmolasse verzahnen, bzw. von Sanden diskordant (Erosionsdiskordanzen) überlagert werden. Meist liegen mehrere Schillkalkbänke, getrennt durch Sande, übereinander.
Die Mächtigkeit der Werksteinfazies im Randen-Grobkalk weist Schwankungen zwischen unter 1 m bis max. 18 m auf. Besonders hohe Mächtigkeiten erreichen die Schillkalke im Vorderen Bruch unmittelbar südöstlich von Tengen, wo in den 1930/40er Jahren eine Schicht von 13–18 m Mächtigkeit abgebaut wurde. Die Bankmächtigkeiten variieren zwischen ca. 0,3 und 3 m. Im aktuellen Steinbruch (Stand 2021) der Fa. Otto Meier (RG 8117‑2) werden drei, jeweils 1,5 bis 3 m mächtige Lager von Schillkalksteinen genutzt, die mit Glimmersanden und plattigen Feinsandsteinen wechsellagern. Die Vorkommen des Randen-Grobkalks in der Umgebung von Wiechs am Randen weisen nutzbare Mächtigkeiten zwischen ca. 2,5 und 7 m auf.
Die Bezeichnung „Randengrobkalk“, von Rollier (1903) in die Literatur eingeführt, leitet sich einerseits vom Randengebiet nordwestlich von Schaffhausen und andererseits von seinem ungewöhnlich grobkörnigen und großporigen Erscheinungsbild ab. Er wird auch als Tengener Muschelkalk, Tengener Kalkstein oder Randenkalk bezeichnet.
Gesteinsbeschreibung, technische Eigenschaften und Verwendung:
Der Randen-Grobkalk ist ein poröser, grober, komponentengestützter Schalentrümmerkalkstein mit hellgelblicher, graugelber bis hellrötlichbrauner Färbung. Er enthält neben den dominierenden Fossilbruchstücken grobe Quarzkörner und Millimeter große Gerölle kieseliger Gesteine, vor allem rötlicher, brauner und schwarzer Radiolarite. Der Quarzgehalt schwankt lagenweise zwischen 10 und 40 %. Das Gestein kann daher auch als grobsandiger Schillkalkstein bezeichnet werden. Die Komponenten (Volumenanteil ca. 55 %) sind durch einen grobkristallinen Zement (ca. 10–20 %) verkittet, der sichtbare Porenraum in den sehr fossilreichen Abschnitten beträgt 35–40 %. Mit der Zunahme des Quarzsandgehaltes geht die Porosität bis auf 10 % zurück (Lukas, 1990b; Bieg, 2005). An karbonatischen Komponenten sind Bruchstücke von Schalentieren, besonders von Pecten, Austern und Schnecken häufig. Daneben sind Reste von Bryozoen und Foraminiferen zu finden. Der Fossilschutt ist dabei nur grob zerbrochen und zeigt eckige, selten leicht kantengerundete Bruchstücke. Der für die Werksteinindustrie wichtige Randen-Grobkalk im engeren Sinne kann aus sedimentologischer Sicht als Schnecken-Bryozoen-Muschel-Kornstein (Gastropod-Bryozoan-Mollusc-grainstone, Bieg, 2005) oder allgemeiner als Biosparit bzw. Grainstone bis Rudstone bezeichnet werden. Der Randen-Grobkalk als geologische Einheit enthält auch siliziklastisch-karbonatische Wechselfolgen, stark quarzsandige und sogar kiesführende Abschnitte.
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Gesteinstechnische Daten aus dem Vorderen Bruch (Lukas, 1990b) 1) |
2,2 g/cm3 |
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2,71 g/cm3 |
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18,7 Vol.‑% |
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Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
2,9 M.‑% |
Wasseraufnahme unter Vakuum |
8,5 M.‑% |
Sättigungsgrad/s‑Wert |
0,35 |
Witterungsbeständigkeit |
überwiegend gut |
1) Die zuvor beschriebene Variabilität der Schalentrümmerkalksteine lässt eine große Schwankung in den gesteinsphysikalischen Eigenschaften erwarten.
Verwendung: Der Randen-Grobkalk wurde schon von den Römern als Baustein (z. B. Rheinbrücke Konstanz) und als Mühlstein genutzt. Die Römer nutzten ihn auch für den Bau von Hypokaustenheizungen (Villa Rustica in Büßlingen) oder zur Gewinnung von Säulentrommeln (Blödt, 1991). Aufgrund der sehr rauen Oberflächenbeschaffenheit des Schalentrümmerkalksteins ist er vor allem als Läuferstein geeignet. Die historischen Bauten der Stadt Tengen inkl. des staufischen Bergfrieds mit seinen charakteristischen Buckelquadern sind aus Randen-Grobkalk erbaut worden.
Der Randen-Grobkalk eignet sich für Massivbauten, Mauern, Boden- und Fassadenplatten, Treppen, Fensterbänke, Grabdenkmale, Brunnen und Bildhauerarbeiten; in Tengen diente er sogar als Pflasterstein. Besonders in den Jahren 1939–1941 wurden große Mengen an Fassadenplatten für das Reichsluftfahrtministerium und den Flughafen Berlin-Tempelhof benötigt. Die bis 30 m3 großen Blöcke wurden per SKW (mit Raupenketten) abtransportiert und für diese Großprojekte verarbeitet. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Mauersteine und Verblendplatten erzeugt. Letztere finden sich z. B. an der Autobahnbrücke bei Rheinweiler, an der Handelsschule in Singen (Schreiner, 1997) und der Eisenbahnbrücke über den Rheinfall bei Schaffhausen (Lukas, 1990b). Das frühere Stadtmessungsamt in der Stuttgarter Lautenschlagerstraße ist ebenfalls aus Randen-Grobkalk erbaut.
Dieser ungewöhnliche Werkstein fand ferner beim Bau der Kirchen von Tengen, Wiechs a. R., Riedöschingen und Singen, aber auch deutschlandweit als Verkleidung von repräsentativen Gebäuden Verwendung. Herausragendes Beispiel ist das Detlev-Rohwedder-Haus in Berlin, ehemaliges Reichsluftfahrtministerium, seit 1999 Bundesfinanzministerium. Es handelt sich heute um das markanteste Relikt des einstigen Regierungsviertels an der Wilhelmstraße und mit über 2 000 Räumen um Europas größtes Bürohaus. Im Jahr 1999 hat die Fa. Schön & Hippelein neben 2 500 m3 Massivteilen und 25 000 m2 Fensterumrahmungen aus Fränkischem Muschelkalk aus Bölgental auch 4 500 m2 Tengener Muschelkalk bzw. Randen-Grobkalk für das Renovierungsprojekt nach Berlin geliefert. 1985/86 wurden aus dem Bruch der Fa. Meier Blöcke für Renovierungsarbeiten am Flughafen Tempelhof gewonnen.
Wichtige Abbaugebiete, Gewinnung, Bezugsmöglichkeit:
Gebiet Tengen: Die Karte (s. o.) zeigt die oberflächennahe Verbreitung dieses Schalentrümmerkalksteins im Gebiet bei Tengen. Hier befindet sich das bekannte, wahrscheinlich schon in römischer Zeit, sicher aber seit dem Hochmittelalter genutzte Vorkommen im Randen-Grobkalk. Neben vier historischen, vor allem für die Gewinnung von Mühl- und Mauersteinen genutzten Gruben existieren vier weitere, südöstlich von Tengen gelegene Brüche. Ihre heutige Ausdehnung haben sie alle im 20. Jahrhundert erreicht. In der ersten urkundlichen Erwähnung der Burg von 1249 wird auch der nahe gelegene Steinbruch im Grobkalk genannt (Blödt, 1991). Um 1150 waren Tengener Steinbrüche im Besitz des Klosters Allerheiligen, d. h. dass der Grobkalk sicher schon seit dem 12. Jh. regelmäßig gewonnen wurde. Der unter Denkmalschutz stehende kleine Mühlsteinbruch neben dem noch in Betrieb befindlichen Meier-Bruch im Gewann Büchelhalde wird nach der Allgemeinen Denkmal-Datenbank des Landesamts für Denkmalpflege aufgrund von Funden in den Zeitraum 14.–17. Jh. eingestuft; ein Abbau zu römischer Zeit ist nicht belegt, aber wahrscheinlich. Mehrere historische Mühlsteinbrüche sind noch in Tengen erhalten; die schönsten sind der an der Stauferburg in der Tengener Altstadt und der kleine Mühlsteinbruch direkt beim Steinbruch Meier.
Die Fa. Lauster begann um 1936 mit dem Aufschluss des sog. Vorderen Bruchs bei Tengen, wenig später eröffnete sie ihren Hinteren Bruch (s. Karte). Besonders in den Jahren 1939–1941 gingen umfangreiche Abbauarbeiten in diesem Vorderen Steinbruch um, da Material für die monumentalen Bauten in Berlin und Nürnberg gebraucht wurde. Der Vordere Bruch wurde 1972 aufgelassen. In Betrieb (Stand 2021) ist der im Jahr 1985 begonnene Steinbruch der Fa. Otto Meier, südsüdöstlich von Tengen (RG 8117‑2), aus dem – je nach Nachfrage – 50–100 t Sägeware pro Jahr verkauft wird. Nördlich davon liegt der Vordere Bruch, östlich davon der Hintere Bruch der Fa. A. Lauster (RG 8117‑4), der 1997 von der Fa. Schön & Hippelein übernommen und schon im Jahr 2000 wieder stillgelegt wurde, nachdem das große Bauprojekt am Berliner Bundesfinanzministerium abgeschlossen war. Noch weiter östlich befindet sich, schon auf Blatt 8118 Tengen gelegen, der alte, heute als privater Garten genutzte frühere Steinbruch der Fa. Otto Meier (RG 8118‑1). Dieser stand im Wesentlichen in den Jahren 1920–1960 in Abbau; genutzt wurde hier eine 5,5–7 m mächtige Werksteinschicht, die von 4–6 m dünnbankigen Schillkalken überlagert wird.
Die o. g. Brüche der Fa. Adolf Lauster aus Stuttgart-Bad Cannstatt, heutige Fa. Lauster Steinbau, liegen etwas oberhalb des Abbauniveaus (Stand 2013) der Fa. Otto Meier. Im Steinbruch der Fa. Otto Meier waren im Jahr 2013 vier Lager aus Schillkalksteinen aufgeschlossen. Die unteren drei werden genutzt und liefern mehrere Kubikmeter große Blöcke in guter Qualität (s. a. Profil Stbr. O. Meier bei Tengen). Die schonende Gewinnung erfolgt, wie schon in den 1940er Jahren, mit einer Schrämsäge. Das Oberste Lager und das Obere Lager stellten in den Steinbrüchen der Fa. Lauster (Vorderer und Hinterer Bruch) die Hauptwerksteinlager dar. Im alten Steinbruch Meier (RG 8118‑1) wurde wahrscheinlich hauptsächlich das Mittlere Lager genutzt. Unmittelbar westlich des Steinbruchs Tengen (RG 8117-2) der Fa. Meier befindet sich der historische Mühlsteinbruch, der unter strengem Denkmalschutz steht; darunter liegende Randen-Grobkalklager sind somit der Nutzung entzogen.
Gebiet Wiechs am Randen: Vier Vorkommen des Randen-Grobkalks, deren nutzbare Mächtigkeiten voraussichtlich von ca. 2,5 bis 7 m reichen, befinden sich in der Umgebung von Wiechs am Randen. Beschreibungen dieser Vorkommen sind in der KMR50 Blatt Stühlingen/Hohentengen am Hochrhein zu finden (LGRB, 2002b). Der stillgelegte Steinbruch nördlich von Wiechs a. R. (RG 8217‑2), direkt an der Schweizer Grenze gelegen, war sicher schon vor Jahrhunderten in Betrieb. Er wurde Ende des 19. Jh. aufgelassen. 1931 nahm die Fa. Dittus (Konstanz) den Betrieb für den Bau der Kirche in Wiechs wieder kurzzeitig auf, 1932 bis ca. 1964 betrieb die Fa. Karl Schilling aus Kirchheim/Teck die Brüche. Ende der 1930er Jahre wurden hier Blöcke für die Reichstagsgebäude in Berlin gewonnen (Blödt, 1991). Die Fa. A. Lauster erwarb die Brüche 1966, verkaufte sie aber 1972 schon wieder. Das Gelände ging über in das Eigentum der Familie H. Scheu aus Wiechs, die es seither privat nutzt. In den drei alten Brüchen sind noch 6–7 m mächtige Werksteinbänke von Randen-Grobkalk aufgeschlossen. Darüber befinden sich 1–10 m mächtige plattige und weniger gut verfestigte, sandigere Schillkalke, die nicht für die Werksteingewinnung geeignet sind.
Gebiet Engen: Der Randen-Grobkalk wurde früher in mehreren, z. T. großen Steinbrüchen in der Umgebung der Ortschaften Blumenfeld, Zimmerholz und nordöstlich vom Schopflocherhof (Blatt 8118 Engen) abgebaut. Er wurde zu Bausteinen, Grenzsteinen und Mühlsteinen verschiedener Größe verarbeitet. Schreiner (1997) erwähnt, dass für die Eisenbahnbrücken im Talmühle-Tal Blöcke von 2 m Länge aus Grobkalk geliefert wurden.
Muschelsandstein, Molassesandstein
Beim Muschelsandstein, der aus den Brüchen in der Oberen Meeresmolasse bei Engen und Saulgau gewonnen wurde, handelt es sich um einen grauen, fein- bis grobkörnigen, z. T. auch feinkiesigen, kalkig gebundenen Sandstein (Kalksandstein) mit wechselnden Anteilen von Muschelschill. Dezimeter bis wenige Meter dicke Bänke von Molassesandsteinen sind wiederholt in die über 200 m mächtige tonig-mergelige und sandige Abfolge von Unterer Süßwassermolasse, Oberer Meeresmolasse und Oberer Süßwassermolasse eingeschaltet (vgl. Geyer & Gwinner, 1986, Abb. 246). Im bausteinarmen Molassebecken wurden sie überall dort genutzt, wo sie zu Tage traten. In Überlingen können alte Sandsteinbrüche unmittelbar neben den historischen Befestigungsanlagen besichtigt werden. Dort wurden im Mittelalter die Steine für die Stadt, die Türme und die Festungsmauern gebrochen und vermutlich auch Bausande gewonnen. In den rund 25–30 m tiefen, grabenartigen Einschnitten stehen bräunlich graue bis hellockergraue Feinsandsteine im Wechsel mit tonigen Sanden und Schluffen in Bankmächtigkeiten von 0,3–1 m an. Reparaturen an den historischen Mauern erfolgen heute meist mit dem grünlich grauen Rorschacher Sandstein.
Viele berühmte Kirchen und Klöster im Bodenseegebiet sind aus Molassesandstein errichtet worden, wobei sicherlich ein beachtlicher Teil über den See aus den großen Brüchen bei Rorschach und Umgebung angeliefert wurde. Heute spielen die Molassesandsteine aus den nachfolgend genannten Gebieten keine Rolle mehr als Werksteinmaterial, obwohl der Bedarf für Renovierungen alter Sandsteingebäude groß ist. Einerseits sind die früher genutzten Vorkommen meist wenig ergiebig, andererseits bieten die Brüche in der angrenzenden Schweiz und im Bregenzerwald reichlich hochwertiges Material.
Gebiet Stockach–Steißlingen: Östlich von Tengen und nördlich bis nordwestlich des Bodensees fand in zahlreichen Brüchen im Umfeld von Stockach und Steißlingen Abbau von Sandsteinen und Muschelsandsteinen im Grobsandzug der Oberen Meeresmolasse statt. Die meisten Brüche lagen nördlich von Bodman-Ludwigshafen am Bodensee, östlich von Zizenhausen und westlich von Mindersdorf. Zwei Brüche mit 6 bis 16 m hohen Abbauwänden westlich von Mindersdorf konnte A. Schreiner 1951 noch aufnehmen (LGRB-Archiv). Fast alle Brüche sind verfüllt oder verbrochen. Es handelt sich um einen massigen, hellgraugelben, inhomogenen Mittel- bis Grobsandstein mit vielen Fossilresten. Er ist kalkig gebunden und sandet lagenweise stark ab. Die nutzbaren Bänke sind Dezimeter bis mehrere Meter mächtig. Erzeugt wurden vor allem Mauersteine für Häuser und Kirchen. Möglicherweise stammen die Quader für den Bergfried der Burg Krumbach aus den Brüchen bei Mindersdorf (Werner, 1994). Im Grobsandstein der Oberen Meeresmolasse nördlich von Nenzingen und am Kirnberg nördlich von Steißlingen (Blatt 8119 Eigeltingen) wurden ebenfalls einige Steinbrüche angelegt, deren Material neben Haus- und Mauerbau auch für die Eisenbahnbrücken der Umgebung Verwendung fand (Schreiner, 1993).
Gebiet Pfullendorf: Nordwestlich und nordöstlich von Pfullendorf wurde bis Ende des 19. Jh. Muschelsandstein der Oberen Meeresmolasse abgebaut. Erhalten sind noch die Steinbrüche östlich von Rengetsweiler (RG 8021‑104) und nordöstlich von Magenbuch am Junghof (RG 8021‑106). Beim Muschelsandstein dieser Brüche handelt es sich um einen fein- bis mittelkörnigen, grauen bis gelblichen, glaukonitführenden, kalkigen Sandstein mit Schrägschichtungskörpern und zahlreichen Muschel- und Schneckenschalen. Die aufgeschlossene Sandsteinschicht ist insgesamt rund 10 m, die Nutzschicht 5–6 m mächtig. Die länger der Witterung ausgesetzten Wände zeigen, dass nur einige Bänke fest gebunden sind. Der Sandstein wird aus eckigen Quarzkörnern aufgebaut und enthält bis 0,5 mm große Gerölle aus Lydit. Aus dem Steinbruch bei Rengetsweiler stammen z. B. die Steine für die Kirche von Walberstweiler (Werner, 1994) und für die Kirche in Zell am Andelsbach. Aus dem Steinbruch beim Junghof kamen, nach Auskunft der Anwohner, Mauersteine für das 1317 errichtete Alte Haus in Pfullendorf. Die Ablagerungen des Grobsandzugs der Oberen Süßwassermolasse westlich von Rengetsweiler im Gebiet Meßkirch sind zu wenig verfestigt, um Werksteine liefern zu können.
Gebiet Saulgau: Große Bedeutung für die Werksteinproduktion hatten die durch karbonatische Zementation gut verfestigten, schillreichen Sande der Oberen Meeresmolasse bei Ursendorf. Dieser Muschelsandstein, der auch Schneckenreste, Haifischzähne und andere marine Fossilien enthält, wurde vor allem bei Sießen (RG 8022‑325) und in den Sandgruben und Steinbrüchen bei Ursendorf (RG 7922‑117) abgebaut. In letztgenannten wurde ein grauer, fein- bis grobkörniger, z. T. feinkiesiger Sandstein gebrochen. Heute ist noch eine 50–60 cm mächtige, harte Bank eines fein- bis mittelkörnigen Sandsteins aufgeschlossen (weitere Erläuterungen s. LGRB, 2004b). In der östlich benachbarten Quarzsandgrube Ursendorf sind vier solcher Härtlingsbänke mit Mächtigkeiten von 15–20 cm in die Sandablagerungen eingeschaltet. Der Aufschluss verdeutlicht, dass karbonatreiche Schichtwässer in gut durchlässigen Grobsandabschnitten zur Verfestigung der Sande der Meeresmolasse führten, während feinere und glimmerreiche Sande nur schwach verfestigt sind oder gar unverfestigt blieben. Die Sandsteinbänke konnten durch Abgraben der liegenden und hangenden lockeren Sande gewonnen werden.
Welche Bedeutung die heute weitgehend verfüllten Werksteingruben in der Oberen Meeresmolasse einst hatten, lässt der Bericht von Klaus (1996) über den Muschelsandsteinbruch bei Sießen, östlich der Straße Sießen–Bolstern gelegen, erahnen. Dieser Bruch wurde schon im 13. Jahrhundert zur Gewinnung von Bausteinen für den romanischen Kirchturm der Saulgauer Stadtkirche St. Johannes Baptist am Marktplatz und später auch für den Chor dieser im Jahr 1402 geweihten Kirche betrieben. Der Sandstein aus diesem Bruch wurde ferner verwendet für die Kirchenbauten von Sießen und Steinhausen, die Befestigung des Saulgauer Stadtbaches, mehrere Brücken, Schul- und Verwaltungsgebäude sowie für zahlreiche Marksteine, Feldkreuze und Denkmale.
Gebiet Biberach a. d. Riß: Der Muschelsandstein der Oberen Meeresmolasse im Gebiet nordöstlich von Biberach a. d. Riß stellte besonders im 19. Jh. und zu Beginn des 20. Jh. einen lokal gerne genutzten Baustein dar, zumal bearbeitungsfähige Bausteine sonst im weiteren Umfeld nicht auftreten. Es handelt sich um einen stark porösen, kalkig gebundenen, gelblich grauen bis hellgrauen Mittel- bis Grobsandstein mit Schrägschichtung und zahlreichen, z. T. 2–5 cm großen Muschelschalen, oft auch mit Kristallingeröllen (Gneise, Granite, Quarzite). Die nutzbaren Mächtigkeiten liegen bei 0,5–2 m. Die überlagernden Sande mit Mächtigkeiten von ca. 8–10 m sind als Bausande nutzbar. Zwei Steinbrüche wurden am Kodlesberg bei Baltringen bis in die 1920er Jahre betrieben, einer südwestlich von Mietingen. Im Umfeld dieser alten Brüche bestehen begrenzte Erweiterungsmöglichkeiten (LGRB, 2000b).
Die aus Muschelsandstein errichteten Bauwerke, wie z. B. die Kirche in Mietingen oder Friedhofsmauern, Kriegerdenkmale und die Kronenbrücke in Sulmingen, sind auch in den Bereichen gut erhalten, die dem Wetter ausgesetzt sind. Gut sichtbar ist das grobe und poröse Gestein am Sockel der um 1862 fertig gestellten Kirche in Baltringen. Für Renovierungsarbeiten halten die Steinmetz- und Gartenbaubetriebe der Gegend Blöcke und Quader vor, die bei Abrissarbeiten anfallen.
Potenzial
Das nach jahrhundertelangem Abbau verbliebene Potenzial an werksteintauglichem Randen-Grobkalk lässt sich für den oberflächennahen Bereich in den Gebieten Tengen und Wiechs am Randen relativ gut einengen. Die Karte (s. u. Galerie) zeigt, welche Bereiche noch nicht genutzt wurden. Günstig scheint vor allem der Ausstrich des Randen-Grobkalks zwischen dem jetzigen Meier-Bruch und dem Hinteren Bruch zu sein. Aufgrund der raschen lateralen Wechsel müssten aber vor der Planung einer Gewinnung mehrere 15–20 m tiefe Kernbohrungen abgeteuft werden, um Schichtaufbau, nutzbare Mächtigkeiten und Werksteinfestigkeit zu prüfen.
Unmittelbar nördlich von Wiechs am Randen konnte durch die amtliche Rohstoffkartierung ein etwa 5 ha großer Bereich eingegrenzt werden, in dem der Randen-Grobkalk zwischen 5 und 7 m mächtig anstehen dürfte (LGRB, 2002b). Auch dort ist mit raschen Mächtigkeitsvariationen der Werksteinbänke und der eingeschalteten und überlagernden sandigen Schichten zu rechnen.
Eine Aussage zum Potenzial an werksteinfähigen Sandsteinbänken innerhalb der sandigen Schichten der Oberen Meeresmolasse ist hingegen kaum möglich. Wegen der starken Wechselhaftigkeit bei der karbonatischen Verfestigung, den meist geringen Bankstärken und vor allem wegen der sehr schlechten Aufschlussverhältnisse lassen sich über die Molassesandsteine und ihre fossilschuttreichen Abschnitte, die Muschelsandsteine, praktisch keine Aussagen treffen. Bei Baumaßnahmen in ihrem weiten Verbreitungsgebiet zwischen dem Bodensee und Biberach a. d. Riß dürften aber immer wieder entsprechende Abschnitte angetroffen werden. Für hochwertige Renovierungsarbeiten stehen die gut erschlossenen Molassesandsteinlagerstätten bei Bregenz und Rorschach am Bodensee und vom Zürichsee zur Verfügung.
Kurzfassung
Am Hochrhein bei Tengen und Wiechs am Randen sowie im oberschwäbischen Alpenvorland treten vor allem in den Schichten der Oberen Meeresmolasse Schillkalksteine, schillreiche Sandsteine und karbonatisch verfestigte Sandsteine auf, die seit vielen Jahrhunderten als Baumaterial genutzt werden. Molassesandsteine werden in Baden-Württemberg nirgends mehr gewonnen, jedoch ist der Bezug dieser grünlich grauen Fein- und Mittelsandsteine aus großen Brüchen in Vorarlberg und dem Kanton St. Gallen möglich. Der Randen-Gobkalk, ein auch als Tengener Muschelkalk bezeichneter grober, in mehrere Meter mächtigen Bänken auftretender Schalentrümmerkalk, hingegen wird noch bei Tengen gewonnen (Stand 2021). Bei diesem handelt es sich um eine ehemalige Strandablagerung; entsprechend wechselhaft sind die Werksteinlager dieses Schillkalksteins in Bezug auf Mächtigkeit, Zusammensetzung und Festigkeit. Der Randen-Grobkalk wurde schon von den Römern als Baustein, Mühlstein und für Säulentrommeln verwendet. Er eignet sich für Mauern, Boden- und Fassadenplatten, Grabdenkmale, Brunnen und Bildhauerarbeiten. Während für den Randengrobkalk aufgrund der guten Aufschlusssituation recht gute Vorstellungen über das verbliebene Werksteinpotenzial existieren, können für den reinen Molassesandstein auf baden-württembergischem Gebiet keine konkreten Angaben über (möglicherweise) bauwürdige Bereiche gemacht werden; zu lange liegt seine Gewinnung zurück.
Literatur
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- (2002b). Blatt L 8316/L 8516 Stühlingen/Hohentengen am Hochrhein, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 162 S., 25 Abb., 7 Tab., 1 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg). [Bearbeiter: Butscher, C., m. Beitr. v. Werner, W. & Heinz, J.]
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