Im Folgenden werden ausschließlich die statischen Reichweiten betrachtet, da Angaben zur zukünftigen Verbrauchsentwicklung nicht vorliegen. Die statische Reichweite stellt – im Gegensatz zur dynamischen Reichweite – das Verhältnis der genehmigten Vorräte einer Rohstoffgruppe zu der jährlichen Fördermenge dar. Die statische Reichweite ist somit ein Anzeiger des derzeitigen Kenntnis- bzw. Istzustands. Sie ist daher mit einer gewissen Unschärfe behaftet. Obwohl das LGRB fortlaufend Betriebserhebungen und Datenaktualisierungen vornimmt, liegen nicht für alle Rohstoffgewinnungsstellen kontinuierlich aktuelle Vorratsmengen vor.
Die Eingangsgrößen für die Reichweitenermittlung wie Vorräte und Fördermengen, aber auch grundlegende Angaben zu Abbau- und Erweiterungsflächen, ändern sich mit fortschreitender Planung, Gewinnung und Nachfrage ständig und sind somit Momentaufnahmen. Die Beurteilung der Vorratssituation beruht daher auf einer Vielzahl verschiedener Momentaufnahmen und ist nicht immer jahresaktuell.
Die Reichweiten der Vorräte in den genehmigten Flächen sind des Weiteren nicht identisch mit den über die Regionalpläne gesicherten Lagerstätteninhalten in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten.
Unter Zugrundelegung der bekannten genehmigten Vorräte in den Abbau- und Erweiterungsflächen und der aktuellen Fördermenge (siehe Tabelle) fällt die Reichweite der Vorräte je nach Rohstoffgruppe unterschiedlich aus. Die statische Reichweite der Vorräte an Ziegeleirohstoffen, Naturwerksteinen und Zementrohstoffen ist mit 48 oder mehr Jahren am größten, wohingegen die Reichweite der Massenrohstoffe sandige Kiese, Sulfatgesteine, Karbonatgesteine und (z. T. kiesige) Sande mit je 15, 15, 21 und 22 Jahren am geringsten ist. Betrachtet man die Reichweite der Vorräte basierend auf dem 15-jährigen Mittel des Zeitraums 2003–2017, ergeben sich nur für die Ziegeleirohstoffe und die Zementrohstoffe größere Unterschiede. Die Reichweite der Ziegeleirohstoffe fällt bei Anwendung des 15-jährigen Durchschnitts anstatt der aktuellen Zahlen kürzer aus, weil die jährliche Fördermenge in den letzten Jahren gesunken ist. Somit ist die durchschnittliche Fördermenge größer als die aktuelle Rohförderung. Die Fördermenge der Zementrohstoffe ist hingegen seit 2003 angestiegen. Der Mittelwert beinhaltet also auch frühere Jahre mit geringeren Fördermengen. Die Differenz der berechneten Reichweite der Vorräte basierend auf den letzten Förderzahlen bzw. dem 15-jährigen Durchschnitt der Fördermenge aus dem Zeitraum 2003–2017 beträgt jedoch bei den meisten Rohstoffgruppen weniger als fünf Jahre.
Tabelle: Durch Rohstoffgewinnung in Anspruch genommene Flächen in Baden-Württemberg (nach Rohstoffgruppen), Vorräte und Rohförderung sowie daraus errechnete statische Reichweiten (die Gewinnung von Torf ist nicht berücksichtigt, Stand 2018)
Rohstoffgruppe |
Anzahl Abbaustellen (über Tage) |
Abbaugebiet gesamt = offene Fläche (ha) |
Erweiterungsgebiete (ha) |
Rekultivierte oder in Rekultivierung befindliche Fläche (ha) |
Restvorräte (Mio. m3) |
Rohförderung 2017 (t/Jahr) |
Reichweite basierend auf der Rohförderung 2017 (Jahre)
|
Reichweite basierend auf der durchschnittlichen Rohförderung 2003–2017 (Jahre) |
Kiese, sandig |
214 |
2825 |
928 |
2632 |
276,6 |
36 945 636 |
15 |
15 |
Sande, z. T. kiesig (inkl. Mürbsandsteine und Gruse) |
28 |
77 |
81 |
103 |
11,0 |
1 106 190 |
22 |
26 |
Ziegeleirohstoffe |
24 |
128 |
69 |
53 |
16,5 |
682 280 |
48 |
32 |
Natursteine, Untergruppe Karbonatgesteine |
103 |
949 |
565 |
1118 |
302,3 |
36 580 866 |
21 |
25 |
Hochreine Kalksteine |
8 |
163 |
104 |
59 |
55,4 |
5 326 477 |
27 |
28 |
Natursteine, Untergruppe Vulkanite, Plutonite, Metamorphite |
34 |
183 |
38 |
31 |
28,6 |
3 158 462 |
24 |
23 |
Zementrohstoffe (inkl. Ölschiefer) |
11 |
427 |
393 |
371 |
162,5 |
7 830 451 |
52 |
61 |
18 |
449 |
108 |
185 |
6,6 |
1 006 574 |
15 |
15 |
|
Naturwerksteine |
42 |
57 |
39 |
25 |
3,1 |
143 643 |
50 |
47 |
Baden-Württemberg |
482 |
5259 |
2325 |
4576 |
862,6 |
92 780 579 |
|
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Die statischen Reichweiten der Vorräte haben sich seit dem letzten Rohstoffbericht 2012 unterschiedlich entwickelt. Die größten Zuwächse gab es bei den Naturwerksteinen und den Sulfatgesteinen. Die Vorratsmengen beider Rohstoffgruppen sind seit dem Zeitpunkt des letzten Rohstoffberichts 2012 deutlich angewachsen. Der Anstieg der Reichweite der genehmigten Restvorräte der Naturwerksteine ergibt sich aus den seit 2012 genehmigten Erweiterungsflächen und darin enthaltenen Vorratsmengen einiger weniger Betriebe. Ähnlich verhält es sich bei den Sulfatgesteinen. Hier ist die Reichweite der Vorräte nicht ursächlich wegen der leicht gesunkenen Fördermenge gestiegen, sondern weil seit dem letzten Rohstoffbericht eine neue Gewinnungsstelle die Förderung aufnahm und in einer weiteren Gewinnungsstelle Erweiterungsflächen mit hohen Vorratsmengen genehmigt wurden. Die stärksten prozentualen Rückgänge in der Reichweite seit dem letzten Rohstoffbericht sind für die (z. T. kiesigen) Sande, Zementrohstoffe und die Karbonatgesteine zu verzeichnen, weil die genehmigten Restvorräte abnahmen, es weniger genehmigte Abbau- und Erweiterungsflächen als 2012 gibt oder – wie bei den Kalksteinen und z. T. kiesigen Sanden – die Fördermengen angestiegen sind.
Die statischen Reichweiten der meisten Rohstoffgruppen decken Zeiträume von 20 oder mehr Jahren ab. Allerdings sind nur für die Ziegelei- und Zementrohstoffe sowie die Naturwerksteine unter den derzeitigen Bedingungen längere Reichweiten nachgewiesen. Zwar handelt es sich bei der statischen Reichweite nicht um einen Anzeiger einer absoluten Rohstoffverknappung, aber doch um einen Indikator für Rohstoffgruppen mit geringeren genehmigten Vorräten. Das sind einerseits die Baumassenrohstoffe der Kiese und Sande sowie der Karbonatgesteine und andererseits die Zementrohstoffe inkl. Ölschiefer. Die angestiegene Reichweite der Vorräte an Sulfatgesteinen sollte mit Blick auf den zukünftigen Kohleausstieg und dem damit einhergehenden Wegfall des REA-Gipses mit Weitsicht bewertet werden.