Lithostratigraphische Untergruppe
Übergeordnete Einheit
Muschelkalk
Der Mittlere Muschelkalk ist eine von drei Untergruppen des Muschelkalks.
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Der Mittlere Muschelkalk besitzt ein meist nur schmales Ausstrichgebiet in den Gäulandschaften vom südlichen Kraichgau bis zum Hochrhein sowie im nördlichen Kraichgau, Bauland und Tauberland sowie in den Flusstälern von Kocher und Jagst und ihrer Nebenflüsse in Hohenlohe. Er bildet häufig den flacheren Hangfuß unter der Schichtstufe des Oberen Muschelkalks oder eine Hangverflachung der Talflanken, zwischen den steileren Hängen an Unterem und Oberem Muschelkalk. Die Auslaugung der Salinargesteine macht sich jedoch auch im Ausstrichgebiet des Oberen Muschelkalks und Unterkeupers häufig durch große Erdfälle bemerkbar.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Der Mittlere Muschelkalk ist vom Gesteinsbestand deutlich dreigeteilt, mit karbonatischen Gesteinen unten und oben und Salinargesteinen oder ihren Auslaugungsresiduen im mittleren Teil. Die Basis bildet eine als Karlstadt-Formation zusammengefasste Abfolge von Mergel- und Kalksteinen, die nach oben von dolomitischen Mergel- und Dolomitsteinen abgelöst wird (Orbicularisschichten und Untere Dolomite des Mittleren Muschelkalks). Diese bis 15 m mächtige Abfolge wird in der angrenzenden Schweiz noch zum Unteren Muschelkalk gerechnet, enthält allerdings im unteren Teil bereits eine erste Sulfatgesteinsbank oder Sulfatknollenlage (Geislingen-Bank).
Darüber folgt die Heilbronn-Formation aus geschichteten Anhydrit- bzw. Gipssteinen, in die wenige Dolomitsteinbänke und dünne Schlufftonsteinlagen eingeschaltet sind und in der aus Bohrungen und Bergwerken ein Steinsalzlager bekannt ist. Nahe der Oberfläche ist das Steinsalz stets, die Sulfatgesteine in örtlich wechselndem Umfang ausgelaugt und die Mächtigkeit um den entsprechenden Betrag reduziert. Vollständig ausgelaugte Profile bestehen aus geringmächtigen Residualschluffen mit verstürzten verwitterten Gesteinsfragmenten, Versturzbrekzien und örtlich ausgebildeten kalkigen Rauhwacken.
Den oberen Abschluss bildet die Diemel-Formation (Obere Dolomite des Mittleren Muschelkalks). In deren oft feinschichtigen Dolomitsteinen sind unten gebietsweise dolomitische Oolithe, oben eine oder wenige Bänke von bituminösem Kalkstein eingelagert. Besonders im oberen Teil sind dunkle Hornsteinknollen charakteristisch. Im Ausstrich sind die Dolomitsteine oft zu gelblichen Kalkmergeln verwittert. Die Mächtigkeit kann dabei unten reduziert sein, wenn Teile der Formation in darunter liegende Auslaugungsbrekzien der Heilbronn-Formation verstürzt sind. Im benachbarten Frankreich werden die Äquivalente der Diemel-Formation bereits zum Oberen Muschelkalk gerechnet.
Mächtigkeit
Die Mächtigkeit erreicht bei erhaltenem Steinsalz unter Bedeckung Werte bis 130 m, ist aber nahe der Erdoberfläche durch Auslaugung der Salinargesteine unterschiedlich stark und örtlich bis auf unter 50 m reduziert. Davon entfallen auf die Karlstadt-Formation meist nur einige Meter bis höchstens etwa 15 m, auf die Heilbronn-Formation untertägig bis über 100 m (bei maximal etwa 50 m mächtigem Steinsalz), in ausgelaugtem Zustand oft nur 15–20 m, und auf die Diemel-Formation höchstens 10–20 m. In ausgelaugten Profilen ist oft auch der untere Teil der Diemel-Formation zerfallen und in die Residualbrekzien der Heilbronn-Formation eingearbeitet, so dass die Restmächtigkeit der Diemel-Formation auf die obersten 5–10 m reduziert ist. Im südlichen Kraichgau und am oberen Neckar können Äquivalente der tiefsten Trochitenkalk-Formation jedoch ebenfalls in einer Dolomitfazies vorliegen, die sich meist nicht eindeutig von den darunter liegenden Dolomitsteinen abgrenzen lässt und die daher ebenfalls zur Diemel-Formation gerechnet wird, weshalb deren Mächtigkeit lokal auf annähernd 30 m ansteigen kann.
Alterseinstufung
Der Mittlere Muschelkalk ist fossilarm und hat selbst noch keine Leitfossilien für eine Einstufung erbracht. Die Schichten im Liegenden (oberster Teil des Unteren Muschelkalks) und im Hangenden (tieferer Teil des Oberen Muschelkalks) sind jedoch in die jüngste Unterstufe des Anisium datiert, weshalb der Mittlere Muschelkalk offenbar nur einen kurzen Zeitraum innerhalb des späten Anisium (Mittlere Trias) repräsentiert.
Ältere Bezeichnungen
Der Mittlere Muschelkalk war Anfang des 19. Jahrhunderts wegen seiner Steinsalzführung für Zechstein gehalten worden, bis Alberti (1826, 1834) für das „Steinsalzgebirge von Heilbronn“ nachweisen konnte, dass es sich um Muschelkalk handelt. Während die Karlstadt-Formation danach vielfach teils zum Unteren Muschelkalk (Orbicularisschichten) und teils zum Mittleren Muschelkalk (als Untere Dolomite) gerechnet wurde, fand für den salinaren mittleren Teil lange der Ausdruck „Anhydritgruppe“, „Anhydritgebirge“ oder „Salinar-Formation“ Verwendung.
Sonstiges
Während der Ablagerungszeit des Mittleren Muschelkalks war der Wasseraustausch des mitteleuropäischen Nebenmeeres noch stärker eingeschränkt als in Zeiten des Unteren oder Oberen Muschelkalks und versiegte zeitweise ganz. Die starke Verdunstung unter dem damaligen subtropischen Trockenklima bewirkte eine Erhöhung des Salzgehalts im Meerwasser, die es zu Zeiten von Karlstadt- und Diemel-Formation nur wenigen Organismen, meist sogar nur Mikrobenmatten erlaubte, hier zu überleben. In Zeiten noch geringerer Meerwasserzufuhr erreichte der Salzgehalt die Sättigung für Kalziumsulfat und Gips wurde abgeschieden (während der Diagenese in Anhydrit umgewandelt, heute unter Grundwassereinfluss wieder in sekundären Gips umgewandelt). In den Zeiten mit dem geringsten Meerwassernachstrom wurde das Steinsalz abgeschieden und aus dem Nebenmeer war eine zeitweise trockenfallende Salzpfanne geworden.