Übersicht, Geologie
Als Heilbronner Sandstein wird der überwiegend gelbe bis bräunlich gelbe, bankweise auch dunkelviolettrot geflammte Schilfsandstein bezeichnet, der im Keuperbergland östlich und südöstlich von Heilbronn seit vielen Jahrhunderten abgebaut wird (Mittelkeuper, Stuttgart-Formation). Umfangreich war seine Nutzung besonders im Mittelalter und um die Wende vom 19./20. Jahrhundert. Herausragende gotische Bauwerke wie die Heilbronner Kilianskirche belegen eindrucksvoll die Qualität dieses Werksteins. In einem 1983 eröffneten Bruch bei Heilbronn-Sontheim (RG 6821-1) wird er auch heute (Stand 2021) gewonnen.
Neben dem vorherrschenden gelblich braunen Sandstein treten in diesem Gebiet zwischen Heilbronn und Löwenstein auch Lager aus rötlich geflammtem Sandstein auf, die gerne für auffallende Zierelemente genutzt wurden. Das wichtigste Abbaugebiet dieses Feinsandsteins liegt in den Keuperbergen, die sich mit ihren bewaldeten Höhenrücken unmittelbar im Osten an Heilbronn anschließen. In den Löwensteiner Bergen, die im Osten, jenseits der A81, an die Heilbronner Keuperberge angrenzen, fand vergleichsweise wenig Abbau von Schilfsandstein statt; hier spielte der Stubensandstein zumindest für den Profanbau die weitaus größere Rolle. Schilfsandstein diente in diesem Gebiet vor allem als Bildhauerstein.
Als Beispiel kann der alte Steinbruch an der Mittelmühle westlich von Löwenstein angeführt werden. In diesem heute weitgehend verbrochenen Steinbruch standen 8–9 m mächtige Schilfsandsteinschichten in Abbau. Die aus dem Hangschutt herausragenden Bänke zeigen ausgeprägte Schrägschichtung und plattige bis dünnbankige Absonderung. Die Feinsandsteine weisen grünlichgraue, ockerbraune und rotbraun gefleckte Färbung auf. Der Bruch liegt knapp über den Estherienschichten, in die sich der kleine Bach, der durch den seit mindestens 100–150 Jahren nicht mehr betriebenen Bruch fließt, tief einschneidet. Im Sulmtal unweit dieses Steinbruchs, am westlichen Ortsrand von Löwenstein, ist ein schönes Portal am sog. Theuserbad aus rotbraun „getigertem“ Schilfsandstein erhalten. Es wurde im Jahr 1801 errichtet und ist, obwohl die stark der Witterung ausgesetzten Werkstücke auf Spalt gestellt sind, sehr gut erhalten. Ob die Werksteine aus dem nahen Bruch an der Mittelmühle stammen oder aus dem Heilbronner Bruch am Jägerhaus, der in seinem oberen Teil diese auffallend texturierten Sandsteine enthält (s. o.), ist unklar.
Die Mächtigkeit der Werksteinfazies des Schilfsandsteins im Gebiet östlich von Heilbronn schwankt zwischen 25 und 45 m (Brunner, 1986a). Wie in anderen Steinbruchgebieten im Schilfsandstein sind auch im Heilbronner Gebiet die oberen 8–10 m dünnbankig bis plattig ausgebildet, darunter folgen dickbankige bis schichtungslos massige Feinsandsteine. Im Steinbruchgebiet Winterhaldenhau/alter Sontheimer Bruch wurden zwei, nur etwa 80 m voneinander entfernte Kernbohrungen abgeteuft. Diese und die Aufschlüsse im Steinbruch ergeben die nebenstehende Schichtenfolge. Danach liegen Sandsteine in Werksteinqualität innerhalb eines rund 20 m mächtigen Pakets vor. Dieses wird von drei Hauptkluftscharen in unterschiedlich große Blöcke zerteilt: 50–55/70–90°; 80/70–80°; 310–330/80–90°; daneben treten noch unregelmäßige Risse auf, die z. T. wohl als Entlastungsklüfte am steilen Hang anzusehen sind. Die beiden erstgenannten, NW–SO- und NNW–SSO-verlaufenden Kluftsysteme zerteilen das Sandsteinpaket spitzwinklig. Die obersten 6,5 m der Schilfsandstein-Schichten sind plattig bis dünnbankig entwickelt und verzahnen sich (nach Bohrbefund) in östliche Richtung mit sandigen Tonsteinen mit dünnen Sandsteinbänken. Von etwa 318 m ü. NHN bis 297 m ü. NHN liegen dickbankige bis massige Sandsteine ohne erkennbare Schichtung vor. Während tektonische Spannungen bei der Aufrichtung des Gesteinsstapels in den plattig bis dünnbankigen Abschnitten auf den Tonfugen abgebaut werden konnten (Gleitung), entstanden in den massigen Sandsteinbänken die genannten Kluftsysteme, die je nach Dichte günstig (zum Lösen) oder ungünstig (zu kleine Blöcke) für die Werksteingewinnung sind. Unter der Zone der Werksteinbänke folgen 7–8 m feinschichtige, dünnbankige Sandsteine, darunter die grauen Tonsteine der Estherienschichten des Oberen Gipskeupers.
Gesteinsbeschreibung
Während im Steinbruch am Jägerhaus über den typischen gelblich braunen Sandsteinen noch eine 1,5–2 m mächtige, dem Maulbronner „Favorit“ ähnliche, rot geflammte Varietät auftritt, besteht die Lagerstätte bei Heilbronn-Sontheim aus einem Feinsandstein von gelblich brauner bis grünlich gelbbrauner Färbung (Mitt. H. Holz). Im Bruch am Winterhaldenhau (RG 6821‑1) fällt auch auf, dass unter einer mehrere Meter mächtigen, plattigen bis dünnbankigen Zone eine massige, aber sehr unregelmäßig geklüftete Zone mit mehr als 15 m Mächtigkeit auftritt (s. Schichtenprofil), während am Jägerhaus die Lager gleichmäßig dickbankig ausgebildet sind. Die dünnbankigen Sandsteine aus dem oberen Bruchabschnitt sind im Korn etwas gröber als die tieferen, massigen Partien.
Charakteristisch für den gelblich braunen Heilbronner Schilfsandstein ist eine feine, recht regelmäßige, dunkle Punktierung durch Eisen- und Manganhydroxide. Die feine Fleckung geht auf oxidierte Eisenkarbonatkörner zurück (Wadflecken). Daran ist der Heilbronner Sandstein meist sicher – allerdings nur im frischen Anbruch – vom helleren Mühlbacher Sandstein mit seiner grauschwarzen Flaserung und vom homogen gelblichen aus Güglingen und Niederhofen zu unterscheiden; der Maulbronner „Kosak“ ist meist unregelmäßig braun geadert. Limonit ist im Heilbronner Sandstein oft schlierenartig angereichert, was besonders an großen Flächen attraktive Muster erzeugt. Vereinzelt treten auch dm dicke, dunkelbraune bis schwarzbraune, eisenkarbonatreiche Lagen auf, die eine deutlich größere Härte aufweisen als der tonig-ferritisch gebundene Sandstein. Dieser lässt aber bald schichtparallele Risse erkennen, was auf die starken Unterschiede im Wasseraufnahmevermögen und der thermischen Dehnung im Vergleich zum umgebenden Gestein zurückzuführen ist.
Hauptminerale des Heilbronner Sandsteins sind Quarz, Plagioklas, Alkalifeldspat, Chlorit, Tonminerale, selten Kalzit. Der Sandstein aus dem Steinbruch Jägerhaus besteht aus ca. 30 % Quarzkörnern, 10 % Feldspat und fast 60 % Gesteinsbruchstücken (Müller, 1984ff). An Akzessorien treten vor allem Hellglimmer, Apatit, Zirkon, Turmalin, etwas Erz und bisweilen auch Glaukonit auf. Das Bindemittel um die eckigen bis kantengerundeten Körner besteht aus Eisenhydroxiden und Tonmineralen (tonig-ferritische Bindung), z. T. aus Chlorit und Glaukonit, jedoch treten auch gelegentlich kieselige und die erwähnte karbonatische Bindung auf (Brunner, 1986a). Die meist völlig gleichmäßige tonig-ferritische Bindungsform sowie die Fein- und Gleichkörnigkeit machen den Heilbronner Schilfsandstein zu einem hervorragenden Bildhauerstein. Graue Varietäten sind selten; grünliche Glaukonit-führende Sandsteine neigen nach Auskunft des Betreibers zur Rissbildung, weshalb sie nicht verwertet werden.
Technische Eigenschaften
Heilbronner Sandstein aus dem Steinbruch Winterhaldenhau |
Müller (1984ff, Internationale Natursteinkartei nach MPA der TH Karlsruhe) |
Lukas (1990b) |
Firmenabgaben (MPA Karlsruhe, 1984) |
MPA Karlsruhe 1996 (n = 44) |
2,18–2,34 g/cm3 |
2,08 g/cm3 |
2,4 g/cm3 |
2,20 g/cm3 (2,17–2,22 g/cm3) |
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2,67 g/cm3 |
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- | |
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22,24 Vol.‑% |
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- | |
Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
6,8 M.‑% |
7,31 M.‑% |
5,0–8,2 M.‑% |
7,9 M.‑% (5,3–9,2 %) |
Wasseraufnahme unter Vakuum |
- |
10,75 M.‑% |
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- |
Sättigungsgrad/s‑Wert |
- |
0,68 |
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97,2 MPa |
- |
77 MPa und 110,7 MPa |
85 MPa (80–91 MPa) |
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5,9 MPa |
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4,6–7,8 MPa |
11 MPa (9,2–14,6 MPa) |
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Beständigkeit |
beständig gegen Frost und Aggressorien |
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stabil gegen Säuren (Lagerung in Schwefelsäure für 28 Tage) 1) |
frostbeständig (Frost-Tau-Wechsel-Versuch, 10 Proben, 25 Zyklen), unverändert (nach Angreifbarkeitstest durch Säuren, Lagerung über schwefeliger Säure) |
1) Allerdings zeigen die Schäden an Gebäuden in der Heilbronner Innenstadt, dass er dort für Sockelsteine nicht geeignet ist, wo Durchfeuchtung vorherrscht oder zum Winterdienst häufig Streusalz eingesetzt wird.
Gewinnung
Die überwiegende Menge an Schilfsandstein, der in Heilbronn und Umgebung seit dem Mittelalter verbaut wurde, stammt aus dem ausgedehnten Bruchgelände beim Jägerhaus und dem alten Sontheimer Bruch. Unmittelbar südlich anschließend eröffnete Harald Holz 1983 den Bruch im Gewann „Winterhaldenhau“ (RG 6821-1), der 2007 mit dem alten Sontheimer Bruch zusammengewachsen ist; somit wird auch im alten Sontheimer Bruch wieder abgebaut. 2018 wurde der Steinbruch an die Tochter (seitdem: Fa. Wachauf Natursteinwerk) übergeben. Spätestens im 15. Jh. waren die Steinbrüche am Jägerhaus in Betrieb; eine Urkunde von 1460 erwähnt dort eine „Steingrube“. Nur wenig später hatte man wohl mit dem nordwestlich des Köpfertals (am Waldheim) und mit dem 3,5 km südwestlich des Jägerhauses gelegenen, erwähnten Bruch bei Obersontheim begonnen.
Vor allem aus dem weitläufigen, rund 5 ha großen Steinbruchgelände am Jägerhaus wurden die Bausteine für viele Hundert Gebäude in Heilbronn und Umgebung geliefert. Um 1900 waren über 100 Arbeiter mit Gewinnung und Verarbeitung der Sandsteine beschäftigt. Aus diesem Bruchgebiet stammen die Sandsteinquader z. B. für die Kilianskirche in Heilbronn, den Roten Turm in Bad Wimpfen, das Heidelberger Schloss, den Kölner Dom und viele andere Gebäude. Der Abbau wurde im Obersontheimer Bruch 1918 eingestellt (Mitt. H. Holz), beim Jägerhaus endgültig erst im Jahr 1970. Die alten Brüche am Jägerhaus stehen seit 1972 unter Naturschutz und sind heute Teil des „Geopfads Heilbronner Keuperweg“. Weitere alte Schilfsandsteinbrüche auf Blatt 6821 Heilbronn liegen westlich von Donnbronn unterhalb der Straße Heilbronn–Untergruppenbach (zwei Brüche), 1 km nördlich vom Jägerhaus bzw. südwestlich von Weinsberg, nordöstlich oberhalb von Erlenbach am Ghäu, 1 km nördlich von Gellmersbach im Württembergischen Gemeindewald (zwei Brüche), 2 km nordwestlich von Gellmersbach im Banholz sowie ca. 1 km nördlich von Eberstadt im Gewann Röße.
Ausreichend dimensionierte Rohblöcke (meist 2,5–10 m3), die zur Weiterverarbeitung in den Betrieb der Fa. Wachauf (ehem. H. Holz) nach Eppingen-Mühlbach gebracht werden können, machen etwa 20 % der gelösten Sandsteinmenge aus. Der in den letzten Jahren aufgetretene größte Rohblock war rund 150 m3 groß (Mitt. H. Holz). Kleinere Blöcke, die für Mauern und im Gartenbau eingesetzt werden könnten, machen weitere 20 % der gelösten Sandsteinmenge aus. Sie werden aber wegen der ausländischen Billigprodukte, die besonders in den großen Baumärkten angeboten werden, kaum mehr nachgefragt. Da aus Platzgründen nur wenige dieser kleineren Blöcke aufbewahrt werden können, weisen die heutigen Abraumhalden eine ganz andere Struktur auf, als die historischen Abraumhalden des Sontheimer Bruches. Diese bestehen nur aus kleineren Steinen, da aus jedem noch tauglichen Block Mauer- und Bossensteine gefertigt wurden. Rund 60 % der Abbaumenge sind daher wegen unregelmäßiger Form, zu geringer Größe oder ungünstiger Bindung (Karbonate, Glaukonit) derzeit nicht zu verkaufen.
Verwendung
Zu den herausragenden Bauwerken aus Heilbronner Schilfsandstein in der nächsten Umgebung der Lagerstätte gehören die gotische Kilianskirche mit ihrem besonders schönen Netzrippengewölbe im Chor, das Rathaus am Marktplatz und die dahinterliegende Ehrenhalle, der Deutschhof, das Postamt Nr. 2 am Bahnhof, der Bahnhof in Heilbronn selbst sowie der in Bad Wimpfen. Hunderte von Villen und Verwaltungsgebäuden wurden um die Wende vom 19./20. Jh. aus diesem Sandstein errichtet. Einige in der Gründerzeit meist im Stil des Historismus erbaute, mit Erker und Balustraden versehene Bürgerhäuser, die beim verheerenden Bombenangriff auf Heilbronn am 4. Dezember 1944 nicht ganz zerstört und später mit Heilbronner Sandstein wieder renoviert oder rekonstruiert werden konnten, geben einen Eindruck vom einstigen Stadtbild. Eine Reihe solcher Villen mit steinsichtigen Fassaden aus Schilfsandstein sind in der Bahnhofstraße, Bismarckstraße, Cäcilienstraße sowie in der Uhland- und der Wilhelmstraße zu finden. Der alte Heilbronner Friedhof bietet noch zahlreiche typische Beispiele für Bildhauerarbeiten aus Heilbronner Schilfsandstein. Das Portal am Theusserbad in Löwenstein ist ein besonders schönes Beispiel für die Verwendung des rot geflammten Schilfsandsteins aus der Zeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts; wahrscheinlich stammt er vom Jägerhaus-Steinbruch.
In einem Artikel in der Tageszeitung „Heilbronner Stimme“ vom 27.5.1955 wird der Heilbronner Schilfsandstein so gewürdigt: „Die besonderen Eigenschaften, welche diesen warmtönigen Heilbronner Sandstein auszeichnen, seine geringe Zerklüftung, eine massige Bankbildung und schöne gleichmäßige Zusammensetzung, wie die leichte Bearbeitung zu architektonischen Verzierungen machen seit Jahrhunderten den selbst in großen Quadern noch zu gebrauchenden Sandstein sehr gesucht als Baustein, sowohl für hiesige Bauwerke, z. B. den Hauptbahnhof, die Kilianskirche, die alten Mauern und Türme, das Gymnasium, Lehrerseminar etc., als auch auswärtige monumentale Bauten oder zu feinen Skulpturen, so in Wimpfen, wo auch der sog. Rote Turm, dessen Mauerstärke 2,70 m beträgt, ebenfalls aus Heilbronner Sandstein gebaut ist.“ Zu Beginn des 17. Jh. werden Skulpturen, Bildsäulen und Wappensteine am Heidelberger Schloss aus Heilbronner Sandstein gefertigt, 1739 werden Heilbronner Sandsteine für das Mainzer Zeughaus geliefert. Im frühen 20. Jh. wurden Ornamente aus diesem Material am Kölner Dom gefertigt. Der Autor des zitierten Zeitungsartikels nennt als weitere wichtige Bauwerke aus dem 19. und 20. Jh.: Die Reichsbankgebäude in Düsseldorf und Wesel, das Hoftheater in Wiesbaden, die Düsseldorfer Mariä-Empfängniskirche, die Hauptbahnhöfe in Mainz, Frankfurt a. M. und Amsterdam, den Wasserturm in Mannheim, die Frankfurter Börse, Landesgewerbeamt und Olgabau in Stuttgart, das Justizgebäude in Ulm und viele Privatgebäude in Berlin, Frankfurt, Heidelberg, Karlsruhe, Straßburg, Pforzheim, Ulm, Augsburg und München. Ferner wurden der Figurenschmuck am Heidelberger Schloss und zahlreiche Ornamente am Kölner Dom aus Heilbronner Sandstein gefertigt. Die Aufzählung macht deutlich, welchen Ruf dieser Sandstein bei Auftraggebern und Architekten hatte.
Aus dem Heilbronner Sandstein werden heute vor allem Werkstücke zu Renovierungszwecken (ca. 80 % der Aufträge), daneben Boden- und Fassadenplatten, Bossensteine, bruchraue Mauersteine sowie Gartenbausteine hergestellt; derzeit sind aber Mauersteine aus Preisgründen kaum zu verkaufen; die Konkurrenz der zahlreichen Baumärkte mit billiger ausländischer Importware macht sich hier bemerkbar. Werkstücke aus gelbem Feinsandstein vom Winterhaldenhau wurden nach Mitteilung der Fa. H. Holz z. B. für die Renovierung und den Neubau folgender Gebäude geliefert: Haus der Wirtschaft in Stuttgart (früher Landesgewerbeamt), Kaufhaus Klosterhof in Heilbronn, Villa Seelig in Heilbronn, Gebäude Marktplatz Nr. 16 in Neckarsulm, Bischofspalais Wormser Hof in Bad Wimpfen, Greckenschloss in Bad Friedrichshall-Kochendorf, katholische Kirche St. Nikolaus in Gundelsheim, kath. Pfarrkirche in Waghäusel-Wiesental, Stadtkirche Baden-Baden, Schloss Belvedere in Bruchsal, Winzergenossenschaften in Brackenheim und Möglingen, Grundschule in Laufen a. N. Das große Kaufhaus am Klosterhof in der Heilbronner Innenstadt bietet derzeit wohl das beste Beispiel dafür, dass dieser gelblich braune Sandstein mit seinen leichten Farbschattierungen sehr gut auch für große, moderne Fassadengestaltungen geeignet ist. Die Fassade am Kaufhaus wurde von der Fa. Zeidler & Wimmel im Jahr 2008 aus Heilbronner Sandstein aus dem Steinbruch Winterhaldenhau erstellt; die Fa. H. Holz lieferte dazu rund 220 m3 Rohblöcke (Mitt. H. Holz).
Potenzial
Während in den Löwensteiner Bergen eine Wiedererschließung alter Abbaustätten im Schilfsandstein nur möglich sein dürfte, wenn man rasch zunehmende Abraummächtigkeiten aus tonigen Schichten und Mürbsandsteinen akzeptiert, ist bei Heilbronn noch ein großes Potenzial für die Werksteingewinnung zu erkennen, ohne dass große Abraumschichten im Hangenden entfernt werden müssten. Außerdem gehören die Schilfsandsteinvorkommen bei Löwenstein schmaleren Ablagerungsrinnen an als jene bei Heilbronn, so dass dort mit geringerer Ausdehnung der Werksandsteinvorkommen und höherem Tonanteil zu rechnen ist. Die erschlossenen, dickbankigen bis massigen Schilfsandsteinvorkommen östlich von Heilbronn verfügen hingegen über günstige Lagerstättenverhältnisse, zumal die hangenden Unteren Bunten Mergel weitgehend abgetragen sind. Das ausgedehnte Vorkommen zwischen dem Winterhaldenhau bzw. dem Schweinsberg im Süden und der Stadt Weinsberg im Norden folgt etwa dem alten Rinnenverlauf, ist im Schnitt 1,2 km breit, 5,4 km lang erhalten und um 30–35 m mächtig (vgl. Brunner, 2001a). Am günstigsten wäre eine Erweiterung des großen Steinbruchs am Jägerhaus in östliche oder nordöstliche Richtung; hier stand – nach historischen Fotografien – ein mindestens 8 m mächtiges, massiges Lager an. Auch aus Sicht des Naturschutzes könnte eine Wiederinbetriebnahme dieses heute dicht bewaldeten Steinbruchgeländes Vorteile bringen; nachgewiesenermaßen ermöglichen in Betrieb befindliche Steinbrüche eine starke Erhöhung der Biodiversität (BDZ/VDZ, 2003; Gilcher & Tränckle, 2005). Das Areal am Jägerhaus wäre besonders geeignet, Naturwerksteingewinnung, Geotourismus und Artenschutz gemeinsam zu fördern.
Kurzfassung
Der Heilbronner Sandstein gehört neben dem aus Mühlbach und Maulbronn zu den bedeutendsten und in besonders großem Umfang genutzten Schilfsandstein-Varietäten. Er ist überwiegend gelblich braun, bankweise aber auch rötlich und dunkelviolettrot geflammt. Verbreitet ist er im Keuperbergland östlich und südöstlich von Heilbronn und in den angrenzenden Löwensteiner Bergen. Die Vorkommen bei Heilbronn weisen das größte Werksteinpotenzial auf. Dort folgen unter 8–10 m plattigen Sandsteinen 15–20 m mächtige, dickbankige bis massige Sandsteine mit charakteristischer Wadpigmentierung und schlierenartiger Brauntönung. Genutzt wird der Heilbronner Sandstein in großem Umfang seit dem Mittelalter. In einem 1983 wiedereröffneten Bruch bei Heilbronn-Sontheim wird er heute (Stand 2021) noch von der Fa. Wachauf (ehem. Fa. Harald Holz) abgebaut.
Als schöne Verwendungsbeispiele können angeführt werden: Kilianskirche, Rathaus und Bahnhof sowie viele Gründerzeitvillen in Heilbronn, Reichsbankgebäude in Düsseldorf, Hoftheater in Wiesbaden, Mariä-Empfängniskirche in Düsseldorf, Hauptbahnhöfe in Mainz, Frankfurt a. M. und Amsterdam, der als Wahrzeichen der Stadt bekannte Wasserturm von Mannheim (zusammen mit Sandstein aus Sinsheim-Weiler), Frankfurter Börse, Landesgewerbeamt bzw. Haus der Wirtschaft sowie Olgabau in Stuttgart und viele Privat- und Verwaltungsgebäude in Berlin, Frankfurt und fast allen süddeutschen Großstädten. Aus dem Heilbronner Sandstein werden heute vor allem Werkstücke für Renovierungsarbeiten sowie Boden- und Fassadenplatten gefertigt.
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (2003). Naturschutz und Zementindustrie – Projektteil 2: Literaturstudie. 107 S., Düsseldorf (Verlag Bau + Technik). [Bearbeiter: Tränkle, U., Offenwanger, H., Röhl, M., Hübner, F. & Poschlod, P.]
- (1986a). Erläuterungen zu Blatt 6821 Heilbronn. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 204 S., 1 Taf., 4 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1995]
- (2001a). Blatt Naturpark Stromberg-Heuchelberg. – 1. Aufl., Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 50 000, Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
- (2005). Steinbrüche und Gruben Bayerns und ihre Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz. 199 S., München (Bayerischer Industrieverband Steine und Erden e.V. und Bayerisches Landesamt für Umwelt).
- (1990b). Geologie und Naturwerksteine Baden-Württembergs. – Grimm, W.-D. (Hrsg.). Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, S. 147–162, 2 Taf., München (Arbeitsheft Bayr. Landesamt Denkmalpflege, 50). [2 Abb.]
- (1984ff). INSK – Internationale Naturstein-Kartei. 1ff S., Ulm (Ebner). [10 Bände, Loseblattsammlung]
- (1964a). Geologie des Schilfsandsteins. – Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, 33, S. 1–140, 4 Taf., 15 Kt. [57 Abb.]