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Oberrheingraben

Der Oberrheingraben gehört zu den wichtigsten Regionen für hydrothermale Nutzungen in Baden-Württemberg. Hier gibt es im tieferen Untergrund Reservoire mit heißen Wässern, die mit Temperaturen über 60 °C eine direkte Wärmenutzung und bei Temperaturen über 100 °C eine zusätzliche Stromerzeugung ermöglichen. Das geothermische Potenzial der einzelnen Reservoire ist zum einen von der Temperatur und damit von ihrer Tiefenlage abhängig, zum anderen jedoch auch von ihrer Durchlässigkeit (hydraulischen Leitfähigkeit) und Mächtigkeit (Schichtdicke). Für eine geothermische Nutzung sind zudem die hydrochemischen Eigenschaften der Tiefenwässer von Bedeutung.

Die geothermischen Nutzhorizonte wurden im EU-Projekt GeORG (http://www.geopotenziale.org) kartiert. Hierzu wurden tiefe Bohrungen und seismische Sektionen ausgewertet und die Raumlage der Reservoire in einem Untergrundmodell dargestellt. Die Ergebnisse des GeORG-Projektes sind auf dem GeORG-Kartenviewer abrufbar. Weitere Informationen zu den Nutzhorizonten finden sich im Projekt GeotIS (www.geotis.de). Die Mächtigkeit des Oberen Muschelkalks variiert im Oberrheingraben nur wenig und liegt zwischen 70 m im Süden und 110 m im Bereich Kehl–Karlsruhe. Nördlich von Speyer fehlt der Obere Muschelkalk. Die Mächtigkeit des Buntsandsteins nimmt im Oberrheingraben kontinuierlich von Süden mit ca. 50–60 m im Raum Basel auf über 500 m im Raum Karlsruhe zu, um nach Norden wieder leicht abzunehmen. Etwa auf der Höhe von Mannheim nach Norden fehlt der Buntsandstein. Im Rahmen des Projektes GeORG wurde die Mächtigkeit der Permotriassischen Sandsteine kartiert.

Mächtigkeitsverteilung des Oberen Muschelkalks (links) und der Permotriassischen Sandsteine (rechts) im deutschen und französischen Oberrheingraben (GeORG-Projektteam, 2013)
Temperaturverteilung am Top Oberer Muschelkalk (links) und am Top Buntsandstein (rechts) im deutschen und französischen Oberrheingraben (GeORG-Projektteam, 2013)

Bestehende Nutzungen

Im Bild ist ein Bohrturm der Firma ITAG, aufgestellt auf planiertem Untergrund. Im Hintergrund ist Wald zu sehen.
Beispiel für eine Tiefbohrung (Foto: Stober & Bucher 2014)

Derzeit gibt es im baden-württembergischen Teil des Oberrheingrabens nur in Bruchsal ein Geothermiekraftwerk zur Stromerzeugung. Dort wird aus einem komplexen Störungssystem nahe der östlichen Grabenrandverwerfung Thermalwasser aus dem Buntsandstein genutzt. Das am Bohrlochkopf ca. 124 °C heiße Wasser wird aus einer Tiefe von 2000 bis 2500 m gewonnen (Mergner et al., 2012). Die relativ geringe Stromerzeugung von nur 550 Kilowatt ist auf die Konzeption als Forschungsanlage zurückzuführen. Der geplante Ausbau eines Nahwärmenetzes zur Wärmeversorgung einer Kaserne wurde bisher nicht realisiert. Probleme bereiteten die hohen Gas- und Mineralgehalte des zutage geförderten Tiefengrundwassers, die zu starken Mineralausfällungen und Korrosionserscheinungen führten. Dem wirkt heute die Druckhaltung der Anlage auf 22 bar entgegen.

Daneben werden die thermalen Aquifere des Hauptrogensteins (z. B. Bad Bellingen), des Oberen Muschelkalks (z. B. Bad Krozingen, Freiburg) und sandiger Lagen im Tertiär (z. B. Weinheim) für balneologische Zwecke und für die Gebäudeheizung (z. T. mit Einsatz von Wärmepumpen) genutzt.

Im Oberrheingraben gibt es bislang noch keine Anlagen mit saisonaler Wärmespeicherung in den geothermischen Reservoiren (Aquiferspeicher).

Im baden-württembergischen Teil des Oberrheingrabens gibt es keine petrothermalen geothermischen Nutzungssysteme (Enhanced Geothermal Systems, EGS). Auf französischer Seite wird in Soultz-sous-Forêts nördlich von Straßburg seit 2008 eine EGS-Anlage betrieben (Mergner et al, 2012). Dort wird als Wärmeüberträger Granit in ca. 5000 m unter Gelände genutzt, dessen primär vorhandene Spalten und Risse durch Wasserinjektionen sekundär erweitert wurden.

Literatur

  • GeORG-Projektteam (2013a). Geopotenziale des tieferen Untergrundes im Oberrheingraben, Fachlich-Technischer Abschlussbericht des Interreg-Projekts GeORG, Teil 1: Ziele und Ergebnisse des Projekts (Zusammenfassung). – LGRB-Informationen 28, S. 1–103.
  • GeORG-Projektteam (2013b). Geopotenziale des tieferen Untergrundes im Oberrheingraben, Fachlich-Technischer Abschlussbericht des Interreg-Projekts GeORG, Teil 2: Geologische Ergebnisse und Nutzungsmöglichkeiten. 346 S., Freiburg i. Br., verfügbar unter http://www.geopotenziale.org/products/fta/pdf_pool/georg_fta_2_ergebnisse_de.pdf.
  • GeORG-Projektteam (2013c). Geopotenziale des tieferen Untergrundes im Oberrheingraben, Fachlich-Technischer Abschlussbericht des Interreg-Projekts GeORG, Teil 3: Daten, Methodik, Darstellungsweise. 242 S., Freiburg i. Br., verfügbar unter http://www.geopotenziale.org/products/fta/pdf_pool/georg_fta_3_ergebnisse_de.pdf.
  • GeORG-Projektteam (2013d). Geopotenziale des tieferen Untergrundes im Oberrheingraben. Fachlich-Technischer Abschlussbericht des Interreg-Projekts GeORG, Teil 4: Atlas. Verfügbar unter http://www.geopotenziale.eu/products/atlas/pdf/atlas_web.pdf.
  • GeORG-Projektteam (2013e). Geopotenziale des tieferen Untergrundes im Oberrheingraben, Fachlich-Technischer Abschlussbericht des Interreg-Projekts GeORG, Teile 1–4. 691 S., 98 Kt., verfügbar unter http://www.geopotenziale.eu.
  • Mergner, H., Eggeling, L., Kölberl, T., Münsch, W. & Genter, A. (2012). Geothermische Stromerzeugung: Bruchsal und Soultz-sous-Forêts. – mining+geo, 4, S. 666–673.
  • Stober, I. & Bucher, K. (2014). Geothermie. 2. Auflage, 302 S., 145 Abb., Heidelberg (Springer Verlag).
  • Stober, I. & Bucher, K. (2015). Hydraulic and chemical properties of deep sedimentary aquifers in the Upper Rhine Graben, Europe. – Geofluids, 15, S. 464–482.
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