Definition
Setzungen sind vertikale Senkungsbewegungen, die der Baugrund oder ein Bauwerk nach Aufbringung oder Veränderung einer Last (z. B. Bauwerk, Schüttung, Verkehrslast, Grundwasserabsenkung mit zusätzlicher Belastung des Korngerüsts nach Wegfall des Auftriebs, Druckentlastung im Grundwasserleiter) erfährt. Mit Setzungen gehen auch die Verdichtung und Kompaktion des Untergrundes einher.
Setzungen unter Lastaufbringung werden nach DIN 4019:2015‑05 zeitlich in drei unterschiedliche Verläufe aufgeteilt:
- Initialsetzung (Sofortsetzung s0): Die Sofortsetzung beruht auf einer elastischen, d. h. reversiblen volumentreuen Verformung des Bodens, die unmittelbar bei Lastaufbringung eintritt.
- Primärsetzung (Konsolidationssetzung/Verdichtungssetzung s1): Die Verdichtungssetzung macht in der Regel den größten Setzungsanteil aus. Sie erfolgt nach Lastaufbringung zeitlich verzögert durch das Auspressen von Porenwasser und Porenluft und einer damit verbundenen Kompression des Korn- und Mineralgerüstes des Bodens. Dieser Prozess kann in Abhängigkeit von der Durchlässigkeit und den Drainagebedingungen des Bodens mehrere Jahre oder Jahrzehnte andauern. Initial- und Primärsetzung bilden die elastischen Setzungen.
- Sekundärsetzung (Langzeit- bzw. Kriechsetzung s2): Die Langzeit- bzw. Kriechsetzung ist in erster Linie auf langfristige Kriecherscheinungen in feinkörnigen Böden und Umlagerungen im Mineralgerüst zurückzuführen. Die Langzeit- bzw. Kriechsetzung tritt unter konstanten, effektiven Spannungen nach Abschluss der Konsolidierung ein.
Die Größe der auftretenden Setzung richtet sich neben der Größe und Geometrie der Auflast nach der Kompressibilität und den plastischen Eigenschaften der Lockergesteine (Geyer et al., 2011).
Bauwerksschäden infolge ungleichmäßiger Setzungen
Setzungen sind als die häufigste Verformung des Untergrundes anzusehen. Bei Bauwerken ist nach Prinz & Strauß (2016) weniger die Gesamtsetzung entscheidend, als vielmehr die auftretenden Setzungsdifferenzen.
Setzungsdifferenzen sind immer in Abhängigkeit von der Entfernung der betrachteten Punkte zu beurteilen, da bei nah beieinanderliegenden Punkten Bauwerke empfindlicher auf Setzungsdifferenzen reagieren, als wenn diese weiter auseinanderliegen.
Die Setzungsempfindlichkeit eines Bauwerkes ist in erster Linie abhängig von dessen Steifigkeit. Während ein statisch bestimmtes Bauwerk sich mehr oder weniger der Setzungsmulde anpasst, versucht ein statisch unbestimmtes Bauwerk mit einer gewissen Steifigkeit die örtlichen Setzungsunterschiede zu überbrücken und die Setzungen durch Spannungsverlagerungen auszugleichen. Ist ein Bauwerk nicht steif genug, um die Biegebeanspruchung aufzunehmen, treten Risse auf.
Der Baugrund besitzt immer Unregelmäßigkeiten in seiner tatsächlichen Zusammensetzung und Beschaffenheit, welche auch durch eine vorhergehende Erkundung nie ganz geklärt werden können.
Setzungsgefährdete Formationen/Gesteinseinheiten in Baden-Württemberg
Voraussetzung für Setzungen sind nicht oder nur unzureichend tragfähige Böden/Lockergesteine. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um bindige feinkörnige, wasserreiche Sedimente (weiche Tone, aufgeweichte Schluffe) oder organische Böden. Aber auch lockere und mitteldicht gelagerte nichtbindige Sande können unter Last mit Setzungen reagieren, insbesondere unterhalb des Grundwasserspiegels und bei dynamischen Einwirkungen. Bei anthropogenen Auffüllungen führen neben deren in der Regel sehr heterogenen Materialzusammensetzung auch eine nur unzureichende Verdichtung (z. B. Schüttungen „vor Kopf“) unter Belastung sowie bei Mineralisierung organischer Bestandteile zu Setzungen.
In der Ingenieurgeologischen Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg (IGHK50) werden insgesamt 47 geologische Einheiten als setzungsgefährdet eingestuft. Dabei wird in Anthropogene Auffüllungen (Anthropogene Ablagerungen (Aufschüttung, Auffüllung, Rohstoffabbaufläche), Anthropogen verändertes Gelände), bindige kompressible Lockergesteine (z. B. Lössführende Fließerde, Auenlehm, Holozänes Auensediment, Rutschungsbildungen) und organische kompressible Lockergesteine (z. B. Holozäne Altwasserablagerung, Auensand, Hoch-/Niedermoor, Quartärer Sinterkalk) unterschieden.
Neben den Lockergesteinen gibt es vereinzelt auch Gesteinsbereiche innerhalb von Festgesteinen, in welchen bei Lastauftrag Setzungen auftreten können. Da sie z. T. unmittelbar neben kompetenten setzungsunempfindlichen Gesteinen anstehen, können auch hier Setzungsdifferenzen eine bedeutsame Rolle spielen. In der Plattensandstein-Formation des Oberen Buntsandsteins sind ehemalige geringmächtige Bodenhorizonte (Paläoböden) bekannt – die aufgrund ihrer Farbe sogenannten Violetten Horizonte. Sie besitzen eine erheblich geringere Festigkeit und Verwitterungsbeständigkeit als die über- und unterlagernden Sandsteine. In verwittertem Zustand bestehen die fossilen Bodenbildungen aus schwach verkittetem Sand oder sandigem, oft weichem Schluff und können bei Lastauftrag somit mit Setzungen reagieren (Wagenplast, 2005).
Ebenso sind tertiäre Brekzientuffe im Bereich der Albhochfläche (Alb-Magmatite der Albvulkan-Untergruppe) im Vergleich zum dort überwiegend anstehenden Kalkstein relativ weich. Das Gelände ist daher im Bereich der Tuffe oftmals muldenartig eingetieft (z. B. Randecker Maar, Schopflocher Hochmoor) (Wagenplast, 2005). Die Tuffschlote mit Durchmessern zwischen wenigen Zehnermetern und mehr als einem Kilometer bestehen zum überwiegenden Teil aus ungeschichteten Brekzientuffen. Diese sind zur Hälfte aus zerschlagenen Trümmern von Trias- und Juragesteinen, zur anderen Hälfte aus vulkanischem Material zusammengesetzt. Nach Ende der Eruptionen kam es zu Nachsackungen und somit Setzungen des Schuttmaterials der ungeschichteten Tuffe (Geyer et al., 2011). Aufgrund der geringen Kompaktion der Tuffe sind diese bei Lastaufbringung nach wie vor setzungsanfällig.
Süßwasserkalke oder Kalktuffe bestehen aus teils mürbem oder hartem, hohlraumreichem Kalkstein, teils aus Kalkschluff, lockerem Kalksand, Kalkgrus oder z. T. auch organischem Kalkschluff. Daher weisen sie sehr unterschiedliche ingenieurgeologische Eigenschaften auf und sind als setzungsgefährdet einzustufen.
Setzungen in der Ingenieurgeologischen Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg
Setzungsgefährdete Flächen sind landesweit in der Ingenieurgeologischen Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg (IGHK50) des LGRB im Maßstab 1 : 50 000 als Gefahrenhinweisflächen „Setzungen“ erfasst. Diese steht als Geoanwendung auf der Homepage des LGRB zur Verfügung (LGRB, 2016b).
In der Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg (IGHK50) werden entsprechend dem Leitfaden der Gefahrenhinweiskarten geogener Naturgefahren der Staatlichen Geologischen Dienste (SGD) verschiedene setzungsgefährdete Untergrundarten ausgewiesen:
- Auffüllungen
- bindig kompressible Lockergesteine
- organisch kompressible Lockergesteine
Die Ingenieurgeologische Gefahrenhinweiskarte ist auf die Belange der Raumplanung ausgelegt und deshalb nicht parzellenscharf. Nach der Ingenieurgeologischen Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg sind rund 17,5 % (≈ 6249 km2, über 19 000 Einzelflächen) der Landesfläche von setzungsempfindlichem Untergrund der o. g. Untergrundarten betroffen.
Literatur
- (2016). Gefahrenhinweiskarten geogener Naturgefahren in Deutschland – ein Leitfaden der Staatlichen Geologischen Dienste (SGD). 88 S., Stuttgart (Schweizerbart Science Publishers).
- (2005). DIN 4019:2015-05 Baugrund – Setzungsberechnungen. 28 S., Berlin (Beuth).
- (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
- (2016b). Homepage LGRB » Informationssysteme » Geoanwendungen » Geogefahren » Ingenieurgeologische Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg, verfügbar unter http://www.lgrb-bw.de/informationssysteme/geoanwendungen/geogefahren.
- (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.