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Ölschieferhebung in einer Fabrikhalle bei Östringen

Lageplan einer Fabrikhalle in Aufsicht; gezeichnet in Schwarzweiß. Rechts oben sowie mittig unten sind zwei Bereiche starker Hebungen eingetragen; rechts oben zudem die Lage eines Erkundungsschachtes.
Lageplan mit Bereichen starker Hebung
  • Blick in einen schwärzlich braunen Schacht mit Schachtdeckel oben und abknickender Seitenwand rechts.
  • Blick in einen schwärzlich braunen Schacht. Unten und in der Bildmitte sind hellere Stellen durch Blitzlicht erkennbar. Ein Maßband ist angelehnt.
  • Blick auf einen Schacht mit dünn geschichtetem, schwärzlichem Gestein. Rechts steht seitlich angrenzendes Gestein an. Am Fuß sind Stücke davon weggebrochen. Oben ist eine massiv wirkende Decke zu erkennen.
  • Aufnahme von mehreren schräg nach rechts oben verlaufenden, aufeinanderliegenden dünnplattigen Gesteinsschichten. Zwischen dem Gestein sind einzelne Schichten von orangen sowie hellbraunen Gipskristallen zu erkennen. Links ist ein Maßband angelegt.

Die Grundwassertemperaturen im Hallenbereich lagen 1984 bei ca. 19–27 °C (Durchschnitt aus 157 Messwerten etwa 21 °C). Sie lagen somit um etwa das Doppelte über normalen Grundwassertemperaturen und folglich zum Teil auch über der Temperatur der klimatisierten Halle. Auf dem Fabrikgelände und in seinem Grundwassereinzugsgebiet findet jedoch kein Übertritt erwärmter Wässer in den Untergrund statt, sodass für die festgestellten erhöhten Temperaturen exotherme chemische Reaktionen im Untergrund und insbesondere die Zirkulation erwärmter Bodenluft in Betracht kommen.

Ursachen und Mechanismen der Hebungsvorgänge

Ältere Schwarzweißaufnahme vom aufgewölbten und gesprungenen Boden einer Fabrikhalle. Eine über der aufgerissenen Nahtstelle gelegte Markierungsschranke zeigt die unterschiedliche Höhe des Bodens an.
Aufwölbung des Untergrunds

Zur Erkundung der Hebungsursachen wurde Ende 1982 an der damals am stärksten herausgehobenen Stelle ein 3 m tiefer Schacht erstellt. Dabei zeigte sich, dass die Posidonienschiefer-Formation (unter einer stärker verwitterten Übergangszone) zwischen 1,2 m und 3,05 m Tiefe in nicht weniger als 500 Einzelschichten aufgespalten war. Auf den 0,05–2,0 mm klaffenden Schichtflächen (nicht im Gestein selbst!) befanden sich unzählige 0,1–2 mm große sekundär entstandene Kristalle, die röntgenographisch als Gips (CaSO4 · 2 H2O), untergeordnet auch als Melanterit (FeSO4 · 7 H2O) identifiziert wurden. Die Summe aller gemessenen und geschätzten Klaffweiten stimmte bemerkenswert gut mit dem damals nivellierten Hebungsbetrag (40 cm) überein. Im Jahr 1985 wurde die Aufnahme der Gebirgsaufspaltung an identischer Stelle des Schachts wiederholt. Dabei wurde ein Anstieg der offenen Schichtfugen von 500 auf 615 festgestellt. Die neu entstandenen Aufspaltungen lagen praktisch ausnahmslos zwischen 2,3 m und 2,75 m Tiefe und die mittlere Öffnungsweite hatte sich oberhalb 2,3 m von 0,5 mm (1983) auf 0,75 mm (1985), d. h. um 50 % erhöht. Generell wurden nur selten größere Klaffweiten als 2,0 bis 2,5 mm gemessen, was ein limitiertes Kristallwachstum nahelegt, möglicherweise bedingt durch das Abreißen der kapillaren Stoffzufuhr.

Vergrößertes Bild von Gipskristallen. Die Spitzen der Kristalle schimmern hellgrau, tiefer liegende Bereiche sind dunkelgrau und schwarz.
Gipskristallrasen auf einer Schichtfläche

Die auf den Schichtflächen gewachsenen Gips- und Melanteritkristalle sind aus dem im Gestein vorhandenen Pyrit entstanden, der bei Sauerstoffzutritt über die Bodenluft oder des Grundwassers oxidierte. Die dabei gebildete Schwefelsäure reagiert ihrerseits mit dem Karbonat des Gesteins. Es entsteht Calciumsulfat, das in relativ trockenen Gebirgsbereichen entweder direkt ausfällt (Ätzkavernen um verwitternden Pyrit) oder in der Bergfeuchte oder dem Grundwasser als Ca2+ und SO42- gelöst ist. Durch Verringerung der Gesteinsdurchfeuchtung (natürlich oder künstlich verursacht) überwogen im Untergrund der Halle die Verdunstungsvorgänge. Dabei wurden u. a. Ca2+ und SO42- im Grundwasser angereichert (erhöhte Sulfatkonzentration um das 2–14‑fache). Der Mittelwert lag bei 360 mg SO42-/l, was etwa 25 % des Sättigungswerts für Gips in reinem Wasser entspricht.

Literatur

  • Link, G. (1988). Sulfidverwitterung und Sulfatneubildung als Ursachen für Bodenhebungen und Bauschäden. – Jahreshefte des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg, 30, S. 301–313.
  • Wagenplast, P. (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.
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