Ereignis
Am späten Abend des 9. März 2013 haben Anwohner das Bürgermeisteramt Ratshausen (Zollernalbkreis) über einen Felssturz am Südhang des Plettenbergs (Plettenkeller) benachrichtigt. Dieser habe sich in der Nacht des 8. März 2013 ereignet und wurde gegen 23:00 Uhr mit einem dumpfen Grollen in der Ferne wahrgenommen. Durch den impulsartigen Niedergang der Sturzmassen (ca. 300 m3) wurde im Aufschlagsbereich eine lokale Rutschung ausgelöst, die zu einem Abgleiten der Lockergesteinsbedeckung, verbunden mit erheblichen Schäden am talseitigen Forstweg, geführt hat.
Geologische Verhältnisse
Der Schadensbereich befindet sich am Südrand des Plettenbergs, einem vorgelagerten Zeugenberg und zugleich eine der höchsten Erhebungen der Schwäbischen Alb (bis ca. 1002 m ü. NHN). Die Hochfläche des Plettenbergs wird aus verkarsteten Kalkgesteinen des Oberjuras (Wohlgeschichtete-Kalke-Formation: Bankkalke) aufgebaut. Im Bereich der Schadensstelle streichen die Kalksteine des Oberjuras in einer markanten, bis über 40 m hohen schroffen, annähernd senkrechten Steilwand aus. Diese werden in einer Höhenlage von ca. 935 m ü. NHN von verschwammten Kalkmergelsteinen der Lochen-Formation unterlagert. Der Wechsel von klüftigen, durchlässigen Kalkgesteinen zu nur gering durchlässigen Kalkmergelgesteinen hat zur Folge, dass die Gesteine der Lochen-Formation als natürlicher Stau- und Quellhorizont hervortreten. Nur wenig unterhalb dieser geologischen Schichtgrenze wird der Felsuntergrund von talwärts an Mächtigkeit rasch zunehmenden Hangschutt- und alten (Berg-) Sturzmassen überdeckt.
Wie an der bewegten Hangmorphologie unschwer zu erkennen, war und ist der Südhang des Plettenbergs wiederholt Schauplatz größerer und kleinerer Massenbewegungen. Als besonderes Ereignis ist der „Schlipfsturz“ vom Oktober 1851 zu nennen, bei dem rund 100 Hektar Wald- und Feldflächen in Mitleidenschaft gezogen worden waren. In Zusammenhang mit der wechselnden Durchfeuchtung im Hang sind die mergeligen Hangschutt- und alten (Berg-) Sturzmassen sehr stark rutschempfindlich und in jüngster geologischer Vergangenheit bis heute in vielfacher Weise wiederholt umgelagert worden. Hinzu kommt eine latente Felssturzgefährdung aus der übersteilten Felsböschung der in schroffen Felswänden anstehenden Kalkgesteine. Zeugnisse vorangegangener Sturzereignisse mit z. T. einige Kubikmeter messenden, bemoosten Sturzblöcken finden sich auch im Schadensbereich.
Felssturz als Auslöser der Rutschung
Beim Schadensereignis wurden ausschließlich forstlich genutzte Flächen und Wege in Mitleidenschaft gezogen. Dabei ist ein primärer Felssturz (geschätzt ca. 300 m3 Felsmasse) schlagartig aus der Steilwand ausgebrochen und auf die nach anhaltenden Niederschlägen sowie vorangegangener Schneeschmelze entsprechend vorgesättigten und durchfeuchteten Hangschutt- und Sturzmassen aufgeschlagen.
Wie für vergleichbare Felswände des Albtraufs typisch und dort vielfach vorzufinden, dürfte es sich bei der Sturzmasse um eine wandparallele, zwiebelschalenförmige Felsscheibe gehandelt haben, die nur noch über wenige Materialbrücken mit dem Mutterfels verbunden war. Die Ausbruchtiefe des Sturzereignisses wurde auf ca. 2–3 m abgeschätzt. Als Auslöser für den Absturz der Felsschale ist die mechanische Wirkung des Spaltenfrostes (Zeitraum Anfang März) sowie der nach Aufgehen des Frostes in Spalten und Klüften auftretende Kluftwasserdruck anzunehmen. Dies hat zusammen mit der ungünstigen, vorgeschwächten Disposition des Felsverbands schließlich zum Spontanversagen geführt. In der Ausbruchnische des Felssturzes war an der Westseite noch eine ca. 10 m lange absturzgefährdete, hochgradig labile Felsschale verblieben.
Durch den impulsartigen Niedergang der Felsmassen kam es im Aufschlagsbereich zu einer teilweisen (Re-) Mobilisierung alter Rutschmassen, die in einer rinnenförmigen Struktur auf einer Länge von ca. 90 m talwärts geglitten sind. In diesem ca. 35° steilen Bereich ist die Rutschmasse geringmächtig resp. die Rutschung flachgründig und lokal mit Blockschutt der hangseitigen Felswand durchsetzt. Talseits hat sich westlich daran anschließend eine bis zu 50 m lange Abrisskante gebildet, entlang derer der Forstweg in mehreren Leisten treppenartig um bis ca. 0,5–1,0 m abgesackt war. Insgesamt umfasst dieser untere, mittelgründige Rutschbereich ein ca. 20° geneigtes und somit deutlich flacheres Gebiet von ca. 80 m x 50 m mit mehr oder weniger deutlichen Anzeichen frischer Deformationen und Zugspalten innerhalb der mächtigeren Lockergesteinsbedeckung.
Sicherungsmaßnahmen
Das Schadensereignis hinterließ vor allem im beidseitigen Randbereich zur frischen Felsausbruchnische labile Felsleisten, von denen für das talwärtige Hanggelände innerhalb eines fächerförmigen Streubereichs (seitliche Begrenzung jeweils unter ca. 25° vom Ausbruchrand) eine latente Steinschlag- bis Felssturzgefährdung ausging. Damit wurde deutlich, dass vor etwaigen Instandsetzungsmaßnahmen des auf mindestens 90 m Länge zerstörten bzw. überschütteten Forstwegs zuerst die labilen Bereiche der Felsböschung sowie zwischengelagerte Sturzkörper im Transitbereich aus Sicherheitsgründen beräumt oder gesichert werden müssten.
Als Alternative zu diesen beschriebenen Sicherungsmaßnahmen wurde in Erwägung gezogen, den Forstweg im gefährdeten Abschnitt aufzugeben und durch Schütten von Erdwällen permanent für den forstlichen Durchgangsverkehr zu sperren. In dem abgesperrten Bereich wäre aus Sicherheitsgründen ein Betretungsverbot auszusprechen.
Nach Abwägung der wirtschaftlichen und kommunalen Bedeutung des Forstwegs sowie der zu erwartenden Instandsetzungskosten wurden seitens der Gemeinde Ratshausen entschieden, den Forstweg im Gefährdungsbereich dauerhaft abzusperren.
Da keine wandparallelen Spalten im rückwärtigen Bereich der Felsausbruchnische erkennbar waren, die auf ein rückschreitendes Abbrechen der Felswand hindeuten würden, bestand für den Wanderweg, der von der südlichen Hochfläche des Plettenbergs nach Ratshausen hinabführt, keine unmittelbare Gefährdung, so dass dieser weiterhin uneingeschränkt begangen werden kann.
Nachfolgend sind die wichtigsten Merkmale des Felssturzes am Plettenberg tabellarisch aufgelistet:
Stammdaten:
Objekt-ID |
7718_St00001 |
Objektname |
Felssturz Plettenberg |
Lokalität |
Plettenkeller, Südhang des Plettenbergs, ca. 0,2 km nordöstlich von Ratshausen |
Gemeinde |
Ratshausen |
Landkreis |
Zollernalbkreis |
TK25-Nr. |
7718 |
TK25-Name |
Geislingen |
Datengrundlage |
Geländebegehung, Geologische Karte, DGM |
Lage-Bezugspunkt |
Höchster Punkt des Abbruchgebiets |
Ostwert |
486255 |
Nordwert |
5338560 |
Koordinatenreferenzsystem |
ETRS89/UTM32 |
Koordinatenfindung |
Karte |
Höhe [m ü. NHN] |
950 |
Höhenermittlung |
Karte |
Allgemeine Fachdaten:
Entstehungszeitraum |
09.03.2019 |
Geländenutzung während der Entstehung |
Wald, Forstweg |
Schäden |
Forstwegschäden, gravierend |
Spezielle Fachdaten Massenbewegungen:
Primär-/Folgeereignis |
Primärereignis |
|
Prozess der Hauptbewegung |
Felssturz |
|
Max. Reichweite [m] |
ca. 150 |
|
Max. Breite [m] |
ca. 50 |
|
Schattenwinkel [°] |
ca. 21 |
|
Geometrisches Gefälle (Fahrböschungswinkel) [°] |
ca. 28 |
|
Kubatur der Sturzmasse [m3] |
ca. 300 |
|
Höchster Punkt der Abbruchkante [m ü. NHN] |
950 |
|
Höchster Punkt des Ablagerungsbereichs [m ü. NHN] |
895 |
|
Tiefster Punkt des Ablagerungsbereichs [m ü. NHN] |
870 |
|
Max. Höhenunterschied (H) zwischen dem höchsten Punkt der Abbruchkante und dem tiefsten Punkt des Ablagerungsbereichs [m] |
80 |
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Exposition zwischen höchstem und tiefstem Punkt des Ereignisses [°] |
190 |
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Hangneigung im Abbruchbereich [°] |
80–90 |
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Ursache |
geogen |
|
Auslöser |
geogen |
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Geologie |
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Wohlgeschichtete Kalke-Formation (joW) |
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Lochen-Formation (joLO) |
Schwamm-Algen-Kalk, Mergelstein |
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Gefahrenbeurteilung |
geringe Gefahr |
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Überwachungsmaßnahmen |
nein |
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Sicherungsmaßnahmen |
Absperrung, Aufgabe Forstweg |
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Sonstige Anmerkungen |
Rutschung in Hangschutt Sturzmaterial als Sekundärereignis, lang anhaltende Niederschläge, Schneeschmelze, Kluftwasserdruck |