Lithostratigraphische Untergruppe
Übergeordnete Einheit
Verwitterungs-/Umlagerungsbildung
Zur Untergruppe Massenverlagerung werden alle Ablagerungen gezählt, die durch gravitative Prozesse zur Ablagerung kommen. Unter gravitativen Prozessen werden Rutschprozesse (Rutschungen), Sturzprozesse und Fließprozesse zusammengefasst.
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Massenverlagerungen sind im gesamten Landesgebiet vorzufinden und entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Neben den geologischen Voraussetzungen (lithologische Zusammensetzung der Gesteinseinheiten / des Ausgangsgesteins) ist vor allem eine ausreichende Reliefenergie entscheidend für die Entstehung von gravitativen Massenbewegungen und von Massenverlagerungen als deren Produkt. Somit befinden sich Massenverlagerungen in erster Linie an (steilen) Hängen bzw. an deren Hangfuß.
Rutschprozesse
Besonders rutschempfindlich sind Formationen aus veränderlich festen Gesteinen (Ton- und Mergelsteine) wie z. B. die Trossingen-Formation oder die Opalinuston-Formation. Auch erweisen sich Hangbereiche als besonders rutschgefährdet, wenn klüftige wasserführende Festgesteine (Kalksteine, Sandsteine, Konglomerate) weniger durchlässige und veränderlich feste Gesteine überlagern. Rutschungen sind vor allem in den Gesteinen des Keupers (v. a. Trossingen-Formation), des Mitteljuras im Albvorland (insbesondere am Übergang der Opalinuston-Formation zur Eisensandstein-Formation bzw. zur Achdorf-Formation und Wedelsandstein-Formation), im Grenzbereich von Gesteinen des Mitteljuras zum Oberjura am Trauf der Schwäbischen Alb sowie in den tertiären Gesteinen des Molassebeckens weit verbreitet.
Sturzprozesse
Sturzprozesse laufen i. A. in Hangbereichen mit Hangneigungen > 35° ab. In Baden-Württemberg sind dies vor allem steil eingeschnittene Täler und Steilwände im Ausstrichbereich des Grundgebirges (Schwarzwald/Odenwald), des Oberen Muschelkalks (z. B. Neckartal, Jagsttal, Kochertal), des Mittelkeupers und des Oberjuras (v. a. Schwäbische Alb). Durch Sturzprozesse abgelagerte Sturzmassen sind in der Regel stark zertrümmert und kommen meist bei Hangneigungen unter 30° zum Stillstand. Teils ausgedehnte Blockschutt- und Geröllhalden sind die Folge.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
In Baden-Württemberg wird einzig die Kartiereinheit Rutschungsbildung flächig ausgewiesen. Auf eine separate flächige Abgrenzung von Sturzmassen wird aufgrund ihrer in der Regel zu geringen räumlichen Ausdehnung verzichtet. Sturzmassen werden häufig mit den Kartiereinheiten Hangschutt, Blockschutt, Reste alter Schuttdecken oder Alte Schuttmassen zusammengefasst.
Lithologisch ist das durch Massenbewegung umgelagerte Material sehr heterogen. Je nach Ausgangsgestein und Massenbewegungsprozess können alle Zusammensetzungen von einem homogenen Ton bis zu nahezu unverwitterten und im Verband abgerutschten Festgesteinsschollen bzw. zu Steinen bis Blöcken zertrümmerten Festgesteinen vorkommen.
Mächtigkeit
Die Massenverlagerungen können in der Regel wenige Meter bis zu mehrere Zehnermeter Mächtigkeit erreichen. Bergzerreißungen/Talzuschübe können z. B. im alpinen Raum sogar bis zu mehrere Hundert Meter mächtig sein.
Alterseinstufung
Massenverlagerungen, als Ergebnis von Erosions- und Denudationsprozessen bilden sich zu allen Zeiten. Die bis heute in Baden-Württemberg überlieferten Massenverlagerungen entstanden in der Regel im Pleistozän und Holozän.