Einleitung
Der Schlierberg befindet sich am westlichen Hangfuß des Lorettobergs im Südwesten des Freiburger Stadtteils Wiehre. Aufgrund der dortigen geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse treten immer wieder Erdfälle auf, die zur Gefahr für Mensch, Tier und der Infrastruktur werden können. Die Erdfallstrukturen konzentrieren sich vor allem auf ein rund 6° geneigtes Wiesengelände im Gewann „Hinterer Schlierberg“. Ober- und unterhalb des Wiesengeländes schließt sich die bebaute Ortslage von Freiburg-Wiehre an.
Geologie am „Hinteren Schlierberg“
Der Schlierberg liegt im Bereich der Nord–Süd-orientierten Lorettoberg-Scholle in der Vorbergzone und wird aus Gesteinen der Plattensandstein-Formation (Oberer Buntsandstein) sowie der Vogesensandstein-Formation (Unterer bis Mittlerer Buntsandstein) aufgebaut. Östlich grenzt die Lorettoberg-Scholle an die Rheingraben-Hauptverwerfung, jenseits derer metamorph überprägte Gesteine (Migmatite mit Paragneisrelikten) des kristallinen Grundgebirges anstehen. Die Festgesteine werden am Schlierberg von bis zu 10 m mächtigen, feinkörnigen Lockergesteinsdeckschichten überlagert. Diese setzen sich im Wiesengelände am „Hinteren Schlierberg“ an der Basis aus rund 4 m mächtigem Schluff mit zahlreichen, bis kieskorngroßen Festgesteinsbröckchen (Grundgebirgsmaterial, seltener Buntsandstein) zusammen. Dabei handelt es sich um älteren Hanglehm in steifer bis fester Konsistenz. Der ältere Hanglehm wird von Lösslehm, einem weitgehend entkalkten, schluffigen Lockergestein in weicher bis steifer Konsistenz überlagert. Darüber folgt an der Geländeoberfläche junger Hanglehm, ein schwach toniger, schwach sandiger Schluff (Lössführende Fließerde) in überwiegend weicher Konsistenz.
Grundwasserverhältnisse am „Hinteren Schlierberg“
Relativ starke Schwankungen der Grundwasserführung sind für das Hanggelände typisch. Nach stärkeren Niederschlägen kommt es rasch zu einer intensiven Durchfeuchtung und Durchströmung der wasserempfindlichen, grobschluffigen Lockergesteinsauflagen – sowohl des oberflächennahen Hanglehms, als auch vermutlich der tieferen Deckschichten. Ein Zufluss über tektonische Störungen ist ebenfalls wahrscheinlich. In der Folge bilden sich im unteren Hangbereich (oberhalb der Schlierbergstraße, in ca. 70–150 m Entfernung, etwa 10–20 Höhenmeter unterhalb der Erdfallstrukturen) temporär mehrere Vernässungszonen und kleine Quellaustritte aus.
Ereignisse
Bereits in der Vergangenheit traten am Schlierberg Erdfälle auf, die immer wieder rasch verfüllt wurden. Verfüllungen mit ortsfremdem, ggf. auch bauschutthaltigem Lockergesteinsmaterial sowie im Durchmesser bis zu einem Meter große, flache Vertiefungen zeigen relikthaft historische Erdfallstrukturen an. Die Erdfallstrukturen lassen sich auf dem Wiesengelände am Schlierberg etwa drei in Falllinie angeordneten Erdfallketten zuordnen. In der Regel werden die Erdfallketten an ihrem unteren Rand durch flache Schwemmkegel (Schwemmfächer) abgeschlossen, an denen in Suffosionskanälen das im Untergrund abtransportierte, feinkörnige Lockergestein zutage tritt und abgelagert wird. Die Schwemmkegel zeichnen sich meist durch Quellaustritte und Vernässungszonen mit teils randlichen Wällen aus schluffigen Sedimenten sowie allgemein durch frische Sedimentablagerungen aus.
Erdfälle 2013
Infolge des ungewöhnlich niederschlagsreichen Jahres sind 2013 auf dem Wiesengelände im Gewann „Hinterer Schlierberg“ fünf offene Erdfallstrukturen entstanden, deren Sohlen z. T. mit der nachgebrochenen Grasnarbe bedeckt waren. Die Erdfälle konnten zwei Erdfallketten zugeordnet werden. Die Löcher wiesen im Allgemeinen einen etwa runden Grundriss auf, maßen ca. 2–3 m im Durchmesser und waren bis zu 1,5 m tief. Die südliche Erdfallkette umfasste drei aktive Erdfälle und endete in einem rund 8 m2 großen Schwemmfächer. In Falllinie dieser südlichen Erdfallkette wurden auf einer Länge von rund 250 m acht weitere verfüllte Erdfälle beobachtet.
Erdfall in bebauter Ortslage von Freiburg-Wiehre vom Dezember 2013
Etwa 300–400 m südlich des Wiesengeländes im Gewann „Hinterer Schlierberghang“ wurden seit Ende 2013 im Umfeld eines Wohnhauses etwa zentimeter- bis dezimetertiefe Absenkungen beobachtet. Die Absenkungsbereiche waren bis zu etwa 2 m2 groß. Für die aufgetretenen Pseudokarststrukturen kamen neben natürlichen Prozessen (zirkulierendes Hangwasser) auch anthropogene Ursachen (undichte Hangdrainagen, fehlerhafte Dachentwässerung etc.) infrage. Die tatsächliche Ursache wurde durch ein privates geotechnisches Ingenieurbüro erkundet.
Bauen in vergleichbarem Hanggelände
Hanggelände mit vergleichbaren Rahmenbedingungen wie am Wiesengelände „Hinterer Schlierberg“ stellen einen schwierigen Baugrund dar. Für die Erschließung solcher Baugelände ist eine flächenhafte Entwässerung des Hanges z. B. mittels Tiefendrainagen zwingend erforderlich.
Die wasserempfindlichen Lockergesteinsdecken weichen bei starker Durchfeuchtung schnell auf, weshalb Erdarbeiten nur in trockener Jahreszeit ausgeführt werden sollten. Außerdem muss mit Mehraufwendungen für den Leitungsbau und beim Anlegen von Baustraßen gerechnet werden. Die weichen Schluffe der Lockergesteinsdeckschichten neigen zudem zum Ausfließen. Dem sollte beim Ausheben von tiefen Baugruben durch eine fachgerechte Baugrubensicherung Rechnung getragen werden.
Auch ist eine angemessene konstruktive Bauweise der Gebäude (Versteifung der Bodenplatte oder entsprechende bewehrte Streifenfundamente) erforderlich. Insbesondere ist bei der Anlage von Gebäudedrainagen große Sorgfalt geboten.
Nachfolgend sind die wichtigsten Punkte der aktiven Erdfälle am Schlierberg (Wiesengelände am „Hinteren Schlierberg“) in Freiburg von 2013 tabellarisch aufgelistet:
Stammdaten:
Objekt-ID |
8013_Ka00001 |
Objektname |
„Hinterer Schlierberg“, Stadt Freiburg, Stadtteil Wiehre |
Lokalität |
Hinterer Schlierberg |
Gemeinde |
Freiburg |
Stadt-/Landkreis |
Freiburg |
TK25-Nr. |
8013 |
TK25-Name |
Freiburg im Breisgau Südost |
Datengrundlage |
|
Lage-Bezugspunkt |
Zentrum des Suffosionsgebiets |
Ostwert |
412994 |
Nordwert |
5314302 |
Koordinatenreferenzsystem |
ETRS89/UTM32 |
Koordinatenfindung |
Karte |
Höhe [m ü. NHN] |
286 |
Höhenermittlung |
Karte |
Allgemeine Fachdaten:
Entstehungszeitraum |
unbekannt |
Aktivität |
andauernder Prozess |
Geländenutzung während der Entstehung |
Grünland, Feldweg |
Schäden |
Straßenschäden |
Spezielle Fachdaten Verkarstung/Subrosion/Suffosion:
Primär-/Folgeereignis |
Primärereignis |
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Subrosions-/Suffosionsobjekt |
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Ursache |
Suffosion |
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Geologie |
Entstehungshorizont |
Stratigraphie |
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Geländeoberfläche |
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Lösslehm (Lol) |
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Lössführende Fließerde (qflL) |
Schluff, feinsandig, tonig |
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Entstehungstiefe [m. u. GOK] |
Obere Grenze |
0,3 |
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Untere Grenze |
2 |
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Max. oberer (oberflächennaher) Durchmesser [m] |
3 |
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Max. unterer (basaler) Durchmesser [m] |
unbekannt |
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Max. Tiefe [m] |
1,5 |
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Hohlraumvolumen [m3] |
unbekannt |
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Aufsichtsform an der GOK |
rundlich |
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Profilform |
schlot- bis trichterförmig |
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Zustand zum Zeitpunkt der Aufnahme |
unbeeinflusst, natürlich (Aufnahmedatum: 10.12.2013) |
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Letzter bekannter Zustand |
unbekannt |
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Hydrografischer Zustand zum Zeitpunkt der Aufnahme |
unbekannt |
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Letzter bekannter hydrografischer Zustand |
unbekannt |
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Sicherungsmaßnahmen |
Temporäre Sicherung mit Gitterzaun und Flatterband, Verfüllung mit örtlichem oder ortsfremdem Material |
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Sonstige Anmerkungen |
an Fließpfade gebundene Erdfallketten |