Ereignis
Nach lokalen Starkniederschlägen ereignete sich am Nachmittag des 13.06.2016 in einer Klinge im Staatswald Waldkirch südwestlich des Bruder-Klaus-Krankenhauses ein Murgang, der die Straße Unteres Amtsfeld bereichsweise verschüttete. Wegen der Gefahr weiterer Murgänge mit möglichen Gebäudeschäden wurden die Bewohner mehrerer Wohnhäuser im Unteren Amtsfeld bis zum Folgetag vorsorglich evakuiert.
Ausgangslage und geologische Situation
Im Norden der Stadt Waldkirch liegt der bewaldete, bis auf 517 m ü. NHN ansteigende Berg Hohe Tanne. Die Generalneigung seiner Hänge beträgt etwa 22–25°. Die nach Südosten zum Elztal abfallenden Hänge sind mehr oder weniger regelmäßig im Abstand von etwa 150–200 m von Klingen durchzogen.
Der Untergrund besteht überwiegend aus Paragneis und anderen Gesteinen des kristallinen Grundgebirges des Schwarzwaldes, die von einer meist wenige Dezimeter, in Hangmulden und Klingen auch wenige Meter mächtigen Schicht aus Hang- bzw. Verwitterungsschutt sowie Abschwemmmassen überdeckt sind.
Die überwiegend forstwirtschaftlich genutzten Waldflächen sind durch in der Regel sanft ansteigende/abfallende Forst- und Maschinenwege erschlossen. Die Wege dienen auch der Naherholung und sind teilweise als Wanderweg markiert. Während die Maschinenwege überwiegend talseits über die Wegschulter entwässern, haben die Forstwege auf der Bergseite zumeist eine kleine Entwässerungsmulde, die in Abständen von wenigen 10er Metern bis mehreren Hundert Metern über Dolen in die Klingen entwässert werden.
Auslöser für den Murgang war ein lokaler Starkregen am Nachmittag des 13.06.2016, bei dem nach Auskunft der Forstverwaltung innerhalb weniger Stunden bis zu 70 l/m2 Niederschlag auftraten. Der Untergrund war durch vorangegangene Regenereignisse bereits weitgehend vorgesättigt und konnte in der kurzen Zeit nicht so viel Niederschlagswasser aufnehmen, weshalb ein Großteil des Wassers oberirdisch abfloss.
Hergang des Ereignisses
Der Murgang ereignete sich in einer Klinge etwa 180 m südwestlich des Bruder-Klaus-Krankenhauses. Der etwa 20 m breite, sichelförmige Hauptabriss befindet sich auf etwa 335 m ü. NHN unmittelbar unterhalb bzw. am talseitigen Rand des Forstwegs Oberer Galgenweg, war etwa 44–48° steil und rund 8,5–12,5 m hoch. An der Basis des Hauptabrisses trat Wasser aus. Nach Auskunft der Forstverwaltung war nach dem Murgang in diesem Bereich zunächst der anstehende Fels aufgeschlossen, welcher jedoch rasch durch nachgerutschtes Lockergestein wieder verdeckt wurde.
Die im Bereich der Klinge verlegte Dole konnte das während des Starkregens abfließende Oberflächenwasser nicht mehr vollständig aufnehmen. Ein Teil des Oberflächenwassers strömte über den Forstweg in die Klinge. Vermutlich führte eine Verkettung äußerer Umstände zur Mobilisierung der aufgesättigten Bodenmassen, so dass diese als Murgang dem Gerinne folgend talwärts verlagert wurden. Als Auslöser des Murgangs wird die Unterspülung der Dammböschung des Forstwegs durch das aus der Dole austretende Wasser sowie die Überströmung der Dammböschungskante angesehen. Aufgrund der für Murgänge charakteristischen hohen Dichte des Feststoff-Wasser-Gemischs wurde die Klinge linienhaft bis zu 2 m tief erodiert. Dabei wurden auch größere Steine sowie Äste mitgerissen.
Der vom Oberen Galgenweg etwa 45 m entfernt und 22 m tiefer liegende Untere Galgenweg wurde vom Murgang überströmt und örtlich bis ca. 0,5 m hoch verschüttet. Die talseitige Böschung sowie Teile des Maschinenwegs wurden erodiert, wodurch die Böschungskante um etwa 2 m zurückverlegt wurde.
Zum Talboden hin kam es durch die Abnahme des Gefälles und der Fließgeschwindigkeit am Hangfuß zur Ablagerung des Murgangmaterials (Ablagerungsbereich) und somit zur Verschüttung der bergseitigen Grundstücke und angrenzenden Straße. Die Murgangzunge reichte bis zur Straße Unteres Amtsfeld etwa 200 m vom Hauptabriss entfernt und ca. 75 Höhenmeter tiefer.
Sofortmaßnahmen
Zur umgehenden Reduzierung der Gefahr weiterer Murgänge und Aufhebung der Evakuierungsmaßnahmen wurden folgende Sofortmaßnahmen empfohlen:
Minimierung des Eintrags von Oberflächenwasser in den Abrissbereich am Oberen Galgenweg:
- Abdeckung des Hauptabrisses am Oberen Galgenweg durch mit Erdnägeln befestigte schwere Planen
- Ableitung des Oberflächenwassers der Entwässerung des Oberen Galgenwegs vom Hauptabriss durch Verlegung von zwei zusätzlichen Dolen südlich/südwestlich der Schadensstelle (die vorhandene, in den Abrissbereich entwässernde Dole wurde bereits am 13./14.6. mit Sandsäcken verschlossen)
Reduzierung des Geschiebepotenzials am Unteren Galgenweg:
- Abtrag und Abfuhr des durch den Murgang abgelagerten Materials
Dauerhafte Sicherung und Sanierung der beiden Forst-/Maschinenwege
Vor Ort hat das LGRB als langfristige Sanierungsmaßnahme des Abrissbereichs am Oberen Galgenweg einen ertüchtigten Wiederaufbau des Wegs nach dem Prinzip der „bewehrten Erde“ empfohlen. Eine bergseitige Verlegung des Oberen Galgenwegs wurde vom LGRB nicht favorisiert, da dies zu mächtigen Hanganschnitten führen würde, die ohne zusätzliche Sicherungsmaßnahmen das Risiko weiterer Instabilitäten erhöhen würde. Zur Ausführung kam schließlich dennoch eine bergseitige Wegverlegung unter Inkaufnahme etwaiger zukünftiger Instabilitäten (wie z. B. lokale Lockergesteinsumlagerungen, gehäufte Steinschlagereignisse etc.). Dieser Gefährdung wurde durch eine risikomindernde ingenieurbiologische Bestockung des Oberhangs begegnet.
Beim Unteren Galgenweg ist im Bereich der Klinge ausreichend Platz vorhanden, um die Trasse des Maschinenwegs ohne bzw. mit nur geringem Abtrag der natürlichen Böschung bergwärts zu verlegen. Es wurde daher ein Abflachen und Ausrunden („Abböschen“) der übersteilten talseitigen Böschung des Unteren Galgenwegs sowie der Einbau einer neuen, ausreichend dimensionierten Dole mit einem Erosionsschutz im Auslaufbereich (Blocksatz bzw. als Raugerinne) empfohlen.
Nachfolgend sind die wichtigsten Merkmale des Murgangs bei Waldkirch tabellarisch aufgelistet:
Stammdaten:
Objekt-ID |
7913_Fl00001 |
Objektname |
Murgang Waldkirch |
Lokalität |
Unteres Amtsfeld |
Gemeinde |
Waldkirch |
Stadt-/Landkreis |
Emmendingen |
TK25-Nr. |
7913 |
TK25-Name |
Freiburg im Breisgau-Nordost |
Datengrundlage |
GK50, Geländebegehung, DGM, Luftbild |
Lage-Bezugspunkt |
Höchster Punkt des Abrissbereiches |
Ostwert |
421828 |
Nordwert |
5327545 |
Koordinatenreferenzsystem |
ETRS89/UTM32 |
Koordinatenfindung |
Karte |
Höhe [m ü. NHN] |
335 |
Höhenermittlung |
Karte |
Allgemeine Fachdaten:
Entstehungszeitraum |
13.06.2016 |
Geländenutzung während der Entstehung |
Wald, Wohngebiet, Forststraße |
Schäden |
Straßenschäden |
Spezielle Fachdaten Massenbewegungen:
Primär-/Folgeereignis |
Primärereignis |
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Prozess der Hauptbewegung |
Fließprozess: Murgang |
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Max. Länge [m] |
ca. 250 |
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Max. Breite [m] |
Abrissbereich |
20 |
|
Transportbereich |
15 |
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Ablagerungsbereich |
ca. 100 |
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Betroffene Fläche [m2] |
ca. 3000 |
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Max. Mächtigkeit [m] |
Abrissbereich |
1,5–2,0 |
|
Transportbereich |
2 |
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Ablagerungsbereich |
0,5 |
||
Fläche des Abrissbereiches [m2] |
400 |
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Kubatur der Abrissmasse [m3] |
unbekannt |
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Höchster Punkt des Abrissbereiches [m ü. NHN] |
335 |
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Höchster Punkt des Ablagerungsbereiches [m ü. NHN] |
270 |
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Max. Höhenunterschied zwischen Abrissbereich und Top des Ablagerungsbereiches [m] |
65 |
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Tiefster Punkt des Ablagerungsbereiches [m ü. NHN] |
260 |
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Max. Höhenunterschied (H) zwischen höchstem Punkt des Abrissbereiches und tiefstem Punkt des Ablagerungsbereiches [m] |
75 |
||
Exposition zwischen höchstem und tiefstem Punkt des Ereignisses [°] |
115 |
||
Durchschnittliche Hangneigung zwischen höchstem und tiefstem Punkt des Ereignisses [°] |
20 |
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Hangneigung [°] |
Abrissbereich |
44–48 |
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Transportbereich |
22–25 |
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Ablagerungsbereich |
3–8 |
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Ursache |
geogen |
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Auslöser |
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Geologie |
Stratigraphie |
Petrographie |
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Paragneis (pg) |
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Sicherungsmaßnahmen |
Wiederaufbau Forstweg, bergseitige Verlegung Forstweg, Verbesserung Entwässerungssituation und Gerinne |
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Sonstige Anmerkungen |