Lithostratigraphische Untergruppe
Übergeordnete Einheit
Glazial geprägte Sedimente
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Der Illergletscher drang während des Pleistozäns in mehreren Phasen aus den Allgäuer Alpen in das bayerische Alpenvorland vor. Er dehnte sich östlich des Berglands der Adelegg aus, und seine Schmelzwässer flossen Richtung Donau ab. Ablagerungen des Illergletschers sind größtenteils von denen des Rheingletschers getrennt. Im Laufe der Zeit erfolgte eine Tieferlegung der Erosionsbasis, d. h. die älteren glazialen Ablagerungen liegen in einer morphologisch höheren Lage als die jüngeren (Glückert, 1974).
Der rißzeitliche Illergletscher erstreckte sich weit nach Westen und reichte bei Leutkirch-Hofs bis knapp über die Grenze zu Baden-Württemberg (Wenninger, 1994). Dort wurden vor allem tertiäre Sedimente der Oberen Süßwassermolasse überfahren, teilweise liegt der rißzeitliche Till aber auch über Vorstoßschotter.
Der würmzeitliche Illergletscher erreichte Baden-Württemberg nicht (vgl. Ellwanger, 1983). Seine Schmelzwässer flossen im Hochglazial in das Legauer Feld (BY). Dabei kam es zu einem Überlauf ins Dürrenbach/Hofser Achtal. Danach erfolgte die Entwässerung über das Cañontal der Iller (Wennninger, 1994). Bei Aitrach trafen die Schmelzwässer von Iller- und Rheingletscher zusammen, wobei im oberen Teil der Talfüllung Material des Illergletschers dominiert (Ellwanger, 1980a; Fesseler et al., 1988). Der sogenannte Schwemmfächer von Untermuken wird deshalb zu den Hofs-Schottern gezählt.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Die Untergruppe Sedimente des Illergletschers umfasst für Baden-Württemberg die Hofs-Formation und deren Subfomation Hofs-Schotter.
- Die Hofs-Formation subsummiert alle glazialen Sedimente des Illergletschers. Lithologisch zählen hierzu matrix- und komponentengestütze Diamikte verschiedener Tillfazies, lokal sind Schotter, Sande und Feinsedimente enthalten. Die Provenienz der Sedimente sind das Helvetikum und die Nördlichen Kalkalpen (Einzugsgebiet des Illergletschers) sowie die Obere Süßwassermolasse. Typisch für das Geröllspektrum der Hofs-Formation sind hohe Gehalte an gelben Kalken (um die 20 %), die aus der Oberen Süßwassermolasse stammen, also mehrfach umgelagert wurden (Wenninger, 1994). Dagegen bleiben die Kristallingehalte geringer als in Rheingletscherablagerungen und liegen in der Regel bei 6–8 %.
- Die Subformation Hofs-Schotter beschreibt die vor dem Gletscher (proglazial) abgelagerten Schmelzwassersedimente der Hofs-Formation. Lithologisch setzen sie sich aus gerundetem Kies (10–90 %), Sand (10–20 %) und wenig Feinsediment (0–10 %) zusammen. In den würmzeitlichen Schüttungen fehlt der Feinanteil fast ganz. Petrographisch sind die glazifluvialen Schotter (wie auch die subglazialen Diamikte) geprägt von rund 20 % gelben Kalken, wohingegen der Kristallinanteil sehr gering bleibt. Die Hofs-Schotter generieren sich zu einem hohen Teil aus der Aufarbeitung von Konglomeraten der Adelegg-Schichten; gelbe Kalke sind Leitgerölle dieser Einheit der Oberen Süßwassermolasse. Bei den würmzeitlichen Hofs-Schottern im Schuttfächer von Untermuken treten die gelben Kalke etwas zurück, dagegen sind sehr viele Dolomitgerölle enthalten, die aus dem Hauptdolomit der Nördlichen Kalkalpen stammen.
Mächtigkeit
Generell liegen die Mächtigkeiten der Hofs-Formation im Landesgebiet bei rund 10 m. Am Westhang des Hofser Achtals zwischen Ausnang und dem Gebiet nördlich Hofs sind 4–5 m mächtige Schotter aufgeschlossen, über denen ca. 3–4 m rißzeitlicher Till liegt (Wenninger, 1994). Der würmzeitliche Hofser Schotter hat bei Dietmanns bis 14 m Mächtigkeit, die nach Norden auf rund 8 m bei Rotis abnimmt.
Alterseinstufung
Der Illergletscher breitete sich im Pleistozän mehrfach in das Alpenvorland aus. Die Ablagerungen in Baden-Württemberg können in das Mittel- und Oberpleistozän gestellt werden.
Ältere Bezeichnungen
In älteren Arbeiten wurde vornehmlich von „Schüttungen des Illergletschers“ oder „Illergletschermaterial“ gesprochen.
Sonstiges
Die Gesamteintiefung des Illergletschers in den Untergrund ist deutlich geringer als beim Rheingletscher. Beide Gletscher zeigen in ihrer Ausrichtung durch die Zeit einen Schwenk gegen den Uhrzeigersinn, beim Illergletscher ist dies insbesondere in den Schmelzwasserschüttungen erkennbar (Ellwanger, 1980b).
Die Schmelzwasserablagerungen liegen in mehreren Terrassenniveaus, z. B. in Hochterrassenposition im Hitzenhofener Feld (BY, siehe Sinn, 1972), zu dem auch die Hofs-Schotter der Breitenbacher Köpfe (südöstlich Aitrach) zählen. In Niederterrassenposition liegen der Schuttfächer von Aitrach-Untermuken und die Hofs-Schotter der Hofser Ach.
Literatur
- (1980a). Die Terrassen der Iller zwischen Memmingen und Kempten. – Arbeiten aus dem Institut für Geologie und Paläontologie der Universität Stuttgart, N. F. 76, S. 127–167.
- (1980b). Rückzugsphasen des würmzeitlichen Illergletschers. – Arbeiten aus dem Institut für Geologie und Paläontologie der Universität Stuttgart, N. F. 76, S. 93–126.
- (1983). Der Rückzug des würmzeitlichen Iller-Vorlandgletschers. – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 65, S. 291–306.
- (1988). Erläuterungen zu Blatt 8026 Aitrach. – Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., 84 S., 6 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
- (1974). Mindel- und rißeiszeitliche Endmoränen des lllervorlandgletschers. – Eiszeitalter und Gegenwart, 25, S. 96–106.
- (1972). Zur Stratigraphie und Paläogeographie des Präwürm im mittleren und südlichen Illergletscher-Vorland. – Heidelberger Geographische Arbeiten, 37, S. 1–153.
- (1994). Erläuterungen zu Blatt 8126 Leutkirch im Allgäu-Ost. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 147 S., 6 Beil., Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).