Übersicht
Im Verbreitungsgebiet von Gesteinen der Posidonienschiefer-Formation und der Jurensismergel-Formation (jeweils Oberer Unterjura) besteht eine Gefährdung für Bauwerke aufgrund von Baugrundhebungen (Ölschieferhebungen). Deren Ausstrichbereiche werden in der Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg (IGHK50) als Gefahrenhinweisflächen „Ölschieferhebungen“ ausgewiesen. Im Albvorland bilden diese Gesteine des Oberen Unterjuras die zweite auffällige Schichtstufe. Der darüber folgende Anstieg leitet zur Opalinuston-Formation des Mitteljuras über. Weitere kleine Ausstrichflächen dieser unterjurassischen Gesteine sind auch in der Langenbrückener Senke sowie isoliert in den Randschollen des Oberrheingrabens vorhanden. In Baden-Württemberg nehmen die Gesteine der Posidonienschiefer-Formation und der Jurensismergel-Formation insgesamt einen Ausstrichbereich von ca. 127 km2, d. h. etwa 0,36 % der Landesfläche ein.
Posidonienschiefer-Formation
Die namengebenden „Schiefer“ der Posidonienschiefer-Formation setzen sich aus feinschichtigen und in der Regel deutlich kalkigen schwarzgrauen bis braunschwarzen, pyritführenden Tonmergelsteinen bis Mergelsteinen mit hohen Gehalten an Kohlenwasserstoffen (durchschnittlich bei ca. 9 Gew.‑%) zusammen. Innerhalb der „Schiefer“ sind die sogenannten Stinkkalke eingelagert, die in wechselnder Zahl vorhanden sind. Die untere, regelmäßig auftretende Stinksteinbank ist meist in linsenförmig auf- und abschwellende Stücke („Laibsteine"), aufgelöst, wogegen die höheren Stinkkalkbänke eine gleichmäßigere Mächtigkeit im Zentimeter- bis Dezimeterbereich aufweisen.
Der Bitumengehalt hat seit mehr als einem Jahrhundert immer wieder zu Versuchen Anlass gegeben, Öl aus den Ölschiefern zu gewinnen. Aufgrund des Kalkgehalts (durchschnittlich ca. 37 %) der „Schiefer“ sind die Gesteine stark verfestigt, so dass diese leicht entlang der Feinschichtung in harte, „schieferartige“ Platten gespalten werden können. Es handelt sich somit nicht um „echte“ (metamorphe) Schiefer. Die Posidonienschiefer-Formation (Unteres Toarcium) wurde schon im Mittleren Toarcium teilweise erodiert und wird daher von der folgenden Jurensismergel-Formation diskordant überlagert.
Jurensismergel-Formation
Der graue Mergelstein und die knolligen Kalksteinlagen der Jurensismergel-Formation bestehen aus einer Wechselfolge von belemnitenreichen Mergelsteinen mit dünnen, graugelben Kalkbänkchen, die teilweise als Kalkknauerlagen ausgebildet sind. Nach oben verlieren die Mergelsteine ihren Kalkgehalt und werden von Tonsteinen der Opalinuston-Formation abgelöst (Faziesgrenze). Aufgrund der geringeren Mächtigkeit (meist nur einige Dezimeter bis wenige Meter) tritt die Jurensismergel-Formation morphologisch kaum in Erscheinung und bildet vorwiegend isolierte, von der Denudation verschont gebliebene Flecken auf der Posidonienschieferplatte. Sofern ein unterkellertes Bauwerk im Verbreitungsgebiet von Gesteinen der Jurensismergel-Formation hergestellt wird, wird daher das Kellergeschoss des Bauwerks zumeist auf den Gesteinen der Posidonienschiefer-Formation gegründet und kann folglich durch Hebungen beeinträchtigt werden. Daher wird in der IGHK50 für Verbreitungsgebiete der Jurensismergel-Formation ebenfalls eine potenzielle Gefährdung durch Ölschieferhebung ausgewiesen.
Schadensfälle
In den letzten Jahrzehnten sind in Baden-Württemberg einige, teils spektakuläre Bauschäden bekannt geworden, die auf Hebungsvorgänge in den Gesteinen der Posidonienschiefer-Formation durch Umwandlung von Pyrit zu Gips zurückzuführen sind. Schadensfälle ereigneten sich unter anderem an Gewerbehallen oder öffentlichen Gebäuden (Schulen, Rathaus etc.) im Zollernalbkreis bei Dormettingen, Dotternhausen oder in der Umgebung von Hechingen. Weitere eindrucksvolle Bauwerksschäden infolge von Baugrundhebungen sind beispielsweise an der Pädagogischen Hochschule Reutlingen oder an einer Fabrikhalle bei Östringen in der Langenbrückner Senke, Lkr. Karlsruhe entstanden.
Literatur
- (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.