Lithostratigraphische Untergruppe
Übergeordnete Einheit
Rotliegend
Zur informellen Untergruppe „Rotliegend-Sedimente“ werden insbesondere jene Ablagerungen gezählt, die nach dem Ende des Rotliegend-Vulkanismus entstanden.
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Sedimente des Rotliegend streichen im Schwarzwald und in geringer Verbreitung auch im Odenwald zutage aus, sind aber auch in weiten Teilen des Landes unter den jüngeren Ablagerungen aus Trias und Jura vorhanden. Im Schwarzwald ist das bekannteste und am besten untersuchte Vorkommen das um Baden-Baden und Gaggenau. Es stellt den Südrand eines großen permischen Sedimentbeckens (Kraichgau-Becken) dar, das größtenteils unter dem Kraichgau und Nordwürttemberg verborgen liegt und dessen Nordrand im südlichen Odenwald um und in Heidelberg ebenfalls an der Erdoberfläche ausstreicht. Im Zentralschwarzwald gibt es weitere, kleinere Vorkommen östlich von Offenburg (Offenburg-Becken), um Schramberg (Schramberg-Becken, setzt sich unter Überdeckung nach Osten fort) und östlich von Freiburg im Breisgau (Breisgau-Becken). Das südlichste Vorkommen im Landesgebiet befindet sich in den Weitenauer Vorbergen als nördlicher Ausläufer des Nordschweizer Rotliegend-Beckens.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Die Ablagerungen des Rotliegend sind in allen Vorkommen des Schwarzwaldes ähnlich ausgebildet und bestehen aus meist grobkörnigen Arkosen aus Grundgebirgsschutt mit Übergängen zu Konglomeraten und Geröllbrekzien (mit gerundeten und kantigen Komponenten), in die vor allem in den mächtigeren Profilen Feinsedimente (Schluff- und Schlufftonsteine, Feinsandsteine) eingeschaltet sind. Besonders in den Mittel- und Nordschwarzwälder Vorkommen, also im Verbreitungsgebiet der älteren Rotliegend-Magmatite, sind regelmäßig Vulkanitgerölle (Porphyrgerölle) beteiligt. Im südlichen Odenwald treten neben ähnlichen Gesteinen außerdem grobe Brekzien aus Grundgebirgs- und Porphyrschutt auf.
Die Rotliegend-Sedimente werden heute in fünf Formationen gegliedert, die jeweils die Sedimente eines Sedimentbeckens zusammenfassen (Michelbach-Formation im Kraichgau-Becken, Rebberg-Formation im Offenburg-Becken, Schramberg-Formation im Schramberg-Becken, Ibenbach-Sedimente als informelle Einheit für die kleinen Vorkommen des Breisgau-Beckens, Weitenau-Formation im deutschen Anteil des Nordschweizer Beckens). In den mächtigen Profilabfolgen des Kraichgau‑, Schramberg‑ und Nordschweizer Beckens wäre eine weitergehende Untergliederung zwar theoretisch möglich, erscheint aber wegen der kleinen Ausstrichgebiete und der wenigen Profile aus den überdeckten Gebieten derzeit nur im Rang von Subformationen sinnvoll. Beispielsweise kann die Michelbach-Formation im Raum Baden-Baden und Gaggenau durch den Wechsel von mächtigeren Arkose-Konglomerat-Schüttungen und Feinsedimenten in jeweils drei „Fanglomerat“- und drei darauf folgende „Tonstein“-Einheiten gegliedert werden, deren Fortsetzung unter die jüngeren Ablagerungen im Kraichgau aber unsicher ist. Am Nordrand des Kraichgaubeckens sind in der Michelbach-Formation um Heidelberg meist nur geringmächtige Arkosekonglomerate ausgebildet (Schlossgraben-Fanglomerat).
Über den eigentlichen Rotliegend-Sedimenten folgen im Zentralschwarzwald nördlich etwa von Königsfeld und Freiburg im Breisgau ähnlich ausgebildete Arkosen, feldspatreiche Sandsteine und Konglomerate, deren Verbreitung jedoch über die Sedimentbecken der Rotliegendzeit hinausgreift und die zwischen diesen Becken direkt auf dem Grundgebirge auflagern. Sie enthalten vielfach dolomitische Krustenkarbonate, in denen auch Karneol vorkommen kann („Karneoldolomithorizont VH0“). Diese früher ebenfalls zum Rotliegend gerechneten Ablagerungen verzahnen sich nach Norden örtlich mit der Tigersandstein-Formation und werden heute als Kirnbach-Formation zur Zechstein-Gruppe gerechnet (s. dort). Auch das „Obere Fanglomerat F4“, das im Raum Baden-Baden diskordant auf der Michelbach-Formation liegt, wird derzeit mit einbezogen (Merkur-Subformation), auch wenn hier noch Unsicherheiten über dessen genaues Alter bestehen (Nitsch & Zedler, 2009; Sittig & Nitsch, 2012).
Mächtigkeit
Die größte Mächtigkeit von Rotliegend-Sedimenten wurde in der Michelbach-Formation von der Thermalbohrung Waldbronn II mit etwa 1500 m erschlossen, bei deren untersten 500 m es sich allerdings möglicherweise um Tuffe der Rotliegend-Magmatite handelt. Die Basis des Rotliegend wurde hier nicht erreicht. Auch aus der Weitenau-Formation sind Mächtigkeiten von über 800 m bekannt. Nahe der Beckenränder reduziert sich die Mächtigkeit rasch auf unter 300 m, in den kleineren Vorkommen sind es oft weniger als 100 m.
Alterseinstufung
Die Sedimente mit Porphyrgeröllen sind höchstens ähnlich alt, wahrscheinlich jünger als die radiosiotopisch auf ca. 290 bis 299 Mio. Jahre datierten Rotliegend-Magmatite, haben aber selbst kaum biostratigraphisch verwendbare Fossilien geliefert. Einige Funde von Conchostraken und Saurier-Fährten in der Michelbach-Formation weisen auf ein frühpermisches Alter hin (wahrscheinlich Sakmarium bis Kungurium; Literatur s. Nitsch & Zedler, 2009).
Ältere Bezeichnungen
Die Rotliegend-Sedimente (mit Porphyr-Geröllen) wurden in der älteren Literatur oft als „Oberrotliegendes“ bezeichnet, da die Vulkanite als „Mittel-“ und die älteren Arkosen des Oberkarbons, oft auch die deren rotbraune Anteile, als „Unterrotliegendes“ eingestuft wurden. Die Einbeziehung aller rotbraunen Sedimente des späten Paläozoikum in das Rotliegend und dessen Gliederung in drei Untereinheiten mit einem vulkanischen „Mittelrotliegend“ wurde in Deutschland jedoch sehr uneinheitlich gehandhabt und gilt heute als obsolet. Mit der Datierung einiger Rotliegend-Vulkanite in den Bereich der Karbon-Perm-Grenze ist heute klar, dass bereits im ausgehenden Karbon rotbraune Sedimente zur Ablagerung kamen, die heute daher zum Oberkarbon gerechnet werden.
Sonstiges
Die groben Schuttsedimente stellen in den Ausstrichgebieten überwiegend Ablagerungen von alluvialen Schwemmfächern (Fanglomerate) dar, die sich von den Grundgebirgsschwellen und von den inzwischen erloschenen Rotliegend-Vulkanen in die Becken vorbauten. Die gerundeten Gerölle deuten auf einige Kilometer Transport in Flussbetten hin, bevor sie das Sedimentationsgebiet erreichten. Die kantigen Bruchstücke im gleichen Sediment weisen auf fortschreitende Erosion in naher Nachbarschaft hin. Der Transport erfolgte wohl nur gelegentlich nach Sturzregen in einem Wüstengebiet, dessen Staub- und Sandstürme durch gelegentlich auftretende Windkanter-Gerölle belegt sind. Gegen das Beckeninnere verzahnen sich die Grobsedimente mit sandigen und tonig-schluffigen Ablagerungen häufig austrocknender Flussläufe und Seen (Playaseen).
Externe Lexika
Litholex
Literatur
- (2009). Oberkarbon und Perm in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 22, S. 7–102.
- (2012). Stefan und Rotliegend zwischen Odenwald und Alpenrand. . Stratigraphie von Deutschland. Rotliegend, Teil I: Innervariszische Becken, S. 646–696, Hannover (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, 61).