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Albvorland

Wie in der Landschaftsbezeichnung zum Ausdruck kommt, ist das Albvorland durch seine Lage im Vorfeld der Schwäbischen Alb charakterisiert. Geologisch wird es durch die Gesteine des Unter- und Mitteljuras (synonym: Schwarzer und Brauner Jura) bestimmt, die früher auch als Lias bzw. Dogger bezeichnet wurden. Das Albvorland folgt dem Südwest–Nordost-gerichteten Verlauf des Steilanstiegs der Alb über eine große Entfernung und reicht von der Gegend um Blumberg bis an den Rand des Nördlinger Ries bei Bopfingen. Während die Längserstreckung ungefähr 200 km umfasst, übersteigt die Querausdehnung des Albvorlands nur selten 8–12 km.

Kartenausschnitt
Kartenausschnitt
Das Bild zeigt im Vordergrund ein Getreidefeld. Im Hintergrund befinden sich vor bewölktem Himmel bewaldete Bergrücken. Vor den Bergen ist eine Ansiedlung zu erkennen.
Ackerbaulich genutzte Ölschieferverebnung (Posidonienschiefer-Formation) bei Bisingen-Steinhofen

Jenseits des Talzugs der Prim bei Spaichingen verläuft das Albvorland bis in das Gebiet der Zollernalb weiterhin in relativ großen Höhen zwischen ca. 650 m und 850 m NN. Verschiedene härtere Gesteinsbänke aus Kalk- und Sandsteinen sorgen wiederum für eine Gliederung in Stufen mit örtlich ausgedehnteren Dachflächen und gestreckten Riedelbereichen. Mit dem Kleinen Heuberg ist im Verbreitungsgebiet des Unterjuras zwischen Schömberg und Balingen eine landschaftlich eigenständige Untereinheit ausgebildet (Dongus, 1977). Der sonst meist nur ca. 5 km breite Ausstrichbereich des Unterjuras springt hier bis zu 12 km weit in das Vorland vor. Über den stufenbildenden Gesteinen der Arietenkalk-Formation folgen Ton- und Mergelsteine des höheren Unterjuras, die albwärtig ein bis 8 km breites, aus Hügel- und Hügelrücken bestehendes Gelände bilden.

Blick in eine Landschaft. Im Vordergrund befinden sich vor vereinzelten Bäumen und Siedlungen begrünte Ackerflächen und ein gelbes Rapsfeld. Im Hintergrund erheben sich in der Ferne Bergrücken in den blauen Himmel.
Mittleres Albvorland bei Walddorfhäslach

Typisch für das Vorland der Mittleren Alb ist die großflächige Verbreitung von mächtigeren Lösslehm- und Lössdecken. Die relativ geringen Höhen der nach Südosten einfallenden Stufenflächen (ca. 380–500 m NN) haben die hauptsächlich aus (süd-)westlicher Richtung erfolgte kaltzeitliche Anwehung und Ablagerung von Gesteinsstaub begünstigt. Der Anstieg zur Schwäbischen Alb verläuft großenteils in den Schichten des Mitteljuras, unter welchen die besonders mächtigen Tonsteine der Opalinuston-Formation hervorstechen. Ein auffälliges Element im rückwärtigen Teil des Albvorlands, das bis in Höhen zwischen 500 m NN und knapp 700 m NN reicht, ist die harte Gesteinsbank des Blaukalks der Wedelsandstein-Formation. Aufgrund ihrer relativ mächtigen Ausbildung führt sie örtlich zu weiter ausladenden Verebnungen. Im nördlichen Teil des Vorlands der Mittleren Alb treten vulkanische Durchbruchsröhren als Ausläufer des tertiären Albvulkanismus auf, der sein Zentrum im Gebiet um Kirchheim u. Teck und Bad Urach hatte. Je nach Durchmesser der Schlote und der Beschaffenheit ihrer Füllung (vulkanisches Material und Nebengesteine) bilden die Vulkanschlote im Albvorland nur undeutliche flache Kuppen bis deutlich emporragende Erhebungen und Kegel.

Blick von einem bewaldeten Hügel über eine besiedelte Landschaft. Neben Ackerflächen befinden sich auch einige Waldstücke zwischen den Siedlungen.
Blick vom Albtrauf auf das Albvorland westlich von Aalen

Weitläufige, häufig stärker zerschnittene Platten aus Unterjuragesteinen mit teilweiser Lösslehmbedeckung ragen nördlich des Remstals, wie bei Mutlangen und der Frickenhofer Höhe, weit in das Keuperbergland hinein. Zum Albanstieg hin werden die Unterjuragesteine durch hügeliges Gelände in tonigen Mitteljuraschichten abgelöst, das sich in der Stufenrandbucht von Aalen zu einem ausgedehnten Hügelland weitet und als Welland bezeichnet wird. Besonderheiten im Vorland der Ostalb sind das Vorkommen der frühpleistozänen, fluviatil umgelagerten Goldshöfe-Sande und die mit dem miozänen Meteoriteneinschlag im Nördlinger Ries zusammenhängenden Auswurfmassen der Bunten Brekzie, die schwerpunktmäßig entlang des Kraterrands, jedoch auch mit einem Einzelvorkommen westlich von Bopfingen auftreten.

Geologisch-geomorphologischer Überblick

Das Albvorland ist ein charakteristisches Element der Südwestdeutschen Schichtstufenlandschaft. Vor allem die Unterjurastufe mit dem Stufenbildner aus den harten Gesteinsbänken der Angulatensandstein- und Arietenkalk-Formation über den tonigen Sockelgesteinen des oberen Mittelkeupers (Trossingen-Formation, Knollenmergel) tritt landschaftsprägend in Erscheinung. Die weitläufigen Verebnungsbereiche der Stufenfläche bilden insbesondere vor dem Hintergrund der weiter östlich steil aufragenden Schwäbischen Alb eine markante Erscheinung.

Aber auch im Kleinen spielen die Gesteinsunterschiede für die feinere Gliederung des Reliefs eine Rolle. Im Gelände des rückwärtig ansteigenden Albvorlands aus überwiegend tonigen-mergelig ausgebildeten Schichten des höheren Unterjuras und Mitteljuras führen immer wieder eingeschaltete härtere Sand- und Kalksteinbänke zu kleineren und größeren Geländestufen, die örtlich ausgedehntere Verebnungen bilden.

Das Bild zeigt das felsige Ufer eines Baches. Das teilweise hervorstehende Gestein hat eine grau-violette Farbe.
Unterjuragestein am Talhang des Aubachs nordwestlich von Blumberg-Aselfingen

Allgemein stellen die Unter- und Mitteljuragesteine des Albvorlands die Alblagerungen eines flachen, epikontinentalen Meeres dar, das sich im Zeitraum vor etwa 200–164 Mio. Jahren in Südwestdeutschland ausgebreitet hatte und aufgrund von Meeresspiegelschwankungen eine variable Küstenlinie besaß. Neben Küstennähe und den vom Festland teilweise erfolgten Einschwemmungen spielte auch die Gliederung des Meeresbodens durch Schwellen und Hochgebiete für die Ausbildung der Gesteine und deren Mächtigkeit eine Rolle (Geyer et al., 2011).

Böden

Bodenprofil unter Wald aus hellbraunem Boden mit vereinzelten größeren Gesteinsblöcken. Links befindet sich ein Maßstab.
Parabraunerde aus sehr schwach steinigem, periglazial umgelagertem Lösslehm

Die Bodenverbreitung im Albvorland weist eine deutliche Zweigliederung auf. Einerseits herrschen auf den häufig und überwiegend großflächig mit Lösslehm, Lösslehm-Fließerden und bereichsweise mit Löss bedeckten Stufenflächen des Unterjuras Parabraunerden vor, die verbreitet schwach durch Staunässe überprägt sind.

Das Foto zeigt ein Bodenprofil unter Grünland. Es handelt sich um ein Musterprofil des LGRB. Das rissige, fünf Horizonte umfassende Profil ist 90 cm tief.
Mittel tief entwickelter pseudovergleyter Pelosol aus tonreicher Fließerde über Tonsteinzersatz des höheren Unterjuras

Zum anderen treten in den zur Schwäbischen Alb ansteigenden Bereichen des Vorlands tonreiche Böden aus Fließerden auf, in denen die anstehenden Tongesteine aufgearbeitet wurden. Diese Tonböden (Pelosole) zeichnen sich durch eine jahreszeitliche, feuchteabhängige Quell- und Schrumpfdynamik aus. Sie sind durch Bodenerosion im Zuge landwirtschaftlicher Nutzung aus ursprünglich vorliegenden Zweischichtböden (Pelosol-Braunerde) mit einer geringmächtigen lösslehmhaltigen Fließerde über dem tonigen Unterboden entstanden. Auf von Kalksandsteinen gebildeten Reliefbereichen sind dagegen örtlich grushaltige, feinsandig-lehmige Braunerden verbreitet.

Das Bodenmuster des Albvorlands wird auf abzugsträgen Verebnungen und in Bereichen mit lateralem Wasserzufluss durch staunasse Böden ergänzt (Pseudogleye). In Hangfußlagen, Senken und in Tälern sind Böden typisch, die aus dem abgeschwemmten Material der Bodenerosion bestehen (Kolluvisole, Braune Auenböden bzw. Vegen), die ebenfalls teilweise Stau- bzw. Grundwassereinfluss aufweisen.

Gezeigt wird die Abbauwand eines Steinbruches. Die dünnen, von hellgrau über dunkelgrau bis braun gefärbten Lagen machen rechts der Bildmitte einen wellenförmigen Knick. Ganz links steht ein Mensch mit Warnweste.
Posidonienschiefer-Formation, Abbauwand im Steinbruch Dormettingen (Zollernalbkreis)

Das Grundwasser ist meist hart (11 bis 25 °dH), die Fest­stoff­konzentration liegt zwischen 500 und 700 mg/l. Im Arieten­kalk kann es stärker mineralisiert sein. Die Grund­wässer im Posidonien­schiefer sind schwefel­haltig.

Weiterführende Informationen zu den hydrogeologischen Verhältnissen im Albvorland finden sich in HGK (1985), Villinger (2011) sowie in Ad-Hoc-AG Hydrogeologie (2016).

Das Bild zeigt einen gefliesten Fußboden, der im Bereich eines offenen Durchgangs um mehrere Zentimeter abgesackt ist. Deutlich ist die Bruchkante am Boden des angrenzenden Raums zu erkennen.
Deformationen eines Hallenbodens durch Hebung

Nach künstlich (z. B. nach Überbauung) bzw. natürlich hervorgerufener Austrocknung von Ölschiefergesteinen der Posidonienschiefer-Formation und untergeordnet der Arietenkalk-Formation (beide Unterjura) können durch Gipskristallisation aus sulfathaltigem Grundwasser Hebungen bis zu mehreren Dezimetern auftreten (Wagenplast, 2005).

Blick in einen Steinbruch. Links im Bild erhebt sich eine steile, unten leicht abgestufte Gesteinswand. Das Material ist grau und splittrig. Rechts ist flacheres Steinbruchgelände sichtbar sowie vorne fünf Arbeiter.
Posidonienschiefer bei Dormettingen
Das Foto zeigt die aus rötlich grauen Mauersteinen gefertigte Ecke eines Hauses. Die nach links und rechts abgehenden Wände des Gebäudes sind weiß.
Mauerwerk aus Angulatensandstein in Balingen-Ostdorf

Weitere Naturwerksteine werden aus den Schichten des unterjurassischen Angulatensandsteins und der mitteljurassischen Eisensandsteine für Restaurierungsmaßnahmen am Schloss Hohenzollern und Ulmer Münster abgebaut. Im Bereich des Vorlands der Ostalb findet ein Abbau von Quartär-zeitlichen Sanden für Bauzwecke statt.
Früher hatte die Rohstoffgewinnung im Albvorland jedoch eine vergleichsweise größere Bedeutung. In zahlreichen Steinbrüchen zwischen Hechingen und Ellwangen wurden feinkörnige Sandsteine der Psilonotenton- und Angulatensandstein-Formation als Bausteine (Naturwerksteine) und als gebrochene Körnungen für den Verkehrswegbau gewonnen. Die überlagernden Kalksteine der Arietenkalk-Formation wurden z. T. zu gebranntem Kalk verarbeitet, aber vorwiegend im Straßenbau eingesetzt. Diese Sandsteine und Kalksteine zählten früher zu den wichtigsten Rohstoffen des Albvorlandes. Aus den Gesteinen des Posidonienschiefers wurde neben Naturwerksteinen auch Mineralöl gewonnen und zu Schmier- und Kraftstoffen verarbeitet.
Aus dem Eisensandstein des Mitteljuras bei Weilheim a. d. Teck, Donzdorf und Lauchheim wurden Naturwerksteine gewonnen.

Literatur

  • Ad-Hoc-AG Hydrogeologie (2016). Regionale Hydrogeologie von Deutschland – Die Grundwasserleiter: Verbreitung, Gesteine, Lagerungsverhältnisse, Schutz und Bedeutung. – Geologisches Jahrbuch, Reihe A, 163, 456 S., Hannover.
  • Dongus, H. (1977). Die Oberflächenformen der Schwäbischen Alb und ihres Vorlands. – Marburger Geographische Schriften, 72, S. 1–486.
  • Geyer, M., Nitsch, E. & Simon, T. (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
  • Geyer, O. F. & Gwinner, M. P. (1984). Die Schwäbische Alb und ihr Vorland. – 3. überarb. Aufl., Sammlung geologischer Führer, 67, 298 S., Berlin – Stuttgart (Borntraeger).
  • HGK (1985). Grundwasserlandschaften. – Hydrogeologische Karte Baden-Württemberg, 12 S., 8 Anlagen, Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
  • Neumann, U. (1999). Der miozäne Intraplatten-Vulkanismus des Uracher Vulkangebiets (Exkursion F am 8. April 1999). – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 81, S. 77–86.
  • Villinger, E. (2011). Erläuterungen zur Geologischen Übersichts- und Schulkarte von Baden-Württemberg 1 : 1 000 000. 13. Aufl., 374 S., 1 Karte, Freiburg i. Br.
  • Wagenplast, P. (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.
  • Zürl, K. (1958). Verbreitung, Gliederung und Alter der Lösse und Lehme auf den Fildern bei Stuttgart. – Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg, 113, S. 113–120.
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