Lithostratigraphische Untergruppe
Übergeordnete Einheit
Rotliegend
Zur informellen Untergruppe „Rotliegend-Magmatite“ werden die vulkanischen Gesteine des tieferen Rotliegend gerechnet einschließlich kleinerer darin eingeschlossener Vorkommen von Zwischensedimenten.
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Rotliegend-Magmatite finden sich in Baden-Württemberg an verschiedenen Stellen im Odenwald sowie im Nord- und Zentralschwarzwald an der Erdoberfläche. Weitere Vorkommen sind aus Tiefbohrungen im östlich angrenzenden Schichtstufenland und aus Oberschwaben bekannt. Besonders die subvulkanischen Stöcke, Laven und Ignimbrite bilden oft steil aufragende Härtlinge, auf denen nicht selten im Mittelalter Burgen erreichtet wurden (Wachenberg im Odenwald, Yburg oder Hohengeroldseck im Schwarzwald). Die größte Verbreitung zeigen die Vulkanite nördlich von Heidelberg (Raum Dossenheim–Schriesheim), im Nordschwarzwald (südlich Baden-Baden) sowie östlich und südöstlich von Offenburg. Kleinere, landschaftlich weniger auffällige Vorkommen von Tuffen und anderen Vulkaniten liegen z. B. im Rotmurgtal und an der oberen Kinzig (Alpirsbach) sowie im Kesselberggebiet südöstlich von Triberg.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Bei den Rotliegend-Magmatiten des Oden- und Schwarzwalds handelt es sich durchgehend um primär rhyolithische Gesteine, deren heutige Zusammensetzung jedoch durch hydrothermale Überprägungen und permzeitliche Verwitterung teilweise deutlich verändert wurde (Nitsch & Zedler, 2009; Seckendorff, 2012). Die Veränderung umfassen je nach Gestein Verkieselungen, Serizitisierung von Feldspäten, Mineralneubildungen, Bleichung, Oxidation mit Hämatitabscheidung und tonige Verwitterung von glasigen Anteilen (insbesondere der Tuffe).
Nach dem Gefüge handelt es sich teilweise um subvulkanische Stock‑ und Spaltenintrusionen sowie Laven (mit Fließgefügen), um Ignimbrite (mit Flämmchengefügen), Agglomerate (Eruptionsbrekzien) und Tuffe. Hinzu treten besonders im Baden-Badener Vulkangebiet und im Schutter‑ und Rotmurgtal Umlagerungssedimente aus dem vulkanischen Material (Tuffite, Lahare, tuffitische Konglomerate), denen in unterschiedlichem Umfang Sedimentmaterial aus der Umgebung beigemischt ist.
Die Gliederung erfolgt in drei Formationen, denen jeweils die Verbreitung in einem von drei Vulkanitgebieten zugrunde liegt, deren Vulkanitvarietäten sich jeweils unterscheiden: Schriesheim-Formation (Vulkangebiet Südlicher Odenwald), Lichtental-Formation (Baden-Badener Vulkangebiet) und Geisberg-Formation (Zentralschwarzwälder Vulkangebiet). Die weitere Unterteilung in Subformationen erfolgt dann nach den Gesteinstypen (Quarzporphyre als Kartiereinheiten, Pyroklastika). So werden in der Schriesheim-Formation die Deckenporphyre als Dossenheim-Quarzporphyr, die Schlotfüllungen als Wachenberg-Quarzporphyr unterschieden und die pyroklastischen Gesteine als Altenbach-Subformation zusammengefasst. In der Lichtental-Formation bilden die pyroklastischen Ablagerungen und Zwischensedimente die Oostal-Subformation, während die Laven und Ignimbrite als Baden-Baden-Quarzporphyr angesprochen und ggf. in mehrere Typen weiter untergliedert werden können. In der Geisberg-Formation finden sich drei petrographische Typen, wobei die stärker glasig-felsitischen als Grünberg-Quarzporphyr, die grauen bis rötlichen porphyrischen als Brandeck-Quarzporphyr und die gebleichten Varianten als Mooswald-Quarzporphyr zusammengefasst und den Pyroklastika als Weißmoos-Subformation gegenübergestellt werden (Nitsch & Zedler, 2009). In jeder dieser informellen lithostratigraphischen Einheiten sind weitere petrographische Untergliederungen zwischen den verschiedenen Vorkommen möglich (vgl. Seckendorff, 2012).
Mächtigkeit
Die größten Mächtigkeiten erreichen, gemessen als Profilabfolge von Pyroklastika, Zwischensedimenten und Laven, die Lichtental-Formation mit über 900 m und, gemessen als Schlotdurchmesser, der Wachenberg-Quarzporphyr der Schriesheim-Formation mit etwa 1 km. Auch in den übrigen Vorkommen sind Schlotdurchmesser und Profilabfolgen von mehreren hundert Metern belegt, einzelne Lavadecken können Mächtigkeiten von über 100 m erreichen. Andere Vorkommen beschränken sich dagegen auf wenige Meter mächtige Tuffablagerungen.
Alterseinstufung
Radiosiotopische Datierungen an Rotliegend-Magmatiten wurden bisher fast nur mit der Rb-Sr-Methode durchgeführt und ergaben meist Alter zwischen 290 und 299 Mio. Jahre (Literatur s. Nitsch & Zedler, 2009; Seckendorff, 2012). Dies entspricht einem Alter am Beginn des Perms, zwischen der Karbon-Perm-Grenze und dem Sakmarium und ihrer mittleren Altersstellung zwischen den Ablagerungen des Oberkarbon (mit Pflanzenfossilien des Stefan bzw. Kasimovium–Gzhelium) und den Rotliegend-Sedimenten (mit Fossilien aus dem jüngeren Unterperm). Der einzige Fossilfund aus Zwischensedimenten der Rotliegend-Vulkanite, ein Pflanzenrest von Autunia conferta, erlaubt keine genauere Einstufung, da die Art vom ausgehenden Karbon bis ins Perm über einen langen Zeitraum existierte.
Ältere Bezeichnungen
Die Rotliegend-Magmatite wurden auf älteren Karten oft als „Mittelrotliegend“ ausgewiesen, da zeitweise auch die teilweise rotbraunen Arkosen des Oberkarbon zum („Unter-“) Rotliegend gerechnet worden waren. Als „Porphyr“ sind sie bereits auf den ältesten Karten des Schwarzwalds verzeichnet.
Sonstiges
Die Vulkanlandschaft der Rotliegendzeit bestand nach den erhaltenen Gesteinsarten und -gefügen offenbar aus mehreren Vulkanfeldern mit nur kurzzeitig aktiven steilen Vulkankegeln (Stratovulkanen) und glasigen Staukuppen. Nur im Raum Baden-Baden ist der Erosionsrumpf eines größeren und kompex aufgebauten Stratovulkans erhalten. Heftige explosive Eruptionen haben dabei mehrfach große Landschaftsteile unter heißen Glutwolken begraben und deckenförmige Ignimbrite hinterlassen, von denen ebenfalls nur noch Erosionsreste erhalten sind.
Externe Lexika
Litholex
Literatur
- (2009). Oberkarbon und Perm in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 22, S. 7–102.
- (2012). Der Magmatismus in und zwischen den spätvariscischen permokarbonen Sedimentbecken in Deutschland. . Stratigraphie von Deutschland. Rotliegend, Teil I: Innervariszische Becken, S. 743–860, Hannover (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, 61).