Lithostratigraphische Untergruppe
Übergeordnete Einheit
Die Pleistozänen Flussablagerungen sind mit ihren Einheiten Teil der lithostratigraphischen Untergruppe Quartäre Süßwasserablagerungen
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Pleistozäne Flussablagerungen wurden in Baden-Württemberg an vielen Stellen hinterlassen und finden sich überall dort, wo Fließgewässer in kleinen und großen Tälern ihre Sedimentfracht während des Eiszeitalters absetzen konnten.
Die abgelagerten Flusssedimente sind dabei nicht auf die Tiefenbereiche der Täler beschränkt, sondern treten in unterschiedlichem Umfang mit Vorkommen in verschiedenen Niveaus oberhalb der heutigen Talböden an den Talhängen auf und reichen stellenweise bis auf die Hochflächen über den Taleinschnitten. In dem treppenartigen Auftreten von Flussablagerungen spiegelt sich die Taleintiefung im Zuge der allgemeinen Landschaftsentwicklung wider, die im klimatisch bedingten Wechsel von Flusseinschneidung und Akkumulation durch Aufschotterung stattfand. So kann z. B. für das Gebiet des Mittleren Neckars und das Enztal exemplarisch eine komplexe, vielgliedrige Abfolge von verschieden alten Flussterrassen rekonstruiert werden (Bibus, 1989b, 2002).
Die sehr mächtige pleistozäne Lockergesteinsfüllung des Oberrheingrabens wird gesondert in der lithostratigraphischen Untergruppe Oberrheintal-Quartär beschrieben. Dasselbe gilt für die frühpleistozänen Deckenschotter im Alpenvorland. Auch bei den von verschiedenen Stellen in Baden-Württemberg bekannten Talverschüttungssedimenten handelt es sich i. d. R. um die Ablagerungen pleistozäner Flüsse. Wegen ihrer speziellen Bildungsbedingungen und der teilweise besonders großen Mächtigkeit ihrer Aufschüttungskörper werden sie in einer eigenen Untergruppe zusammengefasst.
Besonders ältere pleistozäne Flussablagerungen treten häufig nicht direkt an der Erdoberfläche auf, sondern sind in vielen Fällen von jüngeren Sedimenten, zumeist kaltzeitlicher Entstehung bedeckt (z. B. Löss, Fließerden).
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Die pleistozänen Flussablagerungen bilden eine komplexe, heterogene Einheit, in der verschiedene Untereinheiten zusammengefasst werden, die sich sowohl in ihrer Altersstellung als auch lithologisch teilweise deutlich unterscheiden:
- Hochflutsediment der Niederterrasse: feinkörnige, sand-und schluffreiche, teilwiese tonige Hochwasserabsätze, die mit unterschiedlicher Mächtigkeit während des Jungpleistozäns sedimentiert wurden und über Flussbettablagerungen von Niederterrassen folgen
- Niederterrassenschotter: sandig-kiesige Flussablagerungen aus der letzten Kaltzeit, die mit ihrer Obergrenze meist nur wenige Meter über dem holozänen Auenniveau liegen
- Niederterrassensand: überwiegend sandige Flussablagerungen aus der letzten Kaltzeit, die mit ihrer Obergrenze meist nur geringfügig über dem holozänen Auenniveau liegen
- Niederterrassensedimente: sandige bis kiesige Flussablagerungen teilweise mit feinkörnigen Einschaltungen, die während der letzten Kaltzeit sedimentiert wurden und mit ihrer Obergrenze meist nur wenige Meter über dem holozänen Auenniveau liegen
- Terrassensedimente der Mittelgebirge: fluviatile Ablagerungen vorwiegend aus Sand und Kies, die in den Tälern in unterschiedlichen Niveaus oberhalb der holozänen Talaue auftreten
- Hochterrassenschotter: Abweichend von der stratigraphischen Zuordnung von Hochterrassenablagerungen im Alpenvorland bildet die geologische Einheit der Hochterrassenschotter in Baden-Württemberg eine Gruppe von sandig-kiesigen Flussablagerungen, die in unterschiedlichen Höhenlagen an den Talhängen über den Niederterrassensedimenten der letzten Kaltzeit auftreten und dort während verschiedener Zeiten im Mittelpleistozän und späten Frühpleistozän abgesetzt wurden
- Älterer Terrassenschotter: sandig-kiesige Flussablagerungen, die an den Talhängen oberhalb der Niederterrassen und unterhalb der Hochflächenbereiche mit den Höhenschottern vorkommen
- Älterer Flussschotter: sandig-kiesige Flussablagerungen, die in den Tälern oberhalb der klassischen Hochterrasse (Riß-Kaltzeit) auftreten und mit ihren ältesten Vorkommen bis in die Hochflächenbereiche über den heutigen Tälern verbreitet sind
- Älterer Flusssand: Flussablagerungen mit dominierender Sandkomponente, die in den Tälern oberhalb der klassischen Hochterrasse (Riß-Kaltzeit) auftreten und mit ihren ältesten Vorkommen bis in die Hochflächenbereiche über den heutigen Tälern verbreitet sind
- Hohenlohe-Feuersteinschotter: alte, Feuerstein führende, sandig-kiesige Flussablagerungen aus dem Zeitraum des jüngeren Tertiärs (Miozän, Pliozän) und des Frühpleistozäns, die auf der östlichen Hohenloher Ebene auftreten und als Residualbildungen häufig in einer schluffig-tonigen Grundmasse vorkommen
- Höhenschotter: Reste sehr alter Flussablagerungen aus dem Zeitraum des jüngeren Tertiärs (Miozän, Pliozän) und des Frühpleistozäns, die typischerweise auf den Hochflächen oberhalb der Taleinschnitte auftreten
Bei den fluvialen Sedimenten in Tälern, die vom Rheingletschergebiet bzw. ehemaligen Eisrandlagen des Rheingletschers ausgehen, werden entsprechend ihrer Ober- und Untergrenzen Hoch- oder Niederterrassenschotter unterschieden. Die Sedimente bestehen aus sehr grobem bis sandigem Schotter und Sanden:
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Rheingletscher-Niederterrassenschotter: Schmelzwassersedimente des Rheingletschers im Niveau der Niederterrasse; weiter distal gehören zu dieser Einheit verschiedene Schotterkörper mit einer gemeinsamen Terrassenoberfläche, die mit der Inneren Jungendmoräne verknüpft ist. Die Verwitterungstiefe der Oberfläche beträgt bis zu 1,5 m. Alter: Spätpleistozän
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Rheingletscher-Hochterrassenschotter: Schmelzwassersedimente des Rheingletschers im Niveau der Hochterrasse; im Vorfeld der Äußeren Altendmoräne handelt es sich um Schmelzwassersedimente, die ältere Schotter überlagern, weiter distal um verschiedene Schotterkörper unter einer gemeinsamen Terrassenoberfläche. Gebietsweise sind mehrere Hochterrassenniveaus ausgebildet (Illertal, Rißtal, Klettgauer Tal). Die Verwitterungstiefe der Oberfläche liegt bei über 1,5 m und meist um die 2,0–2,5 m. Alter: Mittelpleistozän (Hoßkirch, Riß)
Mächtigkeit
Die Mächtigkeit der pleistozänen Flussablagerungen kann ein weites Spektrum umfassen. Je nach morphologischer Ablagerungsposition und gegebenenfalls später erfolgter Abtragung von Schottervorkommen ist mit Mächtigkeiten zwischen wenigen Metern bis wenigen Zehnermetern zu rechnen.
Alterseinstufung
Die Untergruppe der Pleistozänen Flussablagerungen umfasst mit ihren Untereinheiten verschiedene Abschnitte aus dem gesamten Pleistozän. Einzelne Untereinheiten reichen dabei bis in die angrenzende jüngere geologische Epoche des Holozäns sowie im älteren Bereich bis in das jüngere Tertiär.
Ältere Bezeichnungen
Alluvium: Veraltete Bezeichnung für junge, holozäne fluviatile Sedimente. Meist gebraucht im Sinne von feinkörnigen sandig-lehmigen und tonig-schluffigen Flussablagerungen der Überflutungsbereiche.
Diluvium: Veraltet für Pleistozän. Früher diente der Begriff auch zur Abgrenzung von grobklastischen pleistozänen Flussbettablagerungen, die teilweise auch als Diluvialschotter bezeichnet wurden, gegenüber feinkörnigen jungen Alluvialsedimenten, die überwiegend in den Überflutungsbereichen von Hochwässern abgesetzt wurden.
Literatur
- (1989b). Zur Gliederung, Ausbildung und stratigraphischen Stellung von Enzterrassen in Großbaustellen bei Vaihingen/Enz. – Jahreshefte des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg, 31, S. 7–22.
- (2002). Zum Quartär im mittleren Neckarraum. – Tübinger Geowissenschaftliche Arbeiten, Reihe D, 8, S. 1–236.