Gesteinsbeschreibung
Der auch unter den Handelsnamen „Gertelbach-Granit rot“ und „Gertelbach-Granit grau“, „Wiedenfelsen“, „Rotenberg-Granit“ (in rosa, rotbraun und hellgrau Tönen) bzw. „Roterberg“ bekannte Bühlertal-Granit (GBU) tritt im Bereich des Bühlertals am westlichen Rand des Nordschwarzwalds auf. Es handelt sich hierbei um einen blassroten bis rotgrauen, grob- bis mittelkörnigen, porphyrischen Zweiglimmergranit oberkarbonischen Alters. Er zeigt keine bevorzugte Einregelung der Minerale.
Rote bis fleischrote Kalifeldspäte (Orthoklase) sind die Hauptkomponenten des Granits (35–40 Vol.‑%). Die häufig verzwillingten, idiomorph bis hypidiomorphen Kristalle erreichen Kantenlängen von 4–5 cm. Die Kalifeldspäte liegen meist als Individuen vor. Stellenweise durchdringen sich zwei Kalifeldspatkristalle. Farbloser, transparenter Quarz ist das zweithäufigste Mineral (ca. 30 Vol.‑%). Die xenomorphen Kristalle weisen Größen um 0,5 cm auf. Der unscheinbar weißlich graue, 0,5–1,0 cm große Plagioklas (vornehmlich Oligoklas) erreicht 20–25 Vol.‑% Gesteinsanteil und zeigt stellenweise grünliche Umwandlungserscheinungen im Kern. Nach Macia (1980) sind der schwarze Biotit und der silberweiß glänzende Muskovit mit nahezu ähnlichen Gehalten (4–5 Vol.‑%) gleichmäßig verteilt. Folgenden Mineralbestand ermittelten Emmermann (1977) und Macia (1980) in Vol.‑%:
Mineralbestand |
Quarz |
Plagioklas |
Biotit |
Muskovit |
||
Bühlertal-Granit |
29–31 |
34–38 |
23–24 |
4–5 |
5–6 |
< 1 |
Tabelle: Chemische Zusammensetzung des Bühlertal-Granits ermittelt anhand je einer repräsentativen Großprobe der Varietäten (LGRB-Analyse, 2008; Hauptgemengteile in M.‑% und die Nebengemengteile in mg/kg):
- Rotenberg Stbr. RG 7315‑1 Bühlertal
- Gertelbach Stbr. RG 7315‑2 Rotenbach-Gertelbach
|
SiO2 |
TiO2 |
Al2O3 |
Fe2O3 |
MnO |
MgO |
CaO |
Na2O |
K2O |
P2O5 |
F |
Rb |
Sr |
1. |
73,25 |
0,25 |
14,08 |
1,62 |
0,02 |
0,50 |
0,74 |
3,08 |
5,10 |
0,28 |
405 |
245 |
57 |
2. |
71,93 |
0,18 |
15,06 |
1,48 |
0,04 |
0,54 |
0,61 |
3,30 |
5,44 |
0,27 |
510 |
262 |
62 |
Technische Eigenschaften
Im Steinbruch Rotenberg (Steinbruch-Nr.: RG 7315‑1) ist der Bühlertal-Granit in einer Mächtigkeit von 60–70 m aufgeschlossen. Charakteristisch ist eine deutliche Klüftung mit glatten Trennflächen. Die Klüfte weisen die Hauptrichtungen N–S, NW–SO und OSO–WNW auf und fallen mit 50–80° ein. Aufgrund dieses polygonalen Kluftsystems war es früher ausreichend, das Gestein mit horizontalen Sprengbohrungen zu lösen. Der so an seiner Basis gelockerte Granitblock glitt dann entlang der flach einfallenden Klüfte auf die Abbausohlen. Die Größe der dabei entstehenden Rohblöcke war abhängig vom Kluftabstand. In einigen Bereichen des Steinbruchs können die Trennflächen einen Abstand bis zu 4 m aufweisen. Aus Sicherheitsgründen wird diese Abbaumethode nicht mehr durchgeführt. In den letzten Jahren wurde auf zwei jeweils 4 m hohen Sohlen das Gestein mit Hilfe von vertikalen und horizontalen Spaltbohrlochsprengungen gewonnen. Seit 2016 ruht der Abbau. Bis dahin wurden nur ca. 15 % des gelösten Materials als Naturwerkstein weiterverarbeitet, das restliche Material fand Verwendung im Verkehrswege- und Landschaftsbau.
Nach Lukas (1990b) (L), der Internationalen Naturwerkstein-Kartei (INSK, Müller, 1984ff) und Daten der Betriebserhebung des LGRB von 1988 sowie einem Prüfzeugnis der Firma Schwarzwälder Granitwerke Hafen & Hoffmann von 1975 (HH) zeigt der Bühlertal-Granit in den Varietäten Rotenberg und Gertelbach folgende gesteinsphysikalischen Kenndaten:
Technische Eigenschaften |
Varietät Rotenberg |
Varietät Gertelbach |
2,58–2,70 g/cm3 |
2,46 g/cm3 (L), 2,60 g/cm3 (INSK, LGRB, HH) |
|
2,63 g/cm3 |
2,67 g/cm3 |
|
0,76 Vol.‑% |
0,92 Vol.‑% |
|
Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
0,26 M.‑% (L), 0,30–0,36 M.‑% (LGRB), 0,5–1,3 Vol.‑% (INSK) |
0,12 Vol.‑% (INSK), 0,26 M.‑% (L), 0,32 M.‑% (LGRB) |
Wasseraufnahme unter Vakuum |
0,30 M.‑% |
0,35 M.‑% |
Sättigungsgrad/s‑Wert |
0,87 M.‑% |
0,74 M.‑% |
78–191 MPa (LGRB), 190–200 MPa (INSK) |
183 MPa (LGRB, HH), 190 MPa (INSK) |
|
10–20 MPa |
11 MPa (L, INSK) |
|
Beständigkeit |
Gegen Frost und Aggressorien beständig |
Gegen Frost und Aggressorien beständig |
Verwendung
Der Bühlertal-Granit besitzt vielseitige Verwendungsmöglichkeiten. Er wurde zum Straßenbau und als Wasserbaustein genutzt. Große Rohblöcke konnten zu Mauer-, Pflaster- und Bordsteinen, Boden-, Stufen- und Fassadenplatten, Denkmal- und Grabsteinen verarbeitet werden. Beispiele für die Verwendung von Bühlertal-Granit sind: Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Koblenz, Stufen am Königsbau in Stuttgart und am Rathaus in Karlsruhe, Teile des Theaters in Baden-Baden, die Lombardbrücke in Hamburg sowie Rheinbrücken in Speyer, Karlsruhe und Köln und vielerlei Brunnen. Für die Deutsche Botschaft in Hongkong wurde Ende der 1990er Jahre Granit aus dem Rotenbergbruch geliefert.
Gewinnung
Von über 30 Steinbrüchen im Bühlertal sind heute nur noch zwei für die potenzielle Gewinnung zugänglich. Es handelt sich dabei um die Steinbrüche Rotenberg und Gertelbach (RG 7315‑1 und ‑2) der Fa. VSG Schwarzwald-Granit-Werke. Im Steinbruch Rotenberg ruht der Abbau seit 2016, der Steinbruch Gertelbach ist seit 2003 stillgelegt.
Potenzial
Der grob- bis mittelkörnige, porphyrische Bühlertal-Granit wurde früher in großem Umfang als Werkstein verwendet, wie die o. g. Aufzählung der Nutzungen zeigt. Aufgrund seines weitständigen Kluftsystems lassen sich Rohblöcke von mehreren Kubikmetern Größe gewinnen. Färbung und porphyrische Struktur machen ihn optisch sehr ansprechend; zudem ist er gut polierfähig. Die Karte mineralischer Rohstoffe 1 : 50 000 Blätter L 7312 Rheinau und L 7314 Baden-Baden (LGRB, 2011a) stellt Gebiete dar, die ein wirtschaftlich interessantes Potenzial zur Gewinnung von Bühlertal-Granit als Naturwerkstein bzw. als Naturstein besitzen. Trotz der z. T. flächenhaften Vergrusung und Abraummächtigkeiten, lokal bis 10 m, besitzt der Bühlertal-Granit aufgrund seines weitständigen Kluftsystems ein hohes Nutzungspotenzial für die Werksteingewinnung.
Bezugsmöglichkeit: VSG Schwarzwald-Granit-Werke GmbH & Co. KG, Raumünzach 6a, 76596 Forbach. Internet: www.vsg-natursteine.de, abgerufen am 03.04.2020
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (1977). A Petrogenetic Model for the Origin and Evolution of the Hercynian Granite Series of the Schwarzwald. – Neues Jahrbuch für Mineralogie, Abhandlungen, 128/3, S. 219–253.
- (2011a). Blatt L 7312/L 7314 Rheinau/Baden-Baden und Westteil des Blattes L 7316 Bad Wildbad, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 243 S., 36 Abb., 9 Tab., 3 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Anders, B. & Kimmig, B., m. Beitr. v. Werner, E. & Kilger, B.-M.]
- (2011b). Blatt L 7512/L 7514 Offenburg/Oberkirch und Blatt L 7712 Lahr im Schwarzwald, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 362 S., 55 Abb., 15 Tab., 3 Kt., 1 CD-ROM, Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Poser, C. & Kleinschnitz, M., m. Beitr. v. Bauer, M. & Werner, W.]
- (1990b). Geologie und Naturwerksteine Baden-Württembergs. – Grimm, W.-D. (Hrsg.). Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, S. 147–162, 2 Taf., München (Arbeitsheft Bayr. Landesamt Denkmalpflege, 50). [2 Abb.]
- (1980). Petrographisch-geochemische Untersuchungen granitischer Gesteine im Nordschwarzwald. – Arbeiten aus dem Institut für Geologie und Paläontologie der Universität Stuttgart, N. F. 75, S. 1–61.
- (1984ff). INSK – Internationale Naturstein-Kartei. 1ff S., Ulm (Ebner). [10 Bände, Loseblattsammlung]