Ereignis
Im Rahmen einer Rebflurbereinigung in den 1960er Jahren wurden im Bereich des Götzenberges, nordöstlich der Gemeinde Uhlbach, die unruhige Hangmorphologie durch umfangreiche Erdbewegungen ausgeglichen sowie Quellen gefasst. Die kontrollierte Ableitung der Wasseraustritte sollte verhindern, dass das Wasser in den Untergrund eindringt, diesen durchfeuchtet und gemeinsam mit den aufgeschütteten Erdmassen abrutscht. Schon während der Herstellung des neuen Geländeprofils ereignete sich jedoch eine großflächige Rutschung, bei der die Erdmassen unterhalb der Löwenstein-Formation (Mittelkeuper) in Bewegung gerieten.
Geologie
Der ursprünglich stark gegliederte Hang mit Neigungen bis etwa 30° umfasst eine Schichtenfolge von der Grabfeld-Formation bis zur Löwenstein-Formation. Besonders am Fuß der Löwenstein-Formation sind verschiedene Quellaustritte bekannt. Die Basis der eingetretenen großflächigen Rutschung befand sich im untersten Teil der Steigerwald-Formation (Mittelkeuper), wenig oberhalb der Stuttgart-Formation (Mittelkeuper), und zeigte sich als auffälliger Wulst (Stirnwulst) im Gelände. Die Rutschscholle hatte eine Längserstreckung von ca. 100 m bis 150 m und war etwa 400 m breit (Rogowski et al., 2017).
Anders als angenommen zeigte sich, dass nicht die aufgeschütteten Erdmassen und der evtl. oberflächennah durchfeuchtete Untergrund in Bewegung kamen, sondern dass die Rutschung große Teile des Mittelkeupers bis in die Grabfeld-Formation (Mittelkeuper) hinein erfasste und die innerhalb des Rutschkörpers befindliche Schichtenfolge völlig ungestört erschien. Es handelt sich dabei um eine eiszeitliche Großschollenrutschung mit tiefliegender Gleitfläche, die bereits früher schon aktiv war und durch die Maßnahmen im Rahmen der Rebflurbereinigung reaktiviert wurde. Diese eiszeitliche Großschollenrutschung erstreckt sich mit einer Länge von ca. 460 m und einer Breite von ca. 660 m über nahezu die gesamte Höhe des Götzenberghanges.
Fossile Rutschschollen dieser Art, die sich in einem labilen Gleichgewichtszustand befinden, der durch menschliche Eingriffe gestört und zu deren Wiederbelebung führen kann, sind nicht nur im Stuttgarter Raum sondern im gesamten Keuperbergland Baden-Württembergs bekannt.
Sanierung
Durch ein umfangreiches Entwässerungssystem mit Schotterpackungen im Bereich von Wasserzutrittsstellen, Tiefenentwässerungen zur Drainierung gefasster Wässer, Wasserstaffeln für die Ableitung von Oberflächenwässern, einer größeren Anzahl von Schächten zur Kontrolle und Sanierung des Leitungssystems sowie mehreren, bis zu einigen Zehnermetern in den Hang reichender Entwässerungsbohrungen, gelang es, die über viele Jahre immer wieder auftretenden Rutschungen weitgehend zum Stillstand zu bringen. Aber noch heute treten in den Weinbergen und in den Weinbergwegen Verformungen auf. Diese zeigen, in welch labilem Gleichgewichtszustand sich Teile des Götzenbergs befinden.
Nachfolgend sind die wichtigsten Punkte der Rutschung am Götzenberg tabellarisch aufgelistet:
Stammdaten:
Objekt-ID |
7221_Ru00001 |
Objektname |
Hangrutschung Götzenberg |
Lokalität |
Südwesthang Götzenberg |
Gemeinde |
Uhlbach |
Stadt-/Landkreis |
Stuttgart |
TK25-Nr. |
7221 |
TK25-Name |
Stuttgart-Südost |
Datengrundlage |
|
Lage-Bezugspunkt |
Höchster Punkt der Abrisskante/Hangbewegung |
Ostwert |
520934 |
Nordwert |
5402961 |
Koordinatenreferenzsystem |
ETRS89/UTM32 |
Koordinatenfindung |
Karte |
Höhe [m ü. NHN] |
415 |
Höhenermittlung |
Karte |
Allgemeine Fachdaten:
Entstehungszeitraum |
1960er Jahre |
Aktivität |
andauernder Prozess |
Geländenutzung während der Entstehung |
landwirtschaftliche Nutzung, Feldweg, Forststraße, Gemeindeweg, Wohngebiet, Trinkwasserleitung, Abwasserleitung, Stromleitung |
Schäden |
Straßenschäden, Schäden an Wasserleitungen |
Spezielle Fachdaten Massenbewegungen:
Primär-/Folgeereignis |
Primärereignis, ggf. Folgeereignis |
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Prozess der Hauptbewegung |
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Max. Länge [m] |
ca. 460 |
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Max. Breite [m] |
ca. 660 |
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Fläche der Hangbewegung [m²] |
ca. 213 000 |
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Max. Tiefe der Gleitfläche [m] |
unbekannt |
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Durchschn. Tiefe der Gleitfläche [m] |
unbekannt |
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Fläche der Rutschmasse [m²] |
ca. 213 000 |
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Kubatur der Rutschmasse [m³] |
unbekannt |
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Höchster Punkt der Abrisskante [m ü. NHN] |
414 |
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Tiefster Punkt der Rutschmasse [m ü. NHN] |
286 |
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Max. Höhenunterschied (H) zwischen höchstem und tiefstem Punkt der Rutschung [m] |
129 |
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Exposition [°] |
190 |
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Durchschnittliche Hangneigung zwischen Abrisskante und Rutschmassenfuß [°] |
15 |
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Hangneigung [°] |
Oben (zwischen Abrisskante und Rutschmassentop) |
20–30 |
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Mitte (oberer Teil der Rutschmasse) |
15–20 |
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Unten (unterer Teil der Rutschmasse) |
15–20 |
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Ursache |
geogen |
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Auslöser |
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Geologie |
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Mainhardt-Formation (kmMh) |
Tonstein, (Dolomitstein, Gips) |
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Hassberge-Formation (kmHb) |
Sandstein, (Tonstein) |
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Steigerwald-Formation (kmSw) |
Tonstein, (Dolomitstein, Gips, Anhydrit) |
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Stuttgart-Formation (kmSt) |
Sandstein, Tonstein, (Dolomitstein, Gips) |
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Grabfeld-Formation (kmGr) |
Tonstein, Gips, Anydrit, (Dolomitstein) |
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Gefahrenbeurteilung |
unbekannt |
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Überwachungsmaßnahmen |
unbekannt |
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Sicherungsmaßnahmen |
Schotterpackungen (Wasserzutrittsstellen), Tiefenentwässerung (Drainage), Wasserstaffeln (Ableitung Oberflächenwasser), Kontrollschächte, Entwässerungsbohrungen |
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Sonstige Anmerkungen |
Festgesteinsschollen, fossile Rutschschollen, tiefliegende Gleitfläche, Stirnwulst |
Literatur
- (2017). Der Baugrund von Stuttgart – Erläuterungstext und digitale Baugrundgeologische Karten. 157 S., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau; Landeshauptstadt Stuttgart).