Lithostratigraphische Untergruppe
Übergeordnete Einheit
Muschelkalk
Der Obere Muschelkalk ist die jüngste der drei Untergruppen des Muschelkalks.
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Der Obere Muschelkalk bildet sowohl in den Gäulandschaften des Neckarraumes und im Kraichgau als auch in Hohenlohe und im Tauberland eine markante Schichtstufe. Auf der flachhügeligen Stufenfläche stehen oft noch Erosionsreste des Unterkeupers und eine fleckenhafte Lössbedeckung an. Ein schmales Ausstrichgebiet findet sich auch auf der Baar und im Wutachgebiet bis zum Hochrhein bei Waldshut sowie ein breiteres, tektonisch stärker gegliedertes, im Dinkelberggebiet. In den Randschollen des Oberrheingrabens tritt Oberer Muschelkalk dagegen nur vereinzelt und lokal in Erscheinung.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Die Ausbildung des Oberen Muschelkalks verändert sich von Norden nach Süden von stärker kalkigen in mehr dolomitische Abfolgen. In Nordwürttemberg und im Kraichgau beginnt die Abfolge mit gebankten Kalksteinen mit Mergelstein-Zwischenlagen. In einigen dieser Kalksteinbänke sind Stielglieder (Trochiten) von Seelilien angereichert, weshalb dieser Abschnitt als Trochitenkalk-Formation von den höheren Schichten ohne Trochiten unterschieden wird. Über der obersten Trochiten führenden Leitbank, der Spiriferinabank des Oberen Muschelkalks, folgt die Meißner-Formation (benannt nach einem Profil am Hohen Meißner in Hessen), die aus einer Wechselfolge von Kalksteinbänken und Tonstein- bis Tonmergelsteinlagen („Tonplatten“) aufgebaut wird. Der Anteil dieser Tonstein-Zwischenlagen am Gesamtprofil ist im unteren Abschnitt am größten (Tonplatten-Schichten), nimmt oberhalb der Cycloidesbank ab (Künzelsau-Schichten) und steigt über der obersten Terebratelbank wieder an (Fränkische Grenzschichten). Den oberen Abschluss unter der Keuperbasis bildet hier der Glaukonitkalk des Oberen Muschelkalks. Im Tauberland sind die eher dünnbankigen Künzelsau-Schichten von einer bis Mittelfranken hinüberreichenden, dickbankigen Schillkalk-Fazies ersetzt, die als Quaderkalk-Formation gesondert ausgeschieden wird und über der meist wieder Fränkische Grenzschichten der Meißner-Formation folgen.
Zwischen Heilbronn und Stuttgart treten im obersten Abschnitt der Meißner-Formation erstmals dolomitisierte Bänke in Erscheinung, die nach Süden an Umfang zunehmen und bereits im Raum Ludwigsburg eine mehrere Meter mächtige Abfolge von feinkristallinen Dolomitsteinen bilden, die die Fränkischen Grenzschichten und nach Süden zunehmend tiefere Teile der Meißner-Formation ersetzen. Diese Dolomitfazies im oberen Teil des Oberen Muschelkalks wird als Rottweil-Formation ausgeschieden. Neben dem eigentlichen Trigonodusdolomit, der den Hauptteil dieser Formation ausmacht, wird im Norden von deren Verbreitungsgebiet auch ein geringmächtiger Onkoidkalk (Sphaerocodienkalk) zur Rottweil-Formation gerechnet, der nur im Verbreitungsgebiet der Dolomitsteine auftritt.
Zwischen Herrenberg und Haigerloch vollzieht sich in der Ausbildung des Oberen Muschelkalks ein allmählicher Übergang in eine zunehmend reinere Karbonatfazies, in der die Tonstein-Zwischenlagen eine immer geringere Rolle spielen. In der Trochitenkalk-Formation keilen die im Norden noch mehrere Meter mächtigen Tonsteine im tieferen Teil südlich von Haigerloch vollständig aus, während oolithische Einschaltungen nach Süden häufiger und mächtiger werden. Die Untergliederung der Trochitenkalk-Formation weicht daher am Oberen Neckar und im Wutachgebiet von jener Nordwürttembergs ab. Auch in der Meißner-Formation schwinden die Tonsteinlagen südlich Horb zu dünnen Tonbestegen zwischen den Kalksteinbänken, deren nun fast geschlossene Abfolge hier als Plattenkalk eine eigene Subformation der Meißner-Formation bildet. Der Trigonodusdolomit der Rottweil-Formation nimmt dabei einen nach Süden weiterhin immer größeren Anteil an der Gesamtmächtigkeit auf Kosten der Meißner-Formation ein und ersetzt sie am Hochrhein schließlich vollständig, wobei dort selbst die höchsten Anteile der Trochitenkalk-Formation von der Dolomitisierung betroffen sein können.
Mächtigkeit
Die größten Mächtigkeiten erreicht der Obere Muschelkalk im Kraichgau mit etwas über 100 m und an der unteren Jagst mit über 90 m. Sowohl nach Norden gegen den Odenwald als auch nach Süden und Osten nimmt die Mächtigkeit ab auf Werte um 50 bis 70 m am Hochrhein und Randen.
Die größten Mächtigkeiten der Trochitenkalk-Formation (bis 45 m), der Meißner-Formation (bis 90 m) und der Quaderkalk-Formation (bis 20 m) finden sich dabei im Kraichgau, im Kocher-Jagst-Gebiet und im Tauberland, während die Rottweil-Formation ihre größte Mächtigkeit (bis etwa 50 m) am Hochrhein erreicht.
Alterseinstufung
Obwohl ein großer Teil der marinen Fauna des Oberen Muschelkalks aus endemischen und aus langlebigen Arten besteht, erlauben einige Leitformen, die auch aus dem Alpenraum bekannt sind (Ammoniten, Conodonten, teilweise auch Muscheln, Brachiopoden oder Crinoiden) eine Einstufung in den jüngsten Teil der Anisium- und den älteren Teil der Ladinium-Stufe der Mittleren Trias. Die Grenze zwischen diesen beiden Stufen liegt etwa im Niveau der Cycloidesbank.
Ältere Bezeichnungen
Der Obere Muschelkalk ist in Baden-Württemberg auch als Hauptmuschelkalk bekannt, da dieser Abschnitt des Muschelkalks die markanteste Schichtstufe bildet. Die zeitweise nur regional gebräuchliche Einteilung in „Untere Hauptmuschelkalk-“ und „Obere Hauptmuschelkalk-Formation“ ist heute durch die weniger missverständlichen Namen Trochitenkalk- und Meißner-/Rottweil-Formation ersetzt, die überregional definiert sind und für die entsprechende Fazies auch in anderen Bundesländern verwendet werden.
Anfang des 19. Jahrhunderts waren auch die Bezeichnungen „Alpenkalkstein“ und „Kalkstein von Friedrichshall“ verwendet worden, wurden jedoch bereits um 1830 zugunsten der Bezeichnung Oberer Muschelkalk aufgegeben.