Das chemische Element Lithium (Li) kommt aufgrund seiner hohen Reaktivität in der Natur nicht elementar, sondern ausschließlich in Lithium-(haltigen) Mineralen oder ionisch in gelöster Form vor.
Wofür wird Lithium benötigt?
Das Alkalimetall wird aufgrund seiner chemischen Eigenschaften in verschiedensten Technologien eingesetzt. Mit seiner hohen elektrischen Leitfähigkeit ist Lithium besonders für den Einsatz in Li-Batterien oder in Li-Ionen/Li-Polymerakkumulatoren in der Unterhaltungselektronik und in E-Fahrzeugen geeignet. Ein weiterer sehr wichtiger Einsatzbereich ist in der Glas-, Emaille- und Keramikindustrie, in der es schon lange als Flussmittel eingesetzt wird. Beimischungen von Lithium verleihen den Werkstoffen eine hohe mechanische Festigkeit und Temperaturwechselbeständigkeit. Hinzu kommt die Verwendung bei der Abluftbehandlung/-aufbereitung, der Aluminiumproduktion, sowie in Schmierstoffen, Polymeren, Knopfzellen und Medikamenten (Meißner & Arndt, 2017; Schmidt, 2017; Schmidt et al., 2021; Schulz et al., 2017).
Die wachsende Nachfrage an Lithium als Rohstoff begründet sich durch die weltweite Neuausrichtung des Mobilitätssektors hin zur E-Mobilität. Dies hat zur Folge, dass die Explorations- und Bergbauaktivitäten auf Lithium seit Jahren stetig steigen (Bibienne et al., 2020). Während im Jahr 2018 ca. 6 000 t Lithiumkarbonat-Äquivalent (LCE) nach Deutschland importiert wurden, könnte der Bedarf für den deutschen Batteriemarkt im Jahr 2030 bereits zwischen 49 000–168 000 t LCE liegen (BGR, 2020; DERA, 2021). Obwohl Li-Produkte derzeit kaum recycelt werden, ist zu erwarten, dass es auch hier zur Entwicklung neuer Technologien und zum Ausbau von Kapazitäten in der Sekundärkreislaufwirtschaft kommen wird (Schmidt, 2017).
Wo kommt Lithium als primärer Rohstoff vor?
Lithium kommt weltweit in Festgesteinen (vorwiegend in Pegmatiten, geringfügig in Greisen), Lithium-haltigen Sedimenten (Tone, vulkanische Aschen) und Lithium-haltiger Sole vor (Benson et al., 2017; Champion, 2019; Schmidt et al., 2021; Schulz et al., 2017).
Dabei wird die Sole in drei verschiedene Typen eingeteilt, da sie deutliche Unterschiede in der Entstehung, dem Lithiumgehalt und folglich der wirtschaftlichen Gewinnbarkeit aufweisen:
- Sole in intramontanen Becken junger Gebirgsketten, vor allem den Kordilleren (Chile, Argentinien, USA) und dem Himalaya (China). Im oberflächennahen Untergrund dieser abflusslosen Becken, sog. Salare, steht eine an Lithium angereicherte Sole an.
- Lithium-haltige Sole aus Öl- und Gasreservoiren (Bowell et al., 2020).
- Lithium-haltiges geothermales Tiefenwasser, teils in Gebieten mit geothermischem Nutzungspotential.
Förderstätten befinden sich aktuell überwiegend in Pegmatit-Lagerstätten, in denen Lithium mittels konventionellem Bergbau gewonnen wird. Die Salare (Sole-Typ 1) stellen zurzeit, nach den Festgesteins-Lagerstätten, die zweitwichtigsten Förderstätten von Lithium dar. Dabei werden Lithium-reiche Salzsee-/Salar-Solen entnommen, durch Verdunstung in großflächigen Evaporationsteichen angereichert und als Lithiumkarbonat gefällt. Im Jahr 2018 wurden weltweit 61 000 t Li aus Festgesteinen sowie 25 300 t Li aus Sole-Typ 1 Lagerstätten, zzgl. 7 100 t Li aus nicht genauer differenzierten Lagerstätten in China, gewonnen (Drobe, 2020). Sole aus Öl- und Gas- (Sole-Typ 2) sowie Geothermiefeldern (Sole-Typ 3) zur beibrechenden Lithiumgewinnung sind weltweit von steigendem Interesse.
In Deutschland wird Lithium bisher nicht gewonnen. Jedoch wird die Gewinnbarkeit sowohl aus Festgestein als auch aus Solen derzeit untersucht, z. B. im Erzgebirge, im Norddeutschen Becken und im Oberrheingraben. In Baden-Württemberg sind Lithium-haltige geothermale Tiefenwässer (Sole-Typ 3) im Oberrheingraben bekannt. In den letzten Jahrzenten wurden bei der Exploration auf Erdöl und Tiefengeothermie im Oberrheingraben lokal erhöhte als auch unauffällige Lithiumgehalte beobachtet (7 Geothermiebohrungen aus Sanjuan et al., 2016, s. u.). Die wachsende Nachfrage nach Lithium mit der Möglichkeit einer potentiell beibrechenden Gewinnung aus geothermischen Tiefenwässern rückte den Oberrheingraben in den Fokus.
Woher kommt das Lithium im Oberrheingraben?
Der Oberrheingraben als tektonischer Grabenbruch ist durch tiefgreifende Störungszonen bis in den kristallinen Sockel charakterisiert, welche die Ausbildung von Zirkulationssystemen geothermischer Tiefenwässer begünstigen. Aktuelle Forschungen deuten darauf hin, dass das Lithium in den Tiefenwässern durch Lösungsprozesse von Lithium-haltigen Mineralen aus dem Gestein herausgelöst und in den Solen aufkonzentriert wurde. Für diese Fluid-Gesteins-Wechselwirkung werden sowohl beckentiefe Sedimente des Buntsandsteins als auch das Grundgebirge in Betracht gezogen (Sanjuan et al., 2016; Drüppel et al., 2020). Sowohl die Interpretation der geochemischen Signaturen der Solen, als auch die Beschreibung der Bildungs- und Anreicherungsprozesse des Lithiums stehen im Fokus von Forschungsarbeiten.
Wie werden Lithiumgehalte angegeben? |
Rohstoffinhalt, Förderraten, usw. von Lithiumvorkommen oder -lagerstätten werden als elementares Lithium oder spezifische chemische Verbindungen, hauptsächlich Lithiumkarbonat-Äquivalent (LCE, Li2CO3) oder Lithiumoxid (Li2O), dargestellt. Hierbei werden, abhängig von der Darstellung, unterschiedliche Einheiten (%, mg/L, mg/kg, t) verwendet. Es ist zu beachten, dass hieraus unterschiedliche Zahlenwerte für dieselbe Fragestellung resultieren können. Der Lithiumgehalt in einer Sole wird z. B. häufig als mg/L Li angegeben. Das verkaufsfertige Produkt aus Sole nach der bergmännischen Aufbereitung ist überwiegend Li2CO3 und wird i. d. R. in Tonnen (t) LCE angegeben. |
Projekte zur Lithium-Gewinnung im Oberrheingraben
Im Oberrheingraben gibt es Stand 2021 vier Projekte in Deutschland und Frankreich, die eine wirtschaftliche Gewinnbarkeit des Lithiums untersuchen. Diese Projekte fokussieren sich überwiegend auf bereits in Betrieb befindliche Geothermieanlagen. Die Lithiumgehalte von Sole aus Tiefengeothermie- und Erdölbohrungen im Oberrheingraben zeigen eine räumliche Variation von ca. 4,5 mg/L in Riehen (Schweiz), 199 mg/L in Soultz-sous-Forêts (Frankreich) bis 270 mg/L in Bruchsal (Deutschland), wobei an einzelnen Bohrungen teilweise deutliche Schwankungen der Lithiumgehalte auftreten (Sanjuan et al., 2016; TU Freiberg (2013); LGRB-Analysen). Die Reservoirparameter (Lagerstättengröße, Li-Gehalte, Ergiebigkeit etc.) und die Extraktionsverfahren befinden sich bei allen Projekten noch in der Untersuchungsphase.
Beispielrechnung: Bei einem Lithiumgehalt von 200 mg/L müssten 5 Millionen Liter bzw. 5000 m3 Tiefenwasser gefördert und aufbereitet werden, um bei vollständiger Extraktion 1 Tonne Lithium bzw. 5,3 Tonnen Lithiumkarbonat-Äquivalent (LCE, Li2CO3) zu gewinnen.
Als Vergleich zum Oberrheingraben wird in einer der wichtigsten Lagerstätten der Welt, im Salar de Atacama (Chile) Lithium aus einer Sole (Sole-Typ 1) mit Gehalten von bis zu 1600 mg/L gefördert (Cabello, 2021). Meerwasser hingegen besitzt einen Lithiumgehalt von ca. 0,17 mg/L (Mason et al., 2021).
Die Extraktionsverfahren für Lithiumkonzentrate im industriellen Maßstab sind zurzeit Gegenstand wissenschaftlicher und technologischer Fragestellungen. Insbesondere die physikochemischen Eigenschaften der mineralisierten Tiefenwässer fordern ein hohes Maß an technischer Innovation. Weltweit neu entwickelte Gewinnungstechniken wie Ionenaustausch-, Adsorptions- oder Nanofiltrationsverfahren wurden z. T. schon erfolgreich im Labormaßstab getestet (Paranthaman et al., 2017). Eine Skalierung der Gewinnungsmethoden auf Kraftwerksmaßstab sowie Langzeitversuche stehen noch aus.
Die Untersuchungen im Oberrheingraben sind noch in einem frühen Stadium. Ob zukünftig eine wirtschaftliche Nutzung der Lithiumvorkommen möglich sein wird ist von verschiedenen Faktoren abhängig, wie z. B. der Größe und der thermisch-hydraulischen Langzeitentwicklung des Reservoirs, der Art (Effizienz und Volumenumsatz) und den Kosten des Extraktionsverfahrens oder der Preisentwicklungen von Lithium.
Literatur
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