Im etwa 2 km2 großen Waldgebiet Pfaffenberg–Tannenrain zwischen Rottenburg-Wurmlingen und ‑Oberndorf erstreckt sich ein Schilfsandsteinplateau, in dem ein ausgedehnter Steinbruch (RG 7419‑120) im gelblich grauen, bankigen Schilfsandstein angelegt wurde (Mittelkeuper, Stuttgart-Formation). Es handelt sich um einen Zeugenberg, also einen Erosionsrest, der sich über die Gipskeuperlandschaft erhebt. Weitere, kleinere Schilfsandsteinbrüche liegen noch ganz in der Nähe bei Entringen und Oberndorf an der Westkante des südlichen Schönbuchgebiets und somit im Anstieg der Keuperberglandschaft. Umgeben werden die Erosionsreste aus Schilfsandstein von der flach welligen Gipskeuperlandschaft (Grabfeld-Formation), deren Sulfatgesteinsvorkommen vor allem bei Wurmlingen und Altingen nahe Herrenberg genutzt wurden bzw. z. T. noch werden. Weiter westlich und südwestlich schließen sich die ausgedehnten Hauptmuschelkalkvorkommen an (Oberer Muschelkalk), die bei Nagold und Frommenhausen abgebaut werden (LGRB, 2006a); für den Mauerbau und die Erzeugung von Branntkalk stehen diese seit langem in Nutzung. Wegen der möglichen Bedeutung der kleinen Sandsteinvorkommen für Renovierungsarbeiten wurden vom LGRB am Pfaffenberg bei Rottenburg-Wendelsheim zwei Kernbohrungen im westlichen Randbereich des alten Bruches zeitlich im Zusammenhang mit der Erstellung der KMR50 L 7518 Rottenburg a. N. abgeteuft (s. u.).
Gesteinsbeschreibung
Beim Wendelsheimer Sandstein handelt es sich um einen hellgrauen, graugrünen bis beigebraunen, glimmerführenden Feinsandstein mit toniger Matrix. Die Korngrößen liegen zwischen 0,02 und 0,1 mm. Feinverteilte kohlige Pflanzenreste und Hellglimmer sind auf den Schichtflächen nicht selten. Die Bankmächtigkeiten variieren meist zwischen 0,1 und 0,5 m, selten erreichen sie 2 m. Jacobsen (1994) bestimmte als Mineralzusammensetzung des Wendelsheimer Schilfsandsteins im Mittel:
Mineralbestand |
Quarz |
Chlorit |
Muskovit |
helle Tonminerale |
||
Wendelsheimer Schilfsandstein |
45 % |
30 % |
5 % |
5 % |
5 % |
1–2 % |
Die am Rand der alten Brüche verbliebenen dünnbankigen Sandsteine deuten Beutler et al. (1999) als Ablagerungen der Uferbänke randlich der Hauptflussrinne.
Im Rahmen der rohstoffgeologischen Landesaufnahme wurden westlich des großen aufgelassenen Steinbruchs bei Wendelsheim zwei Kernbohrungen niedergebracht, um das Potenzial für eine mögliche Wiederinbetriebnahme zu prüfen (LGRB, 2006a). Die Bohrung Ro7419/B5 (Lage O 495726 / N 5373704) erbrachte für den Abschnitt des Schilfsandsteins folgendes Profil:
- 0,10 m | Boden, sandig |
- 1,40 m | Feinsandstein, beigegrün, mürbe, zu Sand zerfallend |
- 4,00 m | Feinsandstein, beigegrün, plattig aufspaltend, relativ viele feine Pflanzenhäcksel, glimmerreich, mit 0,2 m dicker Schlufflage, grünbeige |
- 7,30 m | Feinsandstein, hart, grünlich beige, einzelne tonig-schluffige Lagen (Werksteinzone) |
- 8,50 m | Feinsandstein, tonig und schluffig, beigebraun, grau bis grünlich beige, glimmerreich, feine Pflanzenhäcksel |
- 10,50 m | Schluff-/Tonstein, leicht feinsandig, graubraun, lagenweise schwach hellglimmerführend, Pflanzenreste |
- 11,30 m | Fein- bis Mittelsandstein, relativ hart, fein porös, beigebraun bis grau |
- 12,05 m | Schluff- und Tonstein, braungrau, feine Hellglimmer, lagenweise Pflanzenreste |
- 12,20 m | Sandstein, fein- bis mittelkörnig, porös, rostrot, mit schwarzen Schachtelhalmresten (bis mehrere cm breit) |
- 15,00 m | Graue Estherienschichten: Tonstein, dolomitisch, olivgrün, graubraun, beigegrün und grüngrau; im unteren Bereich brekziös (durch Gipsauslaugung) |
Die Kernbohrung durchteufte also bis 12,2 m Sand- und Tonsteine der Stuttgart-Formation, darunter folgten bis zur Endteufe (66,0 m) Ton-, Schluff- und Dolomitsteine der Grabfeld-Formation (früher: Gipskeuper) mit sporadischer Gipsführung. Die benachbarte Bohrung Ro7419/B6 wies bis 10,7 m unter Gelände plattige, oft verwitterte Feinsandsteine nach, darunter bis 13,25 m eine Wechselfolge aus Schluffstein und Feinsandstein. Die Farbvariationen des hellglimmerreichen Schilfsandsteines reichen in den Bohrkernen von beigebraun und graubraun über grünbraun bis rostrot.
Die beiden Kernbohrungen und die Aufschlüsse im Randbereich des Steinbruchs erbrachten folgende Erkenntnisse:
- Die Aufwitterung reicht entlang von Klüften und Schichtflächen bis 6 m tief in den Sandstein hinein. Deshalb wurden die Steinbrüche in möglichst großer Entfernung zum Hang angelegt (bei fast allen alten Brüchen im Schilfsandstein findet man daher 50–100 m lange, tief eingeschnittene Zufahrten bis zur eigentlichen Abbauwand).
- Die Zone der Werksteinbänke ist nur 3–4 m mächtig, darüber folgen ebenfalls 3–4 m plattige Sandsteine, darunter ein erster Tonsteinhorizont.
- Eine darunterfolgende weitere Werksteinbank weist nur 1 m Mächtigkeit auf und wurde wegen zu großer Überlagerung (2 m Ton- und Schluffstein) nicht mehr genutzt.
- Fossile Pflanzenreste, die der Formation ihren Namen gegeben haben (Schachtelhalme), sind in unterschiedlichen Niveaus in Sand- und Schluff-/Tonstein eingeschwemmt worden.
Technische Eigenschaften
Prüfwerte liegen zum Wendelsheimer Sandstein nur wenige vor. Frank (1944) berichtet, dass die Druckfestigkeit des Feinsandsteins zwischen 478 und 603 kg/cm2 liegt (entspricht 46,9–59,15 MPa), der Mittelwert beträgt 553 kg/cm2 (entspricht 54,2 MPa). Nach Frank eignet sich der Wendelsheimer Sandstein besonders zur Herstellung von Schleifsteinen. A. Schreiner (LGRB-Archiv) betont, dass die Werksteinbänke leicht spaltbar sind und sowohl feste als auch mäßig feste Qualitäten nebeneinander zu finden sind.
Gewinnung und Verwendung
Der bei Rottenburg a. N. auftretende Schilfsandstein wurde vor allem im Steinbruch am Pfaffenberg nördlich von Wendelsheim (RG 7419‑120) gewonnen. Viele Gebäude im Umfeld von Rottenburg, Tübingen und Reutlingen bezogen ihr Baumaterial von hier. Die Hauptabbauperiode lag zwischen dem Beginn des 18. Jahrhunderts und den 1960er Jahren (Reyer, 1927; Jacobsen, 1994). Wegen der plattigen bis dünnbankigen Absonderung des Wendelsheimer Schilfsandsteins wurde dieser vor allem für Mauersteine, Treppen, Fenster- und Türumfassungen sowie Bodenplatten verwendet. Ein schönes Verwendungsbeispiel ist das Rathaus in Wendelsheim. Nach Reyer (1927) wurden die Sandsteine auch als Schleifsteine an die Sensenfabriken und Messerschmieden des Schwarzwalds verkauft. Die größten Schleifsteine hatten dabei einen Durchmesser von 2,80 m und eine Dicke von 30 cm. Dünnere Platten des Sandsteins wurden z. B. für Scheunen verwendet. A. Schreiner (LGRB-Archiv) berichtet, dass bei seiner Aufnahme im Jahr 1951 in diesem gemeindeeigenen Bruch am Pfaffenberg 10 Steinhauer tätig waren, die für verschiedene Maurerfirmen der Umgebung Steine für Haus- und Gartenmauern, für Keller und Sockel sowie für Fensterbänke und Verblendungen herstellten, bisweilen wurden auch Grabsteine sowie Schleif- und Wetzsteine erzeugt.
Weitere alte Steinbrüche, in denen ehemals Schilfsandstein gewonnen wurde, liegen 0,5 km südlich von Oberndorf (RG 7419‑121; Erzeugung von Werksteinen und Platten, nutzbare Mächtigkeit 4 m), bei Entringen an der Schwarzenburg (RG 7419‑118, Mächtigkeit 2–3 m, Steine für Weinbergsmauern) und bei Breitenholz (RG 7419‑130, Stbr. zur ehem. Burg Muneck, 2–4 m rote Sandsteine) (Beschreibung s. LGRB, 2006a).
Potenzial
Die rohstoffgeologische Kartierung und die zuvor beschriebene Erkundung am Steinbruch bei Wendelsheim erbrachten, dass die Vorkommen der kleinen Zeugenberge mit ihren Schilfsandsteinkappen lediglich ein geringes Potenzial vor allem an dünnbankigen Schilfsandsteinen aufweisen.
Literatur
- (1999). Faziesentwicklung des Keupers im Germanischen Becken. – Hauschke, N. & Wilde, V. (Hrsg.). Trias – Eine ganz andere Welt – Mitteleuropa im frühen Erdmittelalter, S. 129–174, München (Pfeil). [31 Abb.]
- (1944). Die natürlichen Bausteine und Gesteinsbaustoffe Württembergs. 340 S., Stuttgart (Schweizerbart). [17 Abb.]
- (1994). Der Schilfsandstein bei Wendelsheim. – Dipl.-Arb. Univ. Tübingen, 99 S., Tübingen. [61 Abb., unveröff.]
- (2006a). Blatt L 7516/L 7518 Freudenstadt/Rottenburg am Neckar, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 260 S., 33 Abb., 6 Tab., 2 Kt., 2 CD-ROM, Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Kesten, D. & Werner, W., m. Beitr. v. Kilger, B.-M. & Selg, M.]
- (1927). Die Bausteine Württembergs nach ihrer mineralogischen Zusammensetzung und ihrer Struktur in Bezug zu ihrer bautechnischen Verwendung und wirtschaftlichen Bedeutung. VIII + 138 S., 3 Taf., Halle/Saale (Martin Boerner Verlagsanstalt). [8 Abb.]
- (1964a). Geologie des Schilfsandsteins. – Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, 33, S. 1–140, 4 Taf., 15 Kt. [57 Abb.]