Lithostratigraphische Untergruppe
Übergeordnete Einheit
Alle Deckenschottereinheiten sind in der lithostratigraphischen Gruppe Quartäre Süßwasserablagerungen zusammengefasst.
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Unter dem Begriff Deckenschotter werden hoch oberhalb der heutigen Talsohle gelegene Flussablagerungen zusammengefasst, die ehemalige Rinnenverläufe großer frühpleistozäner Flüsse nachzeichnen. Besonders große zusammenhängende Deckenschotterflächen liegen im östlichen Oberschwaben, während entlang des Hochrheintals (zwischen Konstanz und Basel) schmale Einzelvorkommen auftreten. Es werden zwei Formationen unterschieden:
- Die Hochrhein-Deckenschotter erstrecken sich vom westlichen Bodenseeraum bis zum südlichen Dinkelberg und folgen in einem breiten Band dem aktuellen Rheinverlauf. Relikte der ältesten Ablagerungen finden sich in hochgelegenen Positionen über dem Hochrheingebiet.
- Die Oberschwaben-Deckenschotter sind im östlichen Oberschwaben zwischen Bodensee und Donautal im Gebiet der Riß und Iller verbreitet. Die Deckenschotterflächen bilden langgestreckte und plateauartige Hügel, die sogenannten Riedel. Die Riedel zeigen eine markante Zertalung: je älter die Deckenschotter-Einheit, umso stärker sind die Flächen zertalt.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Die Deckenschotter liegen in einer terrassenstratigraphischen Position oberhalb der Rheingletscher-Terrassenschotter. Erhalten sind sie oft als zusammenhängende Hochgebiete (z. B. Iller-Riß-Platte) oder als hohe (älteste) Terrassen der Haupttäler (z. B. Hochrheintal). In der Regel sind sie stark karbonatisch zementiert und die Oberfläche ist häufig tiefgründig verwittert (> 3 m, Verwitterungsschlotten).
Die pleistozänen Flussablagerungen der Hochrhein-Deckenschotter werden terrassenstratigraphisch (aufgrund ihrer Höhenlage) in die Höheren Hochrhein-Deckenschotter und die Tieferen Hochrhein-Deckenschotter zweigeteilt.
Die Höheren Hochrhein-Deckenschotter sind terrassenstratigraphisch mit einem Terrassenniveau über den Niveaus der Tieferen Hochrhein-Deckenschotter und der Rheingletscher-Terrassenschotter verknüpft. Die Auflagerungsbasis am Bodensee liegt bei > 670 m ü. NN, am Schiener Berg bei ca. 665 m ü. NN, im westlichen Hegau > 510 m ü. NN und in Waldshut bei ca. 450 m ü. NN. Die Höheren Deckenschotter sind älter (Gelasium) als die Tieferen Deckenschotter, die ins Calabrium gestellt werden und zeigen die fortschreitende Eintiefung der frühpleistozänen Flüsse. Das Längsgefälle der Hochrhein-Deckenschotter folgt der rhenanischen Entwässerungsrichtung.
Die Tieferen Hochrhein-Deckenschotter sind terrassenstratigraphisch mit einem Terrassenniveau zwischen dem Niveau der Höheren Hochrhein-Deckenschotter und dem der Rheingletscher-Terrassenschotter verknüpft. Die Auflagerungsbasis am Bodensee liegt bei 650–670 m ü. NN, am Schiener Berg bei 580–590 m ü. NN, am Randen bei ca. 550 m ü. NN und in Waldshut bei 405–410 m ü. NN. Lokalnamen der einzelnen Schottervorkommen sind z. B. Unterer Schienerberg-Deckenschotter, Heilsberg-Deckenschotter, Buchberg-Deckenschotter.
Die Deckenschotter bestehen hauptsächlich aus sandigen, schwach steinigen Kiesen und enthalten Gerölle unterschiedlicher alpiner Herkunft. Im Hochrheingebiet sind es Sedimente aus dem Einzugsgebiet der Flüsse Thur, Limmat, Reuss und Aare sowie lokale Gerölle aus dem Schwarzwald. Zum Teil können die Sedimente sowohl feinkörnig als auch besonders grob und massig auftreten. Aufgrund der uneinheitlichen Zusammensetzung können anhand der Petrographie keine Untereinheiten abgegrenzt werden. Auf den schweizerischen Höhenzügen sind entsprechende Vorkommen teilweise großflächig erhalten, sie werden dort als Höhere und Tiefere Deckenschotter bezeichnet.
Die Oberschwaben-Deckenschotter bestehen aus Ablagerungen eines pleistozänen Flusssystems, das aus den Alpen kommend zur Donau gerichtet war. In ihrer Gesamtheit zeigen die Deckenschotter die zunehmende Erosion und Zertalung der aufsteigenden Alpen an, wobei einerseits immer tiefer gelegene Geologische Formationen erodiert und umgelagert wurden, andererseits das Einzugsgebiet dieses Flusssystems sich Richtung Zentralalpen erweiterte. In unverwittertem Zustand sind die Sedimente kalkreich. Oft sind sie von der Oberfläche ausgehend verwittert und teilweise verbacken. Die Sedimente bestehen überwiegend aus sandigen Kiesen mit Steinen. Nach ihrer petrographischen Zusammensetzung lassen sich drei Untereinheiten abgrenzen, die in der Geologischen Karte den Rang von Subformationen einnehmen.
- Die Donau-Deckenschotter sind kristallinarm (i. d. R. < 5 % Kristallingerölle) aber dafür dolomitreich (etwa 20 % Dolomit), wobei die Dolomitgerölle häufig zersetzt sind. Sie reflektieren ein kalkalpines Einzugsgebiet und kommen nur ganz im Osten Oberschwabens, hauptsächlich östlich der Iller, vor (Ellwanger, 2015).
- Die Günz-Deckenschotter sind ebenfalls arm an Kristallinanteilen, ihr Dolomitanteil ist ebenfalls gering, aber es kommt ein hoher Prozentsatz an Komponenten aus helvetischen Einheiten, v. a. helle und gelbe Kalke, hinzu. Sie reflektieren ein randalpines Einzugsgebiet bis in das Gebiet der Helvetischen Decken, d. h. noch nicht das Gebiet des heutigen Alpenrheintals (Ellwanger, 2015).
- Die jüngsten Mindel-Deckenschotter sind kristallinreich und enthalten etwa 10-30 % Kristallingerölle. Sie reflektieren ein Einzugsgebiet, das dem heutigen Alpenrhein entspricht (Ellwanger, 2015).
Neben dem Unterscheidungsmerkmal der geröllpetrographischen Zusammensetzung können die unterschiedlich alten Deckenschotter anhand ihres Höhenniveaus unterschieden werden. Die ältesten Dolomitschotter kommen nur entlang der Iller vor und liegen auf dem höchsten Niveau. Darunter liegen die kristallinarmen Günz-Deckenschotter und noch tiefer die jüngsten kristallinreichen Mindel-Deckenschotter. Teils lagern die verschiedenen Deckenschotter auch direkt aufeinander (z. B. bei Heiligenberg), teils in ähnlichen Höhenniveaus (z. B. bei Pfullendorf), teils terrassenstratigraphisch ineinander eingeschnitten (Iller-Riß-Gebiet).
Mächtigkeit
Die maximale Mächtigkeit der Oberschwaben-Deckenschotter beträgt 50 m, die mittlere Mächtigkeit liegt bei 10–20 m. Die Hochrhein-Deckenschotter sind bis zu 50 m mächtig und weisen ebenfalls eine mittlere Mächtigkeit von 10–20 m auf.
Alterseinstufung
Die Oberschwaben-Deckenschotter mit den drei Untereinheiten (Donau-, Günz- und Mindel-Deckenschotter) werden ins Frühpleistozän gestellt. Die Höheren Hochrhein-Deckenschotter ins Gelasium (älteres Frühpleistozän) und die Tieferen Hochrhein-Deckenschotter ins Calabrium (jüngeres Frühpleistozän), Ellwanger et al. (2011b).
Chronostratigraphie |
Subformation |
|
Frühpleistozän (Calabrium) |
Oberschwaben-Deckenschotter qpOD |
Mindel-Deckenschotter qpODM |
Günz-Deckenschotter qpODG |
||
Frühpleistozän (Gelasium) |
Donau-Deckenschotter qpODD |
|
Frühpleistozän (Calabrium) |
Hochrhein-Deckenschotter qpHD |
Tiefere Hochrhein-Deckenschotter qpHDt |
Frühpleistozän (Gelasium) |
Höhere Hochrhein-Deckenschotter qpHDh |
Ältere Bezeichnungen
Synonyme und obsolete Gliederungen und Bezeichnungen der Deckenschotter sind:
- Älteste, Ältere und Jüngere Deckenschotter
- Deckschotter, Ältere und Jüngere Deckenschotter
Weiterführende Informationen finden sich bei Ellwanger (2015) und Ellwanger et al. (2011b).
Externe Lexika
Litholex
Literatur
- (2015). Lithostratigraphische Entwicklung des baden-württembergischen Rheingletschergebiets: Übertiefte Becken- und Moränen-Landschaft. – LGRB-Fachbericht, 2015/4, S. 1–86, 16 Abb., Freiburg i. Br. (Regierungspräsidium Freiburg – Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau).
- (2011b). The Quaternary of the southwest German Alpine Foreland (Bodensee-Oberschwaben, Baden-Württemberg, Southwest Germany). – E&G Eiszeitalter und Gegenwart – Quaternary Science Journal, 60(2-3), S. 306–328.