In Baden-Württemberg wird die oberflächennahe Geothermie hauptsächlich durch Erdwärmesonden erschlossen.
Erdwärmesondenanlagen bestehen aus einer oder mehreren Erdwärmesondenbohrungen, einer Wärmepumpe und der Heiz- bzw. Kühlanlage im Gebäude. Damit kann ein Einfamilienhaus beheizt werden und die Warmwasserbereitstellung ganzjährig erfolgen. Erdwärmesonden gehören zu den geschlossenen Systemen.
Die in den Kunststoffrohren einer Erdwärmesonde zirkulierende Flüssigkeit nimmt aus dem umgebenden Untergrund Wärmeenergie auf und führt diese der Wärmepumpe zu. Die abgekühlte Flüssigkeit zirkuliert wieder in der Erdwärmesonde nach unten zur erneuten Wärmeaufnahme. Mit Hilfe der Wärmepumpe wird die Temperatur soweit erhöht, dass damit eine Heizanlage betrieben werden kann. Für diesen Prozess benötigt die Wärmepumpe i. d. R. Strom (es gibt auch Gas-betriebene Wärmepumpen).
In die Erdwärmesondenbohrungen werden in der Regel zwei U-förmige Rohre eingebracht, in denen eine Wärmeträgerflüssigkeit zirkuliert (Doppel-U-Sonden). Zusammen mit den Doppel-U-Sonden werden ein oder mehrere Verpressschläuche in das Bohrloch eingebracht. Der Zwischenraum zwischen den Rohren und dem umgebenden Erdreich muss mit einer möglichst gut wärmeleitfähigen, vollständig abdichtenden Substanz verfüllt werden. Die Hinterfüllung der Erdwärmesondenrohre muss über die Verpressschläuche als Suspension im Kontraktorverfahren vom Bohrlochtiefsten aus nach oben erfolgen. Hinterfüllmaterial und Hinterfüllprozess einer Erdwärmesonde müssen bestimmten Anforderungen genügen, das Bohrloch muss nach Aushärtung des Hinterfüllmaterials dauerhaft dicht sein (LQS EWS, 2018; VDI 4640, 2000; VDI4640, 2015). Werden auf der gesamten Bohrstrecke hochdurchlässige Kiese angetroffen, kann auf die Hinterfüllung verzichtet werden.
Meistens werden Erdwärmesondenbohrungen vertikal ausgeführt, in seltenen Fällen als Schrägbohrungen. Als Wärmeträgerflüssigkeit wird i. d. R. ein Wasser-Frostschutzgemisch verwendet, seltener Wasser ohne Zusatzstoffe. In der Zone III B von Wasserschutzgebieten ist ausschließlich Wasser als Wärmeträgerflüssigkeit erlaubt.
Erdwärmesonden können nicht nur zum Heizen in den Wintermonaten, sondern auch zum Kühlen im Sommer benutzt werden. Hierzu muss die Warmwasserbereitstellung im Sommer mit einer anderen Technologie (z. B. Solarthermie) erfolgen. Die Kombination einer Erdwärmesonde mit Solarthermie zur zusätzlichen Einspeicherung sommerlicher Überschusswärme erhöht die Effizienz einer Erdwärmesonden-Heizung.
Durch unsachgemäße Ausführung der Erdwärmesondenbohrungen und der Ringraumabdichtung kam es in der Vergangenheit u. a. in Baden-Württemberg zu gravierenden Schadensfällen mit weit reichenden Folgen.
Erdwärmesondenfelder sind Anlagen mit fünf und mehr Erdwärmesonden; oft handelt es sich jedoch um eine wesentlich höhere Anzahl. Große Anlagen können aus mehr als 200 Erdwärmesonden bestehen. Sie werden i. d. R. zum Heizen und zum Kühlen für größere Gebäudeobjekte, aber auch in der Industrie genutzt. Oft liefern diese Anlagen eine gewisse energetische Grundlast und werden in Kombination mit anderen Heizungs- und Kühlsystemen betrieben.
Anders als im Wohnungssektor spielen im Objektbereich in aller Regel auch Fragen der Klimatisierung, der Kühlung, der Nutzung von Prozesswärme und auch die Nutzung verschiedener erneuerbarer Energien, etwa der Sonnenenergie, von Biomasse oder geothermischer Energie eine Rolle. Daneben können Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung eingebunden werden. In diesen Fällen ist die Erstellung eines Gesamtenergiekonzeptes unerlässlich (Stober & Bucher, 2014).
Für die Auslegung insbesondere größerer Erdwärmesondenfelder als Wärmesenke oder Wärmequelle ist die Ermittlung der thermischen und hydrogeologischen Eigenschaften des Untergrundes unerlässlich. Dazu gehören die detaillierte Aufnahme der geologischen Schichtenabfolge, die Messung der angetroffenen Wasserstände in den Bohrungen, die Durchführung von Thermal-Response-Tests (TRT) sowie ggf. die Ermittlung der Durchlässigkeit der angetroffenen Grundwasserleiter.
Um bei größeren Erdwärmesondenfeldern negative Auswirkungen durch Kälte- oder Wärmefahnen zu vermeiden bzw. zu minimieren, müssen Auflagen bezüglich der Temperaturbeeinflussung im Grundwasserleiter eingehalten werden (z. B. Temperaturbeeinflussung in 50 m Entfernung max. 2°C). Aus diesem Grund sind im Vorfeld die geothermischen Auswirkungen der Anlage zu berechnen (ggf. numerische Modellierung). Beim späteren Anlagenbetrieb sind im Abstrom Grundwassermessstellen erforderlich, in denen die Einhaltung der Auflagen verifiziert werden kann.
In Gebieten, in denen die Errichtung von Erdwärmesondenanlagen aufgrund von Bohrtiefenbegrenzungen oder einem generellen Verbot nicht möglich ist, können Erdwärmekollektoren eine alternative Nutzungsmöglichkeit der oberflächennahen Geothermie darstellen.
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (2018). Leitlinien Qualitätssicherung Erdwärmesonden (LQS EWS) Stand September 2018. 26 S., Stuttgart (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg).
- (2014). Geothermie. 2. Auflage, 302 S., 145 Abb., Heidelberg (Springer Verlag).
- (2005). Leitfaden zur Nutzung von Erdwärme mit Erdwärmesonden. 5. überarbeitete Aufl., 26 S., Stuttgart (Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg).
- (2000). Blatt 1 – Thermische Nutzung des Untergrundes – Grundlagen, Genehmigungen, Umweltaspekte. 32 S., Berlin.
- (2015). Blatt 2 – Thermische Nutzung des Untergrundes – Erdgekoppelte Wärmepumpen. – S., Berlin. [Entwurf]