Übersicht, Bezeichnung und Verbreitung
Gneise und Anatexite bilden zusammen mit den verschiedenartigen Graniten in Baden-Württemberg das sog. kristalline Grundgebirge, welches im Schwarzwald und Odenwald zu Tage tritt. Im Mittleren und Südlichen Schwarzwald nehmen die Gneise und Anatexite des Zentralschwarzwälder und Südschwarzwälder Gneiskomplexes eine Fläche von ca. 1650 km2 ein.
Früher wurden diese Gesteine fast nur für Hausfundamente und Stützmauern verwendet. Aus den Gneisen und Anatexiten werden aufgrund der hohen Gesteinsfestigkeit vor allem Schotter und Splitte für den Verkehrswegebau produziert. Daher stehen im Schwarzwald zahlreiche große Steinbrüche in Betrieb, die diese Gesteine gewinnen; sie erzeugen pro Jahr mehr als 1,2 Mio. t Körnungen für den Verkehrswegebau (LGRB, 2013b). Vor allem die massigen und auffallend strukturierten Anatexite, die bei dieser Gewinnung anfallen, bieten ein interessantes Potenzial für eine Nutzung als Werksteine. Im Schwarzwald werden sie, seitdem Maschinen zu ihrer Bearbeitung zur Verfügung stehen, besonders für Denk- und Grabmale genutzt.
Gneise und Anatexite entstehen durch die Umwandlung (Metamorphose) unterschiedlicher Ausgangsgesteine u. a. im Verlauf gebirgsbildender Prozesse. Dabei werden Mineralbestand und Gefüge an höhere Druck- und Temperaturbedingungen angepasst. Als Gneis wird ein Gestein bezeichnet, das vor allem aus den Mineralen Feldspat und Quarz besteht und das parallel zu den Foliationsflächen orientierte Glimmer und/oder Amphibole aufweist. Man unterscheidet generell zwischen den Paragneisen, früher als „Renchgneise“ bezeichneten, und den Flaser- bzw. Orthogneisen, früher „Schapbachgneise“ genannt. Während die Paragneise aus Sedimentgesteinen wie Grauwacken, Arkosen und Tonsteinen gebildet wurden, gehen die Flaser- bzw. Orthogneise aus magmatischen Gesteinen wie Granit und Granodiorit hervor (Werner & Dennert, 2004; Geyer et al., 2011). Para- und Orthogneise treten vorwiegend im nördlichen Zentralschwarzwälder Gneiskomplex auf.
Der südliche Zentralschwarzwälder Gneiskomplex besteht neben Paragneisen aus Anatexiten. Die insbesondere zwischen Kandel, Schauinsland und Feldberg vorkommenden Anatexite waren bei ihrer Metamorphose im Gegensatz zu den Gneisen so hohen Temperaturen ausgesetzt, dass es zur teilweisen bis vollständigen Aufschmelzung der Gesteine kam. Es können zwei Gruppen von Anatexiten unterschieden werden: Metatexite und Diatexite. Gesteine mit einer deutlichen Trennung zwischen hellen und dunklen Lagen sowie einem oftmals durch Schlieren und Falten dominierten Gefüge werden als Metatexite bezeichnet. Die Trennung in helle und dunkle Minerallagen kommt durch die partielle Aufschmelzung des ursprünglichen Materials zustande. Bei einer weitgehenden Aufschmelzung des Ausgangsgesteins entstehen Diatexite, die ein regelloses, granitähnliches Gefüge aufweisen, das nur stellenweise eine reliktische Foliation besitzt. Im Südschwarzwald werden die auftretenden Gneise als „Gneisanatexite“ bezeichnet. Es handelt sich hierbei um Gesteine, die meist eine straffe Foliation aufweisen und durch schlieriges bzw. lagig adriges, aufgeschmolzenes Material durchdrungen sind.
Die Gneise und Anatexite des Zentralschwarzwälder Gneiskomplexes werden im Norden durch das Nordschwarzwälder Granitmassiv und im Süden durch den Randgranit der Badenweiler–Lenzkirch-Zone sowie den Bärhalde-Granit begrenzt. In östlicher Richtung tauchen die Metamorphite mit einem flachen Winkel unter das Deckgebirge ab. Am westlichen Rand des Schwarzwalds sind die Gneise entlang der Schwarzwaldrandverwerfungszone und weiterer NNO–SSW-gerichteter Störungen während der Bildung des Oberrheingrabens in größere Tiefe abgesunken. Im Graben überlagern mächtige mesozoische und känozoische Sedimentgesteine das metamorphe Grundgebirge – im Raum Rastatt z. B. in einer Mächtigkeit von 5400 m (Rupf & Nitsch, 2008). Die variskischen Metamorphite treten in den Vogesen wieder zu Tage. Im zentralen und östlichen Teil des Südschwarzwälder Gneiskomplexes, von Schönau bis Laufenburg sowie von Wehr bis nordöstlich von Waldshut-Tiengen, treten metamorphe Gesteine im Wiese-Wehra-Komplex sowie in den Gneisanatexiten vom Typ Todtmoos und Murgtal auf.
Geologisches Alter, Entstehung
Die meist grauen, feingebänderten und oft intensiv gefalteten Paragneise gehen auf die Umwandlung (Metamorphose) von Sedimentgesteinen und verschiedenen eingeschalteten vulkanischen Ablagerungen zurück. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung kann man davon ausgehen, dass es sich bei den Ausgangssedimenten zumeist um Grauwacken – gebildet aus groben und unreinen Sanden – und Tonsteinen gehandelt hat. Durch Funde von fossilem Nanoplankton (Acritarchen und Chitinozoen) im Kristallin des Zentral- und des Südschwarzwalds sind jungproterozoische bis ordovizische, aber auch jüngere paläozoische Alter für die Ausgangssedimente der Gneise nachgewiesen worden (Hanel et al., 1996; Hann & Sawatzki, 1998; Kalt et al., 2000). Durch radiometrische Datierungen von Zirkonen ergab sich, dass die abgetragenen Gebirge, aus denen sich die Ausgangsgesteine herleiten lassen, bis zu fünf magmatische Ereignisse im Zeitraum zwischen 2,9 Mrd. Jahren und 391 Mio. Jahren durchlaufen haben (Kalt et al., 2000). In die Sedimentgesteine drangen nach Untersuchungen von Chen et al. (2000) im Kambrium und Ordovizium magmatische Gesteine granitischer Zusammensetzung ein, die heute als Ortho- bzw. Flasergneise vorliegen.
Die mehrstufige Metamorphose im Zentralschwarzwald begann im Unterkarbon vor 350 Mio. Jahren mit einer eklogitfaziellen Überprägung, die heute nur noch in Relikten vorhanden ist (Geyer et al., 2011). In dieser ersten Metamorphosephase wurden Hochdruckbedingungen bei niedrigen Temperaturen (1–2 GPa, 600–750 °C) erreicht, was auf eine Versenkungstiefe von 35–60 km schließen lässt. Bei ihrem nachfolgenden Aufstieg in höhere Krustenbereiche um ca. 340 Mio. Jahre wurden die Gesteine unter granulitfaziellen Bedingungen, Drücken um 1 GPa, was einer Tiefe von ca. 30–35 km entspricht, und gestiegenen Temperaturen (wahrscheinlich bis 850 °C) überprägt. Ihr heutiges Erscheinungsbild erhielten die metamorphen Gesteine des Schwarzwalds vor 330–335 Mio. Jahren. Bei Temperaturen um 575–700 °C und Drücken von 0,2–0,8 GPa (8–25 km Tiefe) kam es zur Vergneisung und teilweisen Aufschmelzung der Gesteine, wodurch sich die typischen Wechsel zwischen hellen und dunklen Lagen bildeten. Die Ursache für die Metamorphose der Ausgangsgesteine im Zentralschwarzwald war die Kollision zweier Kontinente während der variskischen Gebirgsbildung (Werchau et al., 1989; Kalt et al., 2000; Geyer et al., 2011; Hann & Zedler, 2011).
Gesteinsbeschreibung, technische Eigenschaften und Verwendung
Die Gneise und Anatexite des Schwarzwalds zeigen ein variables Erscheinungsbild, wobei ihre Grundzusammensetzung im Allgemeinen recht einheitlich ist. Ihre Hauptkomponenten sind Feldspat, Quarz und Biotit sowie in geringeren Anteilen Hornblende, Cordierit und Sillimanit. Die Tabelle soll an Untersuchungen der Gneise und Anatexite im Bereich Freiburg und Umgebung (Groschopf et al., 1996) beispielhaft die Schwankungsbereiche der Modalzusammensetzung der Metamorphite des Blattgebiets darstellen. Wie deutlich zu erkennen ist, zeigen alle Gesteine eine große Variabilität in ihrer Zusammensetzung. Geländebeobachtungen weisen darauf hin, dass sich die Gehalte der Hauptkomponenten auf kurzen Distanzen ändern können, was einen heterogenen Gesteinskörper zur Folge hat.
Tabelle: Mineralbestand metamorpher Gesteine im Gebiet Freiburg und Umgebung nach Groschopf et al. (1996)
Mineral |
Modalzusammensetzung in Vol.‑% |
|||
Paragneise n = 18 |
Flaser- bzw. Orthogneise n = 57 |
|||
Metatexite n = 16 |
Diatexite n = 14 |
|||
Quarz |
10–48 |
12–38 |
27–35 |
29–34 |
1–31 |
0–41 |
2–5 |
4–23 |
|
18–57 |
21–64 |
12–28 |
28–48 |
|
1–31 |
3–23 |
22–27 |
7–23 |
|
Cordierit (+ Serizit) |
1–31 |
– |
17–29 |
5–10 |
Sillimanit |
1–3 |
– |
< 1 |
– |
< 1 |
0–13 |
– |
– |
|
< 4 |
– |
< 1 |
< 1 |
Die Korngrößen der Gesteine reichen von fein- bis mittelkörnig. Grob- bis riesenkörnige Mineralaggregate sind selten. Hierbei handelt es sich meist um während der Metamorphose aufgeschmolzene Gesteinsanteile aus Quarz und Kalifeldspat. Häufig ist eine Wechsellagerung von hellen und dunklen Lagen zu erkennen, die auf eine Konzentration von körnigem Quarz und Feldspat und blättrigem bis nadeligem Biotit und Sillimanit zurückzuführen ist. Typisch für alle metamorphen Gesteine ist die Foliation. Die Foliationsflächen weisen Abstände im Milli- bis Zentimeterbereich auf. Paragneise und Anatexite mit hohem Biotitgehalt besitzen meist eine straffe, engständige Foliation. Die Schichtsilikate sind in die Foliationsebene eingeregelt und behindern die Kornverzahnung der Quarze und Feldspäte. Eine Gewinnung großer Werksteinblöcke ist aus Paragneisen und anderen biotitreichen Metamorphiten des Schwarzwalds daher nicht möglich.
Flaser- bzw. Orthogneise zeigen ebenfalls eine deutliche Foliation. Im Unterschied zu den Paragneisen und biotitreichen Anatexiten liegen die Schichtsilikate als Flasern bzw. in nur wenigen Millimeter dicken Lagen vor, was die Kornverzahnung, insbesondere von Quarz und Feldspat, verbessert und zu einer höheren Verbandsfestigkeit des Gesteins führt. Mit zunehmendem Metamorphosegrad wird die Foliation immer undeutlicher. Partielle Aufschmelzung und Verfaltungen (Diatexite) führen zu einem schlierigen Gefüge.
Ein Hauptproblem bei der Gewinnung von Schwarzwälder Gneisen und Anatexiten für Werksteinmaterial ist die engständige Durchklüftung der Gesteine. Sie ist einmal auf die junge Tektonik am Oberrheingraben und die rasche und starke Heraushebung des Grundgebirges zurückzuführen. Das Gesamtausmaß der vertikalen Bewegungen zwischen der tiefsten Grabensohle und den gehobenen Schultern auf beiden Seiten des Grabens beträgt rund 5000 m (Groschopf & Villinger, 1998; Villinger, 2011). Da die Hebung nicht gleichmäßig stattfand, zerbrachen die Gesteine der Grabenschultern in viele Einzelschollen. Zum anderen stehen die Grundgebirgsgesteine unter Druck- und Zugspannungen, die auf die Kollision großer tektonischer Platten (Afrikanische und Eurasische Platte) zurückgehen. Man könnte es auch – strukturgeologisch nicht ganz korrekt – so sagen: Der aufsteigende Alpenbogen drückt auf sein nördliches Vorland und verursacht besonders in den harten und spröden Gesteinen des Grundgebirges intensive Zerbrechung.
Technische Eigenschaften: Aufgrund dieser häufigen Trennflächen in den Metamorphiten ist es schwer, große Rohblöcke für die moderne Werksteinbearbeitung zu gewinnen. Derzeit werden, wie eingangs ausgeführt, Gneise und Anatexite hauptsächlich zur Erzeugung von Verkehrswegebaumaterial gewonnen. Daher liegen nur wenige gesteinsphysikalische Analysen für Naturwerksteine vor. Eine Auswertung von Prüfzeugnissen der Fa. Porphyrwerk Detzeln (D, ein Unternehmen der Schweizer Eberhard Bau AG) von 2008, der Fa. Uhl (U) von 1999 und weiteren bei Betriebserhebungen des LGRB erhaltenen Angaben sowie eines LGRB-Gutachtens (Az. Nr. III/6a‑520/65 vom 24.09.1965), lieferte folgende Werte für Paragneise, Metagrauwacken, Gneisanatexite und Flaser- bzw. Orthogneise:
Technische Eigenschaften |
Paragneis 1) |
Metagrauwacke |
Gneisanatexit Typ Murgtal 1) |
Flaser- bzw. Orthogneise 1) |
2,61–2,73 g/cm3 |
2,72 g/cm3 |
2,66–2,76 g/cm3 (D) |
2,64–2,67 g/cm3 (U) |
|
Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
0,22–0,85 M.‑% |
- |
- |
0,1–0,4 M.‑% (U) |
92,2–188,3 MPa |
- |
- |
- |
|
Schlagfestigkeit |
- |
- |
- |
13,3–15,3 M.‑% (U) |
1) Im Allgemeinen sind die Gneise und Anatexite frostbeständig und polierfähig.
Für die Anatexite des Schwarzwalds liegen keine technischen Daten vor.
Obwohl Gneise und Anatexite in einer Vielzahl von Steinbrüchen im Schwarzwald abgebaut wurden, fand eine Nutzung der Gesteine als Naturwerksteine auch früher nur in geringem Maße statt. Man nutzte diese hauptsächlich für Fundamente, Sockelgeschosse und Stützmauern (Groschopf et al., 1996), wie sie heute noch an einigen Schwarzwaldhäusern und entlang der Bahnlinien im Schwarzwald zu sehen sind. Metz (1980), Thürach (1897, 1901) und Sauer (1894) geben für die Verwendung von Gneisen des Hotzenwalds und des Kinzigtals vor allem den Verkehrswegebau, wie z. B. Straßen- und Eisenbahnbau, an.
Varietäten und wichtige Abbaugebiete
Die große Heterogenität der Gneise und Anatexite des Schwarzwalds, gut erschlossen in den in Betrieb befindlichen Steinbrüchen (s. geologische Karte), lassen besonders zwei Gneisvarietäten für die Gewinnung von Naturwerksteinen als geeignet erscheinen – vorausgesetzt, es wird eine geeignete Gewinnungsmethode verwendet. Es handelt sich hierbei um (1) die Flaser- bzw. Orthogneise der Steinach-Formation im Kinzigtal sowie (2) die Gneisanatexite vom Typ Murgtal, die im Steinatal nordöstlich von Waldshut-Tiengen gewonnen werden.
(1) Im Kinzigtal findet in den Steinbrüchen Steinach und Hausach (RG 7714‑1 und ‑2) der Abbau von Biotit-Flasergneisen statt. Dort stehen sie mit einer nutzbaren Mächtigkeit von 100–115 m an. Die Gneise sind fein- bis mittelkörnig und setzen sich aus Quarz, Feldspat und Biotit zusammen. Biotitaggregate sind straff in die z. T. stark gefaltete Foliation eingeregelt und liegen als „Flasern“ (nicht durchgängige Biotitlagen) vor, wodurch eine gute Kornverzahnung und Härte gewährleistet ist. Nur in den biotitreichen Partien nimmt die Festigkeit ab. Im Bereich von tektonischen Störungen ist das Material für eine Nutzung als Naturwerkstein nicht geeignet. In diesen Störungszonen ist der Gneis tektonisch zerschert und zeigt meist rote bis grünliche Färbungen durch Hämatit und Chlorit. Im Gegensatz dazu sind auf den Kluftflächen die Minerale Kalzit und Quarz vorherrschend. Untergeordnet kommen Hämatit, Chlorit, Limonit, Dolomit und Pyrit vor. Die Hauptkluftrichtungen in den Steinbrüchen Steinach und Hausach streichen NNO–SSW, NO–SW, O–W, SO–NW und NNW–SSO und fallen mit 40–90° in alle Himmelsrichtungen ein. Diese Vielzahl von Kluftrichtungen ist vor allem auf die oben erwähnten tektonischen Bewegungen am Rand des Oberrheingrabens zurückzuführen. Die Abstände der Trennflächen schwanken zwischen wenigen Zentimetern und 1–2 m, wodurch die Rohblockgröße limitiert wird.
(2) Im Steinatal, nordöstlich von Waldshut-Tiengen, liegt ein weiteres Vorkommen naturwerksteinfähiger Gneise und Anatexite. Im Steinbruch Detzeln, auch unter dem Namen Steinbruch Krenkingen bekannt (RG 8315‑1), stehen neben Granitporphyrgängen Gneisanatexite vom Typ Murgtal an. Der auf ca. 60 m Mächtigkeit aufgeschlossene Gneisanatexit von Detzeln ist ein mittelgrauer, metatektisch überprägter Paragneis aus den Hauptbestandteilen Plagioklas, Orthoklas, Quarz, Biotit und Cordierit. Das Gestein besitzt ein fein- bis mittelkörniges, straff geregeltes Gefüge. Besonders auffällig ist der Wechsel zwischen 1 mm bis 15 cm breiten, hellen, quarz- und feldspatreichen sowie dunklen, biotitreichen Lagen. In das Gestein ist während der Metamorphose aufgeschmolzenes Material eingedrungen, welches heute als helle, quarz- und feldspatreiche, unregelmäßige Einschaltung vorliegt. Dünnschliffanalysen des Mineralogisch-Petrographischen Expertisenbüros Dr. F. Röthlisberger zeigen eine gute Verzahnung der Minerale, welche dem Gestein eine besonders gute Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Beanspruchung sowie Verwitterungsbeständigkeit verleiht. Da sich die Gneisanatexite vom Typ Murgtal zur Herstellung von Gleisschottern eignen, ist eine Verwendung als Naturwerkstein bei günstigen Kluftabständen ebenfalls möglich. Gegenüber den Granitporphyrgängen sind die Gneisanatexite aber engständiger geklüftet (durchschnittliche Kluftabstände ca. 1 m). Die Hauptklüfte sind NNO–SSW- und O–W-orientiert. Untergeordnet treten NW–SO und NO–SW Kluftrichtungen auf. Die Trennflächen bilden ein polygonales Kluftsystem.
Aktuelle Gewinnung und Bezugsmöglichkeiten
Derzeit (Stand: 2012) werden im Schwarzwald in dreizehn Steinbrüchen Gneise und Anatexite in einem Umfang von 1 Mio. t pro Jahr gewonnen (der Steinbruch Klosterreichenbach wird zurzeit nicht betrieben, Stand 2012). Sie werden fast ausschließlich im Verkehrswegebau eingesetzt. Produziert werden Schotter, Gleisschotter, Splitte, Brechsande, Wasserbau- und Hangverbausteine (LGRB, 2006b, 2013b). Werksteinfähiges Material tritt derzeit nur in drei Steinbrüchen auf. Es handelt sich hierbei um die seit 1895 und 1943 in Betrieb befindlichen Flaser- bzw. Orthogneissteinbrüche von Steinach und Hausach (RG 7714‑1 und ‑2) sowie um das Porphyrwerk Detzeln (RG 8315‑1) nordöstlich von Waldshut-Tiengen, das seit 1912 besteht. In allen drei Steinbrüchen werden große Blöcke nach der Sprengung aussortiert. Eine weitere Verarbeitung findet vor Ort nicht statt. Die naturwerksteinfähigen Gneise können für Massivbauten, Boden- und Wandplatten, Sägeplatten, Fensterbänke, Grabmale und Denkmale verwendet werden.
Potenzial
Das Naturwerksteinpotenzial für Gneise und Anatexite des Schwarzwalds ist im Vergleich zu den Graniten als gering einzustufen. Zumeist handelt es sich bei den Gneisen um biotitreiche und stark foliierte Paragneise, die im Zusammenspiel mit der oftmals engständigen Klüftung an den Trenn- bzw. Foliationsflächen in scherbigen Stücken auseinanderbrechen. Potenzial als Naturwerksteine haben die Flasergneise des Kinzigtals, die Gneisanatexite vom Typ Murgtal im Südschwarzwald, die Diatexite südlich des Elztals und die Amphibolitvorkommen östlich von Freiburg. Diese Gesteinstypen sind mittel- bis feinkörnig und besitzen eine gute Kornverzahnung. Die Klüftung der Gesteine ist variabel ausgebildet und reicht von Abständen im Zentimeterbereich bis zu zwei Metern, wodurch Rohblockgrößen von mehreren Kubikmetern erreicht werden können. Im Allgemeinen ist die Überlagerung der Gesteine im Schwarzwald relativ geringmächtig. Für die Verwendung als Naturwerksteine können auch die sog. „Findlinge“ genutzt werden, welche aus der Verwitterung der Gesteine hervorgegangen sind. Da die Diatexite und Amphibolite zurzeit in keinem Steinbruch im Schwarzwald gewonnen werden, sei hier für eine nähere Beschreibung auf die KMR50 Blatt L 7910/L 7912 Breisach am Rhein/Freiburg i. Br. (LGRB, 2010b) sowie auf die Amphibolitaufschlüsse am Fuchsköpfle bei Freiburg und die Diatexitaufschlüsse im Glottertal und Hochschwarzwald verwiesen.
Kurzfassung
Gneise und Anatexite nehmen den größten Teil des Schwarzwälder Grundgebirges ein. Trotz ihrer recht einheitlichen Zusammensetzung aus den Hauptkomponenten Quarz, Feldspat und Glimmer bilden sie heterogene Gesteinskörper aus unterschiedlichen metamorphen Gesteinen. Biotitreiche Paragneise eignen sich als Naturwerksteine kaum, wogegen Vorkommen von quarzreichen Flasergneisen, Gneisanatexiten bzw. Anatexiten örtlich Naturwerksteinpotenzial besitzen. Diese Gesteine weisen eine gute Kornverzahnung auf. Die starke und engständige Durchklüftung der Grundgebirgsgesteine beschränkt die Größe der werksteintauglichen Vorkommen. Naturwerksteinfähiges Material kann zurzeit in drei Steinbrüchen im Kinzigtal sowie nordöstlich von Waldshut-Tiengen aus dem Haufwerk ausgelesen werden, das für die Erzeugung von Körnungen für den Verkehrswegebau gelöst wurde. Verwendung fanden die Gneise und Anatexite früher hauptsächlich für Fundamente, Sockel und Stützmauern von Schwarzwaldhäusern oder beim Eisenbahn- und Straßenbau. Heute werden diese Metamorphite in der Hauptsache zu Körnungen im Verkehrswegebau verarbeitet sowie als Unmaßsteine im Garten- und Landschaftsbau und gelegentlich als Grabmale genutzt.
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
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- (1989). Erste Altersbestimmungen an Monaziten des Schwarzwaldes. – Berichte der Deutschen Mineralogischen Gesellschaft. Beihefte zum European Journal of Mineralogy, 1, S. 1–197.
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