Das Grundwasser in der Hydrogeologischen Region Mittlere Alb wird überwiegend zur Trinkwasserversorgung und in geringerem Umfang als Brauchwasser genutzt. Durch den eingeschränkten natürlichen Schutz des Karstgrundwassers sind Gefährdungspotenziale gegeben, die besondere Schutzmaßnahmen erfordern. Das Karstgrundwasser wird im Einzugsgebiet von Trinkwassergewinnungsanlagen durch Wasserschutzgebiete geschützt.
Grundwasserdargebot
Das Grundwasserdargebot in der Hydrogeologischen Region Mittlere Alb ist sehr groß. Es wird aus Brunnen und Quellen gewonnen. Sie sind in der HGE Mittlere Alb (HGE, 2003a) zusammengestellt.
Bis 1870 erfolgte die Wasserversorgung der durch Wassermangel charakterisierten Albhochfläche durch Sammeln von Regenwasser in Zisternen und Dachbrunnen oder durch so genannte Hülen. Das waren meist künstlich angelegte, mit Lehm abgedichtete Teiche in Siedlungsnähe. Insbesondere die hygienische Beschaffenheit und das Dargebot derart gesammelter Niederschlagswässer waren unzureichend. Gelegentlich wurden auch schwach schüttende und bei Trockenheit häufig versiegende Quellen bzw. flache Brunnen genutzt.

Die Hüle von Ehingen-Frankenhofen befindet sich ca. 400 m ostnordöstlich von Frankenhofen im Oberen Massenkalk. Sie hat einen Durchmesser von ca. 20 m und ist etwa 1 bis 2 m tief. Die Hüle ist die einzige Wasserstelle im Ort. Ihr Wasser dient der Feuerwehr als Löschwasser.
Mit dem Bau der Albwasserversorgung seit dem Jahr 1871 hat sich die Wasserversorgungsstruktur auf der Hochfläche der Mittleren Alb wesentlich verändert und verbessert (Becker, 1970; Haakh, 2021). Dabei wurde Wasser aus den Tälern mit Pumpen und Rohrleitungen auf die Albhochfläche geleitet. Heute übernehmen mehrere Wasserversorgungsgruppen in der Region die gesicherte Versorgung mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser (z. B. Zweckverband Wasserversorgung Ostalb, Zweckverband Kornberggruppe, AlbgruppeXIII, Blau-Lauter-Gruppe, Wasserversorgung Zweckverband Ulmer Alb (Dornstadt), Hochsträßgruppe, Verbandswasserwerk Gammertingen, Zweckverband Wasserversorgung Griesinger Gruppe). Daneben versorgen sich verschiedene Gemeinden selbst (z. B. Wiesensteig, Deggingen, Schelklingen, Oberdischingen, Ulm, Trochtelfingen, Ehingen, Riedlingen, Sigmaringendorf, Scheer).
Neben der überwiegenden Nutzung des Grundwassers als Trinkwasser wird es auch als Brauchwasser für die Industrie und in geringerem Umfang für die Landwirtschaft bzw. für den privaten Eigenbedarf genutzt.
Durch den eingeschränkten natürlichen Schutz des Karstgrundwassers sind Gefährdungspotenziale gegeben, die besondere Schutzmaßnahmen erfordern.
In der Fachanwendung Grundwasserstände und Quellschüttungen (GuQ) stellt die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) landesweit eine zeitnahe Dokumentation und kurzfristige Bewertung der quantitativen Grundwasserressourcen bereit (LUBW-Grundwasserdaten, Link s. unten). Sie basiert auf der Analyse langjähriger Grundwasserstandsganglinien bzw. Quellschüttungsmessungen.
In der Mittleren Alb liegen hierzu fünf Beobachtungsstellen:

30-Jahre-Ganglinie der GWM B 14, Neufra, GW-Nr. 0100/517-0 (Grafik: LUBW Grundwasserdaten, Link s. u., abgerufen am 14.08.2023)
In der 30-Jahre-Ganglinie der Messstelle GWM B 14, Neufra, GW-Nummer 0100/517-0 zeichnet sich im Oberjura über den Beobachtungszeitraum 1991–2022 ein gemittelter fallender Trend von 8,77 cm pro Jahr ab.
Die Messstelle GWM 5 Oberes Wiesaztal Gönningen, Reutlingen, GW-Nummer 0032/515-0 liegt in der quartären Talfüllung des Wiesaztals. Sie wird seit Mitte 2006 regelmäßig beobachtet. Im Zeitraum 2006 bis 2023 ist ein leicht steigender Trend von gemittelt 0,30 cm pro Jahr dokumentiert.
Die Schüttungsganglinie des Blautopfs ist hier, die der Gallusquelle hier dargestellt.
Das Umweltministerium und das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz des Landes Baden-Württemberg erstellen einen „Masterplan Wasserversorgung“, an dem auch das LGRB beteiligt ist. Ziel des Vorhabens ist es, alle relevanten Daten zur aktuellen Versorgungsstruktur sowie Prognosen zur Entwicklung der Trinkwasserressourcen und des Trinkwasserbedarfs zu sammeln, auszuwerten und zur Verfügung zu stellen. Die Daten können Gemeinden und Verbände nutzen, um die aktuelle und zukünftige Wasserversorgungssituation in ihrem Zuständigkeitsbereich zu bewerten und erforderlichenfalls zu optimieren (Ochs & Ilg, 2021).
Grundwassergewinnung
Im Seichten Karst werden zahlreiche Quellfassungen mit kleinerer bis mittlerer Schüttung genutzt.
Im Tiefen Karst lassen sich drei Nutzungsarten unterscheiden (Schloz, 1993):
- Fassung von Karstquellen (z. B. Gallusquelle, QF Kesselbach-Zwiefalten, Königsgassenquelle-Veringendorf, Stockbrunnen Herbrechtingen)
- Förderung von Karstgrundwasser aus Tiefbrunnen (z. B. Erbach (Kehr), Blaubeuren-Gerhausen, Schelklingen, Allmendingen, Ehingen, Munderkingen, Zwiefalten, Trochtelfingen-Seckach, Burladingen, Albstatt-Ehingen, Beuron)
- Gewinnung von indirektem Karstgrundwasser aus Brunnen in den Kiesen der quartären Talfüllungen (Brunnen von Riedlingen, Sigmaringen, Scheer und Bingen aus den überdeckten pleistozänen Donaurinnen).
Zahlreiche kleinere Quellaustritte aus den Molassesedimenten werden im Süden der Hydrogeologischen Region zur lokalen Trinkwasserversorgung genutzt.
Die Stadt Ulm gewinnt Trinkwasser aus den quartären Talschottern der Donau („Rote Wand“).

Brunnen Zwiefaltendorf: Fassungsbauwerk im umzäunten Fassungsbereich (Wasserschutzgebietszone 1)
Tiefbrunnen 2 Spitzäcker: Fassungsbauwerk (links) und Brunnenkopf (rechts)
Größere Grundwasserentnahmen aus dem Gebiet der Mittleren Alb (HGE, 2003a)
Entnahmestelle |
Nutzer |
Art der Trinkwassergewinnung |
TB 1/86 und TB 2/87 Triebäcker, Gamerschwang |
ZV WV Griesinger Gruppe |
|
TB Ghaiberg, Jungnau |
Stadt Sigmaringen |
Brunnen |
Br. Oberrieder, Sigmaringen |
Brunnen |
|
TB Untere Au, Laiz-Sigmaringen |
Brunnen |
|
Br. I und Br. II Stetten, Veringenstadt |
Stadt Veringenstadt |
Brunnen |
Brunnenhaldenquelle |
Quellfassung |
|
Königsgassenquelle |
Quellfassung |
|
QF Glastal, WV Hayingen |
Gemeinde Hayingen |
Quellfassung |
Gallusquelle, Hermentingen |
ZV WV Zollernalb |
Quellfassung |
Sebastionaquelle, Hettingen |
ZV WV Mittlere Lauchert, Hettingen |
Quellfassung |
Sitterrequelle |
Stadt Reutlingen |
Quellfassung |
Jockelequelle |
Stadt Pfullingen |
Quellfassung |
Neubrunnen |
Lichtenstein |
Quellfassung |
PW Roden |
Stadt Riedlingen |
Brunnen |
PW Brunnen Osterfeld |
Gemeinde Langenenslingen |
Brunnen |
PW I und PW II Wilflingen |
Brunnen |
|
TB Rückhau I, Sigmaringendorf |
Stadt Sigmaringendorf |
Brunnen |
TB Rückhau II, Brunnen Scheer |
Stadt Scheer |
Brunnen |
TB Vorm Wald, Bingen |
Stadt Bingen |
Brunnen |
Br. Pault, Inzighofen |
Gemeinde Inzighofen |
|
TB I West und TB II Ost, Neunbrunnen, Mengen |
Gemeinde Herbertingen |
Brunnen |
Br. 1 bis 8 Kornberggruppe |
Zweckverband Kornberggruppe |
Brunnen |
Brunnen I bis IV Blaubeuren-Gerhausen |
Gemeinde Blaubeuren, Blau-Lauter-Gruppe |
Brunnen |
TB I bis IV Almmendingen |
Hochsträßgruppe 1 |
Brunnen |
TB 1 und TB 2 Spitzäcker |
Stadt Schelklingen |
Brunnen |
TB 1 bis TB 5 Rote Wand, Ulm-Wiblingen |
Stadt Ulm |
Brunnen |
Br. Zwiebelwiese, Gammertingen |
Verbandswasserwerk Gammertingen |
Brunnen |
Tiefenkarstbrunnen Zwiefaltendorf |
Gemeinde Zwiefalten |
Brunnen |
Br. 1 und Br. 2 Tannenwald, Munderkingen |
Stadt Munderkingen |
Brunnen |
TB 1 und TB 2 Kirchen |
Stadt Ehingen |
Brunnen |
In der HGE Mittlere Alb (HGE, 2003a) sind alle Brunnen und Quellen zusammengestellt, die zur öffentlichen Trinkwasserversorgung sowie zu Brauchwasserzwecken genutzt werden.
Warmes Tiefengrundwasser wird durch die Thermalwasserbohrungen Bad Urach in den AlbThermen zu Badezwecken genutzt. Die Tiefenwässer bei Bad Ditzenbach werden als Thermal- bzw. Mineralwässer genutzt (Vinzenz-Therme , Bad Ditzenbach).
Wasserschutzgebiete

Wasserschutzgebiete dienen dem Schutz von Wasservorkommen, die für die öffentliche Trinkwasserversorgung genutzt werden und werden im Einzugsgebiet genutzter Wasserfassungen (Brunnen, Quellen) festgesetzt. (RPF-Wasserschutzgebiete, Link s. unten).
Eine aktuelle Darstellung aller Wasserschutzgebiete der Mittleren Alb (Status: festgesetzt, vorläufig angeordnet, im Verfahren, fachtechnisch abgegrenzt) finden Sie in der folgenden Karte (Daten- und Kartendienst der LUBW, Link s. unten). Sie enthält auch die verschiedenen Schutzzonen der Wasserschutzgebiete, in denen unterschiedliche Schutzanforderungen gelten.
Wasserschutzgebiete – Datensatz der LUBW (Schutzzonen der rechtskräftigen Wasserschutzgebiete über Layer-Symbol darstellbar)

In der HGE Mittlere Alb (HGE, 2003a) wurden alle Wasserschutzgebiete zusammengestellt, die ganz oder teilweise in diesem Gebiet liegen.
Angesichts des auf großen Flächen geringen natürlichen Schutzpotenzials im Seichten Karst und in der Offenen Zone des Tiefen Karsts sowie oft auch in der Teilweise Überdeckten Zone des Tiefen Karsts sind für die Mittlere Alb besondere vorbeugende Schutzmaßnahmen erforderlich. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf die gleichzeitig starke Nutzung des Karstgrundwassers für die Trinkwassergewinnung. Aus diesem Grund wurden zahlreiche, z. T. großflächige Wasserschutzgebiete rechtskräftig ausgewiesen, einige weitere sind fachtechnisch/hydrogeologisch abgegrenzt.
Im Gebiet der Mittleren Alb liegen 115 Wasserschutzgebiete vollständig oder teilweise (106 festgesetzte, 7 fachtechnisch abgegrenzte, 1 im Verfahren sowie 1 in Planung, Stand 2023). Insgesamt nehmen die Wasserschutzgebiete in der Region eine Fläche von ca. 2004 km2 ein. Sie erstrecken sich somit über 75,5 % des Gebietes der Mittleren Alb (LUBW-Wasserschutzgebiete, Link s. unten).
Im Bereich des Tiefen Karsts sind großflächig zusammenhängende, für mehrere Trinkwassergewinnungsanlagen gemeinsame weitere Schutzzonen (Zonen III) erforderlich (HGK, 2002). Dies ist begründet in
- der teilweisen Unterströmung der Karstquellen (weshalb auch große, nicht genutzte Quellen in die Schutzgebiete einbezogen werden müssen),
- der zeitlich und örtlich wechselnden In- und Exfiltration zwischen dem Karstgrundwasser und den größeren Vorflutern,
- den ausgedehnten Trockentalsystemen mit episodisch oberirdischen Abflüssen und Oberflächenwasserversinkungen sowie
- den z. T. nicht hinreichend bekannten oder zeitlich variierenden unterirdischen Abstrom- und Einzugsgebietsgrenzen.
Für die Quellen im Seichten Karst und für Fassungen im Tiefen Karst mit sehr hohen Zuflussgeschwindigkeiten von Karstgrundwasserkomponenten kann ein vollwertiger, hygienischer Schutz durch eine, auch nach den gültigen Kriterien für Karstgrundwasserleiter (Villinger, 1991) abgegrenzte, Engere Schutzzone (Zone II) meist nicht erreicht werden. Auf eine Aufbereitung des Rohwassers kann in diesen Fällen nicht verzichtet werden. In einigen Gebieten, in denen Karstgrundwasser durch Tiefbrunnen erschlossen ist, bestehen jedoch trotz hoher Ergiebigkeiten relativ niedrige Abstandsgeschwindigkeiten, so dass hier Engere Schutzzonen mit der 50-Tage-Linie abgegrenzt werden können.
In den Wasserschutzgebieten dient die Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO) dem Schutz von Rohwässern vor Beeinträchtigungen durch Stoffeinträge aus der Landbewirtschaftung. Je nach Schutzzone gelten für die Landwirtschaft unterschiedliche Einschränkungen der ordnungsgemäßen Landbewirtschaftung zum Beispiel in Form von Verboten zur Ausbringung von Jauche, Gülle, Klärschlamm und Pflanzenschutzmitteln. Für Nitrat und Pflanzenschutzmittel in Problem- und Sanierungsgebieten gelten zusätzliche Einschränkungen.
Problem- und Sanierungsgebiete und Gebiete, in denen die Anordnung von Schutzbestimmungen entsprechend § 5 Absatz 4 SchALVO in Betracht kommt, finden sich in einer Tabelle der LUBW (LUBW-Wasserschutzgebiete und SchALVO, Link s. unten).
Gefährdete Grundwasserkörper nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL)
Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) ist ein einheitliches Wasserrecht der Europäischen Union. Sie verfolgt einen umfassenden, integrativen Ansatz, der den nachhaltigen Ressourcenschutz und den Erhalt bzw. die Wiederherstellung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer in den Mittelpunkt stellt. Die EG-WRRL wurde durch das Wasserhaushaltsgesetz, die Oberflächengewässerverordnung und die Grundwasserverordnung in deutsches Recht umgesetzt.
Ziel der Wasserrahmenrichtlinie ist es, den guten ökologischen und chemischen Zustand der oberirdischen Gewässer und den guten chemischen und mengenmäßigen Zustand des Grundwassers herzustellen. Für künstliche und erheblich veränderte Gewässer ist die Herstellung des guten ökologischen Potenzials und des guten chemischen Zustands das Ziel.
Im Gebiet der Mittleren Alb liegen das Teilbearbeitungsgebiet (TBG) 63 – Große Lauter und der östliche Teil des TBG 61 Donau/Lauchert. Im Osten der Mittleren Alb ragt der westliche Teil des TBG 65 Donau unterhalb der Iller in die Mittlere Alb hinein.
Im TBG 63 liegt der gefährdete Grundwasserkörper (gGWK) 01.01.63 Oberschwaben-Stehenbachquellen.
Grund für die Ausweisung als gGWK ist die Nitratbelastung aus diffusen Quellen der Landwirtschaft.
Hydrogeologisch bedingte Gefährdungspotenziale für das Grundwasser
Das Grundwasser des Oberjura-Karstaquifers ist aufgrund der geringen Schutzfunktion der Grundwasserüberdeckung sowie der geringen Reinigungswirkung des Aquifers besonders anfällig für Schadstoffeinträge, die mit verschiedenen Nutzungen einhergehen können (Schloz, 1993; HGK, 2002).
Das Schutzpotenzial des Oberjura-Karstgrundwasserleiters ist wegen der vergleichsweise kleinen inneren Oberfläche des Aquifers insgesamt gering. Dies gilt vor allem für die in den Großklüften, Störungen und Karsthohlräumen schnell fließende Karstgrundwasserkomponente.
Besonders bei direktem Eintrag in das schnell fließende System können Schadstoffe in hohen Konzentrationen sehr schnell große Entfernungen zurücklegen und in genutzte Wasserfassungen gelangen. Trotz des großen Grundwasserumsatzes werden Schadstoffe im Karstgrundwasserleiter auch langfristig zwischengespeichert. Beim Transport in Klüften oder Karsthohlräumen diffundiert ein Teil entsprechend dem Konzentrationsgefälle in kleinskalige Klüfte und in das Wasser in Mikroporen der Gesteinsmatrix.
Kluftbestege und feinkörnige Sedimente in Karsthohlräumen (eingeschwemmter Kluft- und Höhlenlehm) können neben dem Epikarst in geringem Umfang als Zwischenspeicher für Schadstoffe dienen. Findet ab einem bestimmten Zeitpunkt kein Schadstoffeintrag mehr statt und nimmt die Schadstoffkonzentration in den Klüften entsprechend ab, so diffundieren die in der Matrixporosität gespeicherten Substanzen allmählich wieder in das Kluftsystem zurück.
Dieser Effekt äußert sich in einer persistenten Schadstoffbelastung im Karstgrundwasser auch noch lange nach der Beendigung des Schadstoffeintrags, wie am Beispiel des Pflanzenbehandlungsmittels Atrazin nachgewiesen wurde (u. a. Bauer et al., 2002; Bauer & Selg, 2006; Selg, 2008; Haakh, 2018).
Neben den im Folgenden ausführlicher beschriebenen Gefährdungspotenzialen gibt es noch weitere Risikofaktoren für das Grundwasser:
- Besiedlung,
- Gewerbe und Industrie,
- Verkehr,
- Altablagerungen und Deponien.
Abwassereinleitungen
Im Karstgebiet der Schwäbischen Alb haben Abwassereinleitungen eine besondere wasserwirtschaftliche Bedeutung. An vielen Stellen wird Abwasser – in der Regel nach weitergehender Behandlung – versickert, da keine oberirdischen Gewässer zur Ableitung vorhanden sind. Stehen oberirdische Gewässer für eine Einleitung zur Verfügung, führen sie teilweise nicht ganzjährig Wasser. Dadurch kommt es zeitweise zu linienhaften Versickerungen. Die oberirdischen Gewässer im Bereich der Europäischen Wasserscheide haben zudem oft eine geringe Niedrigwasserführung, so dass ungünstige Verhältnisse zwischen Wasserabfluss und Abwassereinleitungen auftreten können.
Im Rahmen der Hydrogeologischen Erkundung Mittlere Alb wurden Einleitungsstellen von behandeltem Abwasser kommunaler Herkunft auf Basis der in der WIBAS-Datenbank erfassten Daten dokumentiert (HGE, 2010; Karte 9). Die der Mappe 4 beigefügte CD-ROM enthält auch die Geodaten zu den Abwassereinleitungen.
Bei der Art der Einleitung wird unterschieden zwischen einer gezielten Einleitung ins Grundwasser und einer Einleitung in oberirdische Gewässer. Das tatsächliche Spektrum der Einleitungsarten ist ungleich größer. Die Einleitung ins Grundwasser kann zwischen Versenkungen (Doline, Schluckbrunnen), Schotter-, Sand- und Bodenfiltern variieren.
Festgesteinsabbau
Die Kalksteine der Oberjura-Massenkalk-Formation (joMK) und der Untere-Felsenkalke-Formation (joFU) bilden einerseits den bedeutendsten Grundwasserleiter der Mittleren Alb. Andererseits werden sie als Rohstoffe im Trockenabbau gewonnen und im Verkehrswegebau für Baustoffe sowie als Betonzuschlag verwendet.
Beim Abbau werden die eventuell vorhandenen schützenden Deckschichten entfernt und die Mächtigkeit der ungesättigten Zone insgesamt verringert. Allerdings ist die Schutzfunktion der Grundwasserüberdeckung in den geklüfteten bzw. verkarsteten Oberjura-Kalksteinen generell sehr gering bis gering.
Landwirtschaftliche Nutzung
Die quartären Talniederungen und insbesondere die Hochfläche der Mittleren Alb werden intensiv landwirtschaftlich genutzt. Durch den damit einhergehenden flächenhaften Eintrag von Düngemitteln wies das Grundwasser im Jahr 2020 jedoch allenfalls bereichsweise leicht erhöhte Nitratgehalte auf. Ebenso waren in der Vergangenheit die Pestizidgehalte im Grundwasser erhöht.
Geothermie
Baden-Württemberg setzt im Interesse des Klimaschutzes und vor dem Hintergrund der Energiewende verstärkt auf die Nutzung geothermischer Energie (Erdwärme).
Erdwärmesonden stellen für Privatgebäude, Industriebauten und öffentliche Bauwerke die häufigste Nutzungsform dar. Das Informationssystem Oberflächennahe Geothermie (ISONG) des Regierungspräsidiums Freiburg, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (RPF/LGRB) gibt flächenhaft und standortbezogen Informationen zur Errichtung von Erdwärmesondenanlagen bis maximal 400 m Tiefe (RPF/LGRB–ISONG, Link s. unten).
ISONG: Erdwärmesonden – Wasser- und Heilquellenschutzgebiete
Für den hoch durchlässigen oberjurassischen Karst- und Kluftaquifer der Mittleren Alb ist ein besonderes Augenmerk auf bohr- oder ausbautechnische Schwierigkeiten und/oder Baugrundschäden wegen möglicher Karsthohlräume und/oder größerer Spalten im Untergrund zu richten. So ist es erforderlich, Bohrungen bei deutlichem Spülungsverlust (mehr als 2 l/s) sowie beim Anbohren von Hohlräumen größer 2 m Tiefe abzubrechen. In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass das Bohrloch nicht mehr wirksam abgedichtet oder durch einen unzureichenden Gebirgsanschluss die Effizienz der Erdwärmesonde herabgesetzt werden kann. Liegt die Verkarstung weniger als 50 m unter der Geländeoberfläche, sind bohrbedingte Verbrüche mit Setzungen an der Erdoberfläche nicht auszuschließen.
Außerdem können Spülungsverluste beim Abteufen einer Erdwärmesondenbohrung die Grundwasserbeschaffenheit beeinträchtigen (Trübungen, mikrobiologische Verunreinigungen). Diese Verunreinigungen können im Aquifer sehr schnell über weite Strecken transportiert werden.
Die aufgeführten Risiken und Schwierigkeiten sind bei Einhaltung der Auflagenempfehlungen, Beachtung der „Leitlinien Qualitätssicherung Erdwärmesonden“ des Umweltministeriums Baden-Württemberg (UMBW-LQS EWS, Link s. unten) und bei Ausführung der Bohrarbeiten nach dem Stand der Technik grundsätzlich beherrschbar. Weitere wasserwirtschaftliche Einschränkungen beim Bau von Erdwärmesondenanlagen (RPF-LGRB–ISONG, Link s. unten) können sich bei der Lage des Vorhabens in einem Wasserschutzgebiet ergeben.
Hinweise zum Bau von Erdwärmesonden, zu rechtlichen Grundlagen und Antragsunterlagen sind im „Leitfaden zur Nutzung von Erdwärme mit Erdwärmesonden“ des Umweltministeriums Baden-Württemberg sowie in den „Leitlinien Qualitätssicherung Erdwärmesonden“ des UM Baden-Württemberg (UMBW-LQS EWS, Link s. unten) zu finden.
Erdwärmekollektoren sind eine weitere Nutzungsform der oberflächennahen Geothermie. Auf der Mittleren Alb ist bei ihrem Bau insbesondere zu berücksichtigen, dass der Untergrund im Verbreitungsgebiet der oberjurassischen Karbonate vielfach bis in eine Tiefe von ein bis zwei Meter nicht oder nur sehr schwer grabbar ist. Dies kann zu Einschränkungen beim Bau bzw. der Effizienz der Erdwärmekollektorenanlage führen.
ISONG: Erdwärmekollektoren – Grabbarkeit
Hinweise zum Bau von Erdwärmekollektoren, zu rechtlichen Grundlagen und Antragsunterlagen sind im „Leitfaden zur Nutzung von Erdwärme mit Erdwärmekollektoren“, des Umweltministeriums Baden-Württemberg (UMBW–Leitfaden Erdwärmekollektoren, Link s. unten) zu finden.
Bei Grundwasserwärmepumpen dient das Grundwasser als Wärmeträger. Hinweise zum Bau von Grundwasserwärmepumpen, zu rechtlichen Grundlagen und Antragsunterlagen sowie die zugehörige Arbeitshilfe sind auf der Internetseite des Umweltministeriums Baden-Württemberg zu finden (UMBW–Leitfaden Grundwasserwärmepumpen, UMBW–Grundwasserwärmepumpen-Arbeitshilfe, Link s. unten). Dort wird außerdem ein Berechnungsprogramm für Grundwasserwärmepumpen bereitgestellt.
Der Bau von Grundwasserwärmepumpen ist in der Hydrogeologischen Region Mittlere Alb im Verbreitungsgebiet der Porengrundwasserleiter grundsätzlich möglich. Im Karstgebiet sind Grundwasserwärmepumpen wegen des großen Grundwasserflurabstandes, des fraglichen Grundwasseranschlusses von Bohrungen und möglicher bohrtechnischer Risiken zur Gewinnung oberflächennaher Geothermie problematisch bzw. ungeeignet. Generell sind wasserwirtschaftliche Einschränkungen zu berücksichtigen.
Weiterführende Links zum Thema
- LUBW-Grundwasserdaten
- RPF-Wasserschutzgebiete
- LUBW-Wasserschutzgebiete
- Daten- und Kartendienst der LUBW
- LUBW-Wasserschutzgebiete und SchALVO
- RPF-WRRL
- RPF–TBG 65
- Zweckverband LW-Nitrat
- Zweckverband LW–Positionspapier-Nitrat
- RPF-LGRB–ISONG
- UMBW–LQS EWS
- UMBW–Leitfaden Erdwärmesonden
- UMBW–Leitfaden Erdwärmekollektoren
- UMBW–Leitfaden Grundwasserwärmepumpen
- UMBW-Grundwasserwärmepumpen-Arbeitshilfe
- EG-WRRL
Literatur
- (2006). Altersstruktur und Mittlere Verweilzeit im Grundwasser des Blautopfs und anderer Quellen und Brunnen im Oberjura-Karst Süddeutschlands. – Tübinger Geowissenschaftliche Arbeiten, Reihe C, 98, S. 18–44.
- (2002). Pflanzenschutzmittel im Kluft- und Karstgrundwasserleiter des Oberjuras in Baden-Württemberg. – Abhandlungen LGRB, 15, S. 149–221.
- (1970). Die Albwasserversorgung in der Gegenwart. . Hundert Jahre Albwasserversorgung 1870–1970, S. 49–91, Stuttgart (Kohlhammer).
- (2003a). Mittlere Alb – Mappe 1. Hydrologische Grundkarte. – Hydrogeologische Erkundung Baden-Württemberg, 85 S., 1 Karte, 1 CD-ROM, Ulm (Gewässerdirektion Donau/Bodensee Bereich Ulm).
- (2010). Mittlere Alb – Mappe 4. Markierungsversuche, Abwassereinleitungen. – Hydrogeologische Erkundung Baden-Württemberg, 71 S., 2 Karten, 1 CD-ROM, Tübingen (Regierungspräsidium Tübingen; Regierungspräsidium Freiburg – Abteilung 9 Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau; Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg).
- (2002). Ostalb. – Hydrogeologische Karte Baden-Württemberg, 131 S., 10 Karten, 1 CD-ROM, Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg; Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg).
- (2018). Das Nitratproblem im Wasserschutzgebiet Donauried-Hürbe. – gwf Wasser/Abwasser, 12, S. 69–76, verfügbar unter https://www.lw-online.de/fileadmin/lwonline/redaktion/pdf-dateien/publikationen/fachpublikationen/2018/2018_haakh_gwf_nitratproblem_huerbe.pdf.
- (2021). 150 Jahre Albwasserversorgung. – Schriftenreihe Landeswasserversorgung, 33/2021, S. 20–44, 22 Anl., verfügbar unter https://www.lw-online.de/fileadmin/lwonline/redaktion/pdf-dateien/publikationen/schriftenreihe/Schriftenreihe-2021-Beitrag-2-BF.pdf, abgerufen am 16.01.2023.
- (2021). Masterplan Wasserversorgung Baden-Württemberg – Veranlassung, Vorgehen und Ziele. – Die Wasserwirtschaft, 6, S. 18–20.
- (1993). Zur Karsthydrologie der Ostalb. – Binder, H. (Hrsg.). Karstlandschaft Schwäbische Ostalb (Karst und Höhle, 1993), S. 119–134, München (Verband der deutschen Höhlen- und Karstforscher e. V.).
- (2008). Speichereigenschaften des Oberjura in Süddeutschland am Beispiel des Blautopf-Einzugsgebiets. – Hydrologie und Wasserbewirtschaftung, 52(2), S. 56–65.
- (1991). Hydrogeologische Kriterien für die Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg. – GLA-Informationen, 2, S. 5–21.