Sie befinden sich hier:

Maulbronner Sandstein

Seitlicher Blick auf eine hohe, bräunlich graue Steinbruchwand. Am hinteren Ende der Wand (links im Bild) sowie auf der Kuppe stehen Bäume und Sträucher.
Westwand im Großen Steinbruch in Maulbronn

Zum Maulbronner Sandstein werden hier auch die früher bedeutenden Lagerstätten in den Nachbarorten Knittlingen, Schmie und Freudenstein gezählt. Auf die größte Tradition blicken die Brüche und Werkstätten bei Maulbronn zurück. Heute (Stand 2021) steht noch der sog. Große Bruch (RG 6918-3) in Abbau; die Verarbeitung erfolgt an Ort und Stelle im Werk der Fa. Lauster Steinbau, ehemals Werk der Fa. A. Burrer. Wegen der günstigen Lagerstättenverhältnisse, der langen Tradition des örtlichen Natursteingewerbes und dem wieder anwachsenden Interesse an diesem Sandstein dürfte bei Maulbronn auch auf längere Sicht Naturwerksteingewinnung und ‑verarbeitung umgehen.

  • Teilansicht einer steinernen Hausmauer mit Abschluss rechts. Das Gestein ist rau und streifig, hellbraun bis rötlich braun und weist an der Ecke rechts größere Blöcke auf als links.
  • Nahaufnahme einer rötlich braunen Gesteinsoberfläche mit dunklen pinselartigen Streifen als durchgehendes Muster.
  • Großaufnahme eines Ecksteins, bläulich grau mit feinen rötlichen Streifen. Unten links eine angesetzte Randverzierung.

Geologie

Zweifarbiges Säulenprofil; dargestellt ist die Schichtenfolge im Großen Maulbronner Steinbruch. Farbig abgesetzt ist die Werksteinzone unterhalb von Tonsteinen sowie eine Schicht plattiger Sandsteine darüber.
Schichtenfolge im Großen Maulbronner Bruch

Der Schilfsandstein erreicht in den Maulbronner Brüchen Mächtigkeiten zwischen 15 und 20 m bei söhliger bis leicht nach Südosten gekippter Schichtlagerung. Die Bankmächtigkeiten betragen meist 1,2 bis 2,5 m. Die aktuell (Stand 2021) genutzte Werksteinzone im Großen Steinbruch über dem Niveau der Tiefsohle (zugleich Niveau der Werkhallen) ist rund 10 m mächtig, die an der Basis gelegene Favoritqualität erreicht 5–6 m Mächtigkeit. Im Seeburger Bruch zeigten sich die horizontal gelagerten, gleichmäßig aushaltenden Bänke von geringerer Mächtigkeit, meist um 0,8–1,2 m; im Südteil des Bruches war eine beeindruckende Erosionsrinne aufgeschlossen, die ca. 5 m tief in den gebankten Schilfsandstein wannenartig eingekerbt und mit tonigen Schichten gefüllt war (LGRB-Archiv, Bericht 1988).

Von den Sandsteinen, die während der letzten Jahre im Großen Bruch mit der Schwertsäge abgebaut wurden, waren rund 30–50 % für die weitere Verarbeitung zu Platten und anderen Werkstücken geeignet. Dies ist ein hoher Anteil an verwertbarer Förderung, berücksichtigt man, dass heute erst Blöcke ab ca. 2 m3 Volumen maschinell weiterverarbeitet werden können. Abgesehen von einzelnen Zonen mit stärkerer tektonischer Beanspruchung sind die Klüfte weitständig, so dass seit jeher große bis sehr große Blöcke gewonnen werden können. Die während der Abbauphase im Herbst 2010 gewonnenen Rohblöcke wiesen z. B. Gewichte bis 120 t auf.

Nahaufnahme von braunrotem Gestein, links als Mauerquader, rechts als verzierter Bildstein.
Braunrote Varietät des Schilfsandsteins auf dem Maulbronner Friedhof

Gewinnung

Blick auf ein Klostergebäude aus hellbraunem Mauerwerk mit Eingangshalle und spitzem Eckturm. Im Vordergrund ein Steinbrunnen.
Das vollständig aus Schilfsandstein erbaute Zisterzienserkloster von Maulbronn

Maulbronn ist seit fast 900 Jahren ein bedeutender Ort der Naturwerksteinindustrie. Möglicherweise haben bereits römische Baumeister hier Steine brechen lassen (für Güglingen ist es nachgewiesen), spätestens aber im Jahr 1147 wurden Sandsteine von Mönchen zur Erbauung des Zisterzienserklosters in großem Umfang benötigt. Die Klosterkirche und zugehörige Gebäude – heute Teil des Weltkulturerbes „Maulbronner Kloster“ – wurden aus gelbem, später vornehmlich aus rötlich gelbem Schilfsandstein erbaut. Um 1900 gab es nach R. A. Burrer im Oberamt Maulbronn etwa 10 000 Steinarbeiter und zahlreiche Steinmetzgeschäfte. „In dieser Zeit wurden jährlich weit über 10 000 Tonnen Werkstein aus Schilfsandstein verladen“ (Burrer, 1998, S. 139). Zu den wichtigsten Steinbruchbetreibern und Steinhändlern Maulbronns gehört die Familie Burrer, die im Jahr 1826 in der Nähe von Maulbronn (Gündelbach) den ersten Bruch betrieb. Im Jahr 1894 übernahm der Königliche Hofsteinmetzmeister Albert Burrer sen. den Bruch der Fa. Sorge und Läpple in Maulbronn („2. Klostersteinbruch“, s. u.). Zu den besten Zeiten waren über 100 Arbeiter in den Brüchen und im Werk der Fa. Albert Burrer beschäftigt. Mit dem ersten Weltkrieg brach die Nachfrage nach Schilfsandstein enorm ein, erst nach 1935 wurde er wieder im verstärkten Umfang für Großprojekte im Autobahnbrücken- und ‑tunnelbau nachgefragt (Burrer, 1998). Heute (Stand 2021) betreibt die Fa. Lauster Steinbau im Großen Steinbruch, wo auch das Hauptwerk der Firma sitzt, noch als einzige Firma die Gewinnung von Maulbronner Schilfsandstein.

Blick auf eine alte Steinbruchwand. Das Gestein ist mit Gitternetzen gesichert und von einem gepflasterten Hof umgeben.
Abbauwände im Schilfsandstein von Maulbronn, alter Klostersteinbruch am Schafhof

Gelber Steinbruch, Steinbruch am Tiefen See: Nördlich vom Klosterweiher, dem Tiefen See, liegt ein alter Steinbruch, der vorwiegend gelben Sandstein geliefert hat. Dieser ist dort noch etwa 5 m mächtig aufgeschlossen. Unter der Bruchsohle liegen nach Bohrbefund (Bohrung BO6918/130) weitere 12 m Sandstein, darunter folgt ausgelaugter Gipskeuper. Unmittelbar östlich des Gelben Bruchs wurden unter 4,5 m Auffüllung (Halde?) 19,5 m Sandstein erbohrt. Das alte Bruchgelände wird heute als Gewerbegebiet genutzt.

Daneben gibt es noch eine Reihe nur mehr an einzelnen Wänden erkennbarer Abbaustellen, darunter der Klostersteinbruch am Schafhof oberhalb der Klosteranlage, zugleich der sog. 1. Klostersteinbruch, der gelben Sandstein lieferte, der Steinbruch bei der Schule und der kleine Steinbruch am Klosterberg, aus dem die meisten Steine für die Weinbergsmauern stammen dürften.

Teilansicht  von rötlichem und gelblichem Mauerwerk mit unterschiedlicher Struktur der Oberflächen: Schraffuren nach links und rechts, Kreuzschraffuren, feine Knoten und anderes.
Mauerwerk aus Maulbronner Sandstein an der Domkirche St. Eberhard in Stuttgart
  • Zisterzienserkloster Maulbronn, z. B. die von der Fa. A. Burrer 1913 ausgeführten Renovierungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten am Laienrefektorium, Seminarküche und Speisesaal
  • Staatstheater Stuttgart (Großes Haus)
  • Neues Schloss in Stuttgart
  • Königin-Olga-Bau in Stuttgart (gelber Maulbronner, 1954, zusammen mit Gauinger Travertin)
  • Katholische Domkirche St. Eberhard (Wiederaufbau 1955) in Stuttgart
  • Marienhospital in Stuttgart
  • Kirchen in Mannheim-Waldhof, Schopfheim, Kirnach, Bisingen
  • Justizgebäude in Tübingen (vor 1913)
  • Landgericht Rottweil (vor 1913)
  • Dresdner Bank in Stuttgart und Heilbronn
  • Erbprinzenpalais in Karlsruhe (1817–1822) (heute Hauptgebäude des Bundesgerichtshofs); hier wurden rund 3000 m3 Schilfsandstein aus Maulbronn verbaut (Reyer, 1927, S. 35)
  • Friedrich-Oberrealschule, Goetheschule und Schillerschule in Karlsruhe (zusammen etwa 3100 m3 verbaut)
  • Sportschule in Karlsruhe-Schöneck
  • Fachhochschule Pforzheim
  • Schweizer Bahnhof in Basel
  • Bahnhöfe in Karlsruhe, Amsterdam, Frankfurt a. M. und Mainz
  • Portal des Engelbergtunnels
  • Viadukt über das Enztal bei Bietigheim (zusammen mit Schilfsandstein aus anderen Brüchen des Stromberggebietes)
Teilansicht eines von einem rechteckigen Pfeiler gestützten Gebäudes aus braunrotem Gestein (im Bild rechts), mit Ecksteinen, dünnen Zwischenplatten und Quadern mit unterschiedlicher Oberfläche. Vor dem Gebäude verläuft ein Fußweg mit einer Laterne.
Eingangsbereich des Erzbischöflichen Archivs in Freiburg in der Schoferstraße aus Maulbronner Sandstein

Weiter nennt die Fa. Lauster Steinbau folgende Objekte (Beispiele):

  • Erzbischöfliches Archiv Freiburg i. Br. (2002)
  • Volksbanken in Herrenberg und Maulbronn
  • Sparkasse Friedrichshafen (2500 m2 Fassade)
  • Kreissparkasse Herrenberg (1500 m2 Fassade)
  • Haus der katholischen Kirche in Stuttgart (2009)
  • Württ. Feuerversicherung Stuttgart (3000 m2 Fassade)
  • U1 Abendakademie in Mannheim
  • Renovierungsarbeiten am Marienhospital und der Leonhardskirche in Stuttgart, der Reiterkaserne Ludwigsburg, am Kloster Maulbronn und am Königlichen Palast in Stockholm
  • Vereinfachte Übersichtskarte mit farbig dargestellten Verbreitungsgebieten der „Sandsteinstränge“ des Schilfsandsteins zwischen Kraichgau, Heilbronn und dem Enztal.
  • Vereinfachte Übersichtskarte von Maulbronn und Klosteranlage sowie farbig dargestellten Steinbrüchen im Schilfsandstein.
  • Zweifarbiges Säulenprofil; dargestellt ist die Schichtenfolge im Großen Maulbronner Steinbruch. Farbig abgesetzt ist die Werksteinzone unterhalb von Tonsteinen sowie eine Schicht plattiger Sandsteine darüber.
  • Mehrfarbige Karte mit dem Ablagerungsraum des Schilfsandsteins in Deutschland.
  • Blick auf zwei farbig dargestellte, einfache Ablagerungsmodelle als Schnittzeichnungen von Steinbrüchen bei Eppingen-Mühlbach. Schnitt 1 (oben) geht von Nordwest nach Südost, Schnitt 2 (darunter) von Südwest nach Nordost.
  • Blick auf ein Klostergebäude aus hellbraunem Mauerwerk mit Eingangshalle und spitzem Eckturm. Im Vordergrund ein Steinbrunnen.
  • Seitlicher Blick auf eine hohe, bräunlich graue Steinbruchwand. Am hinteren Ende der Wand (links im Bild) sowie auf der Kuppe stehen Bäume und Sträucher.
  • Nahaufnahme einer rötlich braunen Gesteinsoberfläche mit dunklen pinselartigen Streifen als durchgehendes Muster.
  • Blick auf eine hohe, oben bewachsene Steinbruchwand, teilweise mit senkrecht verlaufenden Spuren von Abbauarbeiten. Im Vordergrund liegen Bruchstücke auf einem Haufen.
  • Blick auf eine rötlich graue Steinbruchwand mit großen Blöcken rechts und zerklüftetem Gestein links im Bild.
  • Teilansicht einer steinernen Hausmauer mit Abschluss rechts. Das Gestein ist rau und streifig, hellbraun bis rötlich braun und weist an der Ecke rechts größere Blöcke auf als links.
  • Großaufnahme eines Ecksteins, bläulich grau mit feinen rötlichen Streifen. Unten links eine angesetzte Randverzierung.
  • Nahaufnahme von braunrotem Gestein, links als Mauerquader, rechts als verzierter Bildstein.
  • Blick in den Kreuzgang einer Kirche mit hellem Putz und dunklen, sich überkreuzenden Stützbögen entlang der Decke.
  • Teilansicht  von rötlichem und gelblichem Mauerwerk mit unterschiedlicher Struktur der Oberflächen: Schraffuren nach links und rechts, Kreuzschraffuren, feine Knoten und anderes.
  • Teilansicht eines von einem rechteckigen Pfeiler gestützten Gebäudes aus braunrotem Gestein (im Bild rechts), mit Ecksteinen, dünnen Zwischenplatten und Quadern mit unterschiedlicher Oberfläche. Vor dem Gebäude verläuft ein Fußweg mit einer Laterne.
  • Blick auf eine alte Steinbruchwand. Das Gestein ist mit Gitternetzen gesichert und von einem gepflasterten Hof umgeben.

Weiterführende Links zum Thema

Literatur

  • Beutler, G. & Nitsch, E. (2005). Paläogeographischer Überblick. – Deutsche Stratigraphische Kommission (Hrsg.). Stratigraphie von Deutschland IV – Keuper, S. 15–30, Frankfurt a. M. (Courier Forschungsinstitut Senckenberg, 253).
  • Bohrmann, R. (1988). Untersuchungen zum Verwitterungsverhalten von Bausteinen am Beispiel des Schilfsandsteins. – Dipl.-Arb. Univ. Heidelberg, 155 S., Heidelberg. [83 Abb., unveröff.]
  • Burrer, R. A. (1998). 1700 Jahre Schilfsandsteinabbau im Maulbronner Gebiet. – Brettener Woche, Ausgabe Nr. 820, S. –. [Artikel vom 13.8.1998]
  • Grassegger, G., Bohrmann, R. & Häberl, K. (1990). Die Schilfsandsteine Baden-Württembergs. Teil I: Technische Eigenschaften (Teile 1 und 2). – Bautenschutz und Bausanierung, 13, S. 53–55 und 68–70. [6 Abb., 2 Tab.]
  • Klein, H. (1988). Petrographisches Gutachten über den Schilfsandstein im Maulbronner Großen Bruch (Burrer). 11 S., Freiburg i. Br. [unveröff.]
  • Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg (2006b). Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2006 – Gewinnung, Verbrauch und Sicherung von mineralischen Rohstoffen. – LGRB-Informationen, 18, S. 1–202, 1 Kt.
  • Lukas, R. (1990b). Geologie und Naturwerksteine Baden-Württembergs. – Grimm, W.-D. (Hrsg.). Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, S. 147–162, 2 Taf., München (Arbeitsheft Bayr. Landesamt Denkmalpflege, 50). [2 Abb.]
  • Müller, B. (2007). Der Schilfsandstein des Mühlbacher Stranges – Fazies, Rohstoffgeologie, 3D-Modell. – Dipl.-Arb. Univ. Tübingen, 104 S., Tübingen. [unveröff.]
  • Müller, F. (1984ff). INSK – Internationale Naturstein-Kartei. 1ff S., Ulm (Ebner). [10 Bände, Loseblattsammlung]
  • Reyer, E. (1927). Die Bausteine Württembergs nach ihrer mineralogischen Zusammensetzung und ihrer Struktur in Bezug zu ihrer bautechnischen Verwendung und wirtschaftlichen Bedeutung. VIII + 138 S., 3 Taf., Halle/Saale (Martin Boerner Verlagsanstalt). [8 Abb.]
  • Wurm, F., Franz, M., Seufert, G. & Etzold, A. (1997). Die Schichtenfolge des Unter- und Mittelkeupers (ku–km3) im Südwesten der Strombergmulde (Baden-Württemberg). – Jahreshefte des Geologischen Landesamts Baden-Württemberg, 36, S. 65–116. [6 Abb., 1 Tab.]
  • Wurster, P. (1964a). Geologie des Schilfsandsteins. – Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, 33, S. 1–140, 4 Taf., 15 Kt. [57 Abb.]
x
Dokument wird erzeugt.
Bitte warten ...