Übersicht
Der Maulbronner Schilfsandstein (Mittelkeuper, Stuttgart-Formation) gehört zu den bekanntesten Naturwerksteinsorten Baden-Württembergs. Regelmäßiger und umfangreicher Abbau wurde bereits im Auftrag der Maulbronner Zisterziensermönche vorgenommen, die im Jahr 1147 ihr Kloster gründeten. Wegen der fast vollständigen Erhaltung der ausgedehnten historischen Anlage mit Wirtschaftsgebäuden, Wehrmauern und ‑türmen, Fischteichen und Weinbergen wurde der Klosterkomplex als am besten erhaltene Anlage dieser Art nördlich der Alpen, vielleicht sogar Europas, im Jahr 1993 in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten aufgenommen (s. weiterführende Links: Stadt Maulbronn). Fast alle Gebäude sind steinsichtig und erlauben daher einen hervorragenden Einblick in die Gesteinsbeschaffenheit des Maulbronner Schilfsandsteins, seine vielseitige Verwendbakeit und seine Gesteinseigenschaften.
Zum Maulbronner Sandstein werden hier auch die früher bedeutenden Lagerstätten in den Nachbarorten Knittlingen, Schmie und Freudenstein gezählt. Auf die größte Tradition blicken die Brüche und Werkstätten bei Maulbronn zurück. Heute (Stand 2021) steht noch der sog. Große Bruch (RG 6918-3) in Abbau; die Verarbeitung erfolgt an Ort und Stelle im Werk der Fa. Lauster Steinbau, ehemals Werk der Fa. A. Burrer. Wegen der günstigen Lagerstättenverhältnisse, der langen Tradition des örtlichen Natursteingewerbes und dem wieder anwachsenden Interesse an diesem Sandstein dürfte bei Maulbronn auch auf längere Sicht Naturwerksteingewinnung und ‑verarbeitung umgehen.
Der Maulbronner Schilfsandstein tritt in zwei Varietäten auf: Einerseits kamen aus den am Ostrand der Stadt gelegenen Brüchen (s. Karte der Stadt Maulbronn), nämlich vor allem aus den Brüchen am Schafhof und aus dem „Gelben Bruch“ nördlich vom Tiefen See, die homogenen, gelblich braunen und rötlich braunen, oft durch Limonit dunkelbraun gemaserten Feinsandsteine, die besonders durch das Maulbronner Kloster selbst und dann durch die Produkte der Fa. Albert Burrer bekannt geworden sind, welche diesen Stein als „goldgelb geaderten Kosak-Sandstein“ vertrieb. Andererseits tritt bei Maulbronn die von derselben Firma als „Maulbronner Favorit“ bezeichnete, geflammte, braunrot/gelbliche Varietät auf, die besonders in den letzten Jahrzehnten wegen ihrer ungewöhnlichen Struktur Ansehen erlangte. Sie steht heute (Stand 2021) noch in Abbau, während es am gelben Schilfsandstein aus Maulbronn mangelt. Der Schmieer Schilfsandstein, an dessen Abbau, Verarbeitungsgeschichte und Verwendung die Steinhauer Stube im Heimatmuseum in Schmie erinnert, zeigt eher gelblich graue bis grünlich gelbe Färbungen.
Die Maulbronner Brüche liegen alle an den durch die Salzach und ihre Zuflüsse erzeugten Erosionskanten an einem West–Ost gerichteten Einschnitt in die Maulbronner Platte, einer vor allem durch die Mittelkeuper-Sandsteine erzeugten, leicht welligen Hochfläche. Die Rinnen, in denen es zur Ablagerung der Sande aus dem nördlichen Europa kam (s. Grafiken Galerie), verliefen hier in N–S- bis SW–NO-Richtungen, weshalb sich vor allem im Norden von Maulbronn, Richtung Freudenstein und Mühlbach, weitere alte Abbauzentren finden.
Geologie
Der Schilfsandstein erreicht in den Maulbronner Brüchen Mächtigkeiten zwischen 15 und 20 m bei söhliger bis leicht nach Südosten gekippter Schichtlagerung. Die Bankmächtigkeiten betragen meist 1,2 bis 2,5 m. Die aktuell (Stand 2021) genutzte Werksteinzone im Großen Steinbruch über dem Niveau der Tiefsohle (zugleich Niveau der Werkhallen) ist rund 10 m mächtig, die an der Basis gelegene Favoritqualität erreicht 5–6 m Mächtigkeit. Im Seeburger Bruch zeigten sich die horizontal gelagerten, gleichmäßig aushaltenden Bänke von geringerer Mächtigkeit, meist um 0,8–1,2 m; im Südteil des Bruches war eine beeindruckende Erosionsrinne aufgeschlossen, die ca. 5 m tief in den gebankten Schilfsandstein wannenartig eingekerbt und mit tonigen Schichten gefüllt war (LGRB-Archiv, Bericht 1988).
Von den Sandsteinen, die während der letzten Jahre im Großen Bruch mit der Schwertsäge abgebaut wurden, waren rund 30–50 % für die weitere Verarbeitung zu Platten und anderen Werkstücken geeignet. Dies ist ein hoher Anteil an verwertbarer Förderung, berücksichtigt man, dass heute erst Blöcke ab ca. 2 m3 Volumen maschinell weiterverarbeitet werden können. Abgesehen von einzelnen Zonen mit stärkerer tektonischer Beanspruchung sind die Klüfte weitständig, so dass seit jeher große bis sehr große Blöcke gewonnen werden können. Die während der Abbauphase im Herbst 2010 gewonnenen Rohblöcke wiesen z. B. Gewichte bis 120 t auf.
Gesteinsbeschreibung
Der Maulbronner Schilfsandstein tritt überwiegend in gelblich braunen und roten bzw. rot geflammten Varietäten auf, untergeordnet in graugelblichen und grünlichen. Die rot geflammte Varietät wird im Großen Maulbronner Bruch noch abgebaut (Stand 2021). Der Schilfsandstein aus Knittlingen war gelblich, der aus Schmie braunrot und grünlich grau, der aus Freudenstein meist gelblich mit dunkelbrauner Maserung. Der Maulbronner Sandstein ist einheitlich feinkörnig; die durchschnittliche Korngröße ist 0,12 bis 0,18 mm (Lukas, 1990b; Grassegger et al., 1990). Klein (1988) untersuchte die unterschiedlichen Werksteinniveaus im Großen Bruch (s. Schichtenfolge im Großen Maulbronner Bruch) und stellte hier einen Schwankungsbereich von 0,05 bis 0,22 mm fest; die meisten Körner sind 0,08–0,16 mm groß. Je nach Schnittlage ist die „Flammung“ des Favorits rotbraun bzw. violettbraun. Als wichtigste Texturen sind zu nennen: Fein parallel geschichtet, z. T. schräg geschichtet, oft mit Strömungsrippeln (Rippelschichtung), aufgrund ihrer Form auch als Zungenrippeln bezeichnet. Durch Anschnitt dieser Rippeln entsteht bei Schnittflächen parallel zur Schichtung das bekannte „geflammte“ Bild, wenn die Rippeln selbst eine tief rotbraune Färbung im sonst gelblichen oder hellroten Stein aufweisen.
Mineralische Zusammen-setzung 1) |
Quarz |
Eisenoxide/ -hydroxide |
Glau-konit
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Karbonat-minerale
|
Akzessorien (Schwer-minerale usw.) |
Poren-raum |
Gesteins-bruch-stücke |
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Klein (1988) |
19,2–21,9 % |
42,6–56,5 % |
5,5–7,0 % |
12,9–27,2 % |
1,5–2,1 % |
0–2,3 % |
1,3–2,1 % |
- |
- |
Angaben der Fa. Burrer (1988) |
27,5 % |
48 % |
4,3 % (Hellglimmer) |
18,5 % |
- |
- |
0,2 % |
1,5 % |
- |
Lukas (1990b) |
25 % |
26 % |
2 % (Muskovit) |
- |
- |
- |
1 % |
- |
49 % |
1) rot geflammter Maulbronner Schilfsandstein des Großen Bruchs (Typus Favorit)
Die Unterschiede in den o. g. Angaben gehen nicht nur auf die Untersuchung von Proben aus verschiedenen Bänken, sondern auch auf die Verwendung unterschiedlicher Präparate (Schliffdicke, Einfärbung des Porenraums) und Mikroskope (Auflösung) zurück. Während bei Klein (1988) und die Untersuchungen der Fa. Burrer jedes auftretende Korn ohne Berücksichtigung der Bindungsform gezählt wurde, sind bei Lukas (1990b) Einzelkörner und Kornaggregate aus den Ausgangsgesteinen („Gesteinsbruchstücke“) unterschieden worden; letztere sind aber auch aus Quarz und Feldspatkörnern zusammengesetzt. Im Allgemeinen handelt es sich also um einen feinkörnigen Arkosesandstein, dessen gute Kornbindung auf tonig-ferritische Säume, tonig-ferritische und limonitische Zwickelfüllungen, z. T. auch auf Zemente und Anwachssäume aus Quarz und Karbonat zurückgeht. Die Bindungsform kann lagenweise wechseln.
Chemische Zusammensetzung |
SiO2 |
Al2O3 |
Fe2O3 |
MgO |
CaO |
Na2O |
K2O |
TiO2 |
Großer Bruch RG 6918‑3, Typ Favorit |
76,7 % |
5,5 % |
3,7 % |
1,3 % |
1,5 % |
1,8 % |
5,4 % |
0,5 % |
Technische Eigenschaften
Für den Schilfsandstein aus den Lagerstätten von Maulbronn, Freudenstein und Schmie ist die Jahrhunderte überdauernde Beständigkeit als Mauer- oder Bildhauerstein durch die zahlreichen historischen Bauten dieses Gebiets belegt; in der ausgedehnten Klosteranlage wird aber auch deutlich, dass der Maulbronner Schilfsandstein – wie alle andern überwiegend tonig gebundenen Sandsteine – bei häufiger Durchfeuchtung zum Absanden und Abplatzen sowie zur Alveolarverwitterung neigt. Es wird anhand der u. g. Werte deutlich, dass der „Maulbronner“ aufgrund seiner guten Kornsortierung und Mineralbindung für einen tonig gebundenen Feinsandstein relativ hohe Druckfestigkeitswerte aufweist. Die hohe Wasseraufnahmefähigkeit kann dort zu Schäden führen, wo Dauerfeuchtigkeit, Salzbelastung oder ungünstiger Einbau (z. B. auf Spalt gestellte Sockelquader) zu verzeichnen sind.
Physikalisch-technische Prüfwerte für den Maulbronner Sandstein (Steinbrüche RG 6918‑2, ‑3, ‑4 und ‑5) |
Firmenangaben |
Lukas (1990b) |
Grassegger et al. (1990) |
Internationaler Naturstein-Kartei (INSK, Müller 1984ff) |
Bohrmann (1988) (B) |
Sonstige
|
2,21 g/cm3 |
2,08 g/cm3 |
2,19 g/cm3 |
„gelb geaderter Maulbronner“ 2,12 g/cm3 |
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- |
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- |
2,68 g/cm3 |
2,61 g/cm3 |
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22,20 Vol.‑% |
15,3 Vol.‑% |
- |
- |
- |
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Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
6,1–7,1 M.‑% |
7,26 M.‑% |
- |
- |
13,5–14,0 M.‑% |
- |
Wasseraufnahme unter Vakuum |
- |
10,66 M.‑% |
- |
„gelb geaderter Maulbronner“ 16,9 M.‑% |
17,9–18,6 M.‑% |
- |
Sättigungsgrad/s‑Wert |
- |
0,68 |
- |
- |
0,75 |
- |
- |
- |
74–82 MPa |
739 kp/cm2 = 72,5 MPa |
73–83 MPa |
68 MPa (Fa. Seeburger, 1955), 63,7–70,5 MPa (Fa. Burrer, 1968) |
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6,2–10,3 MPa |
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- |
63 kp/cm2 = 6,2 MPa |
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Beständigkeit |
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Gegen Frost und Aggressorien beständig |
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Gewinnung
Maulbronn ist seit fast 900 Jahren ein bedeutender Ort der Naturwerksteinindustrie. Möglicherweise haben bereits römische Baumeister hier Steine brechen lassen (für Güglingen ist es nachgewiesen), spätestens aber im Jahr 1147 wurden Sandsteine von Mönchen zur Erbauung des Zisterzienserklosters in großem Umfang benötigt. Die Klosterkirche und zugehörige Gebäude – heute Teil des Weltkulturerbes „Maulbronner Kloster“ – wurden aus gelbem, später vornehmlich aus rötlich gelbem Schilfsandstein erbaut. Um 1900 gab es nach R. A. Burrer im Oberamt Maulbronn etwa 10 000 Steinarbeiter und zahlreiche Steinmetzgeschäfte. „In dieser Zeit wurden jährlich weit über 10 000 Tonnen Werkstein aus Schilfsandstein verladen“ (Burrer, 1998, S. 139). Zu den wichtigsten Steinbruchbetreibern und Steinhändlern Maulbronns gehört die Familie Burrer, die im Jahr 1826 in der Nähe von Maulbronn (Gündelbach) den ersten Bruch betrieb. Im Jahr 1894 übernahm der Königliche Hofsteinmetzmeister Albert Burrer sen. den Bruch der Fa. Sorge und Läpple in Maulbronn („2. Klostersteinbruch“, s. u.). Zu den besten Zeiten waren über 100 Arbeiter in den Brüchen und im Werk der Fa. Albert Burrer beschäftigt. Mit dem ersten Weltkrieg brach die Nachfrage nach Schilfsandstein enorm ein, erst nach 1935 wurde er wieder im verstärkten Umfang für Großprojekte im Autobahnbrücken- und ‑tunnelbau nachgefragt (Burrer, 1998). Heute (Stand 2021) betreibt die Fa. Lauster Steinbau im Großen Steinbruch, wo auch das Hauptwerk der Firma sitzt, noch als einzige Firma die Gewinnung von Maulbronner Schilfsandstein.
In und um Maulbronn sind bei den umfangreichen Gewinnungsarbeiten vergangener Jahrhunderte zahlreiche Brüche entstanden (s. Karte der Stadt Maulbronn). Erhalten sind noch folgende Brüche (mit Angabe der angetroffenen Werksteinmächtigkeiten):
Seeburger-Bruch (RG 6918‑2): Dieser südlich der Stuttgarter Straße im Gewann Killesrain gelegene Bruch wurde von der Fa. Natursteinwerk Ludwig Seeburger, Stuttgarter Str. 92, bis 1992 betrieben, danach von der Fa. Lauster, die den gegenüberliegenden „Großen Bruch“ betreibt, übernommen, dann aber nur zeitweise genutzt. Er wurde 2008 von der Stadt Maulbronn übernommen (Bauhof). Über der bei 267 m ü. NHN gelegenen Sohle war zur Betriebszeit ein 10–11 m mächtiges Schilfsandsteinpaket mit 0,2–0,8 m dicken Bänken aufgeschlossen, darüber folgten 7–9 m Abraumschichten aus Bunten Mergeln des Mittleren Keupers und quartärzeitlicher Lösslehm. Unterhalb der alten Bruchsohle steht der Schilfsandstein noch in einer Mächtigkeit von 4–5 m an. Mittlerweile ist nur noch eine 3 m mächtige Abfolge zu sehen. Eine im Steinbruch durchgeführte Bohrung (BO6918/1265) erbrachte unter 0,5 m Boden, Lösslehm und Lockergestein sowie 1,5 m Hangschutt: 1,5 m plattiger Feinsandstein, 3 m Schluff- und Tonstein sowie > 6,5 m mittel- bis dickbankiger Feinsandstein in den Farbtönen braungelb, rotbraun und rotviolett. Die Kluftabstände liegen meist zwischen 2 und 3 m. Erzeugt wurden Werksteine und Platten, untergeordnet Rohblöcke für Bildhauerarbeiten und zur Gebäuderestaurierung. Im Jahr 1987 lag die Rohfördermenge noch bei 1200 m3, wovon rund 80 % verkauft werden konnten.
Steinbruch Burrer (RG 6918‑4): Der unmittelbar westlich an den Seeburger-Bruch anschließende, größere Steinbruch im Gewann Killesrain, Stuttgarter Str. 88, wurde bis 1939 von der Fa. Burrer betrieben. Er wird auch als 2. Klostersteinbruch bezeichnet. Über der bei 263 m ü. NHN gelegenen Sohle ist ein 8 m mächtiges Paket aus überwiegend gelbem Schilfsandstein mit 0,5–2,5 m dicken Bänken aufgeschlossen, darüber folgen 5–6 m Abraumschichten aus aufgewittertem Schilfsandstein, Bunten Mergeln des Mittleren Keupers und quartärzeitlicher Lösslehm. Die Schichten fallen mit 3–4° nach Südosten ein.
Großer Bruch (RG 6918‑3): Der seit 1991 von der Fa. Lauster Steinbau betriebene Steinbruch im Gewann Judenfeld nördlich der Stuttgarter Straße in Maulbronn hatte seine Blütezeit nach 1850. Im Jahr 1894 kaufte Albert Burrer den Bruch (wie auch den Seidebruch) von der Fa. Sorge & Läpple. Möglicherweise wurde dieser Bruch schon im Mittelalter begonnen. Der alte Steinbruch wurde bis 1991 von der Fa. Burrer betrieben. In den 1980er Jahren wurde das hier gewonnene Gestein zu etwa 30 % zu Wand- und Bodenplatten verarbeitet, 20 % dienten als Ornamentsteine (besonders für Grabsteine), 40 % gingen als Mauersteine in den Haus- und Gartenbau, nur etwa 10 % waren nicht verwendbar. Heute (Stand 2021) baut die Fa. Lauster im Schnitt mehrere Hundert Kubikmeter pro Jahr Schilfsandstein ab, wovon generell 65–70 % verwendet werden könnten; genutzt werden aber wegen der technischen Anforderungen an die Blockgröße nur etwa 30 %. Nach dem Sägeprozess verbleibt etwa ein Drittel zur Endbearbeitung. An der 10–12 m hohen Wand des Steinbruchs lassen sich 11–12 Hauptbänke unterscheiden, wobei die über der unteren Sohle gelegenen 4–6 m zur besten Qualität („Favorit“) zählen (s. Schichtenfolge). Darüber befinden sich weitere, früher als P-, B- und M-Bänke bezeichnete Einheiten, die vornehmlich für Platten, Bausteine und Mauersteine Verwendung fanden. Die obersten 2 m können nur als Mauersteine eingesetzt werden. Über dem genutzten Abschnitt folgen noch 8 m mächtige Tonsteine mit Einschaltung einer 2 m mächtigen Sandsteinbank, die von 2–5 m Löss überdeckt werden. Der Abbau des Sandsteins erfolgte früher mit engständigem Bohren und Keilen, heute durch Schrämen mit der Schwertsäge, Lösen mit Druckkissen und Radlader. Die enorme, bis über 100 t reichende Blockgröße erfordert besonders leistungsfähige Lader und großdimensionierte Kreis- und Gattersägen, die im angeschlossenen Betrieb vorhanden sind.
Seidebruch (RG 6918‑5): Nördlich vom Großen Bruch liegt ein Bruch unterhalb des Seidehofs, der ebenfalls vornehmlich roten Sandstein lieferte. Er wurde von der Fa. Burrer 1894 übernommen und 1950 stillgelegt, bis in die 1990er Jahre wurde hier teilweise Abraummaterial aus dem Großen Bruch abgelagert. Durch die geplante Erweiterung des Großen Bruchs in nördliche Richtung werden beide Brüche vermutlich in einigen Jahrzehnten „zusammenwachsen“.
Gelber Steinbruch, Steinbruch am Tiefen See: Nördlich vom Klosterweiher, dem Tiefen See, liegt ein alter Steinbruch, der vorwiegend gelben Sandstein geliefert hat. Dieser ist dort noch etwa 5 m mächtig aufgeschlossen. Unter der Bruchsohle liegen nach Bohrbefund (Bohrung BO6918/130) weitere 12 m Sandstein, darunter folgt ausgelaugter Gipskeuper. Unmittelbar östlich des Gelben Bruchs wurden unter 4,5 m Auffüllung (Halde?) 19,5 m Sandstein erbohrt. Das alte Bruchgelände wird heute als Gewerbegebiet genutzt.
Daneben gibt es noch eine Reihe nur mehr an einzelnen Wänden erkennbarer Abbaustellen, darunter der Klostersteinbruch am Schafhof oberhalb der Klosteranlage, zugleich der sog. 1. Klostersteinbruch, der gelben Sandstein lieferte, der Steinbruch bei der Schule und der kleine Steinbruch am Klosterberg, aus dem die meisten Steine für die Weinbergsmauern stammen dürften.
Verwendung
Der Maulbronner Schilfsandstein wird seit fast 900 Jahren als gut zu bearbeitender und witterungsbeständiger Werkstein eingesetzt. Die umfangreichen Teich-, Weinberg- und Klosteranlagen der Zisterziensermönche wären ohne diesen haltbaren Baustein nicht zu realisieren gewesen. Seine hervorragenden Eigenschaften als tragfähiger und zugleich bildhauerisch hervorragend zu bearbeitender Sandstein sind im Kloster zu bewundern. Zahlreiche Bauten aus dem 19. und frühen 20. Jh. sind aus wechselnd gelblichen und braunroten Feinsandsteinen errichtet. Nach Angaben von Reyer (1927) wurden alleine in Holland etwa 50 Repräsentativbauten aus Maulbronner Schilfsandstein errichtet. Seit vielen Jahren erfreut sich der rot geflammte Maulbronner Schilfsandstein wegen seiner ungewöhnlichen Strukturen und Farbvariationen nicht nur in Deutschland, sondern auch im europäischen Ausland für die Gestaltung von Neubauten großer Beliebtheit. Aktuell nachgefragt ist er z. B. für moderne Bauten in Moskau ebenso wie für anspruchsvolle moderne Gartenarchitektur in Skandinavien (Mitt. Fa. Lauster Steinbau). Als Beispiele von seit dem 19. Jahrhundert errichteten Bauwerken, an denen roter oder gelber Maulbronner Sandstein verwendet wurde, können angeführt werden:
- Zisterzienserkloster Maulbronn, z. B. die von der Fa. A. Burrer 1913 ausgeführten Renovierungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten am Laienrefektorium, Seminarküche und Speisesaal
- Staatstheater Stuttgart (Großes Haus)
- Neues Schloss in Stuttgart
- Königin-Olga-Bau in Stuttgart (gelber Maulbronner, 1954, zusammen mit Gauinger Travertin)
- Katholische Domkirche St. Eberhard (Wiederaufbau 1955) in Stuttgart
- Marienhospital in Stuttgart
- Kirchen in Mannheim-Waldhof, Schopfheim, Kirnach, Bisingen
- Justizgebäude in Tübingen (vor 1913)
- Landgericht Rottweil (vor 1913)
- Dresdner Bank in Stuttgart und Heilbronn
- Erbprinzenpalais in Karlsruhe (1817–1822) (heute Hauptgebäude des Bundesgerichtshofs); hier wurden rund 3000 m3 Schilfsandstein aus Maulbronn verbaut (Reyer, 1927, S. 35)
- Friedrich-Oberrealschule, Goetheschule und Schillerschule in Karlsruhe (zusammen etwa 3100 m3 verbaut)
- Sportschule in Karlsruhe-Schöneck
- Fachhochschule Pforzheim
- Schweizer Bahnhof in Basel
- Bahnhöfe in Karlsruhe, Amsterdam, Frankfurt a. M. und Mainz
- Portal des Engelbergtunnels
- Viadukt über das Enztal bei Bietigheim (zusammen mit Schilfsandstein aus anderen Brüchen des Stromberggebietes)
Weiter nennt die Fa. Lauster Steinbau folgende Objekte (Beispiele):
- Erzbischöfliches Archiv Freiburg i. Br. (2002)
- Volksbanken in Herrenberg und Maulbronn
- Sparkasse Friedrichshafen (2500 m2 Fassade)
- Kreissparkasse Herrenberg (1500 m2 Fassade)
- Haus der katholischen Kirche in Stuttgart (2009)
- Württ. Feuerversicherung Stuttgart (3000 m2 Fassade)
- U1 Abendakademie in Mannheim
- Renovierungsarbeiten am Marienhospital und der Leonhardskirche in Stuttgart, der Reiterkaserne Ludwigsburg, am Kloster Maulbronn und am Königlichen Palast in Stockholm
Potenzial
Im Gebiet der nordöstlich des Ortes gelegenen Maulbronner Platte dürfte sich eines der größten Vorkommen von Schilfsandstein in Flut- oder Rinnenfazies Baden-Württembergs erstrecken (s. Verbreitungskarte). Nach Wurster (1964a) vereint sich hier ein von Güglingen–Pfaffenhofen herüberstreichender Strang mit dem von Mühlbach–Sternenfels–Freudenstein. Die Maulbronner Steinbrüche liegen an der westlichen Erosionskante dieser Platte. Östlich von Maulbronn wird der Schilfsandstein von tonigen Gesteinen der unteren und oberen Bunten Mergel überdeckt, die, z. B. bei Zaisersweiher, lange als Ziegeleirohstoffe verwendet wurden (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, 2006b). Im Gebiet des Hambergs zwischen Maulbronn und Zaisersweiher wurden im Rahmen verschiedener Programme, wie der Vorerkundung für die DB-Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart, zahlreiche Kernbohrungen abgeteuft, welche die Stuttgart-Formation vollständig durchteuften. Die Bohrungen wiesen nach, dass die Sedimente dieser Formation bis etwa 1,2 km östlich der Maulbronner Sandsteinbrüche in werksteinhöffiger Flutfazies vorliegen, nach Osten gehen sie in die tonigere, plattige Normalfazies über (Wurm et al., 1997).
In den Bohrungen wurden schichtlos-massige Sandsteine mit Bankmächtigkeiten bis 1 m angetroffen, untergeordnet vertreten sind dünnbankige–plattige Sandsteine (um 10 cm). Neben den massigen, hellbeigen, olivbraunen bis rötlich braunen Sandsteinen treten schräg- bis kreuzgeschichtete Sandsteine sowie Horizonte mit Pflanzenhäckseln und intraformationalen Aufarbeitungsbrekzien auf. Das geschlossene Sandsteinpaket erreicht dort ca. 15 m Mächtigkeit (Wurm et al., 1997). Es ist also zu erwarten, dass von den bestehenden Steinbrüchen bei Maulbronn in nördliche wie in östliche Richtungen noch große Vorräte an mächtigen Feinsandsteinen vorliegen, jedoch ist in diese Richtungen auch mit einer Zunahme der Abraummächtigkeiten auf 30–40 m zu rechnen. Ausgehend von den Eintalungen können mittels Kernbohrungen die rohstoffwirtschaftlich günstigsten Bereiche erkundet werden. Aufgrund der Richtung, aus der die Sandsteinrinnen auf Maulbronn zulaufen, ist eine Erkundung besonders in nördliche bis nordöstliche Richtung vom Steinbruch am Tiefen See (heute Gewerbegebiet) sinnvoll. Ein weiteres interessantes Erweiterungspotenzial könnte sich südlich des Seeburger und Burrer Bruchs in Richtung Höhenackersee ergeben (vgl. Karte Maulbronn); Bohrungen liegen für dieses Gebiet aber noch keine vor.
Kurzfassung
Der Maulbronner Sandstein zählt vor allem wegen seiner umfangreichen Verwendung für das Maulbronner Kloster, heute UNESCO-Weltkulturerbe, zu den bekanntesten Varietäten des Baden-Württembergischen Schilfsandsteins. Er tritt in zwei Farb- und Texturvarianten auf, nämlich einem bräunlich gelben und einem „rot geflammten“. In den Nachbarorten Knittlingen, Schmie und Freudenstein wurde ein überwiegend gelblicher bis grünlich grauer Schilfsandstein abgebaut. Der rot geflammte wird heute (Stand 2021) noch im Großen Maulbronner Steinbruch durch die Fa. Lauster Steinbau gewonnen. Der Schilfsandstein erreicht in den Maulbronner Brüchen Mächtigkeiten bis 20 m, die aktuell genutzte Werksteinzone im Großen Steinbruch ist rund 10 m mächtig, die an der Basis der Werksteinzone gelegene rote „Favoritqualität“ 5–6 m. Das Potenzial für eine langfristige Werksteingewinnung ist sowohl in nördliche als auch in südliche Richtungen innerhalb des „Maulbronner Stranges“ besonders günstig. Als gute Beispiele für die Verwendung des Maulbronner Sandsteins sind außer dem Zisterzienserkloster und vielen anderen historischen Bauten in Maulbronn und den Nachbarorten das Staatstheater (Großes Haus), das Neue Schloss, der Königin-Olga-Bau und die Katholische Domkirche St. Eberhard in Stuttgart sowie das Erbprinzenpalais in Karlsruhe (heute Bundesgerichtshof) zu nennen. An großen modernen Bauten sind das Erzbischöfliche Archiv in Freiburg i. Br., die Sparkasse in Friedrichshafen und das Haus der katholischen Kirche in Stuttgart zu nennen.
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (2005). Paläogeographischer Überblick. . Stratigraphie von Deutschland IV – Keuper, S. 15–30, Frankfurt a. M. (Courier Forschungsinstitut Senckenberg, 253).
- (1988). Untersuchungen zum Verwitterungsverhalten von Bausteinen am Beispiel des Schilfsandsteins. – Dipl.-Arb. Univ. Heidelberg, 155 S., Heidelberg. [83 Abb., unveröff.]
- (1998). 1700 Jahre Schilfsandsteinabbau im Maulbronner Gebiet. – Brettener Woche, Ausgabe Nr. 820, S. –. [Artikel vom 13.8.1998]
- (1990). Die Schilfsandsteine Baden-Württembergs. Teil I: Technische Eigenschaften (Teile 1 und 2). – Bautenschutz und Bausanierung, 13, S. 53–55 und 68–70. [6 Abb., 2 Tab.]
- (1988). Petrographisches Gutachten über den Schilfsandstein im Maulbronner Großen Bruch (Burrer). 11 S., Freiburg i. Br. [unveröff.]
- (2006b). Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2006 – Gewinnung, Verbrauch und Sicherung von mineralischen Rohstoffen. – LGRB-Informationen, 18, S. 1–202, 1 Kt.
- (1990b). Geologie und Naturwerksteine Baden-Württembergs. – Grimm, W.-D. (Hrsg.). Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, S. 147–162, 2 Taf., München (Arbeitsheft Bayr. Landesamt Denkmalpflege, 50). [2 Abb.]
- (2007). Der Schilfsandstein des Mühlbacher Stranges – Fazies, Rohstoffgeologie, 3D-Modell. – Dipl.-Arb. Univ. Tübingen, 104 S., Tübingen. [unveröff.]
- (1984ff). INSK – Internationale Naturstein-Kartei. 1ff S., Ulm (Ebner). [10 Bände, Loseblattsammlung]
- (1927). Die Bausteine Württembergs nach ihrer mineralogischen Zusammensetzung und ihrer Struktur in Bezug zu ihrer bautechnischen Verwendung und wirtschaftlichen Bedeutung. VIII + 138 S., 3 Taf., Halle/Saale (Martin Boerner Verlagsanstalt). [8 Abb.]
- (1997). Die Schichtenfolge des Unter- und Mittelkeupers (ku–km3) im Südwesten der Strombergmulde (Baden-Württemberg). – Jahreshefte des Geologischen Landesamts Baden-Württemberg, 36, S. 65–116. [6 Abb., 1 Tab.]
- (1964a). Geologie des Schilfsandsteins. – Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, 33, S. 1–140, 4 Taf., 15 Kt. [57 Abb.]