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Böttinger Marmor

Im Bild ist eine Grafik, die Lage und Vorkommen von Tuffschloten und Sinterkalken im Raum Böttingen zeigt.
Vereinfachte geologische Karte für das Gebiet um Münsingen-Böttingen

Der Böttinger Tuffschlot ist Teil des Uracher Vulkangebiets, das sich noch heute durch deutlich erhöhten Wärmefluss auszeichnet (Haenel, 1982). Auch aus anderen Gebieten dieses Uracher oder Urach-Kirchheimer-Vulkangebiets, das auch als „Schwäbischer Vulkan“ bezeichnet wird, wird über Sinterkalke berich­tet, die auf Thermalwässer zurückgehen, welche mit dem jungen Vulkanismus in Verbindung stehen. Der bei Laichingen nahe Blaubeu­ren auftretende ver­schie­­denfarbige, oft pisolithi­sche Sinterkalk („Erbsenstein“) bildet im Bereich des Laichinger Tuff­schlotes „Sinterkuppeln und Sinterterrassen, die sich auf den Schlottuff legten und diesen mit Kalk versinterten“ (Gwinner, 1989, S. 17). Es treten dort auch horizontal gelagerte Sinterkalkbänke auf, die an Weißjura-Kalksteine grenzen. Wirtschaftli­che Bedeutung haben aber nur die Thermalsinter bzw. Travertine von Böttingen erreicht.

Vor einem dunklen Wolkenhimmel steigt eine weiße Gischtfontäne auf. Im Vordergrund sind flaches Gestein und kleinere Wasserstellen zu sehen.
Geysir Strokkur in Südisland

Er erkannte in der (seit 2006 durch einen Hangrutsch verschütteten) Nordwestecke des Steinbruchs, dass sich verlehmter Tuff und horizontal gelagerter Wilder Marmor verzahnen bzw. übereinander geschichtet auftreten können. Beim Böttinger Tuffschlot handelt es sich um ein Zeugnis eines heftigen explosiven Vulkanismus, der im weiten Umfeld von Urach zur Bildung zahlreicher Sprengkrater (Maare) führte. Die herausgeschleuderten basaltischen Tuffe sind zusammen mit großen Mengen an Nebengesteinsbruchstücken wieder in den Krater zurück gestürzt, es handelt sich also um eine vulkanische Schlotfüllung. Nur wenige Hundert Meter weiter südöstlich der Steinbrüche befindet sich eine kleinere, in NNO–SSW-Richtung gestreckte Intrusionsspalte. Nebengesteine beider Tuffvorkommen sind Massenkalke des höheren Oberjuras. Der Böttinger Thermalsinter verdankt seine Entstehung kalkhaltigen, warmen Quellen, die vor etwa 14 Mio. Jahren (Jungtertiär: Untermiozän) im Gefolge vulkanischer Aktivität zu Tage traten (Berckhemer, 1923a; Aigner, 1975a; Rosendahl et al., 2003).

Nahaufnahme einer abgestuften, mit Nischen und Stufen versehenen Gesteinsschicht. Im Vordergrund verläuft ein bogenförmiger, violetter, streifiger Aufsatz.
Am Rand des Neuen Steinbruchs von Böttingen stehen noch dicke Platten von Bändermarmor an

Ein häufig diskutiertes Phänomen ist, dass der steil stehende Bändermarmor nicht in den horizontal gelagerten bis 45° einfallenden Mantelmarmor oder Wilden Marmor übergeht, sondern dass zwischen beiden scharfe Diskordanzen bestehen. Am Nordwest-Ende des Steinbruchs ist zu erkennen, dass zwei fast senkrechte Spalten den hier 35–45° nach Südwest und West einfallenden Mantelmarmor durchschlagen und dass der Mantelmarmor mit zunehmender Entfernung von der Hauptspalte mürber und toniger wird, weshalb auch der Abbau von Terrazzomaterial im Wilden Marmor auf einen schmalen Bereich begrenzt wurde.

Aufgeschnittenes Gestein mit dunkelroten, glatten Bereichen sowie porösen, teils orangefarbenen Strukturen.
Böttinger Wallmarmor mit charakteristischer Färbung und typisch wechselnder Porosität

Der Wilde Marmor besteht aus einer Wechsellagerung von roten und weißen, 1–10 cm breiten Bändern von kavernösem Travertin mit harten Kalksteinkernen, ockerbraunen Kalksanden und poröstuffigen Lagen. Letztgenannte ähneln stark den Quelltuffen. Der Wilde Marmor enthält, wie erwähnt, zahlreiche Fossilien, Brekzien älterer Travertine, ganze Weißjurablöcke und Einschwemmungen von Tuffen. Er bietet also in der Tat ein recht uneinheitliches, „wildes“ Bild. Die enthaltenen Travertinlagen weisen zahlreiche kleine Hohlräume auf, sind aber wegen der überwiegend guten Verzahnung der Kalzitkristalle oft fest. Beide Travertintypen zusammen waren auf einer Breite von 6–10 m nutzbar (Schreiner, LGRB-Archiv 1951). Daneben existiert als Folge der Verwitterung und Verkarstung der Sinterkalke ein tief roter, eisenreicher Grus. Teile der Spalte waren nicht mehr mit Kalksinter ausgefüllt worden, und junge Klüfte entlang der Spalte führten zu weiteren Wegsamkeiten für Tageswässer, so dass der gebänderte Travertin nicht selten mit rotem Karstlehm durchzogen ist (s. geologische Detailkarte).

Blick auf den unteren Teil eines steinernen Denkmals mit eingravierten Namen. Das Gestein ist violettgrau und unten längs gestreift.
Kriegerdenkmal in Münsingen-Böttingen

Die Familie Starzmann betrieb in der Zweiten Hälfte des 19. Jh. den Abbau zur Gewinnung von Travertin für Randsteine, Pflastersteine, Abdeckplatten, Türschwellen und Treppenstufen. Dieser Alte Bruch wurde nach vielen Jahren des Stillstands im Jahr 1911 eingeebnet und überbaut. 1920 wurde der Neue Bruch eröffnet, wobei der Gemeinderatsbeschluss, wonach ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges aus Böttinger Marmor errichtet werden soll, ausschlaggebend gewesen sein mag (Griesinger in: Rosendahl et al., 2003). Im Zeitraum 1920–1926 betrieb die Fa. Rupp & Möller aus Karlsruhe den Steinbruch zur Gewinnung von Bandmarmor, aus dem Wandplatten, Schalen, Vasen und verschiedene Schmuckgegenstände hergestellt wurden. Im Jahr 1924 installierte diese Firma einen Schwerlastkran, mit dem bis 10 t schwere Blöcke aus dem immer tiefer werdenden Bruch gehoben werden konnten. Die meisten großen Blöcke erreichten nach Reyer (1927) etwa 1,5 m3, also etwa 4 t. Der Bauunternehmer und Böttinger Bürgermeister Friedrich Mang übernahm 1926 den Bruch. Er führte technische Modernisierungen durch und begann den Wilden Marmor zusammen mit den bei den Sägearbeiten anfallenden Reststücken von Bändermarmor in einer Brechanlage zu zerkleinern und zu Terrazzokörnung zu verarbeiten.

  • Im Bild ist eine geologische Detailkarte, die den Bereich eines Tagebaus aufzeigt.
  • Im Bild sind zwei Grafiken, die mit Schnittzeichnungen die Entstehung eines Thermalsinters darstellen. Grafik zwei ist ein vergrößerter Ausschnitt von Grafik eins.
  • Im Bild ist eine Grafik, die Lage und Vorkommen von Tuffschloten und Sinterkalken im Raum Böttingen zeigt.
  • Längsschnitt eines geschliffenen Steines mit senkrechtem, streifigem Muster. Dunkle Farben wechseln sich dabei mit hellen Farben ab.
  • Blick auf eine nach innen gewölbte Gesteinswand, die rechts mit rötlichen und hellbraunen Farben beginnt, nach links hin jedoch immer dunkler und im äußeren Hangbereich fast schwarz ist.
  • Musterplatte von hellem Gestein mit der Aufschritt „Böttinger Bandmarmor Hell“. Zwischen dem hellen Gestein verlaufen senkrechte, leicht nach rechts geneigte dunklere Streifen.
  • Nahaufnahme eines aufgesägten und geschliffenen Gesteins. In der rosafarbenen Grundstruktur sind rechts oben wolkige und dunklere Einschlüsse zu sehen.
  • Musterplatte von rötlich braunem Gestein mit der Aufschrift „Böttinger Bandmarmor Dunkel“. Wellige Streifen grenzen oben und links hellere Bereiche ab.
  • Aufgeschnittenes Gestein mit dunkelroten, glatten Bereichen sowie porösen, teils orangefarbenen Strukturen.
  • Blick auf den unteren Teil eines steinernen Denkmals mit eingravierten Namen. Das Gestein ist violettgrau und unten längs gestreift.
  • Blick auf ein steinernes Gefäß mit Sockel, trichterförmiger Öffnung oben und seitlichen Haltegriffen. Das Gestein ist gelblich bis rötlich mit dunklen, senkrecht verlaufenden Streifen.
  • Nahaufnahme eines aufgeschnittenen und geschliffenen Steines mit gerundeten, welligen Mustern. Auf einen dunklen Randbereich links folgt erst eine breite rosa Lage, ehe zum rechten Rand hin wieder dunkelviolette Partien die Oberhand gewinnen.
  • Blick auf eine senkrecht aufsteigende, treppenartig gestufte Gesteinswand. Das Gestein ist rötlich grau und hat im oberen Aufsatz eine knollige Oberfläche.
  • Nahaufnahme einer abgestuften, mit Nischen und Stufen versehenen Gesteinsschicht. Im Vordergrund verläuft ein bogenförmiger, violetter, streifiger Aufsatz.

Literatur

  • Aigner, T. (1975a). Der obermiozäne Thermalsinterkalk von Böttingen („Böttinger Marmor“) auf der Schwäbischen Alb. – Aufschluss, 26, S. 122–135. [12 Abb., 1 Tab.]
  • Berckhemer, F. (1921a). Ein Beitrag zur Kenntnis des „Böttinger Marmors“. – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 10, S. 23–36. [4 Abb., 2 Tab.]
  • Berckhemer, F. (1923a). Die geologischen Verhältnisse des Thermalsinters von Böttingen. – Zeitschrift für Vulkanologie, 7, S. 218–225, 3 Taf.
  • Gwinner, M. P. (1989). Erläuterungen zu Blatt 7524 Blaubeuren. – 2. erg. Aufl., Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 64 S., 4 Taf., 10 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
  • Haenel, R. (1982). The Urach Geothermal Project (Swabian Alb, Germany). VIII + 419 S., Stuttgart (Schweizerbart). [220 Abb., 67 Tab.]
  • Hofmann, E. (1933). Die Flora des Böttinger Marmors. – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 22, S. 74–88, 1 Taf.
  • Quenstedt, F. A. (1872). Begleitworte zur Geognostischen Spezialkarte von Württemberg, Atlasblatt Blaubeuren. 28 S., Stuttgart.
  • Reyer, E. (1927). Die Bausteine Württembergs nach ihrer mineralogischen Zusammensetzung und ihrer Struktur in Bezug zu ihrer bautechnischen Verwendung und wirtschaftlichen Bedeutung. VIII + 138 S., 3 Taf., Halle/Saale (Martin Boerner Verlagsanstalt). [8 Abb.]
  • Rosendahl, W., López-Correa, M., Gruner, C. & Müller, T. (2003). Der Böttinger Marmor. Bunter Fels aus heißen Quellen. – Grabenstetter höhlenkundliche Hefte, 6, S. 1–54.
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