Geologie
Die Mannheim-Formation bildet die oberste Grundwasser führende Lockergesteins-Einheit im nördlichen Oberrheingraben. Sie besteht aus Kiesen und sandigen Kiesen bis Mittelsanden, das Material stammt entweder aus den Alpen oder es ist lokalen Ursprungs (Schwarzwald, Vogesen, Odenwald). Lokalmaterial kommt insbesondere im Bereich der in das Rheintal einmündenden Schwemmfächer vor. Der Schwemmfächer des Neckars bei Heidelberg wurde intensiv untersucht (Ellwanger et al., 2012a).
Die Mannheim-Formation (Obere kiesig-sandige Abfolge) entspricht der Oberen sandig-kiesigen Abfolge (Plum et al., 2008) sowie nach früherer hydrogeologischer Nomenklatur dem Oberen Kieslager (OKL) (HGK, 1999).
Die Mannheim-Formation geht südlich von Karlsruhe kontinuierlich aus der Ortenau-Formation hervor.
Die Basis der Mannheim-Formation fällt vom Rhein generell zum östlichen Grabenrand ein. Im Süden des Gebiets liegt die Grenzfläche in Rheinnähe bei ca. 90 bis 95 m NHN und somit ca. 20 bis 40 m höher als am Nordrand (50 bis 70 m NHN). Am tiefsten liegt sie mit ca. 45 m NHN in der Gegend um Heidelberg. Die Grenzfläche zur unterlagernden Ludwigshafen-Formation geht oft mit einer markanten lithologischen Grenze einher, die von einer Vielzahl von Bohrungen durchteuft wurde. Insbesondere im mittleren und östlichen Abschnitt des nördlichen Oberrheingrabens sind die Übergänge zwischen Mannheim-, Ludwigshafen- und Viernheim-Formation vielerorts auch fließend (z. B. im Bereich Walldorf-Sandhausen sowie weite Bereiche nördlich von Karlsruhe).
Die Mächtigkeit nimmt generell von Süden nach Norden und von Westen nach Osten zu. Die größte Mächtigkeit erreicht die Mannheim-Formation im Heidelberger Raum mit ca. 70 m. Im Süden beträgt sie zwischen 10 und 20 m. Entlang des Rheins bleibt die Mächtigkeit nach Norden bis etwa auf die Höhe von Hockenheim in diesem Schwankungsbereich, weiter nördlich nimmt sie gebietsweise auf ca. 30 m zu.
Hydrogeologische Charakteristik
Die Mannheim-Formation ist ein Porengrundwasserleiter mit meist hoher Durchlässigkeit und Ergiebigkeit.
Nach der hydrogeologischen Gliederung tritt in der Mannheim-Formation im östlichen Rhein-Neckar-Raum ein tonig-schluffiger Zwischenhorizont auf (Zwischenhorizont 1, ZH1). Seine Verbreitung beschränkt sich auf den östlichen Grabenrand mit Schwerpunkt im Heidelberger Raum (HGK, 1999; Wirsing & Luz, 2007). Dabei handelt es sich vermutlich nicht um einen durchgehenden Horizont, sondern um ein Niveau, in dem vermehrt tonig-schluffige Linsen unterschiedlicher Ausdehnung auftreten (HGK, 1999). Auch im Raum Ludwigshafen wurde der ZH1 als 1 bis 5 m mächtige Ton-/Schlufflage kartiert. Weiter westlich konnte er nicht mehr identifiziert werden (Kärcher et al., 2000). Durch den ZH1 wird die Mannheim-Formation hydrogeologisch in die Obere kiesig-sandige Abfolge oben (OksAo) und die Obere kiesig-sandige Abfolge unten (OksAu) unterteilt. Neben dem ZH1 können lokal verbreitet weitere tonig-schluffige bis feinsandige Trennhorizonte auftreten, die eine lokale Stockwerkstrennung innerhalb der Mannheim-Formation ausüben können.
Auf der Grabenrandscholle außerhalb des Verbreitungsgebietes der Ludwigshafen-Formation wurde die Obere kiesig-sandige Abfolge mit der Mittleren sandig-kiesigen Abfolge als ein Grundwasserleiter zusammengefasst.
Grundwasserpotenzialunterschiede zwischen der OksAo und der OksAu sind meist nicht nachweisbar oder sehr gering. Die Trennwirkung des ZH1 macht sich allerdings in der unterschiedlichen hydrochemischen und isotopenhydrologischen Zusammensetzung der Grundwässer über bzw. unter dem ZH1 bemerkbar (HGK, 1999). Gebietsweise, wie z. B. im Bereich der Rhein-Niederung und der Aue des frühholozänen Neckarlaufs entlang der Bergstraße, ist das Grundwasser in der Mannheim-Formation gespannt bis halbgespannt. Dort sind die Kiese bis zu den überlagernden bindigen Auesedimenten grundwassererfüllt (HGK, 1980a).
Die Mannheim-Formation korreliert hydrogeologisch mit der südlich anschließenden Ortenau-Formation oben (oberer Abschnitt) (Wirsing & Luz, 2007). Hydrostratigraphisch bildet die Mannheim-Formation zwischen Karlsruhe und Mannheim den Oberen Grundwasserleiter. Im Verbreitungsgebiet des Zwischenhorizontes ZH1 wird sie in einen Oberen Grundwasserleiter oben (OGWLo) und einen Oberen Grundwasserleiter unten (OGWLu) untergliedert.
Hydraulische Eigenschaften
Die Durchlässigkeit der Mannheim-Formation ist vergleichsweise hoch. Die im LGRB dokumentierten Durchlässigkeitswerte liegen zwischen 0,07 · 10‑3 und 17,2 · 10‑3 m/s (arithmetischer Mittelwert: 2,52 · 10‑3 m/s, Median 1,74 · 10‑3 m/s, Standardabweichung 2,32 · 10‑3 m/s). Ihre Transmissivität bewegt sich zwischen 0,73 und 138,5 · 10‑3 m2/s (arithmetischer Mittelwert: 25,09 · 10‑3 m/s, Median 19,3 · 10‑3 m/s) (Wirsing & Luz, 2007). Aus einem Pumpversuch bei Forst wurde für die Ortenau-Formation eine mittlere Anisotropie von horizontaler zu vertikaler Durchlässigkeit von 4,1 ermittelt. Ein ähnlicher Wert von 5 für die mittlere Anisotropie wird auch für den Rhein-Neckar-Raum angenommen (HGK, 1988).
Die Karte der Durchlässigkeitsverteilung in der Mannheim-Formation (Oberer Grundwasserleiter) zeigt im zentralen Verbreitungsgebiet annähernd grabenparallel verlaufende Abschnitte erhöhter Durchlässigkeiten.
Hydrologie
Die Grundwasserneubildung aus Niederschlag beträgt im Verbreitungsgebiet der Mannheim-Formation im langjährigen Mittel (Periode 1981 bis 2010) etwa 3,8 l/(s · km2), das entspricht, bezogen auf die Fläche von ca. 1085 km2, einer Neubildung von ca. 4120 l/s.
Im Verbreitungsgebiet der Mannheim-Formation trägt die Infiltration aus Oberflächengewässern wesentlich zur Grundwasserneubildung bei. Insbesondere angrenzend an den Rhein kommt es bereichsweise zu starker Grundwasserneubildung durch Rhein-Uferfiltrat. Weitere wichtige Grundwasserneubildung erfolgt durch die aus der Vorbergzone kommenden Gewässer, die meist am Rheintalrand und im Bereich der Schwemmfächer massiv in das Grundwasser einspeisen. Die Infiltration von Weschnitz und Neckar sind besonders gut dokumentiert (HGK, 1999). Der Neckar infiltriert hauptsächlich im Bereich seines Schwemmfächers ins Grundwasser. Für den Abschnitt Heidelberg–Wieblingen/Ladenburger Wehr wurden Infiltrationsmengen von mehreren Hundert Litern abgeschätzt (HGK, 1980a). Seine ursprüngliche Wirkung als Vorflut hat der Neckar aufgrund seines Ausbaus für die Schifffahrt streckenweise verloren, da die Kraftwerks- und Schifffahrtskanäle weitgehend abgedichtet sind (HGK, 1980a). Wegen der Belastung des Neckarwassers durch Spurenstoffe wird die Uferfiltraton intensiv untersucht (AWBR, 2017).
Das Grundwasser in der Mannheim-Formation zeigt oberflächennah eine enge Anbindung an das aktuelle Grundwasserneubildungsgeschehen und nur geringe Grundwasserverweilzeiten. Als Folge der z. T. großen Aquifermächtigkeiten und der oft geringen Grundwasserabstandsgeschwindigkeiten können die Mittleren Grundwasserverweilzeiten mit zunehmender Aquifermächtigkeit stark zunehmen und an der Basis mehrere Jahrzehnte betragen.
Der Grundwasserspiegel in flachen Brunnen in der Mannheim-Formation kann frei oder halbungespannt sein. In tiefen Brunnen reagiert das Grundwasser in der Regel gespannt (lokale Wirkung von Trennschichten sowie als Folge der Anisotropie).
Das Grundwasser strömt vom Grabenrand generell in nordwestliche Richtung zur Rheinniederung ab. In der Rheinniederung verläuft die Grundwasserfließrichtung mehr oder weniger rheinparallel. Dort bildet der Rhein mit seinen Nebenflüssen die Vorflut. Daneben wirken sich weitere Uferfiltratstrecken auf die Grundwasserfließrichtung aus. Die natürliche Grundwasserströmung wird durch zahlreiche Grundwasserentnahmen zur Trinkwasserversorgung sowie insbesondere im Raum Karlsruhe durch mehrere Baggerseen überprägt.
In der Rheinniederung ist der Grundwasserflurabstand mit ein bis vier Metern durchweg gering, der durchschnittliche Flurabstand beträgt ca. 2,5 m (HGK, 2007). Die geringsten Flurabstände finden sich am Fuß des Hochgestades sowie im Bereich verlandeter Altrheinarme. Der Geländesprung zum Hochgestade zeichnet sich deutlich im Flurabstand ab. An seinem Rand beträgt der Flurabstand 5 bis 15 m. Mit zunehmendem Abstand davon nimmt er in östliche Richtung ab. Im Bereich des Neckarschwemmfächers sowie bei Ettlingen/Bruchsal finden sich die größten Flurabstände von über 15 m.
Geogene Grundwasserbeschaffenheit
Das anthropogen nicht oder nur gering beeinflusste Grundwasser in der Mannheim-Formation ist zu charakterisieren als Calcium-Hydrogenkarbonat-Sulfat-Grundwasser (Ca-HCO-SO4-Typ) mit einer Gesamthärte von etwa 17 °dH. Der Chloridgehalt ist mit 20 mg/l vergleichsweise niedrig.
Durch die Randzuflüsse und die Einspeisung aus oberirdischen Gewässern wird der Grundwasserchemismus modifiziert. Das Wasser, das im Bereich des Kristallins und Buntsandsteins über den östlichen Grabenrand als infiltrierendes Oberflächenwasser oder oberflächennahes Grundwasser dem Oberrheingraben zuströmt, ist gering mineralisiert. Im Bereich der Langenbrücker Senke oder wo Muschelkalk oder Tertiär das Randgebirge bilden, strömen dem Rheintal z. T. hoch mineralisierte Grundwässer zu.
Geschütztheit des Grundwassers
Das Grundwasser in der Mannheim-Formation ist im Bereich der Hardtebenen östlich der nördlichen Oberrheinniederung nur sehr gering vor Verunreinigungen von der Erdoberfläche geschützt. Eine geringe bis mittlere Schutzfunktion liegt aufgrund der Deckschichtensituation in der Rheinniederung sowie in der Neckar-Rheinebene vor. Hier wird die Mannheim-Formation von Auenmergel und Auenlehm überlagert, die zu einer Erhöhung der Schutzfunktion beitragen.
Grundwassernutzung
Das Grundwasservorkommen in der Mannheim-Formation ist von überregionaler Bedeutung und wird weit verbreitet zur Trinkwasserversorgung sowie zu gewerblichen und landwirtschaftlichen Zwecken genutzt. Beispiele für die Trinkwassernutzung sind die Hardtgruppe Sandhausen, die Hardtwaldgruppe St. Leon sowie die Brunnen bei Kronau, Mannheim-Rheinau und Mannheim-Käfertal.
Neben ihrer Funktion als wasserwirtschaftlich überregional bedeutender Lockergesteinsgrundwasserleiter bilden die quartären Kiese und Sande im Oberrheingraben eine der mengenmäßig wichtigsten Gruppen der Steine und Erden-Rohstoffe (Kiese, sandig). Hieraus können sich Zielkonflikte hinsichtlich der langfristigen Sicherung abbauwürdiger Rohstoffe einerseits und dem Schutz genutzter und nutzbarer Grundwasservorkommen andererseits ergeben.
Die weitflächige urbane Nutzung des Rheintals spiegelt sich insbesondere in der Beschaffenheit des Grundwassers der Mannheim-Formation wieder (Aufhärtung, Schadstofffahnen, Belastungen mit Nitrat und Rückständen von Pflanzenschutzmitteln, etc.). Trotz des hohen Grundwasserdargebotes schränkt dies die Neuerschließung für Trinkwasserversorgungen stark ein.
Literatur
- (2017). Jahresbericht 2017 Karlsruhe (Koordinierungsstelle der Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee- Rhein (AWBR) am TZW). Verfügbar unter https://www.awbr.org/timm/download.php?file=data/docs/bericht/awbr_jb17d_web.pdf [07.05.2019].
- (2012a). Die Forschungsbohrung Heidelberg und Beiträge zum Quartär in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 26, S. 1–216.
- (1980a). Rhein-Neckar-Raum. Analyse des Ist-Zustands. – Hydrogeologische Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung Baden-Württemberg, 71 S., 14 Karten, Stuttgart (Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Umwelt und Forsten Baden-Württemberg; Hessisches Ministerium für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und Forsten; Ministerium für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten Rheinland-Pfalz).
- (1988). Raum Karlsruhe-Speyer. Analyse des Ist-Zustands; Aufbau eines mathematischen Grundwassermodells. – Hydrogeologische Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung Baden-Württemberg, 111 S., 11 Anlagen, Stuttgart (Ministerium für Umwelt Baden-Württemberg; Ministerium für Umwelt und Gesundheit Rheinland-Pfalz).
- (1999). Rhein-Neckar-Raum. Fortschreibung 1983 – 1998. – Hydrogeologische Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung Baden-Württemberg, 155 S., 18 Karten, 1 CD-ROM, Stuttgart (Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg; Hessisches Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten; Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz).
- (2007). Raum Karlsruhe-Speyer. Fortschreibung 1986 – 2005. – Hydrogeologische Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung Baden-Württemberg, 90 S., 13 Karten, 1 CD-ROM, Stuttgart (Umweltministerium Baden-Württemberg; Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz).
- (2000). Hydrogeologisches Strukturmodell, Stadtgebiet Ludwigshafen – Mannheim. 22 S., 21 Anl., Mainz (Geologisches Landesamt Rheinland-Pfalz). [unveröff.]
- (2008). Hydrogeologische Einheiten in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 20, S. 1–106.
- (2007). Hydrogeologischer Bau und Aquifereigenschaften der Lockergesteine im Oberrheingraben (Baden-Württemberg). – LGRB-Informationen, 19, S. 1–130.