Übersicht
Schilfsandsteingewinnung ist bei Stuttgart seit dem Mittelalter belegt; besonders umfangreich waren Abbau und unmittelbare Verwendung im Stadtgebiet im 19. Jh., was diesem Material die Bezeichnungen „Stuttgarter Bausandstein“ und „Stuttgarter Werkstein“ einbrachte und vor wenigen Jahren die Stratigraphen veranlasste, die geologische Einheit im unteren Mittelkeuper, zu welcher dieser Schilfsandstein gehört, als Stuttgart-Formation zu bezeichnen. Dieser einst viel nachgefragte Werkstein wird jedoch seit über einem halben Jahrhundert weder bei Stuttgart noch bei Winnenden gewonnen, einerseits weil viele Steinbruchbetriebe die Wirtschaftlichkeitsgrenze erreicht hatten und starke Nutzungskonkurrenzen im städtischen Expansionsgebiet die Erweiterung der Steinbrüche sehr schwierig gestaltete, andererseits weil andere Schilfsandsteinabbaugebiete hinsichtlich Lagerstättenmächtigkeiten und Gesteinsqualitäten über günstigere Bedingungen verfügen.
Die Werksteinfazies ist an den verzweigten sog. Killesberg-Sandsteinstrang gebunden. Der Verlauf der Sandsteinrinnen und die Lage von im Gelände noch erkennbaren Steinbrüchen zwischen Renningen und Winnenden ist der nebenstehenden Übersichtskarte zu entnehmen. Viele alte Brüche liegen bei Feuerbach und unmittelbar südlich der Stuttgarter Kernstadt. Auch im Westen der Stadt, bis Renningen reichend, standen mehrere Schilfsandsteinbrüche in Abbau. Von den einst zahlreichen Steinbrüchen sind lediglich in Parkanlagen noch Reste auf der Karlshöhe und am Höhenpark Killesberg erhalten geblieben. Außerhalb der dichten Bebauung können durch Kartierung aber noch viele alte Brüche aufgefunden werden; alleine auf den Blättern Stuttgart-Nord und Backnang sind 67 alte Steinbrüche nachweisbar (LGRB, 2008). Einige davon könnten ggf. für die Werksteingewinnung reaktiviert werden, wie z. B. der Steinbruch Winnenden-Baach (RG 7122‑114, vgl. Abschnitt Potenzial).
Der Stuttgarter Bausandstein ist der häufigste Naturwerkstein im historischen Stuttgarter Stadtbild. In vielen Vierteln hat man besonders im 19. und frühen 20. Jh. Bürgerhäuser komplett aus Schilfsandstein errichtet, wobei die roten, gelben oder grauen Varietäten häufig zu Zwecken der architektonischen Gestaltung an unterschiedlichen Positionen verwendet wurden, z. B. gelblich braune für das aufgehende Mauerwerk, rote für Sockel und Fensterrahmen. Typische Beispiele sind die steinsichtigen Häuser in der Stuttgarter Urachstraße.
Der Stuttgarter Schilfsandstein tritt in gelblichen, gelblich braunen, graugrünlichen und rötlichen Farben auf und erreicht in der Rinnenfazies Mächtigkeiten von über 20 m. Bader (1940) berichtet, dass die Steinbrüche in der Eckartshalde (nahe Killesberg), am Ameisenberg (nordöstlich der Stadtmitte), aus den „Weißen Steingruben“ im Hühnerdieb und am Schellenberg helle Sandsteine, die am Sonnenberg und Staffelenberg rote bzw. rot geflammte geliefert haben. Die Werksteinfazies war am Schellenberg 21–24 m mächtig und wurde nur von rund 5 m Abraum überlagert.
Östlich von Stuttgart, im Gebiet südwestlich, südlich und östlich von Winnenden sowie bei Allmersbach wurde noch bis in die 1950er Jahre Schilfsandsteingewinnung betrieben. Bausandsteinlagerstätten im Niveau der Stuttgart-Formation liegen westlich vom Winnenden-Schelmenholz, östlich von Korb, südöstlich von Winnenden-Baach, östlich von Leutenbach-Nellmersbach und östlich von Berglen-Rettersburg. Sie gehören zum sog. Winnender Schilfsandstein-Strang (Wurster, 1964a). Die nutzbaren Mächtigkeiten in den verbliebenen Vorkommen schwanken zwischen 6 und 10 m (LGRB, 2008). Die Vorkommen bei Korb, Winnenden und Allmersbach können ein interessantes Potenzial für Restaurierungsarbeiten an Stuttgarter Gebäuden darstellen.
Gesteinsbeschreibung, technische Eigenschaften
Die Sandsteine der Abbaugebiete bei Stuttgart und bei Winnenden werden nachfolgend getrennt behandelt. Für das Stuttgarter Gebiet hat die Beschreibung eher dokumentarischen Hintergrund; bei Winnenden könnten hingegen noch Steinbrüche, z. B. zu Zwecken der Denkmalpflege, wieder in Betrieb genommen werden, weshalb Angaben zu den Eigenschaften der Sandsteine dieses Gebiets auch für künftige Projekte von Interesse sein können.
Gebiet Stuttgart: Die Schilfsandsteinfolge zeigte in den Stuttgarter Brüchen nach den Aufnahmen von Ströbel & Wurm (1977) einen häufigen Wechsel von homogenen, bankigen Feinsandsteinen, tonflaserigen Sandsteinen und sandflaserigen Tonsteinen. Heling (1965) untersuchte den Schilfsandstein auf Blatt Stuttgart-Südwest petrographisch. Danach bestehen die festen Bänke aus 37–55 % Quarz, 22–33 % Feldspat (Orthoklas, Plagioklas, Mikroklin), 8–16 % Biotit, Muskovit und Tonmineralen, 3–5 % Glaukonit (Grünfärbung!) und 12–17 % Gesteinsbruchstücken, die von den genannten Mineralen aufgebaut werden. Nur in tieferen Bohrungen wurde Anhydrit im Schilfsandstein festgestellt. Die Tonminerale bestehen überwiegend aus Illit und Kaolinit, seltener aus Chlorit. Die mittlere Korngröße liegt bei 0,08 mm. Die Kornbindung ist vorwiegend auf Tonminerale und authigenen Quarz zurückzuführen. Es handelt sich also um tonige, feldspatreiche Quarzsandsteine.
Die Feinsandsteine sondern bankig bis plattig ab, die Bänke können bis 2 m mächtig werden. Der Stuttgarter Schilfsandstein zeigt wegen seines häufig hohen Tonanteils eine stark wechselnde, oft mäßige Witterungsbeständigkeit, was an älteren Mauern gut zu erkennen ist, vor allem wenn diese häufiger Durchfeuchtung ausgesetzt sind. Er ist daher selten exportiert worden, durch den großen Baubedarf in Stuttgart und Umgebung wurden die Vorkommen aber dennoch sehr intensiv genutzt. Zur Witterungsbeständigkeit schreibt Reyer (1927, S. 39): „Der Schliff zeigt, dass in den Stuttgarter Brüchen, deren Steine durch das zum Teil sehr schlechte Verhalten an Bauten in Stuttgart in Misskredit gekommen sind, auch Bänke von guter Wetterbeständigkeit vorkommen. Immerhin mag es angezeigt sein, ihn auf feuchtem Baugrund wegen seiner stärkeren Porosität nicht zu Sockelsteinen zu verwenden“. Die geologische Kartierung ergibt, dass auch in den als „Sandstränge“ bezeichneten Ablagerungsrinnen im Stuttgarter Gebiet mehr toniges Material enthalten ist, als in anderen Gebieten (Ströbel & Wurm, 1977). Dort wo massige Sandsteinbänke auftreten, sind sie – besonders in Hangnähe – einer verstärkten Durchklüftung bzw. Hangzerreißung ausgesetzt.
Vom grüngelben Schilfsandstein der Fa. Paul Ziegler auf der Feuerbacher Heide beschreibt Reyer (1927), dass die Korngrößen der Quarzkörner zwischen 0,03 und 0,12 mm liegen, neben vorherrschendem Quarz treten Plagioklas, Glaukonit und Hellglimmer auf. Das spez. Gewicht bestimmte er zu 2,29 und 2,3 g/cm3, die Druckfestigkeit (wahrscheinlich senkrecht zum Lager) mit 662 und 695 kg/cm2 = 64,9 bzw. 68,1 MPa.
Gebiet Winnenden: In diesem Gebiet weisen die um 10 m mächtigen Werksteinvorkommen Bankmächtigkeiten von 0,5–2 m auf. In der Mehrzahl handelt es sich um gelbliche, rötlich geflammte, grünlich gelbe und graugrüne, tonig und tonig-ferritisch gebundene Quarzsandsteine mit geringem Karbonatgehalt (Dolomit, Kalzit). Örtlich treten kräftig rote „Blutsandsteine“ auf, so z. B. im Stbr. Winnenden-Hertmannsweiler (RG 7022‑140) westlich von Allmersbach. Die Bänke sind oft durch feinstreifige bis flaserige, tonige Abschnitte getrennt, Schichtflächen enthalten feinste Hellglimmerschüppchen. Bei Schelmernholz treten auch warmgelbe Feinsandsteine auf, die eine rötliche Fleckung aufweisen und daher – wie in Renfrizhausen – als „Forellensandstein“ bezeichnet wurden. Die chemische Untersuchung von Sandsteinproben aus dem Stbr. Hertmannsweiler östlich von Nellmersbach erbrachte an Hauptbestandteilen:
Chemische Zusammensetzung |
SiO2 |
Al2O3 |
K2O |
Fe2O3 |
Na2O |
MgO |
CaO |
75,9 % |
10,8 % |
4,4 % |
3,1 % |
1,5 % |
1,15 % |
0,3 % |
Die Analyse lässt im Verein mit mikroskopischer Ansprache erkennen, dass neben den vorherrschenden Quarzkörnern auch geringe Feldspatgehalte vorliegen und dass es sich um ein tonig-ferritisches, z. T. auch schwach dolomitisches Bindemittel handelt. Die Proben von Rettersburg zeigen fast identische chemische Zusammensetzung (LGRB, 2008). Es liegen keine gesteinsphysikalischen Daten vor.
Gewinnung und Verwendung
Anhand der im Stuttgarter Stadtarchiv verfügbaren Steinbruchakten erstellte Bader (1940) eine Übersicht über die historische und zu Beginn des 20. Jh. noch stattfindende Nutzung der Gesteinsrohstoffe in und um Stuttgart. Die Gewinnung von Schilfsandstein zu Bauzwecken beginnt wahrscheinlich im 13. Jh. in den Steinbrüchen am Sonnenberg im Stuttgarter Osten und zwar im Bereich der noch heute „Steingrübenweg“ genannten Straße sowie an der Reinsburg (heute: „Karlshöhe“). Von hier kamen die Steine für die ältesten Teile der Stiftskirche und für den Bau des Alten Schlosses. (Nach Information von Otto Wölbert, LAD Esslingen, stammt das nach dem Zweiten Weltkrieg für den Wiederaufbau des Alten Schlosses verwendete Schilfsandsteinmaterial vor allem aus den Brüchen bei Freudental (früher Fa. Gräf) und bei Sinsheim-Weiler (Fa. Abele). Zahl und Größe der Schilfsandsteinbrüche wuchsen in den folgenden Jahrhunderten ständig an, so dass auch umliegende Gemeinden ihren Baustein aus den Stuttgarter Brüchen bezogen „Im 16. Jahrhundert war eine Unzahl von Privatbrüchen im Schellenkönig, Stafflenberg, … im Kienle, im Schellberg und in den Steingrüben in Betrieb, zu denen noch städtische Brüche im Hühnerdieb (Gegend beim Kanonenweg und der Gerokstraße) und im Schellberg, dort auch ein herrschaftlicher Bruch seit 1533, hinzukamen“ (Bader, 1940, S. 27). Lagepläne, z. T. mit Darstellung der Eigentumsverhältnisse, liegen für den Städtischen Steinbruch am Staffelenberg aus dem Jahr 1730 und vom Steinbruch am Schellberg von 1762 im Stuttgarter Stadtarchiv vor (abgedruckt in Bader, 1940). Über die Steinbrüche gibt es aus der Zeit von 1810 bis ca. 1850 zahlreiche Akten. (Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, Bestand E 19: Kgl. Bau- und Gartendirektion Stuttgart, II. Spezialia, 17. Eis- und Lehmgruben, Stein- und Marmorbrüche: Akten z. B. über den städtischen Steinbruch an der Eckartshalde und auf der Feuerbacher Heide, die herrschaftlichen Steinbrüche (vorderer, hinterer und Feuerbacher Steinbruch) in Feuerbach, des herrschaftlichen Steinbruchs am Esslinger Berg usw. Weitere wichtige Brüche lagen am Sonnenberg („Steingrüben“). Am bedeutendsten waren wohl die Betriebe bei Feuerbach. Aus der Zeit um 1865 berichten die Akten nur noch von sechs Steinbrüchen im Schilfsandstein bei Feuerbach und von etwa 20 Brüchen in Alt-Stuttgart, in welchen etwa 600 Arbeiter beschäftigt waren (Reyer, 1927). Ströbel & Wurm (1977) nennen noch die Steinbrüche Kaufmorgen, im Unteren Krummbachtal, an der Schillerhöhe und den Bruch südlich der Burg Dischingen.
Bader (1940) gibt nach seinen Archivrecherchen als Herkunft des Baumaterials für wichtige Stuttgarter Bauten an:
- Stiftskirche, spätromanischer Teil: Stbr. am Sonnenberg (seit 1300 in Betrieb)
- Altes Schloss: Stbr. im Gewann Steingrüben
- Neues Schloss: Stbr. Eckartsberg und Schellberg
- Hauptpost: Stbr. an der Mönchshalde
- Königsbau und Kronprinzenpalais: Stbr. am Sonnenberg
- Hospitalkirche (1508): Bruch am Hühnerdieb
Auch die ehemalige Stadtmauer war aus Stuttgarter Schilfsandstein errichtet worden (Reiff & Wurm, 1998). Die Staatstheater sind hingegen z. B. aus Maulbronner Schilfsandstein erstellt worden. Zu Beginn des 20. Jh. lieferten die Feuerbacher Steinbrüche Kellersteine, daneben Sockel- und Mauersteine (Reyer, 1927). Wegen seiner überwiegend tonigen Bindung und seinen lagenweise erhöhten Tonmineralgehalten eignet sich der Stuttgarter Werkstein aber nur eingeschränkt als Sockelstein, weshalb er seit den 1940er Jahren durch Granit- oder Trochitenkalksockel ersetzt wurde (Frank, 1950). Auch an häufig feuchten Stützmauern sanded er bald ab. Wo der Stuttgarter Schilfsandstein aber nicht starker bzw. andauernder Durchfeuchtung ausgesetzt ist, bleibt er über viele Jahrhunderte stabil, wie die historischen Gebäude der Stadt belegen.
Schon Anfang des 19. Jh. gingen die Vorräte an hochwertigen Werksteinblöcken zur Neige, weshalb die meisten Brüche meist nurmehr Mauersteine und Platten für den Hausbau liefern konnten (Bader, 1940). Für Bauten mit Bedarf an großen Werkstücken griff man bereits auf weiter entfernt gelegene Brüche im Schilfsandstein zurück, wie man am Bau des wohl imposantesten Stuttgarter Schilfsandsteinbaus des ausgehenden 19. Jh. ersehen kann: Das 1889–1896 im neubarocken Stil errichtete, zwischen Schloss- und Kienestraße im Zentrum der Stadt gelegene Haus der Wirtschaft wurde daher mit gelbem Schilfsandstein aus anderen Gegenden, vornehmlich Heilbronn, erbaut. Zu den umfangreichen Renovierungsarbeiten an historischen Bauwerken nach dem Zweiten Weltkrieg wurde vor allem Schilfsandstein aus Heilbronn, Weiler und Freudental verwendet. Gegen Ende des 19. Jh. gab es in Feuerbach nur noch zwei und in Stuttgart vier Steinbrüche, letztgenannte mit nur etwa 20 Arbeitern, was Bader auch auf die vermehrte Verwendung von Beton und Kunststeinen zurückführt.
Nach den Unterlagen im LGRB-Archiv (Erhebung im Jahr 1947 von F. Weidenbach und Mitarbeiter) waren in dieser Zeit konkret nur noch auf Blatt 7220 Stuttgart-Südwest zwei Schilfsandsteinbrüche mit angeschlossener Verarbeitung in Betrieb:
- RG 7220‑101: Fa. R. Weubach, Leonberg-Eltingen: 2–3 Arbeiter erzeugten Platten und Gartensteine.
- RG 7220‑103: Fa. Frey & Gosker, Eltingen, verkaufte Bausteine, Platten und Grabsteine aus einer 12–15 m mächtigen Lagerstätte bei 6–8 m Abraum.
Im Raum Winnenden wurde Schilfsandstein in den 1940er Jahren noch in geringem Umfang in Steinbrüchen mit 6–13 m nutzbarer Mächtigkeit gewonnen. So betrieb die Fa. A. Nägele im Gewann Jammeracker bei Korb um 1947 noch einen Steinbruch am Waldrand oberhalb der Weinberge und erzeugte Bau- und Werksteine. Als nutzbare Mächtigkeit werden 16–20 m Sandstein bei 10–14 m überlagerndem Abraum angegeben. Der Schilfsandstein wurde für den Bau von Häusern und Kirchen, Gewölbekellern, Treppen und Mauern in den zu den Brüchen benachbarten Ortschaften verwendet. Wegen der häufig plattigen Aufwitterung der Schilfsandsteine aus dem Gebiet Winnenden haben die Vorkommen keine überregionale Bedeutung erlangt.
Potenzial
Im landesweiten Vergleich ist festzustellen, dass die Schilfsandsteinvorkommen bei Stuttgart und Winnenden von geringerer Höffigkeit für eine Wiederinbetriebnahme sind als die bei Heilbronn, Maulbronn und Eppingen-Mühlbach; für die lokale Versorgung (Renovierung) wären aber ausreichend Lagerstättenvorräte vorhanden. Durch Aufnahme der noch zugänglichen Steinbrüche und rohstoffgeologische Kartierung auf Grundlage der geologischen Karte von Frank & Vollrath (1971) konnten für die Karte der mineralischen Rohstoffe, Blatt L 7122 Backnang, wirtschaftlich interessante Naturwerkstein-Vorkommen mit Ausdehnungen zwischen 3 und 30 ha abgegrenzt werden (LGRB, 2008). Die größten alten Steinbrüche liegen bei Schwaikheim, Baach und östlich von Nellmersbach. Die nutzbaren Mächtigkeiten schwanken zwischen 8 m bei Rettersburg und max. 10 m bei Schelmenholz. Viele der Brüche waren in den 1940 und 50er Jahren noch in Betrieb. Heute sind sie meist teilverfüllt und stark verwachsen, doch bieten einige verbliebene Vorkommen ein interessantes Potenzial für die künftige Gewinnung von Rohblöcken aus Schilfsandstein. Das Vorkommen westlich von Schelmenholz zeigt von oben nach unten etwa folgenden Aufbau:
- 4,5 m mächtiger, plattig aufgewitterter Sandstein unter geringmächtigem Boden
- darunter 5,0 m mächtiger Fein- bis Mittelsandstein, schräggeschichtet, mittel- bis dickbankig
- darunter 10,0 m mächtiger, dickbankiger, fester Schilfsandstein (Werksteinzone)
- Basis: Mergel-, Ton- und Dolomitsteine der Grabfeld-Formation (früher: Gipskeuper)
Kurzfassung
Zur Gewinnung von Schilfsandstein wurden im Raum Stuttgart und Winnenden weit über hundert Steinbrüche angelegt, seit vielen Jahrzehnten ist jedoch keiner mehr in Betrieb. Besonders umfangreich waren Abbau und Verwendung von gelblich braunem und braunrotem Schilfsandstein in Stuttgart, weshalb er auch als Stuttgarter Bausandstein bezeichnet wird. Er ist daher auch der häufigste Naturwerkstein im historischen Stuttgarter Stadtbild. Wegen dieser besonders umfangreichen Nutzung erhielten die Schilfsandstein-Schichten vor einigen Jahren die stratigraphische Bezeichnung „Stuttgart-Formation“. Beispiele in Stuttgart sind Stiftskirche, Fruchtkasten, Altes und Neues Schloss, Königsbau und Kronprinzenpalais sowie mehrere Hundert Wohn- und Geschäftsgebäude aus der Jahrhundertwende. Nach 1920 ging der Abbau zurück, nach 1950 waren wohl alle Brüche stillgelegt. Die Werksteinfazies kann bei Stuttgart über 20 m mächtig werden, jedoch zeichnet sie sich durch einen hohen Tongehalt aus. Die im Raum Winnenden genutzten Werksteinlagerstätten, bestehend aus gelblichen bis graugrünen, tonig und tonig-ferritisch gebundenen Feinsandsteinen, sind meist zwischen 8 und 13 m mächtig. Während bei Stuttgart kaum mehr Möglichkeiten zur Wiederinbetriebnahme eines Schilfsandsteinbruchs bestehen, könnten bei Winnenden alte Abbaustellen im gelblich braunen bis kräftig roten Schilfsandstein reaktiviert werden.
Literatur
- (1940). Geschichte des Bergbaus und der Steinbrüche von Stuttgart. – Mitteilungen des Geologisch Mineralogischen Instituts Stuttgart (TU), 45, S. 1–39, 5 Taf. [4 Abb.]
- (1950). Erläuterungen zu Blatt 7121 Stuttgart-Nordost. – Erl. Geol. Spezialkt. Württ., 137 S., 1 Beil., Stuttgart (Geologische Abteilung im württembergischen Statistischen Landesamt). [Nachdruck 1994: Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., Bl. 7121 Stuttgart-Nordost; Stuttgart]
- (1971). Erläuterungen zu Blatt 7122 Winnenden. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 211 S., 1 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1980, 1994]
- (1965). Zur Petrographie des Schilfsandsteins. – Beiträge zur Mineralogie und Petrographie, 11, S. 272–296. [9 Abb.]
- (2008). Blatt L 7120/L 7122 Stuttgart-Nord/Backnang, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 242 S., 24 Abb., 6 Tab., 2 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Hoffmann, B. & Kimmig, B., m. Beitr. v. Prestel, R.]
- (1998). Rohstoffvorkommen. – Brunner, H. (Hrsg.). Erläuterungen zu Blatt Stuttgart und Umgebung. – Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 50 000, 6. Aufl., S. 137–142, Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau).
- (1927). Die Bausteine Württembergs nach ihrer mineralogischen Zusammensetzung und ihrer Struktur in Bezug zu ihrer bautechnischen Verwendung und wirtschaftlichen Bedeutung. VIII + 138 S., 3 Taf., Halle/Saale (Martin Boerner Verlagsanstalt). [8 Abb.]
- (1977). Erläuterungen zu Blatt 7220 Stuttgart-Südwest. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 191 S., 3 Taf., 6 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1994]
- (1964a). Geologie des Schilfsandsteins. – Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, 33, S. 1–140, 4 Taf., 15 Kt. [57 Abb.]