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Stuttgarter Schilfsandstein, Schilf­sandstein von Winnenden

Vereinfachte Übersichtskarte mit farbig hervorgehobenen Verbreitungsflächen der „Sandsteinstränge“ des Schilfsandsteins im Gebiet Heilbronn–Stuttgart.
Rinnenfazies in der Stuttgart-Formation und daran gebundene Schilfsandsteinbrüche zwischen Heilbronn und Stuttgart

Die Werksteinfazies ist an den verzweigten sog. Killesberg-Sandsteinstrang gebunden. Der Verlauf der Sandsteinrinnen und die Lage von im Gelände noch erkennbaren Steinbrüchen zwischen Renningen und Winnenden ist der nebenstehenden Übersichtskarte zu entnehmen. Viele alte Brüche liegen bei Feuerbach und unmittelbar südlich der Stuttgarter Kernstadt. Auch im Westen der Stadt, bis Renningen reichend, standen mehrere Schilfsandsteinbrüche in Abbau. Von den einst zahlreichen Steinbrüchen sind lediglich in Parkanlagen noch Reste auf der Karlshöhe und am Höhenpark Killesberg erhalten geblieben. Außerhalb der dichten Bebauung können durch Kartierung aber noch viele alte Brüche aufgefunden werden; alleine auf den Blättern Stuttgart-Nord und Backnang sind 67 alte Steinbrüche nachweisbar (LGRB, 2008). Einige davon könnten ggf. für die Werksteingewinnung reaktiviert werden, wie z. B. der Steinbruch Winnenden-Baach (RG 7122‑114, vgl. Abschnitt Potenzial).

Teilansicht einer Steinmauer mit dunkelgrauen bis graubraunen Mauersteinen, zum Teil mit weißlichen Verfärbungen.
Treppenmauer an der Karlshöhe aus Stuttgarter Schilfsandstein
Blick auf eine hohe, an Seiten und Kuppe bewachsene Steinbruchwand. In der Bildmitte eine besonders dicke, rötlich graue Bank. Im Vordergrund stehen mehrere Holzbehälter, daneben liegen Bruchsteinplatten.
Dickbankiger, bräunlich gelber, oft rötlich geflammter Schilfsandstein im Steinbruch Baach

Gebiet Winnenden: In diesem Gebiet weisen die um 10 m mächtigen Werksteinvorkommen Bankmächtigkeiten von 0,5–2 m auf. In der Mehrzahl handelt es sich um gelbliche, rötlich geflammte, grünlich gelbe und graugrüne, tonig und tonig-ferritisch gebundene Quarzsandsteine mit geringem Karbonatgehalt (Dolomit, Kalzit). Örtlich treten kräftig rote „Blutsandsteine“ auf, so z. B. im Stbr. Winnenden-Hertmannsweiler (RG 7022‑140) westlich von Allmersbach. Die Bänke sind oft durch feinstreifige bis flaserige, tonige Abschnitte getrennt, Schichtflächen enthalten feinste Hellglimmerschüppchen. Bei Schelmernholz treten auch warmgelbe Feinsandsteine auf, die eine rötliche Fleckung aufweisen und daher – wie in Renfrizhausen – als „Forellensandstein“ bezeichnet wurden. Die chemische Untersuchung von Sandsteinproben aus dem Stbr. Hertmannsweiler östlich von Nellmersbach erbrachte an Hauptbestandteilen:

Chemische Zusammensetzung

SiO2

Al2O3

K2O

Fe2O3

Na2O

MgO

CaO

Stbr. RG 7022‑140, LGRB-Analysen

75,9 %

10,8 %

4,4 %

3,1 %

1,5 %

1,15 %

0,3 %

Die Analyse lässt im Verein mit mikroskopischer Ansprache erkennen, dass neben den vorherrschenden Quarzkörnern auch geringe Feldspatgehalte vorliegen und dass es sich um ein tonig-ferritisches, z. T. auch schwach dolomitisches Bindemittel handelt. Die Proben von Rettersburg zeigen fast identische chemische Zusammensetzung (LGRB, 2008). Es liegen keine gesteinsphysikalischen Daten vor.

Blick auf eine gotische, aus graubraunem Mauerwerk bestehende Kirche mit Eingangsportal, Hauptschiff und Kirchturm mit Galerien.
Die gotische Stiftskirche in Stuttgart aus Stuttgarter Schilfsandstein

Bader (1940) gibt nach seinen Archivrecherchen als Herkunft des Baumaterials für wichtige Stuttgarter Bauten an:

  • Stiftskirche, spätromanischer Teil: Stbr. am Sonnenberg (seit 1300 in Betrieb)
  • Altes Schloss: Stbr. im Gewann Steingrüben
  • Neues Schloss: Stbr. Eckartsberg und Schellberg
  • Hauptpost: Stbr. an der Mönchshalde
  • Königsbau und Kronprinzenpalais: Stbr. am Sonnenberg
  • Hospitalkirche (1508): Bruch am Hühnerdieb

Auch die ehemalige Stadtmauer war aus Stuttgarter Schilfsandstein errichtet worden (Reiff & Wurm, 1998). Die Staatstheater sind hingegen z. B. aus Maulbronner Schilfsandstein erstellt worden. Zu Beginn des 20. Jh. lieferten die Feuerbacher Steinbrüche Kellersteine, daneben Sockel- und Mauersteine (Reyer, 1927). Wegen seiner überwiegend tonigen Bindung und seinen lagenweise erhöhten Tonmineralgehalten eignet sich der Stuttgarter Werkstein aber nur eingeschränkt als Sockelstein, weshalb er seit den 1940er Jahren durch Granit- oder Trochitenkalksockel ersetzt wurde (Frank, 1950). Auch an häufig feuchten Stützmauern sanded er bald ab. Wo der Stuttgarter Schilfsandstein aber nicht starker bzw. andauernder Durchfeuchtung ausgesetzt ist, bleibt er über viele Jahrhunderte stabil, wie die historischen Gebäude der Stadt belegen.

  • Vereinfachte Übersichtskarte der Lage der „Sandstränge“ des Schilfsandsteins im Dreieck Östringen–Crailsheim–Trichtingen.
  • Vereinfachte Übersichtskarte mit farbig hervorgehobenen Verbreitungsflächen der „Sandsteinstränge“ des Schilfsandsteins im Gebiet Heilbronn–Stuttgart.
  • Blick auf eine stark überwachsene Gesteinswand. Oberhalb von größeren Blöcken sind auch Nischen und Hohlräume erkennbar.
  • Teilansicht einer Steinmauer mit dunkelgrauen bis graubraunen Mauersteinen, zum Teil mit weißlichen Verfärbungen.
  • Blick auf die dreistöckige Fassade eines Gebäudes aus hellbraunem Mauerwerk mit Säulen in jedem Stockwerk sowie Galerien.
  • Blick auf eine gotische, aus graubraunem Mauerwerk bestehende Kirche mit Eingangsportal, Hauptschiff und Kirchturm mit Galerien.
  • Blick auf eine hohe, an Seiten und Kuppe bewachsene Steinbruchwand. In der Bildmitte eine besonders dicke, rötlich graue Bank. Im Vordergrund stehen mehrere Holzbehälter, daneben liegen Bruchsteinplatten.
  • Nahaufnahme von rötlich braunem Gestein, oben und unten von feinen Rissen durchzogen. Rechts der Bildmitte verläuft ein stärkerer, schräg-senkrechter Riss. In der Bildmitte ist eine Meßlatte an den Stein gelehnt.

Literatur

  • Bader, E. (1940). Geschichte des Bergbaus und der Steinbrüche von Stuttgart. – Mitteilungen des Geologisch Mineralogischen Instituts Stuttgart (TU), 45, S. 1–39, 5 Taf. [4 Abb.]
  • Frank, M. (1950). Erläuterungen zu Blatt 7121 Stuttgart-Nordost. – Erl. Geol. Spezialkt. Württ., 137 S., 1 Beil., Stuttgart (Geologische Abteilung im württembergischen Statistischen Landesamt). [Nachdruck 1994: Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., Bl. 7121 Stuttgart-Nordost; Stuttgart]
  • Frank, M. & Vollrath, A. (1971). Erläuterungen zu Blatt 7122 Winnenden. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 211 S., 1 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1980, 1994]
  • Heling, D. (1965). Zur Petrographie des Schilfsandsteins. – Beiträge zur Mineralogie und Petrographie, 11, S. 272–296. [9 Abb.]
  • LGRB (2008). Blatt L 7120/L 7122 Stuttgart-Nord/Backnang, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 242 S., 24 Abb., 6 Tab., 2 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Hoffmann, B. & Kimmig, B., m. Beitr. v. Prestel, R.]
  • Reiff, W. & Wurm, F. (1998). Rohstoffvorkommen. – Brunner, H. (Hrsg.). Erläuterungen zu Blatt Stuttgart und Umgebung. – Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 50 000, 6. Aufl., S. 137–142, Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau).
  • Reyer, E. (1927). Die Bausteine Württembergs nach ihrer mineralogischen Zusammensetzung und ihrer Struktur in Bezug zu ihrer bautechnischen Verwendung und wirtschaftlichen Bedeutung. VIII + 138 S., 3 Taf., Halle/Saale (Martin Boerner Verlagsanstalt). [8 Abb.]
  • Ströbel, W. & Wurm, F. (1977). Erläuterungen zu Blatt 7220 Stuttgart-Südwest. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 191 S., 3 Taf., 6 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1994]
  • Wurster, P. (1964a). Geologie des Schilfsandsteins. – Mitteilungen aus dem Geologischen Staatsinstitut in Hamburg, 33, S. 1–140, 4 Taf., 15 Kt. [57 Abb.]
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