Geologie
Die Erfurt-Formation (kuE, früher: Lettenkeuper) des Unterkeupers und die Grabfeld-Formation (kmGr, früher: Gipskeuper) des unteren Mittelkeupers bestehen aus einer Wechsellagerung von Tonsteinen, Karbonatsteinen, Sandsteinen und Sulfatgesteinen. Die Erfurt-Formation setzt sich aus Dolomitsteinen (Basisschichte, Albertibank, Anthrakonitbank, Anoplophoradolomit, Linguladolomit, Grenzdolomit), Ton- und Schluffsteinen sowie feinkörnige Quarzsandsteinen (Hauptsandstein, Anoplophorasandstein, Lingulasandstein) zusammen. Lokal sind in den Sandsteinen kleine Flöze aus inkohlten Pflanzenresten (Lettenkohle) verbreitet. Im unteren Profilabschnitt finden sich Kalksteinbänke (z. B. Grenzbonebed). Im mittleren und höheren Teil treten vereinzelt Gipslagen und ‑linsen (z. B. Böhringen-Sulfat) auf.
Die Grabfeld-Formation ist eine Wechselfolge aus hauptsächlich Sulfatgesteinen (Gips und Anhydrit) und Tonsteinen. Untergeordnet treten Sandsteine und zum Teil sandige Dolomitsteine auf.
Ein durchgehendes Gipslager ist in den basalen Grundgipsschichten abgelagert. Weitere Sulfatgesteine mit einzelnen Gips- bzw. Anhydritbänken oder -knollen können in den Bochingen-Bänken, im Entringen-Sulfat, in der Bleiglanzbank und im Mittleren Gipshorizont auftreten. Oberflächennah ist das Sulfat meist ausgelaugt. Die Auslaugungsrückstände liegen als Residualschluff oder Gipsauslaugungsresiduen (GAR) vor. Die Auslaugung erfolgt sowohl linienhaft von den Taleinschnitten her als auch flächenhaft von der Oberfläche oder von der Basis durch zirkulierendes Grundwasser. Im Bereich der aktuellen Auslaugung bilden sich Gipskarststrukturen.
Unterkeuper und unterer Mittelkeuper sind in weiten Teilen des Schichtstufenlands verbreitet. Sie stehen in der Kraichgaumulde in Nordost-Württemberg sowie am Oberlauf des Neckars auf einer Fläche von ca. 4650 km² über Tage an. Dabei werden sie bereichsweise von quartären Deckschichten überlagert.
Im Oberrheingraben, im Bereich der Schwäbischen Alb, im südlichen Albvorland sowie in Oberschwaben liegen Unterkeuper und unterer Mittelkeuper unter mächtiger Überdeckung aus jüngerem Mesozoikum. Bereichsweise werden sie zusätzlich von Quartär und Tertiär überdeckt (Oberrheingraben, Oberschwaben). Sie keilen im nördlichen Oberrheingraben und im Allgäu aus. Die Mächtigkeit der Schichtenfolge von Unterkeuper (Erfurt-Formation) und unterem Mittelkeuper (Grabfeld-Formation) schwankt zwischen 120 m und maximal 200 m. Die Erfurt-Formation ist etwa 10 m bis 30 m mächtig und die Grabfeld-Formation 100 m bis 120 m, maximal 165 m.
Hydrogeologische Charakteristik
Die Erfurt-Formation ist ein schichtig gegliederter Kluftgrundwasserleiter. Die Grundwasserführung erfolgt im unteren Profilabschnitt auf den Sandsteinbänken (besonders bei massiger Ausbildung), im oberen Profilabschnitt in den Dolomitsteinbänken (Linguladolomit, Grenzdolomit), die bereichsweise verkarstet sein können. Sohlschicht für die Grundwasserführung im Unterkeuper sind die basalen Estherientone. Der Grenzdolomit – der oberste grundwasserführende Horizont innerhalb des Unterkeupers – ist durch unterlagernde Tonsteine (Grüne Mergel) vom übrigen Unterkeuper hydraulisch getrennt. Er führt ein eigenständiges Grundwasservorkommen und ist hydraulisch eher den Grundgipsschichten der Grabfeld-Formation im Hangenden zuzurechnen.
Die Grabfeld-Formation ist im unverwitterten und unausgelaugten Zustand sowie bei vollständiger Auslaugung und nachfolgender Kompaktion überwiegend ein Grundwassergeringleiter. Eine schichtgebundene Grundwasserführung ist beschränkt auf die geklüfteten Dolomitsteinbänke (Bochingen-Horizont, Bleiglanzbank). Die zwischen den Dolomitsteinbänken liegenden, gering durchlässigen Tonsteinschichten bewirken eine Stockwerkstrennung. Im verwitterten und ausgelaugten Zustand ist die Grabfeld-Formation im Bereich der aktuellen Auslaugungszone insbesondere in den Grundgipsschichten ein Kluft- bis Karstgrundwasserleiter mit einer z. T. erheblichen Grundwasserführung über dem oberen Gipsspiegel. Ansonsten kann sie bereichsweise als schichtig gegliederter, zellig poröser Grundwasserleiter ausgebildet sein. Sind die Grundgipsschichten ausgelaugt, bilden sie mit dem Grenzdolomit der Erfurt-Formation ein Grundwasserstockwerk.
Hydrogeologische Gliederung des Unterkeupers (kuE) und unteren Mittelkeupers (kmGr) mit Mächtigkeitsangaben
Mächtigkeit [m] |
||||
Unterer Mittelkeuper |
kmGr |
Grabfeld-Formation |
Grabfeld-Formation |
< 50–165 |
Unterkeuper |
kuE |
Erfurt-Formation |
10–35 |
grün = Festgesteinsgrundwasserleiter, braun = Grundwassergeringleiter
Hydraulische Eigenschaften
Der geometrische Mittelwert der Transmissivität beträgt für Erfurt-Formation und Grabfeld-Formation 3,4 · 10‑4 m2/s bei einem Stichprobenumfang von n = 187. Im Unterkeuper schwankt die Transmissivität zwischen 1 · 10‑6 und 1 · 10‑2 m2/s und liegt im Mittel bei etwa 1 · 10‑4 m2/s (Werte für den Raum Stuttgart) (Brunner, 1998b). Die höchsten Ergiebigkeiten finden sich bei Heilbronn (HGK, 1995).
Für die einzelnen dolomitischen Bänke der Grabfeld-Formation wurden mittlere Transmissivitäten von 5 · 10‑5 m2/s (Bleiglanzbänke) und 1 · 10‑4 m2/s (Bochingen-Bänke, Wertebereich etwa zwischen 1 · 10‑3 und 1 · 10‑5 m2/s) bestimmt. In Gebieten mit Gipskarst ist die Transmissivität häufig höher und beträgt zwischen 2 · 10‑3 und 7 · 10‑3 m2/s. Bei günstigen Bedingungen können Brunnen mehr als 20 l/s liefern.
Deutlich geringer ist die Transmissivität (1 · 10‑6 bis 1 · 10‑4 m2/s) in Gebieten mit erosiv stark reduzierter Mächtigkeit und wieder erfolgter Kompaktion oder in Gebieten mit mächtiger Überdeckung aus höherem Keuper. Ebenso ist die Transmissivität geringer in Gebieten, wo Grundwasser der Grabfeld-Formation infolge tektonischer Störungen oder Auflockerung in tiefere Stockwerke absinken kann (HGK, 1995).
Hydrologie
Im Verbreitungsgebiet von Erfurt-Formation und Grabfeld-Formation beträgt die langjährige mittlere Grundwasserneubildung aus Niederschlag (Standardperiode 1981 bis 2001) Gm = 4,2 l/s km2. Das entspricht, bezogen auf die Ausstrichfläche von etwa 4 650 km2, einer Neubildung von ca. Gf = 19 500 l/s. Auf den zum Teil lössbedeckten Hochflächen erfolgt die Grundwasserneubildung über flächenhafte Infiltration des Niederschlags. Bei Überlagerung durch jüngere Festgesteine erfolgt die Grundwasserneubildung in geringem Umfang auch durch vertikale Zusickerung.
Liegt die Aquiferbasis über dem Vorflutniveau, entwässert das Keuper-Grundwasser über Schichtquellen und sinkt in den Oberen Muschelkalk. Die Quellschüttungen betragen meist 1 bis 2 l/s, sie liegen bei größeren Einzugsgebieten auch deutlich höher. Eine Reihe von Gipskarstquellen erreichen mittlere Schüttungen von über 10 l/s. Die Ergiebigkeiten der Brunnen weisen oft Werte kleiner 5 l/s auf. In ausgelaugt und wieder kompaktierten Bereichen oder in Bereichen, wo das Grundwasser an tektonischen Störungen oder Auflockerung in tiefere Stockwerke absinken, liefern die Brunnen nur 0,01 bis 0,5 l/s (HGK, 1995).
In den Neubildungsgebieten sinkt Unterkeuper-Grundwasser in den Oberen Muschelkalk ab. Bereichsweise ist ein Aufstieg von Muschelkalk-Grundwasser in den Unterkeuper möglich (HGK, 1995).
Schüttung genutzter Quellen der Grabfeld-Formation und Erfurt-Formation im Landkreis Schwäbisch Hall (Plum et al., 2005)
Grundwasserleiter |
Stichprobenumfang |
Qm [l/s] |
Qmin [l/s] |
Qmax [l/s] |
Qmin/Qm [-] |
Qmin/Qmax [-] |
Grabfeld-Formation (kmGr) |
3 |
0,82 |
0,65 |
1,3 |
0,79 |
0,50 |
Unterkeuper (ku) |
5 |
0,76 |
0,18 |
1,2 |
0,24 |
0,15 |
Qm: mittlere Schüttung; Qmin: minimale Schüttung; Qmax: maximale Schüttung; Qmin/Qmax: Schüttungsquotient; Qmin/Qm: Anteil minimaler an mittlerer Schüttung
Geogene Grundwasserbeschaffenheit
In der Erfurt-Formation kommt normal erdalkalisches, hydrogenkarbonatisches Grundwasser vor. Der mediane gelöste Feststoffinhalt eines anthropogen weitgehend unbeeinflussten Unterkeuper-Grundwassers beträgt 651 mg/l. Überwiegend gesteinsbürtig als Folge der Lösung von Dolomit sind die medianen Konzentrationen von Calcium (104 mg/l), Magnesium (39,8 mg/l) und Hydrogenkarbonat (357 mg/l). Dies entspricht einer medianen Karbonathärte von 16,4 °dH. Die mediane Gesamthärte beträgt 8,48 mmol(eq)/l, das sind ca. 23,74 °dH. Die mediane Konzentration von Sulfat beträgt 61,9 mg/l, die von Chlorid 13 mg/l (Plum et al., 2009a).
Bei vollständiger Auslaugung des Sulfatgesteins führt die Grabfeld-Formation normal erdalkalisches, überwiegend hydrogenkarbonatisches Grundwasser (Plum et al., 2008). Alle geogen bedingten medianen Konzentrationen von Calcium (114 mg/l), Magnesium (46,8 mg/l), Kalium(1,7 mg/l), Natrium (6,74 mg/l), Hydrogenkarbonat (462 mg/l) und Chlorid (18 mg/l) liegen in der gleichen Größenordnung wie im Grundwasser aus der Erfurt-Formation. In Gebieten mit aktiver Sulfatauslaugung ist das Grundwasser meist normal erdalkalisch, überwiegend sulfatisch mit einer medianen spezifischen elektrischen Leitfähigkeit von 827 μS/cm (bei 25 °C) (Plum et al., 2008; Plum et al., 2009a). Die Calcium- und Sulfatkonzentrationen reichen bis in den Gips-Sättigungsbereich.
Geschütztheit des Grundwassers
Dort, wo die Erfurt-Formation an der Erdoberfläche ansteht, sind die Böden sandig-lehmig. Im Bereich exponierter Kanten kommen flachgründige dolomitisch-tonige Verwitterungsdecken vor.
Über der Grabfeld-Formation finden sich überwiegend schwere kalkhaltige Böden, die zur Austrocknung neigen. Dabei entstehen breite Schrumpfrisse, sowie in den flachen Lagen anmoorige Böden, zum Teil mit Seekreide und zähem blauschwarzem Ton. Daneben sind in diesen Gebieten Mischböden mit Lössanteilen verbreitet.
Erfurt-Formation und Grabfeld-Formation sind in weiten Bereichen von bis zu 10 m mächtigem Löss und Lösslehm überdeckt. Da die grundwasserführenden Horizonte in der Erfurt-Formation und in der Grabfeld-Formation in Wechsellagerung mit Grundwassergeringleitern auftreten, ergibt sich nur bei unmittelbar anstehenden Grundwasserleitern eine geringe Schutzfunktion der Grundwasserüberdeckung. Ansonsten sind mehr oder weniger geringdurchlässige tonig-schluffige Gesteine in der ungesättigten Zone unter dem Boden verbreitet.
Grundwassernutzung
Das Grundwasser in der Grabfeld-Formation wird von Mineralwasserbetrieben in erheblichem Umfang genutzt und als Mineralwasser vermarktet. Teilweise wird auch das Grundwasser in der Erfurt-Formation (Unterkeuper) genutzt. Das Grundwasser in diesen Schichtfolgen wird in der Regel durch Bohrungen erschlossen. Die zu Brunnen ausgebauten Bohrungen werden häufig als „Quelle“ bezeichnet, obwohl das erschlossene Grundwasser in der Regel nicht – wie bei einer Quelle im eigentlichen Sinn – natürlich frei an der Geländeoberfläche ausläuft. In den meisten Fällen muss das Grundwasser aus der Tiefe gepumpt werden. Mehrere solcher Mineralbrunnen oder Quellen können zusammengefasst und als „Quellnutzungen“ betrieben werden.
Als Beispiele können die Mineralwasserbetriebe in Rohrau, Ensingen, Löwenstein-Teusserbad, Sachsenheim und Rietenau genannt werden.
Literatur
- (1998b). Erläuterungen zu Blatt Stuttgart und Umgebung. – 6. Aufl., Geologische Karte von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 298 S., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
- (1995). Heilbronner Mulde. – Hydrogeologische Karte Baden-Württemberg, 121 S., 12 Karten, Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg; Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg).
- (2009a). Natürliche geogene Grundwasserbeschaffenheit in den hydrogeologischen Einheiten von Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 23, S. 1–192.
- (2008). Hydrogeologische Einheiten in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 20, S. 1–106.
- (2005). Hydrogeologische Grundlagen für eine Optimierung der Wasserversorgung für den Landkreis Schwäbisch Hall. – LGRB-Bericht i. A. des UVM, S. 1–19, Freiburg i. Br. [unveröff.]