Das in der Konstanzer Altstadt liegende historische Postamt wurde im Jahr 1891 errichtet. Es wurde mit einer Einbindung von ca. 3,5 m Tiefe in den Hasenweiler-Beckensedimenten flach auf einer Betonplatte gegründet. Das Gebäude umschließt U‑förmig einen Innenhof, in dem in den Jahren 1985/86 ein direkt an das bestehende Gebäude angrenzender Erweiterungsbau mit Tiefgarage errichtet wurde. Die Gründungssohle des geplanten Neubaus kam planmäßig ca. 1,0 m unter der des Bestandes zu liegen. Bei der Herstellung der Baugrube und den Gründungsarbeiten traten aufgrund der geotechnischen Besonderheiten der Hasenweiler-Beckensedimente unerwartete Probleme auf, auf die im Folgenden eingegangen wird.
Bei der Baugrunderkundung wurde in den bis zu 60 m tiefen Bohrungen folgender Untergrundaufbau festgestellt: unter ca. 2–3,5 m mächtigen Auffüllungen wurde bis ca. 21 m unter Gelände ein schluffiger, schwach feinsandiger Ton mit breiiger bis weicher Konsistenz angetroffen. Dabei handelt es sich um feuchte bis nasse Hasenweiler-Beckensedimente, die erfahrungsgemäß sehr setzungsgefährdet und erschütterungsempfindlich sind. Darunter folgten bis ca. 50 m unter Gelände feinsandige, schwach tonige Schluffe mit steifer bis halbfester Konsistenz. Diese wurden als ältere, bereits konsolidierte Bodensee-Sedimente angesprochen, welche aufgrund ihrer Konsistenz für den Abtrag von Bauwerkslasten geeignet sind. Ab ca. 50 m Tiefe wurden Lockergesteine einer kiesigen Moräne (sog. Tillite) angetroffen.
Aufgrund der Ergebnisse der Baugrunderkundung und Erfahrungen aus anderen Bauvorhaben entschied man sich, eine Flachgründung in den stark setzungsgefährdeten Hasenweiler-Beckensedimenten zu vermeiden und die Bauwerkslasten stattdessen mittels einer Tiefgründung mit Bohrpfählen in die ab ca. 21 m Tiefe vorhandenen bereits konsolidierten Bodensee-Sedimente abzutragen.
Wegen des ca. 1 m hohen Geländesprungs zur Gründungssohle des bestehenden Postamtes wurden auch aufwendige Sicherungsmaßnahmen für die Baugrube erforderlich. Erschwerend kam hinzu, dass aufgrund der ungünstigen geotechnischen Eigenschaften der Hasenweiler-Beckensedimente eine Hebung der Baugrubensohle durch die Aushubentlastung zu befürchten war. Die Sicherungselemente waren dementsprechend tief in den Bodensee-Sedimenten einzubringen. Der Geländesprung entlang des alten Postamtes wurde mittels einer aufgelösten Bohrpfahlwand mit bis zu 38 m langen Bohrpfählen gesichert. An der südlichen und südwestlichen Baugrubenwand waren wegen der geringeren Entfernung zum Bestand überschnittene Bohrpfahlwände mit bis zu 25 m langen Bohrpfählen erforderlich.
Bei der Ausschreibung der Baugruben- und Gründungsarbeiten wurden Rammpfähle nicht zugelassen, da durch die verfahrensbedingt hohen Erschütterungen beim Einbringen der Pfähle Schäden an den umliegenden Gebäuden nicht ausgeschlossen werden konnten.
Schon zu Beginn der Bohrarbeiten zeigte sich, dass trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Setzungen im Untergrund auftraten, die Schäden an den umliegenden Gebäuden verursachten. Bei der Ursachensuche wurde durch Messungen der Schwinggeschwindigkeiten nachgewiesen, dass die Schäden nicht unmittelbar durch die Erschütterungen aus dem Baubetrieb ausgelöst worden sein konnten. Ebenso konnten ein Bodenentzug durch die Bohrarbeiten sowie eine ungewollte Grundwasserabsenkung ausgeschlossen werden. Als plausible Ursache wurde ein Porenwasserüberdruck in den umliegenden Bereichen ausgemacht, der sich als Folge der Erschütterungen aus dem Baubetrieb einstellte und dessen Wiederabbau mit Setzungen und einer Konsolidierung der Hasenweiler-Beckensedimente verbunden war.
Daher war es für den weiteren Baubetrieb von entscheidender Bedeutung, die Erschütterungen so gering wie möglich zu halten. Zunächst wurde ein ca. 1 m mächtiges Kiespolster zur Dämpfung von Einwirkungen aus dem Baubetrieb auf das Bohrplanum aufgebracht. Zur Verkürzung der Bauzeit für die Bohrpfähle wurden Mantel- (mantelverpresster Pfahl) und Fußverpressungen angeordnet. Durch die zusätzlichen Verpressungen wurde eine Erhöhung der Tragfähigkeit erreicht, die eine Reduktion der Einbindelängen und damit eine kürzere Bauzeit ermöglichte.
Während der weiteren Gründungsarbeiten klangen die Setzungen nahezu vollständig ab. Die getroffenen Maßnahmen waren also erfolgreich.
Literatur
- (1987). Geotechnische Probleme bei der Gründung des Postamtes Konstanz. – Geotechnik, 10(3), S. 105–122.
- (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.