Verbreitungsgebiete: Schwarzwald, Odenwald
Erdgeschichtliche Einstufung: überwiegend Jura bis Jungtertiär
(Hinweis: Die Rohstoffkartierung liegt noch nicht landesweit vor. Der Bearbeitungsstand der Kartierung lässt sich in der Karte über das Symbol „Themenebenen“ links oben einblenden.)
Lagerstättenkörper
Mineralgänge mit Baryt (Schwerspat, BaSO4) und Fluorit (Flussspat, CaF2) treten im Grund- und Deckgebirge des Schwarzwalds und des Odenwalds häufig auf. Die wirtschaftlich interessanten Gänge setzen im Gneis oder in der Randzone zwischen Gneis und Granit auf. Fluss- und Schwerspat bilden meist steil stehende Lagerstättenkörper, die sog. Gänge bzw. Hydrothermalgänge. Entstanden sind diese gangförmigen Körper aus heißen, wässrigen Lösungen, die auf tektonischen Spalten im Gestein aufgestiegen sind und dort ihren Mineralgehalt absetzten. Auf den meisten Gängen sind 3–4 Mineralisationsphasen (mit vielen Subphasen) zu unterscheiden. Altersdatierungen und strukturgeologische Kartierungen belegen, dass die Spaltensysteme in verschiedenen geologisch-tektonischen Phasen (überwiegend im Perm, an der Wende Jura/Kreide, im Tertiär) mehrfach aufgerissen sind und mineralisiert wurden. Teilweise kam es dabei zu weiteren Mineralabscheidungen, teilweise zur Umlagerung des älteren Stoffbestands. Fluor und Barium stammen besonders aus der Laugung der Feldspäte und dunklen Glimmer der Gneise und Granite, ebenso die Metalle der Gänge (besonders Fe, Zn, Pb, Cu, Ag, Co, Ni, As, Sb); Schwefel wird sowohl aus den Grundgebirgsgesteinen als auch aus dem biogenen Ablagerungen überlagernder, durch Formationswässer gelaugter Sedimente abgeleitet.
Eine Abgrenzung von wirtschaftlich interessanten Gangpartien ist abhängig von der Zusammensetzung der Wertminerale innerhalb des Ganges, der Ganglänge, der Tiefenerstreckung und der nutzbaren Mächtigkeit der Gangzone. Die größten Spatlagerstätten des Schwarzwalds liegen bei Pforzheim, bei Oberwolfach (die von der Sachtleben AG betriebene Grube Clara) und anderen Stellen im Kinzigtal, im Münstertal, im Raum Wieden–Todtnau sowie bei St. Blasien. Bei den großen Schwarzwälder Spatlagerstätten ist mit Vorräten um bzw. über 10 Mio. t zu rechnen, wobei der Fluoritgehalt starken Schwankungen (ca. 50–90 %) unterliegt. Mit Ausnahme des Käfersteige-Ganges bei Pforzheim, der von einer durchgreifenden postfluoritischen Verquarzung erfasst wurde, sind die Spatgänge des Schwarzwalds meist grobspätig und daher gut durch technische Aufbereitung von den anderen Gangmineralen zu trennen. Fluss- und Schwerspat werden zurzeit in dem einzigen in Betrieb befindlichen Bergwerk des Schwarzwaldes, der Grube Clara bei Oberwolfach, aus einer Tiefe von 700–850 m gewonnen (Stand 2013).
Gestein
Die Ganggesteine bestehen aus einer Verwachsung der beiden genannten Spate und enthalten stets Quarz, Karbonate und Erzminerale sowie Nebengesteinseinschlüsse. Die Kristalle des Baryts sind meist tafelig ausgebildet und im Schwarzwald fast immer reinweiß, selten leicht rötlich. Eine Sonderform sind keilförmige Kristalle, der sog. Meißelspat, der hauptsächlich im Kinzigtal auftritt. Fluorit ist meist wasserklar bis violett, selten grünlich oder gelblich; können die Fluoritkristalle frei wachsen (in Hohlräumen bzw. „Drusen“), so bilden sie fast immer würfelförmige Kristalle.
Petrographie
Auf der Grube Clara im Schwarzwald besteht der seit 1850 in Abbau stehende Barytgang durchschnittlich aus 70–80 % Baryt, 10–20 % Fluorit und 5–20 % Quarz sowie einigen Prozenten an anderen Mineralen und Nebengesteinseinschlüssen. Der Flussspatgang dieser Grube enthält 55–90 % Fluorit, 0–25 % Baryt und etwas Quarz. Das Haufwerk der Grube Käfersteige bestand aus ca. 50 % Fluorit und 50 % Quarz. Die Baryt-, Eisen- und Erzgehalte lagen bei < 1 %. Als Beispiel aus dem Revier Wieden, in dem Fluorit gegenüber Baryt dominiert, kann der Gang der Grube Finstergrund angeführt werden: 50–60 % Fluorit, 25–30 % Quarz, 1–2 % Baryt, < 1 % Erze.
Mächtigkeiten
Die geologische Mächtigkeit der Schwerspatgänge im Schwarzwald variiert von wenigen cm bis über 10 m; bauwürdige Mächtigkeiten von Barytgängen erreichen in der der Grube Clara durchschnittlich 3–4 m, in steilen Abschnitten kann die Mächtigkeit auch bis auf 12 m ansteigen. Die geologische Mächtigkeit der Flussspatgänge schwankt ebenfalls stark. Die genutzte Mächtigkeit ist abhängig vom Fluoritgehalt im Gang; dieser sollte aus abbautechnischen Gründen mehr als 2 m betragen. Die bekannten Flussspatgänge im Schwarzwald sind zwischen 1 und 4 m mächtig, in Ausnahmefällen auch bis 30 m.
Gewinnung und Verwendung
Gewinnung: Die Gewinnung von Schwerspat begann im Schwarzwald Mitte des 19. Jahrhunderts, da reinweißer Schwerspat zur Herstellung von lichtechten Farben genutzt wurde. Hauptabbaugebiete waren das Kinzigtal, das Münstertal und im Südschwarzwald. Die Gewinnung von Flussspat begann im 20. Jahrhundert. Hauptproduzenten für Flussspat waren die Gruben im Münstertal, bei Wieden, St. Blasien, Aitern, Grafenhausen, Igelschlatt, Brenden und Brandenberg im Südschwarzwald. Das größte Flussspatbergwerk war die Grube Käfersteige südöstlich von Pforzheim. Bis zur Weltmarktpreis-bedingten Stilllegung der Grube (1996) konnte der Gang auf einer Länge von 1200 m und über min. 400 m Tiefenerstreckung in bauwürdiger Mächtigkeit nachgewiesen werden. Heute ist nur noch die Grube Clara bei Oberwolfach in Betrieb und gewinnt Baryt und Flussspat aus überwiegend NW–SO streichenden Gangzonen (Stand 2014). Der Abbau erfolgt mittels Bohren und Sprengen. Das gelöste Material wird mit Radladern zu Rollen und Bunkern transportiert und schließlich per LKW über eine Rampe zu Tage gefördert und dann zur Aufbereitung nach Wolfach gebracht. Die Weiterverarbeitung erfolgt durch Brechen, Mahlen und der Flotation des Materials, wobei Baryt, Fluorit, silber- und kupferhaltige Erze getrennt werden.
Verwendung:
1) Schwerspat: Der größte Teil der weltweiten Schwerspatproduktion wird als Bohrspat zur Dichteregulierung in Bohrspülungen in der Erdöl- und Erdgasindustrie verwendet. Weitere Anwendungsbereiche sind Füllstoffe und Schallschutzmatten in der Automobilindustrie, nicht brennbare Kunststoffe, lichtechte Farben (Lithopone), Papier (Barytpapier), chemische Produkte, strahlungsabsorbierender Schwerbeton, Trinkwasserreinigung und medizinische Diagnostik (Kontrastmittel).
2) Flussspat: CaF2 wird in der chemischen Industrie verwendet, um z. B. Flusssäure herzustellen. Weiterhin wird es zur Produktion von Kryolith (Na3AlF) genutzt; bei der Aluminiumerzeugung aus Bauxit wird synthetischer Kryolith eingesetzt, da er den Schmelzpunkt herabsetzt. In der Metallurgie dient CaF2 als Flussmittel für die Schlacke bei der Eisenverhüttung. Weitere Verwendungsbereiche liegen in der Keramik- und Glasindustrie, Schweißtechnik sowie als Pflanzenschutzmittel und Zahnpasta.
Literatur
- (1986). Erz- und Minerallagerstätten des Mittleren Schwarzwaldes – eine bergbaugeschichtliche und lagerstättenkundliche Darstellung. 786 S., Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
- (2013b). Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2012/2013: Bedarf, Gewinnung und Sicherung von mineralischen Rohstoffen – Dritter Landesrohstoffbericht. – LGRB-Informationen, 27, S. 1–204.
- (1977). Mineralogisch-landeskundliche Wanderungen im Nordschwarzwald, besonders in dessen alten Bergbaurevieren. 2. Aufl., 632 S., Lahr (Schauenburg).
- (2012b). Schätze unter dem Boden: Was wissen wir über die tiefliegenden Rohstoffe in Baden-Württemberg?. – Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br., 102, S. 37–92.
- (2004). Lagerstätten und Bergbau im Schwarzwald – Ein Führer unter besonderer Berücksichtigung der für die Öffentlichkeit zugänglichen Bergwerke. 334 S., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).