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Oberrhein- und Hochrheingebiet

Wie kaum eine andere Landschaft Baden-Württembergs hebt sich das Oberrheinische Tiefland mit dem Hochrheintal von den benachbarten Landschaften ab. Die weiten Verebnungen im zentralen Bereich des Oberrheingrabens werden meist von schmalen Vorbergen der steil ansteigenden Randgebirge Schwarzwald, Vogesen, Odenwald und Pfälzer Wald begleitet. Die geringen Meereshöhen in der Tiefebene sorgen für das deutschlandweit wärmste Klima, was in Verbindung mit der vorteilhaften Topographie ideale Voraussetzungen für eine frühe Besiedlung bot. Bis heute haben diese besonderen naturräumlichen Verhältnisse die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung befördert.

Kartenausschnitt
Kartenausschnitt

Landschaft und Klima

Unter einem Himmel mit Schleierwolken breitet sich eine flache Landschaft mit weiten Waldflächen aus. Im Vordergrund rechts schließen sich Äcker an, rechts hinten erhebt sich ein Hang mit Felsen und Wald. In der Ferne sind noch schwach Berge erkennbar.
Blick über die Wälder der Rheinaue beim Isteiner Klotz nach Nordwesten zu den Vogesen

Der landschaftliche Charakter des Oberrhein- und Hochrheingebiets wird im Wesentlichen von der geologischen Entwicklung dieses Landschaftsraums bestimmt. Wie im Landschaftsnamen zum Ausdruck kommt, bildet der Rhein das verbindende Element. Weite Bereiche der Oberrheinebene und des Hochrheintals werden von ebenen Flussterrassen und ‑auen des Rheins und seiner Zuflüsse eingenommen. Die am Übergang zum Schwarzwald gelegenen Vorberge wie Markgräfler Hügelland, Lahr-Emmendinger- und Ortenau-Bühler-Vorberge sowie die Bergstraße nördlich und südlich von Heidelberg sind durch die östliche Hauptrandverwerfung vom Schwarzwald bzw. Odenwald getrennt und werden aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung ebenfalls noch zu dieser Landschaftseinheit gezählt (Meynen & Schmithüsen, 1956). Entsprechendes gilt für den Dinkelberg im Norden des westlichen Hochrheins. Als zusätzliches Element erhebt sich nordwestlich von Freiburg die Vulkanruine des Kaiserstuhls aus der Oberrheinebene.

  • Blick von erhöhtem Standort über eine weite, zersiedelte Landschaft mit Feldern und Waldflächen. Im Mittelgrund liegt eine Gruppe niedriger bewaldeter Berge, am dunstigen Horizont sind höhere Berge zu erkennen.
Entstehung des Oberrheingrabens
Blick auf eine Straßenbaustelle mit einer nach links an- und wieder absteigenden Rampe und einem angeschnittenen, bewaldeten Hang im Hintergrund. Der Hang weist schräg verlaufende, unterschiedliche Farben auf.

Geologische Vielfalt am Dinkelberg – Autobahnbaustelle östlich von Rheinfelden-Hagenbach mit schräggestellten Keuper und Unterjuraschichten

Großaufnahme eines länglichen Steins mit teils abgerundeten Kanten. Die glattgeschliffene Schauseite ist weißlich grau mit gelben Sprenkeln.
Karbonatit vom Kaiserstuhl (Vogtsburg-Schelingen)

Der Kaiserstuhl bildet einen Vulkankomplex aus größtenteils miozänen basaltähnlichen Ergussgesteinen, die im Kreuzungsbereich des Oberrheingrabens mit dem aus Südosten kommenden Bonndorfer Graben aus dem Erdmantel aufgestiegen sind. Die höheren Teile des Vulkangebäudes fielen seither der Erosion zum Opfer und im Zentrum des Kaiserstuhls wurden vulkanische Gesteine, wie z. B. der seltene Karbonatit freigelegt, die ursprünglich nicht die Oberfläche erreichten. Die bewaldeten, meist lössfreien Hochlagen überragen mit bis über 500 m NN (Totenkopf, 556 m NN) die tiefer gelegenen, meist wein- und ackerbaulich genutzten Bereiche. Im Ostteil des Kaiserstuhls werden die vulkanischen Gesteine von alttertiären Sedimentgesteinen begleitet.

Seitenansicht einer sich nach links verjüngenden, abgestuften Steinbruchwand. Am Fuß des weißlich grauen Gesteins sind Kieshänge.
Kiesgrube bei Heidelberg-Grenzhof mit würmzeitlichem Neckarschotter

Westlich von Heidelberg hat der Neckar einen ausgedehnten, sehr flachen Schwemmfächer bis Mannheim, Schwetzingen und Viernheim (Hessen) geschüttet, der von pleistozänem Schotter und jüngeren Hochwassersedimenten des Neckars aufgebaut ist. Die Schotter aus vorherrschend Muschelkalk- und Buntsandsteinmaterial sind in Kiesgruben und Bohrungen bis in das Stadtgebiet von Mannheim nachweisbar und belegen die hohe Transportkraft des eiszeitlichen Flusses.

Das Foto zeigt ein hellgraues bis rötlich graues, in einem Streifen unten violettes Bodenprofil des LGRB unter Wald. Das in neun Horizonte gegliederte Profil hat eine Tiefe von 1,50 m. Rechts oben zeigt eine Tafel den Namen und die Nummer des Profils an.
Gley-Pseudogley aus spätwürmzeitlichem Hochflutsediment der Kinzig bei Schutterwald

In der Oberrheinebene haben sich auf den ausgedehnten, meist bewaldeten Hardtflächen mit sandigen Terrassenablagerungen und Flugsanden braune, versauerte Sandböden entwickelt. Weiter südlich sind die Böden deutlich toniger ausgebildet, häufig staunass und vom Grundwasser beeinflusst. Auf der eiszeitlichen Niederterrasse südlich des Kaiserstuhls nehmen lehmige Kiesböden mit rötlichem Unterboden größere Flächen ein. Dagegen herrschen am mittleren Oberrhein auf eiszeitlichen bindigen Hochwassersedimenten marmorierte, zur Staunässe neigende Böden vor.

Das Bild zeigt rötlich braune, flache und sehr steinige Äcker, die bis zum Horizont reichen. Dahinter erheben sich rechts bewaldete Hügel und links Berge.
Kiesbedeckte Niederterrassenfläche südlich von Neuenburg am Rhein
Das Bild zeigt mehrere rundliche Erdhügel, die in langen Reihen erst abwärts und dann wieder aufwärts bis zu einem Wald verlaufen.
Spargelfeld auf Flugsand bei Schwetzingen

In der Tiefebene sind vor allem die trockenen Sandböden der Hardtflächen bewaldet. Der Anbau von Sonderkulturen wie Spargel im Raum Schwetzingen ist eher die Ausnahme.

Aber auch feuchte Niederungen, wie z. B. westlich von Lahr und Offenburg, werden von Grünland oder Wald eingenommen. Auf den meist kiesigen Böden der Niederterrasse herrscht dagegen ackerbauliche Nutzung vor. Südlich des Kaiserstuhls nehmen Terrassenflächen mit kiesigen Böden größere zusammenhängende Ackerflächen ein, die sich weiter nördlich zunehmend inselartig auflösen und von feuchten Niederungen ersetzt werden.

Blick von der Seite auf eine Abbauwand aus gebankten, bräunlich-beigen Gesteinen. Im Hintergrund befindet sich Wald.
Gebankte Kalksteine der Hauptrogenstein-Formation (Steinbruch Merdingen am westlichen Rand des Tunibergs)

Im Osten grenzt der Kieskörper des Ober­rhein­grabens an die Vorberg­zone bzw. den Schwarz­wald. Die Vor­berg­zone besteht aus mesozoischen und tertiären Fest­gesteinen mit unterschiedlichen Durch­lässigkeiten, der Schwarz­wald aus überwiegend gering durch­lässigen kristallinen Gesteinen.

Das Foto zeigt eine dicht von Bäumen, Büschen, Schilf und anderen Gräsern gesäumte, teilweise auch durchsetzte Wasserfläche. Rechts der Bildmitte steht eine Messlatte im Wasser.

Taubergießen (Rheinniederung zwischen Weisweil-Rheinhausen und Rust-Kappel)

Gießen sind stark schüttende Grundwasseraustritte in der Rheinniederung, die häufig tiefe Quelltöpfe mit sehr klarem Wasser bilden.

Geogefahren

Rechts einer Straße erhebt sich ein felsiger, teils auch bewachsener Hang. Von diesem Hang sind Steine und Felstrümmer auf die Straße gestürzt. Ein Mann in Schutzkleidung links betrachtet den Schaden.
Felssturz in Sasbach unterhalb der Ruine Limburg

Geogen bedingte Schadensfälle in Form von gravitativen Massenbewegungen (Rutschungen und Sturzereignisse) sind überwiegend in den Hanglagen des südlichen Oberrhein- und Hochrheingebiets bekannt. So treten Rutschungen in tertiären Gesteinen der südlichen Vorbergzone (Tüllinger Berg) und Sturzereignisse in den Vulkaniten des Kaiserstuhls auf (Eckartsberg in Breisach und Sasbach). Am Dinkelberg im westlichen Teil des Hochrheintals weisen die Gesteine des Oberen Muschelkalks eine starke Verkarstung auf, was durch zahlreiche Erdfall-, bzw. Dolinenstrukturen zum Ausdruck kommt.

Nahaufnahme von hellgrauem, durchsichtig wirkendem Gestein, in das bräunliche, wie Schlangen wirkende Gebilde eingearbeitet sind.
Korallenführender Kalkstein

Diese Gesteine werden zu hochwertigen Produkten für die Bauindustrie sowie zu Branntkalken verarbeitet. Die zahlreichen aufgelassenen Kalksteinbrüche in der Vorbergzone des Oberrheins und am Dinkelberg zeugen von einer intensiven Nutzung in vergangenen Zeiten. In diesem Zusammenhang sind auch die Zementrohstoffe zu erwähnen, welche bis Anfang dieses Jahrhunderts bei Efringen-Kirchen in Abbau standen.

Im Kaiserstuhl werden vulkanische Gesteine als Natursteine gewonnen. Im Abbau steht der Phonolith, welcher aufgrund seiner mineralogischen Zusammensetzung nicht mehr zu Schotter gebrochen, sondern aufgemahlen und einer Vielzahl hochwertiger Verwendungszecke zugeführt wird. Für die Herstellung von Körnungen für Bauzwecke aller Art wurden früher neben Phonolith auch Foidbasalte, Essexite und der Karbonatit des Kaiserstuhls verwendet.

Weite Verbreitung weisen am Oberrhein auch Tone und Tonsteine unterschiedlicher Zeitalter sowie quartäre Lösslehme auf, welche die Produktionsgrundlage der Ziegeleien der Region bildeten. Besonders zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Tone und Kaolinerden im Raum Kandern, die zu feuerfesten Erzeugnissen verarbeitet wurden und die tertiären Tonsteine bei Malsch, welche zur Herstellung von grobkeramischen Produkten genutzt wurden.

Historisch bedeutsam sind die Naturwerksteine der Region. Aufgrund der besonderen tektonischen Grabensituation am Oberrhein treten zahlreiche unterschiedliche Lithologien zu Tage, die als Naturwerksteine Verwendung fanden. Hervorzuheben sind die roten Sandsteine des Buntsandsteins der Vorbergzone wie z. B. bei Degerfelden und Schopfheim, die am Basler Münster verbaut wurden. Aus dem Tertiär stammen die Kalksandsteine der Küstenkonglomerat-Formation, welche häufig für figürliche Arbeiten, wie Statuen, reich verzierte Grabplatten und Wegkreuze, verwendet wurden.

Externe Lexika

Wikipedia

Literatur

  • Ad-Hoc-AG Hydrogeologie (2016). Regionale Hydrogeologie von Deutschland – Die Grundwasserleiter: Verbreitung, Gesteine, Lagerungsverhältnisse, Schutz und Bedeutung. – Geologisches Jahrbuch, Reihe A, 163, 456 S., Hannover.
  • Galluser, W. A. & Schenker, A. (1992). Die Auen am Oberrhein – Les zones alluviales du Rhin supérieur. 192 S., Basel (Birkhäuser Verlag).
  • Geyer, M., Nitsch, E. & Simon, T. (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
  • HGK (1985). Grundwasserlandschaften. – Hydrogeologische Karte Baden-Württemberg, 12 S., 8 Anlagen, Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
  • LGRB (2011b). Blatt L 7512/L 7514 Offenburg/Oberkirch und Blatt L 7712 Lahr im Schwarzwald, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 362 S., 55 Abb., 15 Tab., 3 Kt., 1 CD-ROM, Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Poser, C. & Kleinschnitz, M., m. Beitr. v. Bauer, M. & Werner, W.]
  • LGRB (2017). Blatt L 8110/L 8112 Müllheim/Freiburg i. Br.-Süd (Westteil) und L 8310/L 8312 Lörrach/Schopfheim (Westteil), mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 432 S., 196 Abb., 18 Tab., 4 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Kimmig, B., Elsäßer, L., Werner, W., Schmitz, M.]
  • Meynen, E. & Schmithüsen, J. (1956). Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands, 3. Lieferung. 350 S., Remagen (Bundesanstalt für Landeskunde).
  • Villinger, E. (2011). Erläuterungen zur Geologischen Übersichts- und Schulkarte von Baden-Württemberg 1 : 1 000 000. 13. Aufl., 374 S., 1 Karte, Freiburg i. Br.
  • Werner, W. & Gassmann, G. (2020). Die Bohnerz- und Jaspis-Lagerstätte von Schliengen – Lagerstätteninhalt, Entstehung und geschichtliche Bedeutung. – Das Markgräflerland, S. 11–48.
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