Übersicht, Verbreitung, Geologie
Der wichtigste Naturwerkstein des Kaiserstuhls ist der umgangssprachlich als „Tuffstein“ bezeichnete alkalibasaltische Pyroklastit. Es handelt sich um einen jungtertiären Lapillituff tephritischer bis phonolitischer Zusammensetzung. Das größte Verbreitungsgebiet von Tephritlaven und ‑pyroklastiten ist der westliche Kaiserstuhl. In die Tephrite sind Phonolithschmelzen stockförmig intrudiert.
Der Kaiserstühler Tuffstein wird seit fast zwei Jahrtausenden für Bauzwecke verwendet. Schon römische Legionäre nutzten dieses Gestein für ihr Kastell auf dem Breisacher Münsterberg (vgl. Abschnitt: Verwendung). Bekannt ist dieser Tephrit-Pyroklastit durch die vielen steinsichtigen Mauern und Türme der Breisacher Altstadt, besonders aber durch das spätromanische bis gotische Breisacher Münster St. Stephan. Im Kaiserstuhl sind viele Weinbergsmauern aus diesen dunklen Pyroklastiten errichtet. Wegen ihren wärmespeichernden Eigenschaften und ihrer Bedeutung als Lebensraum für Insekten und Kriechtiere steigt die Wertschätzung dieser Gesteine trotz der im Vergleich zu Lössterrassen oder Betonbauwerken höheren Kosten.
Geologisches Alter, Entstehung
Bei der mehrfachen Ausbruchstätigkeit des Kaiserstuhl-Stratovulkans vor 19–16 Mio. Jahren entstanden mächtige Decken aus Tephrit-Pyroklastiten und Laven; die geologische Karte zeigt den westlichen Kaiserstuhl, in dem die meisten Tephritsteinbrüche zu finden sind. Die nach Erosion verbliebene maximale Restmächtigkeit der Tephritdecken beträgt heute noch ca. 150 m (Wimmenauer, 2003). Nach der Ablagerung kam es durch hydrothermale Prozesse im noch heißen Lapillituff zur Bildung von Zeolithen und Karbonatmineralen (zumeist wohl aus dem vulkanischen Glas), die zur unterschiedlich guten Verfestigung der Pyroklastite führten. Intrusionen von Tephrit- und Essexit-Gängen sowie Setzungs- und Rutschungsvorgänge störten die Gesteinsverfestigung, so dass gut verfestigte Bereiche nur geringe Ausdehnung aufweisen. Sie müssen durch detaillierte Erkundung ermittelt werden.
Gesteinsbeschreibung
Bei den Kaiserstühler Tuffsteinen handelt es sich um schwarze, dunkelgraue bis rötlich braune, plagioklasreiche, pyroklastische Alkaligesteine meist tephritischer Zusammensetzung. Je nach Größe und Anteil der Komponenten sind sie als Aschen-, Lapilli- und Bombentuffe, Tuffbrekzien oder vulkanische Agglomerate zu bezeichnen. Hauptminerale der Tephrit-Pyroklastite des Kaiserstuhls sind Augit, Ca-reiche Plagioklase, Magnetit, Leucit und Nephelin, selten tritt Olivin auf. Die feinkristalline, blasenreiche Grundmasse besteht vor allem aus Plagioklas und Foiden, daneben können noch Gesteinsgläser erhalten sein. Hämatit, der das Gestein rostrot färbt, hat sich oberflächennah aus dem Magnetit und dem Eisengehalt der augitischen Pyroxene gebildet. Bei der hydrothermalen Umwandlung durch im heißen Vulkan vagabundierende Wässer und durch Verwitterung der vulkanischen Gläser in der Matrix sind vor allem Karbonate und Zeolithe wie Chabasit und Phillipsit entstanden (Keller, 1964; Wimmenauer, 2003, 2009a, b).
Technische Eigenschaften
Das Porenvolumen der am Breisacher Münster und anderen Bauwerken der Umgebung verbauten Tephrit-Pyroklastite schwankt von ca. 8–30 Vol.‑%, der Mittelwert liegt etwa bei 19 % (Grassegger & Mausfeld, 1998; Mausfeld et al., 1998). Die Größe der Poren in Matrix und Komponenten variiert zwischen 50 µm und einigen mm. Die maximale Wasseraufnahme der Pyroklastit-Rohblöcke vom Achkarrener Schlossberg wurde unter drucklosen Atmosphärenbedingungen zu 5,8 M.‑% bestimmt (MPA Stuttgart). Die Druckfestigkeit variiert zwischen ascheartiger Matrix und den aus Lavabruchstücken bestehenden Komponenten erheblich. Grassegger & Mausfeld (1998) ermittelten für die Matrix einen Mittelwert von 36 MPa, bei Komponenten erreicht sie Maximalwerte bis 114 MPa. Die Spaltzugfestigkeit wurde im oberflächennah oxidierten roten Tephrit zu 1,7 MPa, im schwarzen zu 2,1–2,9 MPa ermittelt.
Abbaugebiete
Große Steinbrüche wurden am Büchsenberg südlich von Niederrotweil, am Kirchberg bei St. Pantaleon östlich von Niederrotweil, am Schlossberg bei Achkarren und am Steingrubenberg bei Oberrotweil sowie zwischen Burkheim und Sponeck angelegt, wo sich die sog. Tulla-Steinbrüche über fast 1 km Länge aneinanderreihen. Im Breisacher Stadtgebiet und am Eckartsberg befinden sich ebenfalls zahlreiche alte Tephritsteinbrüche, welche jedoch überbaut oder weitgehend verfüllt sind. Weitere Informationen, speziell zur Ausdehnung der Tephritdecken im Kaiserstuhl, sind bei Wimmenauer (2003, 2009a, b) zu finden.
Verwendung
Vulkanische Tuffsteine wurden im Kaiserstuhl und seiner Umgebung vor allem dort in beachtlichem Umfang verwendet, wo großformatige Werkstücke für den Bau benötigt wurden. „Tephrit-Pyroklastite waren in sakralen und weltlichen Bauten des Mittelalters das bevorzugte Material regelmäßig geformter Quader, Tür- und Fensterrahmen“ (Wimmenauer, 2009a, S. 129). Beste Beispiele sind das Breisacher St. Stephansmünster und die Tore, Türme und großen Wehrmauern der alten Reichsstadt Breisach. Auch für die Kirchen in Niederrotweil und Burkheim sowie für viele profane Bauten in den Kaiserstühler Orten wurde Tephrit eingesetzt. Selbst für mittelalterliche Kanonenkugeln, für im 18. Jh. bis nach Straßburg gehandelte Ofenplatten und sogar für ornamentierte Taufsteine griff man auf Tephrit-Pyroklastite zurück (Wimmenauer, 2009a, b). Wie eingangs erwähnt, sind die vulkanischen Tuffsteine das Hauptbaumaterial für die Weinbergsmauern in den ausgedehnten Weinlagen des Kaiserstuhls.
Schon zu römischer Zeit fanden Kaiserstühler Tuffsteine Verwendung: Die romanischen Teile des Breisacher Münsters, also Langhaus, Querhaus, Nord- und Untergeschoss des Südturms, stehen auf den Mauern eines römischen Kastells (Schmidt‑Thomé, 1972; Nuber & Zagermann, 2006). Während der letzten archäologischen Grabung im Praetorium wurde festgestellt, dass für die römischen Mauern vor allem schwarzer Tephrit, daneben aber auch Buntsandstein verwendet wurde. Nach Auskunft von M. Zagermann (Mitt., März 2008) handelt es sich bei den angetroffenen Gesteinen um die gleichen, die im nahen römischen Oedenburg bei Biesheim ausgegraben wurden. Die im Provinzialrömischen Institut der Universität Freiburg aufbewahrten Gesteine der Grabung am Münsterberg sind schwarze, augitreiche Tephrit-Laven und rote, stark verkieselte, z. T. konglomeratische Grobsandsteine des Buntsandsteins, wie sie am Hochrhein bei Degerfelden und Schopfheim auftreten (Werner, 2008). Die Tephrit-Laven von Oedenburg stammen nach Untersuchungen von Wimmenauer (2004) wahrscheinlich vom Fohrenberg bei Ihringen, also von den Steinbrüchen des Kaiserstuhls, die Breisach am nächsten liegen.
Letzte größere Bauwerke, bei denen der vulkanische Tuffstein aus dem westlichen Kaiserstuhl verwendet wurde, sind z. B. der Bahnhof in Breisach, der in den Jahren 1913/1914 erbaut wurde, und die ebenfalls Anfang des 20. Jh. errichteten Geschäfts- und Wohnhäuser in der Kaiser-Joseph-Str. 263 und Kartäuser Str. 13 in Freiburg. Auch auf dem Freiburger Hauptfriedhof befinden sich einige Grabdenkmale aus pyroklastischen Gesteinen vom Kaiserstuhl: Graubrauner Tephrit-Pyroklastit vom Typus Achkarren wurde 1915 verarbeitet, rote, grobe und stark kavernöse Pyroklastite, wie sie bereichsweise am Büchsenberg auftreten, wurden in der Zeitspanne 1915–1944 verwendet (Werner, 2008).
Aktuelle Gewinnung und Bezugsmöglichkeiten
Der Kaiserstühler Tuffstein wird aktuell nirgends gewonnen, die Bezugsmöglichkeiten beschränken sich daher in der Regel auf die Wiederverwertung von Gesteinen, die durch Abbruch- oder Baumaßnahmen anfallen. Allerdings fand 2004/2005 ein Abbau dieser Gesteine zu Zwecken der Restaurierungsarbeiten am Breisacher Münster auf der Nordseite des Achkarrener Schlossbergs statt, der belegt, dass durch Wiederinbetriebnahme geeigneter alter Steinbrüche zumindest für Renovierungsarbeiten (Denkmalpflege, Erhaltung von Weinbergsmauern) wieder ausreichend Material bereitgestellt werden könnte.
Potenzial
Im Zuge der Erkundungsarbeiten für die Austauschmaßnahmen am Breisacher Münster wurden zahlreiche Kaiserstühler Steinbrüche auf ihr Werksteinpotenzial hin untersucht. Der an der Straße Niederrotweil–Achkarren liegende, 1950 stillgelegte Steinbruch am Büchsenberg eignet sich aus geologischen und technischen Gründen nicht für eine Wiederinbetriebnahme zur Werksteingewinnung, weil es sich um eine mit 45° nach Westen fallende Wechselfolge von wenig verfestigten Tephrit-Laven und -Pyroklastiten handelt. Das Vorkommen von Tephrit-Agglomeraten am Steingrubenberg bei Oberrotweil erwies sich nach bohrtechnischer Erkundung als ungünstig für die Gewinnung von Ersatzgesteinen zur Restaurierung, weil die Blockgröße deutlich zu gering ist. Am ca. 1920 stillgelegten Steinbruch am Achkarrener Schlossberg gelang hingegen der Nachweis geeigneter Gesteine für die Restaurierung (Werner, 2008), ebenso konnten in den Tulla-Steinbrüchen bei Burkheim geeignete Gesteine (Größe, Haltbarkeit) festgestellt werden.
Exkurs: Renovierung des Breisacher Münsters
Das Breisacher St. Stephans Münster, eine bedeutende spätromanische bis gotische Basilika, wurde zum einen aus grobem Tephrit-Pyroklastit des Kaiserstuhls und zum anderen aus Buntsandstein vom Hochrhein erbaut. Während der Renovierungsphase nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch Roter Mainsandstein verwendet. Sandstein und Tephrit-Pyroklastit wurden in der Zeit zwischen 1185 und 1490 oft in blockweisem Wechsel eingebaut. Der Kaiserstühler Tuffstein wurde im Mittelalter aus verschiedenen Steinbrüchen bei Breisach und vom westlichen Kaiserstuhl auf dem Landweg, der Buntsandstein aus dem Gebiet Degerfelden–Schopfheim (südliches Markgräflerland und Hochrhein, vgl. Südschwarzwälder Buntsandstein) mit Rheinschiffen herangeschafft (Werner, 2008).
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts werden werksteinfähige Vulkanite vom Typus des Kaiserstühler Tephrits nirgends mehr – auch nicht in anderen europäischen Vulkangebieten – gewonnen. Daher war es erforderlich, Tephrit-Pyroklastite durch die Wiederinbetriebnahme eines geeigneten historischen Bruches für die Erhaltung des Bauwerks zu beschaffen. Als Hauptprobleme bei der Bereitstellung von Originalmaterial für dieses Renovierungsprojekt sind zu nennen:
- knapper Zeitrahmen
- knappe Finanzen
- schwierige Lagerstättenverhältnisse
- schlechte Aufschlussverhältnisse im Kaiserstuhl
- starke Nutzungskonkurrenzen, vor allem durch den Natur- oder Landschaftsschutz (europäisches Vogelschutzgebiet)
Die Schadenskartierung am Münster ergab, dass mindestens 100 m3 einbaufähiger Tephrit-Pyroklastit zur Renovierung benötigt würden. Aufgrund der unregelmäßigen Form gewinnbarer Rohblöcke in den vulkanischen Ablagerungen, der häufigen Einschaltung großer Basaltbomben im Pyroklastit und wegen der bei einem oberflächennahen Abbau zu erwartenden feinen verwitterungsbedingten Risse im Gestein bedeutete dies, dass 500–1000 m3 gelöst werden müssten, um die geforderte Menge von ca. 100 m3 bereitstellen zu können. Die Maßnahmen zur Erkundung und Gewinnung von Kaiserstühler Tuffstein lassen sich in fünf Arbeitsschritte gliedern:
Phase 1 (1997–2001): Die Suche nach den Originalsteinbrüchen begann seitens zweier beauftragter Hochschulinstitute aus Freiburg und Stuttgart unter Verwendung petrographischer Methoden. Im Vordergrund stand die Überlegung, dass ein Nachweis eines historischen Liefersteinbruchs durch Vergleich der Gesteinskomponenten im Mauerwerk und in den Steinbrüchen der erste und wichtigste Schritt bei der Festlegung des künftigen Abbaugebiets sei. Aufgrund des mikroskopisch ermittelten Mineralbestandes kamen die alten Steinbrüche am Steingrubenberg bei Oberrotweil in die engere Wahl. Einzelne aus dem Hangschutt entnommene Proben zeigten nach den Untersuchungen der Institute auch günstige gesteinsphysikalische Werte.
Wegen der schwierigen Geländesituation und der Planung der bevorstehenden Aufschlussarbeiten wurde der Geologische Landesdienst hinzugezogen. Das LGRB empfahl aufgrund der im Gelände erkennbaren bisherigen Nutzungsverhältnisse (mehrere benachbarte kleine Steinbrüche, verhältnismäßig große Abraumhalden, keine Zufahrtswege, teure Rekultivierung von engen Weinbergswegen), zunächst mittels Kernbohrungen zu prüfen, ob hinter den stark verbrochenen Steinbruchwänden ausreichende Mengen gut verfestigter Gesteine anstehen, um einen Probeabbau rechtfertigen zu können. Zwei vom LGRB nach Detailkartierung und Vermessung angesetzte schräge Kernbohrungen vom Hügelplateau bis hinter die Steinbruchwände wiesen nach, dass dieses Vorkommen keine ausreichenden Blockgrößen liefern würde (Beschreibung bei: Werner, 2008). Das Pyroklastit-Vorkommen am Steingrubenberg bei Oberrotweil besteht überwiegend aus lockeren bis halbverfestigten vulkanischen Ablagerungen, nämlich tephritischer Asche, Lapilli und Bomben sowie aus vulkanischen Gängen.
Phase 2 (2002–2003): Die weitere Erkundung konzentrierte sich nun auf den Tephrit-Pyroklastit des Achkarrener Schlossbergs (s. geologische Karte des westlichen Kaiserstuhls). Geländebegehungen und Gesteinsvergleiche an Bauwerken zeigten nämlich, dass Bauwerke wie der Bahnhof in Breisach (erbaut 1913/1914) und die ebenfalls Anfang des 20. Jh. errichteten Geschäfts- und Wohnhäuser in Freiburg (vgl. Abschnitt: Verwendung) aus dem Pyroklastit vom Achkarrener Schlossberg errichtet worden waren. Im Dezember 2001 wurden mittels eines tragbaren Bohrgeräts bis 40 cm lange und 10 cm dicke Bohrkerne aus der Steinbruchwand entnommen. Analog zum Material vom Steingrubenberg wurden diese Proben einer Klimasimulation unterzogen: In 45 Belastungszyklen von jeweils 12 Stunden Dauer wurden die Proben beregnet, auf minus 20° abgekühlt (Frostdauer: 5,5 Stunden) und dann auf 60 °C erwärmt. Die maximale Wasseraufnahme unter drucklosen Atmosphärenbedingungen wurde mit 5,8 % festgestellt. Das Gestein wurde daraufhin von der MPA Stuttgart als „weitgehend frostsicher und physikalisch verwitterungsstabil“ eingestuft.
Zusätzlich wurden zahlreiche Großproben am LGRB mit Gesteinssägen in Quader und Platten gesägt, um die Verbandsfestigkeit an größeren Probenmengen mit kostengünstigen Methoden zu testen. Dünnschliffuntersuchungen zeigten ergänzend, dass die Kornbindung der vulkanischen Bruchstücke (Asche, Tephra) ebenso gut war wie in Vergleichsstücken von intakten Blöcken aus dem Mauerwerk des Münsters. In einem LGRB-Gutachten wurden die Ergebnisse zusammengefasst und empfohlen, im nächsten Schritt einen Probeabbau durchzuführen, um vor allem die Dichte von Trennflächen an einem frischen Aufschluss bestimmen und erste frische Probeblöcke entnehmen zu können.
Phase 3: Genehmigungsverfahren: Ein aufwendiges, rund zwei Jahre dauerndes Genehmigungsverfahren schloss sich an, zu dem auch ein vogelkundliches und ökologisches Gutachten gehörte. Wegen der Zugvögel durfte der Abbau in diesem europäischen Vogelschutzgebiet nur im Zeitraum Dezember bis März durchgeführt werden. Eine weitere Besonderheit ist der rings um den Steinbruch auftretende, geschützte Flaumeichen-Elsbeerenwald, der zu den seltensten Pflanzengesellschaften Mitteleuropas gehört. Es wurde daher von der Umweltbehörde gefordert, Erkundungsmaßnahmen mittels Baggerschürfen und den späteren Gesteinsabbau auf eine möglichst geringe Fläche zu begrenzen. Zahlreiche Treffen, Besprechungen im Gemeinderat und im Münsterbauverein folgten. Beteiligt an der genehmigungsrechtlichen und organisatorischen wie technischen Vorbereitung waren insgesamt 11 Parteien (Auftraggeber, Gemeinde, Genehmigungsbehörden, Gutachter, Forst, Abbaufirmen).
Phase 4: Probeabbau: Im November 2003 wurde vom zuständigen Landratsamt ein Probeabbau genehmigt, der Mitte Dezember 2003 begonnen wurde. Nach Beseitigung von Boden und Hangschutt mit einem schweren Bagger konnte ein etwa 10 x 20 m großer Bereich mit geeignet erscheinendem Gesteinsmaterial festgestellt werden, andere Bereiche im freigelegten Bereich schieden aus. Großproben für gesteinsphysikalische Untersuchungen und für die versuchsweise Bearbeitung durch einen Steinmetzbetrieb wurden entnommen. Danach wurde vom LGRB eine rohstoffgeologische Beurteilung des viertägigen Probeabbaus am Achkarrener Schlossberg vorgelegt, in dem auch die günstigste Abbaumethode empfohlen wurde.
Phase 5: Hauptabbau: Am 18. Februar 2004 wurde mit dem Hauptabbau begonnen. Zur schonenden Gewinnung wurde eine auf Gleise montierte, schwenkbare Schrämsäge mit einem 2,2 m langen Sägeschwert eingesetzt, die im kompakten vulkanischen Gestein eine Vortriebsgeschwindigkeit im Mittel von 6 cm pro Minute erreichte. Das Gestein der nach dem Sägevorgang verbliebenen schmalen Brücken wurde mittels wassergefüllten Druckkissen gespalten. Mit dieser schonenden Abbaumethode wurden innerhalb von zwei Monaten vier 6–10 m breite und 2 m tiefe Sohlen angelegt. Vor Ort wurden die gewonnen Blöcke sofort in drei Qualitäten separiert. Der Abbau dauerte bis zum 21. März 2004. Rohstoffgeologisches Ergebnis des Gesteinsabbaus: Der Abbau am Achkarrener Schlossberg legte unter einer 0,8 m mächtigen Auflage von Boden und Löss eine geschichtete Abfolge von groben Pyroklastiten mit eingeschalteten Aschelagen frei, die 30° nach Osten einfällt. Die Auflockerungszone war zwischen 1 und 1,5 m, die Aufwitterungszone 3–4 m mächtig. Entlang von sich überschneidenden Kluftsystemen griff die Auflockerung stellenweise aber auch 5–6 m tief ins Gebirge hinein. Wie erwartet, nahm die Gesteinsqualität mit zunehmender Abbautiefe aufgrund des abnehmenden Verwitterungseinflusses zu. Mit einer Schnittfläche von 610 m2 wurden rund 570 m3 Gestein gelöst. Insgesamt konnten mit dieser Methode etwa 130 m3 Gestein gewonnen werden, welche für Steinmetzarbeiten geeignet erschienen.
Die bearbeitungsfähigen Blöcke von 0,5 bis ca. 2,5 m3 Größe wurden in ein Zwischenlager gebracht. Die zu kleinen oder für die Bearbeitung ungeeigneten Blöcke wurden separat gelagert und später zur Reparatur von Weinbergsmauern im Rahmen der von der Naturschutzbehörde gewünschten Ausgleichsmaßnahme sowie zur Teilverfüllung der Entnahmestelle verwendet. Ein Abschnitt der Abbauwand blieb als Geotop erhalten. Es ist nicht auszuschließen, dass das Vorkommen zu einem späteren Zeitpunkt auch für andere Renovierungsmaßnahmen an historischer Bausubstanz wieder genutzt wird, zumal aufwändige Voruntersuchungen nicht mehr nötig wären.
Fazit: Es gelang trotz der knappen Zeit, der schwierigen Genehmigungssituation und den komplizierten geologischen Verhältnissen, neues geeignetes Werksteinmaterial dieser ungewöhnlichen Beschaffenheit in akzeptabler Zeit und mit vertretbaren finanziellen Mitteln zu beschaffen. Die Ersatzgesteine konnten in ausreichender Menge und Qualität bereitgestellt werden. Die Kosten für die Natursteinbeschaffung – inkl. Bohrprogramm und Probeabbau – lagen bei rund einem Viertel der Kosten für die Steinmetzarbeiten. Damit erwies sich die eigenverantwortliche Materialbeschaffung im Vergleich zum ausschließlichen Einkauf von Gesteinen als die günstigere Variante. Aus Sicht der Denkmalpflege ist die Verwendung von Originalmaterial sowieso der von Gesteinen aus unterschiedlichen Herkunftsorten oder ‑ländern vorzuziehen, zumal für weitere Sanierungsarbeiten, die künftig nötig sein können, auf die selbe Lagerstätte zurückgegriffen werden kann.
Kurzfassung
Der wichtigste Naturwerkstein des Kaiserstuhls ist der als „Kaiserstühler Tuffstein“ bezeichnete Lapillituff tephritischer Zusammensetzung. Er entstand nach den explosiven Ausbrüchen des jungtertiärzeitlichen Stratovulkans durch hydrothermale Mineralisierung des Porenraums der basaltischen Pyroklastite. Das größte Verbreitungsgebiet von Tephritlaven und ‑pyroklastiten ist der westliche Kaiserstuhl. Bekannt ist dieses ungewöhnliche Werksteinmaterial durch das Breisacher Münster St. Stephan und die vielen steinsichtigen Mauern und Türme der Breisacher Altstadt. Auch für die Kirchen in Niederrotweil und Burkheim sowie für viele Häuser und Höfe in den Kaiserstühler Orten wurde der Tephrit-Pyroklastit eingesetzt. Die Tuffsteine stellen das Hauptbaumaterial für die Weinbergsmauern in den ausgedehnten Weinlagen des Kaiserstuhls dar. Verwendung fanden diese auch am Bahnhof in Breisach, an Geschäfts- und Wohnhäusern in Freiburg sowie für Grabmale. In den 1940er Jahren wurde der Abbau von Tephrit-Pyroklastiten für Bau- und Werksteine eingestellt. Da nirgends in Europa vergleichbare vulkanische Werksteine gewonnen werden, wurde zur umfangreichen Renovierung des Breisacher Münsters im Jahr 2004 ein Steinbruch am Achkarrener Schlossberg reaktiviert, der belegt, dass nach sorgfältiger Erkundung noch Werksteinlagerstätten dieses Vulkanits erschlossen werden können.
Literatur
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