Die Gesteine der Steigerwald-Formation bis Mainhardt-Formation (Mittelkeuper) treten in Baden-Württemberg im Keuperbergland und im Bereich der Neckar- und Tauber-Gäuplatten zu Tage. Häufig ereignen sich in den Tonsteinen dieser Formationen nur kleine Rutschungen. Eine Ausnahme bildet der Nordosten Baden-Württembergs. Hier schalten sich die bis 20 m mächtigen Sandsteine der Hassberge-Formation zwischen die Tonsteine der Steigerwald-Formation und Mainhardt-Formation ein. Durch starke Schichtwasserzutritte aus der klüftigen Hassberge-Formation werden die verwitterungsempfindlichen Tonsteine der Steigerwald-Formation durchfeuchtet und entfestigt, wobei sich Gleitschichten aus Ton bilden. Zum einen kann die oberflächennahe natürliche Verwitterungsschicht selbst ins Rutschen geraten. Zum anderen können auf den Gleitflächen überlagernde Sandsteinschollen der Hassberge-Formation abrutschen (Wagenplast, 2005). Die Tonsteine der Mainhardt-Formation sind generell standfester als die Gesteine der Steigerwald-Formation. Auch neigen sie infolge der Einlagerung zahlreicher Steinmergelbänkchen seltener zum Rutschen. Dennoch können die Tonsteine bei sehr großer Hangneigung und bei Wasserzutritt gelegentlich rutschen (Eisenhut, 1971a & b).
Die landschaftsgeschichtlich rasche Taleintiefung schuf in der Region des Keuperberglandes in den Gesteinen des Mittelkeupers steile Hänge mit nur geringen Standsicherheitsreserven. Unter den besonderen klimatischen Bedingungen der Eiszeit entstanden die heute zunächst stabil erscheinenden, jedoch bei Hangeingriffen reaktivierbaren Rutschungen. Durch Auswertungen der Kleinmorphologie (z. B. digitales Geländemodell) und früherer Luftbilder lassen sich diese unter günstigen Bedingungen vorab erkennen.
Reaktivierungen eiszeitlicher Rutschungen wurden bereits häufig durch Flurbereinigungsmaßnahmen ausgelöst, wie z. B. in den 1960er Jahren im Bereich des Götzenberges nordöstlich der Gemeinde Uhlbach.
Zusätzlich zu den Wasserzutritten aus den überlagernden Sandsteinbänken können auch Zuflüsse über Klüfte der unterlagernden Sandsteine der Stuttgart-Formation zum Anstieg des Kluftwasserdrucks führen, wodurch die effektiven Spannungen und somit die Scherfestigkeit reduziert werden. Dies war vermutlich bei einer im April 2001 stattgefundenen Rutschung im Kirchsteigtobel bei Urbach (Remstal) der Fall. Schon 1923 und einige Jahrhunderte zuvor ereigneten sich zwei von Umfang, Schichtaufbau und Reliefenergie vergleichbare große Hangrutschungen am Alten Berg bei Urbach. Voraussetzungen für solche Rutschereignisse liegen demnach dort, wo tonige, verwitterungsempfindliche Gesteine unter härteren und zeitweise Wasser führenden Sandsteinschichten lagern. In Ostwürttemberg sind mehrere weitere Beispiele für Bodenbewegungen in den Gesteinen der Steigerwald-Formation und der Mainhardt-Formation bekannt (Eisenhut, 1971a & b; Eisenhut, 1972).
Literatur
- (1971a). Erläuterungen zu Blatt 7023 Murrhardt. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 99 S., 6 Taf., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1988]
- (1971b). Erläuterungen zu Blatt 7024 Gschwend. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 112 S., 7 Taf., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1994]
- (1972). Erläuterungen zu Blatt 7123 Schorndorf. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 134 S., 2 Taf., 2 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1980]
- (2016b). Homepage LGRB » Informationssysteme » Geoanwendungen » Geogefahren » Ingenieurgeologische Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg, verfügbar unter http://www.lgrb-bw.de/informationssysteme/geoanwendungen/geogefahren.
- (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.