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Historische Naturwerksteine des Muschelkalks

Marbach-Oolith und Döggingen-Oolith

Grafische Darstellung der Mächtigkeitsentwicklung vom Oberen Muschelkalk in Baden-Württemberg. Zusätzlich markiert sind für die Werksteingewinnung genutzte Lager.
Mächtigkeitsentwicklung und Leitbänke des Oberen Muschelkalks in Baden-Württemberg

Im Oberen Muschelkalk der westlichen Baar und des westlichen Klettgaus treten in zwei Abschnitten oolithische Kalksteine auf, die früher als Werksteine von Bedeutung waren: Der Marbach-Oolith im Trochitenkalk und der in den Plattenkalk eingeschaltete Döggingen-Oolith. Auf den von Schalch (1898) kartierten GK 25-Blättern 7916 Villingen-Schwenningen West, 8016 Donaueschingen und 8116 Löffingen sind diese beiden unterschiedlichen Einheiten ausgewiesen und aufgrund des ca. 20 m mächtigen Zwischenmittels klar voneinander zu trennen. Petrographisch lassen sich die beiden Oolithe einfach unterscheiden: Der Marbach-Oolith führt neben Muschel- und Brachiopodenschill in wechselndem Umfang Seelilienstielglieder (Trochiten); der Döggingen-Oolith hat oft weniger Schill, Trochiten fehlen. Erstaunlicherweise werden die beiden Oolithe weder im Normalprofil der genannten Geologischen Karten noch in den entsprechenden Erläuterungen unterschieden. Wegen des allmählichen Meeresspiegelanstiegs zur Bildungszeit des Trochitenkalks und der damit verbundenen Verlagerung der Faziesgürtel ist der Marbach-Oolith eine deutlich diachrone Fazieseinheit: Am Hochrhein setzt er im Unteren Trochitenkalk ein, im Raum Donaueschingen tritt er im Mittleren Trochitenkalk auf und bei Rottweil hat die Fazies den Oberen Trochitenkalk erreicht. Aufgrund der stratigraphisch tiefen Position am Hochrhein ist er dort kaum vom basalen Liegendoolith zu trennen. Der Döggingen-Oolith im Plattenkalk ist im Zuge des Meeresrückzugs und Sinken des Meeresspiegels in umgekehrter Richtung diachron.

Nahaufnahme von Gestein in verschiedenen Grau-Schattierungen, mit schaumig-poröser Oberfläche und eingebackenen festeren Bestandteilen.
Katholische Stadtkirche in Bräunlingen: Detailaufnahme des großteils aus Marbach-Oolith bestehenden Bruchsteinmauerwerks
Seitenschiff einer Kirche aus gelblich grauem Mauerwerk. Fensterbögen, Stützpfeiler, Sockel und Simse sind teils bläulich, teils rötlich abgesetzt.
Katholische Stadtkirche in Bräunlingen: Das gelblich graue Bruchsteinmauerwerk besteht aus Marbach-Oolith

Ein prägnantes Beispiel für die Verwendung des Marbach-Ooliths als Baustein ist die 1881–1889 errichtete Pfarrkirche in Bräunlingen (s. rechte Spalte: Baugeschichte der Pfarrkirche Bräunlingen). In einer Informationsbroschüre des Pfarrgemeinderats zur Baugeschichte ist präzise die Herkunft des Baumaterials dokumentiert: „Die Kalksteine der Außenmauern, vom Sockel bis zum Turmgesims, stammen alle vom Steinbruch auf der Guldenen. Die Quadersteine am Sockel, den Gesimsfriesen und Fensterbögen, stammen von dem Buntsandstein im Gemeindewald Geführt. Dagegen wurden die äußeren Steinhauerarbeiten an den Portalen, Tür- und Fenstergestelle und Sockelgurt aus Fischbacher Sandstein, im Inneren aber die Gurten, Kapitäle und die Bodenbeläge aus Rohrschacher Sandstein hergestellt. Die sechs Granitsäulen, mit einer Höhe von 6,30 m, bestehen aus geschliffenem Granit aus Schonach.“

Nahaufnahme einer gelblich grauen Gesteinsoberfläche mit schaumig-poröser Struktur. Mittig unten dient eine Cent-Münze als Größenvergleich.
Handstück vom Döggingen-Oolith aus einem Profil in der Wutachschlucht
  • Grafische Übersicht des Muschelkalks in Baden-Württemberg mit Werksteinhorizonten.
  • Grafische Darstellung der Mächtigkeitsentwicklung vom Oberen Muschelkalk in Baden-Württemberg. Zusätzlich markiert sind für die Werksteingewinnung genutzte Lager.
  • Übersichtskarte von Baden-Württemberg zum Thema Rohstoffgewinnung. Farbig hervorgehoben sind der Ausstrich des Muschelkalks sowie die Lage von Abbaustellen für diesen Werkstein.
  • Nahaufnahme von Gestein in verschiedenen Grau-Schattierungen, mit schaumig-poröser Oberfläche und eingebackenen festeren Bestandteilen.
  • Seitenschiff einer Kirche aus gelblich grauem Mauerwerk. Fensterbögen, Stützpfeiler, Sockel und Simse sind teils bläulich, teils rötlich abgesetzt.
  • Nahaufnahme einer gelblich grauen Gesteinsoberfläche mit schaumig-poröser Struktur. Mittig unten dient eine Cent-Münze als Größenvergleich.
  • Blick auf eine teilweise zugewachsene Steinbruchwand mit senkrechten und waagrechten Klüften.

Literatur

  • Alberti, F. v. (1834). Beitrag zu einer Monographie des Bunten Sandsteins, Muschelkalks und Keupers und die Verbindung dieser Gebilde zu einer Formation. 366 S., Tübingen (Cotta).
  • Albertin, P. (2000). Westfassade und Westtürme der Klosterkirche Rheinau: Bauaufmaß und baugeschichtliche Befunde. Verfügbar unter https://www.baufachinformation.de/denkmalpflege/Westfassade-und-Westt%C3%BCrme-der-Klosterkirche-Rheinau-Bauaufma%C3%9F-und-baugeschichtliche-Befunde/2001017108984 [20.02.2013].
  • Bausch, W. & Schober, T. (1997). Erläuterungen zum Blatt 8316/8416 Klettgau / Hohentengen am Hochrhein. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 287 S., Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
  • Erb, L. (1928). Erläuterungen zur Geologischen Spezialkarte von Baden, Blatt Nassig (Nr. 2) und Blatt Wertheim (Nr. 3). – Erl. Geol. Spezialkt. Baden, 46 S., Freiburg i. Br. (Badische Geologische Landesanstalt). [Nachdruck 1985: Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., Bl. 6222 Stadtprozelten und 6223 Wertheim; Stuttgart]
  • Frank, M. & Vollrath, A. (1971). Erläuterungen zu Blatt 7122 Winnenden. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 211 S., 1 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg). [Nachdruck 1980, 1994]
  • Freudenberger, W. (1990). Erläuterungen zu Blatt 6223 Wertheim. – 3. Aufl., Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., 147 S., 8 Taf., 7 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
  • Geyer, M., Nitsch, E. & Simon, T. (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
  • Grimm, J. & Grimm, W. (1854ff.). Deutsches Wörterbuch. 16 Bd. in 32 Teilbänden (1854–1961), Leipzig.
  • Kober, V. (1877). Apotheker Kober berichtete über eine im Mai 1876 entdeckte Muschelkalkhöhle in Nagold. – Jahreshefte des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg, 33, S. 58–64.
  • LGRB (2002b). Blatt L 8316/L 8516 Stühlingen/Hohentengen am Hochrhein, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 162 S., 25 Abb., 7 Tab., 1 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg). [Bearbeiter: Butscher, C., m. Beitr. v. Werner, W. & Heinz, J.]
  • Metz, R. (1980). Geologische Landeskunde des Hotzenwaldes. 1116 S., 4 Kt., Lahr (Moritz Schauenburg Verlag). [574 Abb.]
  • Paul, W. (1936). Der Hauptmuschelkalk am südöstlichen Schwarzwald. – Mitteilungen der Badischen Geologischen Landesanstalt, 11, S. 125–146.
  • Paul, W. (1956). Zur Stratigraphie und Fazies des Oberen Muschelkalkes zwischen oberem Neckar und Hochrhein. – Sauer, K. (Hrsg.). Die Baar in naturkundlicher und historischer Sicht, S. 9–20, Donaueschingen (Schriftenreihe des Landkreises Donaueschingen, 8).
  • Schalch, F. (1898). Erläuterungen zu Blatt Epfenbach (Nr. 33). – Erl. Geol. Specialkt. Ghzm. Baden, 71 S., Heidelberg (Badische Geologische Landesanstalt).
  • Schalch, F. (1899). Erläuterungen zu Blatt Villingen (Nr. 110). – Erl. Geol. Specialkt. Ghzm. Baden, 78 S., Heidelberg (Badische Geologische Landesanstalt).
  • Schalch, F. (1904). Erläuterungen zu Blatt Donaueschingen (Nr. 120). – Erl. Geol. Specialkt. Ghzm. Baden, 38 S., Heidelberg (Badische Geologische Landesanstalt).
  • Schalch, F. (1906). Erläuterungen zu Blatt Bonndorf (Nr. 132). – Erl. Geol. Specialkt. Ghzm. Baden, 48 S., Heidelberg (Badische Geologische Landesanstalt).
  • Schalch, F. (1912). Erläuterungen zu Blatt Stühlingen (Nr. 144). – Erl. Geol. Spezialkt. Ghzm. Baden, 91 S., Heidelberg (Badische Geologische Landesanstalt).
  • Schalch, F. (1916). Erläuterungen zu Blatt Wiechs-Schaffhausen (Nr. 145). – Erl. Geol. Specialkt. Ghzm. Baden, 160 S., Heidelberg (Badische Geologische Landesanstalt).
  • Schmidt, A. & Kobler, H. J. (1975). Erläuterungen zu Blatt 7518 Horb. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 72 S., 2 Taf., 1 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
  • Simon, T. (1999a). Erläuterungen zu Blatt 6324 Tauberbischofsheim-Ost. – Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., 127 S., 10 Beil., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
  • Spitz, W. (1933). Erläuterungen zu Blatt Tauberbischofsheim (Nr. 9). – Erl. Geol. Spezialkt. Baden, 83 S., Freiburg i. Br. (Badische Geologische Landesanstalt). [Nachdruck 1985: Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., Bl. 6323 Tauberbischofsheim-West; Stuttgart]
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