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Sulfatgesteine

Verbreitungsgebiete: Schwäbisch Hall–Crailsheim (Re­gion Heilbronn-Franken), Herrenberg–Rottweil (Region Schwarz­wald-Baar-Heuberg), Obrigheim (Region Rhein-Neckar)

Erdgeschichtliche Einstufung: Grundgipsschichten (kmGI) der Grabfeld-Formation (kmGr, Gipskeuper), Böhringen-Sulfat (kuBS) des Unterkeupers (ku) und Heilbronn-Formation (mmH) des Mittleren Muschelkalks (mm)

(Hinweis: Die Rohstoffkartierung liegt noch nicht landesweit vor. Der Bearbeitungsstand der Kartierung lässt sich in der Karte über das Symbol „Themenebenen“ links oben einblenden.)

Kartenausschnitt
Kartenausschnitt

Oberflächennahe Verbreitung des Gipskeupers in Baden-Württemberg. In der Übersichtskarte sind auch die 19 in Betrieb befindlichen und die in den Jahrzehnten vor 1986 stillgelegten 142 Gewinnungsstellen dargestellt.

Lagerstättenkörper

Gips (CaSOx 2 H2O) wird in abgeschnürten Meeresbecken oder abflusslosen Binnenseen (Salzseen) aus Calciumsulfat-übersättigtem Wasser chemisch ausgefällt. Erst mit zunehmender Überdeckung und Auflagerungsdruck durch andere Gesteine wandelt sich der Gips durch Verlust des Kristallwassers in Anhydrit (CaSO4) um. Bei der Heraushebung der Sedimente und dem Kontakt mit Grund- und Niederschlagswasser entsteht durch Umwandlung mit Wasser wieder Gips. Die Volumenzunahme beträgt hierbei bis zu 60 % (Reimann, 1991) und ist mit einem erheblichen Quelldruck verbunden, der Geländehebungen bedingen kann (vgl. Schadensfall Staufen, Fahrbahnhebungen BAB 81 im Bereich der Anschlussstelle Oberndorf). Die Stärke der tektonischen Beanspruchung des Gesteins (Störungen, Klüfte, Schichtverkippungen) spielt dabei eine große Rolle. Der Prozess der „Vergipsung“ schreitet unter natürlichen Bedingungen nur langsam voran. Gipsstein kommt daher oft zusammen mit (noch nicht umgewandeltem) Anhydritstein vor.

Gips- und Anhydritstein werden im Sicker- und Grundwasserbereich abgelaugt (Subrosion). Lagerstätten entstehen somit nur in einem schmalen Streifen zwischen der talseitigen Ablaugungszone und den bergseitigen Anhydritsteinschichten; sie treten bevorzugt an den Flanken von weiten Tälern auf. Daher bedingt die übertägige Gewinnung im Steinbruch aufgrund der geringen nutzbaren Mächtigkeit und der teilweise intensiven Ablaugung eine relativ große, aber kurzzeitige Flächeninanspruchnahme.
Der unter zunehmender Gesteinsüberlagerung bergseitig folgende Anhydritstein ist als schichtparalleles Lager ausgebildet; sowohl in den Grundgipsschichten als auch im Mittleren Muschelkalk ist eine wirtschaftliche Gewinnung nur durch einen bergmännischen untertägigen Abbau möglich.

  • Nahaufnahme von hellgrauem Gestein mit dunkleren, waagrechten Streifen und Schattierungen. Rechts sind zudem weißliche Kristalle erkennbar. Links ist ein Maßstab angebracht.
  • Nahaufnahme von dunkelgrauem Gestein mit senkrecht verlaufendem Riss in der Mitte und weißlichen Kristallen rechts. Links ist ein Maßstab angebracht.
  • Nahaufnahme von hellgrauem Gestein mit waagrechten, dunkleren Streifen; zum Teil auch wellenförmig. Rechts verläuft ein senkrechter Riß, unten ein zuerst schräger, dann waagrechter Riß. Links zeigt ein Hammer die Größenverhältnisse an.

Gewinnung und Verwendung

Blick von oben auf eine Steinbruchwand mit grünlichen Gesteinsschichten rechts und dunkler Auflage darüber. Im unteren Bildteil sind Bagger und Radlader zu sehen.
Abbau des Gipslagers der Grundgipsschichten

Gewinnung Gipsstein: Gips wird entweder aus natürlichem Gipsstein oder bei technischen Prozessen, zumeist aus der Entschwefelung von Rauchgasen von Kraftwerken (Gips aus Rauchgasentschwefelungsanlagen = REA-Gips), gewonnen. Derzeit beträgt der REA-Gips-Anteil am bundesweit eingesetzten jährlichen Gipsrohstoff ca. 55 %. Als Abschlussdatum für die Kohleverstromung in Deutschland empfiehlt die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ das Ende des Jahres 2038 (Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, 2019). Um die Wertschöpfungsketten der Gipsindustrie zu erhalten, muss der fortschreitende und dann vollständige Wegfall an REA-Gips durch eine zusätzliche, umweltverträgliche Gewinnung von Naturgips ausgeglichen werden.

Nicht alle Gipsprodukte können aus REA-Gips in gleicher Qualität hergestellt werden. Bei der Produktion vieler Baugipsprodukte kommt REA-Gips zum Einsatz, bei der Herstellung von verschiedenen Spezialgipsen kann aber auf Naturgips derzeit nicht verzichtet werden. Bei der Verwendung von Naturgips ist für die Produktion die Gleichmäßigkeit einer definierten Zusammensetzung des Rohsteins sehr wichtig. Auch geringe Abweichungen führen zu veränderten Eigenschaften innerhalb einer Produktlinie. Aus diesem Grunde ist es für ein Gipswerk meist erforderlich, für die geforderte Rohstoffmischung mehrere Abbaustellen zu betreiben, um gleichmäßige Produkteigenschaften zuverlässig zu gewährleisten. Mächtigere Lagen von Anhydritstein bzw. Gips-Anhydrit-Mischgestein (sog. Anhydritmittel, ca. > 1 m; ggf. Abgabe an die Zementindustrie), Dolomitstein (> 50–70 cm) und Tonzwischenmittel werden beim Abbau nach Möglichkeit ausgehalten.

Blick auf die zerklüftete Abbauwand eines Steinbruches mit hellgrauen Stellen unten und rechts am Bildrand. Im übrigen Teil des Bildes dominiert dunkelgraues Gestein. Links der Bildmitte ist eine Messlatte angelehnt.
Abbauwand in den Grundgipsschichten
Perspektivische Aufnahme einer Maschine mit Auflagefläche. Auf dieser Fläche liegt eine hellbraune, große Platte. Aus drei Schlauchöffnungen links fließt weißlicher, flacher Brei auf die Platte und verteilt sich dort gleichmäßig.
Produktion von Gipskartonplatten

Verwendung: Bauindustrie (Bau- und Stuckgipse, Gipskartonplatten, Putze und Spachtelmassen, Zement). Bei den Baugipsen unterscheidet man Stuckgipse (Niederbrand-Gips) und Putzgipse (Mehrphasengips, Mischung aus Niederbrand- und Hochbrand-Gips).

  1. Stuckgipse (Niederbrand-Gipse) werden für Gipskartonplatten, Gips-Wandbauplatten, für Montageputze und für Stuck- und Formgipse verwendet (späterer Versteifungsbeginn, aber etwas rascheres Versteifungsende im Vergleich zu Putzgipsen).
  2. Putzgipse spez. für die Herstellung von Innenputzen (meist Maschinenputze, etwas früherer Versteifungsbeginn, können aber etwas länger bearbeitet werden).
Nahaufnahme einer Heiligenfigur aus beige-grauem Stein mit gelblichen, vielleicht vergoldeten Stellen. Die Figur hält Schreibgerät und ein Buch in den Händen. Rechts unten ist ein Stierkopf zu erkennen.
Hochrelief aus Alabaster

Weiter werden Anhydrit- und Gipsestriche sowie Modell- und Formgipse erzeugt. Formgipse werden in der Keramikherstellung, in der Medizin (Zahnmedizin, Unfallmedizin) und im Kunst- und Handwerksbereich eingesetzt. Auch als Düngemittel und als Chemierohstoff wird Gips eingesetzt. Bei der Zementherstellung werden sowohl Anhydrit- als auch Gipssteine dem Klinker beim Mahlvorgang als Abbindeverzögerer beigegeben (4–5 Massen-%).

Die meisten „Marmorsäulen“ barocker Bauwerke bestehen aus eingefärbtem Gips. Bei Forchtenberg wurde aus dem Mittleren Muschelkalk in einem Stollen Alabaster-Gips gewonnen und von der Bildhauer-Familie Kern im 16. und 17. Jahrhundert zu Plastiken und Reliefs verarbeitet.

  • Panoramaansicht eines Steinbruch-Geländes. In der Mitte des Bildes sind halbhohe, abgestufte Gesteinswände, Fahrstraßen, Bagger und Ladefahrzeuge zu sehen. Rechts und links erheben sich hohe Abraumhalden.
  • Nahaufnahme von übereinanderliegenden Gesteinsschichten. Zwischen zwei dunkelgrauen Lagen oben und unten liegt eine weißliche Schicht. In dieser wiederum ist ein Bogen dunkleren Materials eingebettet. Ein Kugelschreiber zeigt die Größe an.
  • Das Bild zeigt weißlichgraues bis grünliches Gestein mit einem feinadrigen Netz aus Rissen. Rechts dient eine kleine Schnecke als Größenvergleich..
  • Blick auf Sohle und hintere Wände eines Steinbruches. Im Vordergrund liegen helle Gesteinsbrocken über- und aufeinander. Rechts steht ein Jeep. Im Hintergrund, auf der nächsten Sohle, sind ein Bagger sowie ein Ladefahrzeug erkennbar.
  • Nahaufnahme von hellgrauem Gestein mit waagrechten, dunkleren Streifen; zum Teil auch wellenförmig. Rechts verläuft ein senkrechter Riß, unten ein zuerst schräger, dann waagrechter Riß. Links zeigt ein Hammer die Größenverhältnisse an.
  • Nahaufnahme von dunkelgrauem Gestein mit senkrecht verlaufendem Riss in der Mitte und weißlichen Kristallen rechts. Links ist ein Maßstab angebracht.
  • Perspektivische Aufnahme einer Maschine mit Auflagefläche. Auf dieser Fläche liegt eine hellbraune, große Platte. Aus drei Schlauchöffnungen links fließt weißlicher, flacher Brei auf die Platte und verteilt sich dort gleichmäßig.
  • Nahaufnahme von hellgrauem Gestein mit dunkleren, waagrechten Streifen und Schattierungen. Rechts sind zudem weißliche Kristalle erkennbar. Links ist ein Maßstab angebracht.
  • Nahaufnahme einer Heiligenfigur aus beige-grauem Stein mit gelblichen, vielleicht vergoldeten Stellen. Die Figur hält Schreibgerät und ein Buch in den Händen. Rechts unten ist ein Stierkopf zu erkennen.
  • Blick auf eine hohe Steinbruchwand mit unterschiedlichen, waagrecht verlaufenden Horizonten. Rechts unten hält ein Mann mit roter Jacke und gelbem Helm einen Maßstab in die Höhe.
  • Blick auf die zerklüftete Abbauwand eines Steinbruches mit hellgrauen Stellen unten und rechts am Bildrand. Im übrigen Teil des Bildes dominiert dunkelgraues Gestein.
  • Blick von oben auf eine Steinbruchwand mit grünlichen Gesteinsschichten rechts und dunkler Auflage darüber. Im unteren Bildteil sind Bagger und Radlader zu sehen.
  • Blick auf eine weißlich graue, von Rissen und Nischen durchzogene Steinbruchwand. Der Sockel der Wand besteht aus gröberen Blöcken; nach oben hin sind die Lagen plattig. Unter der bewachsenen Kuppe sind Rottöne erkennbar.

Literatur

  • BMWi ‒ Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2019). Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“. – Abschlussbericht, S. 1–278, Frankfurt a. M., verfügbar unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen.
  • Brunner, H. & Wurm, W. (1983). Stratigraphie und Mächtigkeiten der unteren Gipskeuper-Schichten (km1, Grabfeld-Folge) in Baden-Württemberg. – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 65, S. 307–344.
  • Herrmann, A. (1976). Lagerstätten, Abbau und Rekultivierung fränkischer Gipsvorkommen. – Erzmetall, 29, S. 53–58.
  • LGRB (2003a). Blatt L 6924 Schwäbisch-Hall, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 181 S., 28 Abb., 6 Tab., 1 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg). [Bearbeiter: Bock, H. & Kobler, U.]
  • Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg (2006b). Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2006 – Gewinnung, Verbrauch und Sicherung von mineralischen Rohstoffen. – LGRB-Informationen, 18, S. 1–202, 1 Kt.
  • Reimann, M. (1991). Geologisch-lagerstättenkundliche und mineralogische Untersuchungen zur Vergipsung und Volumenzunahme der Anhydrite verschiedener geologischer Formationen unter natürlichen und labormäßigen Bedingungen. – Geologisches Jahrbuch, Reihe D, 97, S. 21–125.
  • Reimann, M. (2000). Gips- und Anhydritlagerstätten in Deutschland. Geologie, Abbau und Rekultivierung. – Die Naturstein-Industrie, 36(8), S. 24–35.
  • Reimann, M. & Stein, V. (2019). Vorkommen, Abbau und Nutzung von Gips und Anhydritstein der Trias des Germanischen Beckens. – Reimann, M. & Stein, V. (Hrsg.). Trias – Eine ganz andere Welt. München (Pfeil). [im Druck]
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