Geologie
Die Viernheim-Formation besteht aus Kiesen, Sanden und Feinsedimenten. Das Material stammt überwiegend aus den Alpen (meist Fein- bis Mittelkiese und Sande). Stellenweise ist Lokalmaterial beteiligt. Die Viernheim-Formation wird in zwei Subformationen unterteilt. Die liegende Neuzenhof-Subformation besteht aus mehreren grob-fein-Zyklen, beginnend mit Kies-Sand über Sand und Schluff bis zu tonigen und torfigen Sedimenten. Die hangende Neuzenlache-Subformation ist eine Abfolge von Sanden oder kiesigen Sanden mit wenigen schluffig-sandigen Einschaltungen. Im Neckarschwemmfächer bei Heidelberg dominiert Lokalmaterial.
Die Viernheim-Formation ist nicht an der Geländeoberfläche aufgeschlossen. Sie wird von der Ludwigshafen-Formation und der Mannheim-Formation überlagert sowie von der Iffezheim-Formation unterlagert. Die beiden Formationen unterscheiden sich u. a. darin, dass die Viernheim-Formation im Gegensatz zur Iffezheim-Formation karbonathaltig ist. Es können aber auch fließende Übergänge auftreten, z. B. wenn älteres Material aufgearbeitet bzw. umgelagert wurde.
Die Viernheim-Formation geht aus der Ortenau-Formation unten hervor.
Hydrogeologische Charakteristik
Die Viernheim-Formation ist ein Porengrundwasserleiter mit stark wechselnder Durchlässigkeit und Ergiebigkeit, der bereichsweise durch geringer durchlässige Zwischenhorizonte hydraulisch und hydrochemisch gegliedert wird. Sie wird unter hydrogeologischen Gesichtspunkten in mehrere Untereinheiten unterteilt (Wirsing & Luz, 2007). Die Neuzenhof-Subformation beinhaltet die
- Untere sandig-schluffige Abfolge oben (UssAo), den
- Unteren Zwischenhorizont (UZH bzw. Untere Zwischenschicht), die
- Mittlere sandig-kiesige Abfolge unten (MskAu) und den
- Zwischenhorizont 3 (ZH3).
Nach früherer hydrogeologischer Nomenklatur entspricht sie dem Unteren Kieslager (UKL) und dem „Altquartär“ (HGK, 1999).
Die Neuzenlache-Subformation beinhaltet die
- Mittlere sandig-kiesige Abfolge oben (MskAo) und den
- Zwischenhorizont 2 (ZH2).
Nach früherer hydrogeologischer Nomenklatur entspricht sie dem Mittleren Kieslager (MKL) (HGK, 1999).
Die Untere sandig-schluffige Abfolge oben (UssAo) ist im Raum Karlsruhe–Speyer auf der Grabenscholle verbreitet. Nach Osten wird sie an den Randschollenverwerfungen tektonisch abgeschnitten oder sie keilt auf den Randschollen aus. Im Süden wurde die Untere sandig-schluffige Abfolge oben hydrogeologisch mit der Ortenau-Formation unten zusammengeführt. Die Verbreitung und Tiefenlage der Unteren sandig-schluffigen Abfolge oben konnte für den Rhein-Neckar-Raum nicht dargestellt werden. Sie liegt dort sehr tief unter der Geländeoberfläche und wird deshalb nur von wenigen Bohrungen aufgeschlossen.
Die Mächtigkeit der Unteren sandig-schluffigen Abfolge oben nimmt tendenziell von Süden nach Nordosten zu. Im Süden liegt sie zwischen 10 und 22 m. Die größte Mächtigkeit von 78 m erreicht sie im Nordosten zwischen St. Leon und Walldorf. Im Nordwesten ist sie mit 12 bis 27 m deutlich geringer mächtig.
Zum Unteren Zwischenhorizont (UZH) wurden unter hydrogeologischen Gesichtspunkten tonig-schluffige Linsen zusammengefasst, die an der Basis der Mittleren sandig-kiesigen Abfolge unten vermehrt auftreten. Er wurde wegen seiner großen Tiefenlage nur in wenigen Bohrungen erfasst (HGK, 1999). Die lithologische Abgrenzung zur liegenden Iffezheim-Formation ist meist schwierig, da diese auch aus Wechsellagerungen von Sanden, Schluffen und Tonen besteht.
Die Mittlere sandig-kiesige Abfolge unten (MskAu) ist im Raum Karlsruhe–Speyer und im Rhein-Neckar-Raum verbreitet. Sie endet im Süden bei Leopoldshafen–Neuthard–Forst. Im Osten bildet die Grabenrandverwerfung von Kronau bis östlich von Leimen die Verbreitungsgrenze. Sie fehlt auf der Randscholle nördlich Bruchsal. Die Mächtigkeit der Mittleren sandig-kiesigen Abfolge unten nimmt in Richtung auf das sogenannte Heidelberger Loch auf bis zu 120 m nördlich von Heidelberg zu.
Beim Zwischenhorizont 3 handelt es sich ebenso wie bei den anderen Zwischenhorizonten im hydrogeologischen Sinn vermutlich um ein Tiefenniveau, in dem Linsen aus Ton und Schluff vermehrt auftreten. Er ist auf der Grabenscholle auf der Höhe von Baden-Baden nur lückenhaft und weiter im Norden, mit Ausnahme des nördlichen Stadtgebiets von Mannheim, nahezu flächig verbreitet. Er erreicht die größten Mächtigkeiten von ca. 25 m östlich von Oberhausen. Weitere Bereiche erhöhter Mächtigkeit liegen südwestlich von Philippsburg (17 m), nordwestlich von Leopoldshafen und südöstlich von Mannheim (ca. 15 m). Im übrigen Gebiet beträgt die Mächtigkeit bis ca. 10 m. Die Angaben zum ZH3 sind insgesamt unsicher, da er nur durch Kernbohrungen erfasst wurde.
Die Mittlere sandig-kiesige Abfolge oben (MskAo) kann nur im Verbreitungsgebiet der Ludwigshafen-Formation von der Oberen kiesig-sandigen Abfolge unterschieden werden. Im Süden wurde die Mittlere sandig-kiesige Abfolge oben hydrogeologisch mit der Ortenau-Formation unten zusammengeführt.
Im Süden schwankt die Mächtigkeit der Mittleren sandig-kiesigen Abfolge oben bis etwa Friedrichstal–Linkenheim–Hochstetten zwischen 10 und 15 m. Von hier aus nimmt sie in nördliche Richtung deutlich zu. Die größten Mächtigkeiten von 75 m treten in einer Senke südöstlich von Ladenburg auf.
Der Zwischenhorizont 2 setzt sich aus mehreren ineinander verschachtelten Ton- und Schlufflinsen zusammen, die in einem bestimmten Tiefenniveau gehäuft auftreten. Er ist nur im nördlichen Rhein-Neckar-Raum nördlich einer Linie von Rheinau nach Ilvesheim und nördlich von Heddesheim-Weinheim verbreitet. Im Westen ist er hauptsächlich auf den Raum Mannheim–Sandhofen beschränkt. Seine Mächtigkeit liegt zwischen zwei und vier Metern.
Baggerseen reichen bislang meist noch nicht bis in den mittleren Grundwasserleiter und wirken sich deshalb auch noch nicht gravierend auf das Grundwasser im MGWL aus. Aufgrund der zunehmenden Flächengrößen der Baggerseen laufen intensive Anstrengungen, Baggerseen auch in den MGWL zu vertiefen. In Grundwasseraufstiegsbereichen ist dies eher unkritisch für das Grundwasser im MGWL (Bertleff et al., 1996). Dort wo absteigende Druckverhältnisse vorherrschen, begünstigt die Vertiefung von Baggerseen den Eintrag des im OGWL meist stark anthropogen geprägten und z. T. verunreinigten Grundwassers in den MGWL.
Hydrostratigraphisch bildet die Viernheim-Formation zwischen Karlsruhe und Mannheim den Unteren Grundwasserleiter oben (UGWLoben) sowie den Mittleren Grundwasserleiter (MGWL). Dabei entspricht die Untere sandig-schluffige Abfolge oben dem UGWL oben, die Mittlere sandig-kiesige Abfolge unten dem MGWL unten und die Mittlere sandig-kiesige Abfolge oben dem MGWL oben.
Hydraulische Eigenschaften
Die Kenntnisse über die hydraulischen Eigenschaften der Viernheim-Formation werden mit zunehmender Tiefenlage spärlicher. Generell nehmen die Durchlässigkeiten in der Viernheim-Formation mit zunehmender Tiefe ab. Für den oberen Abschnitt (mittlerer Grundwasserleiter) liegt die mediane Durchlässigkeit bei ca. 0,3 · 10‑3 m/s und damit über der des Unteren Grundwasserleiters mit einer medianen Durchlässigkeit von ca. 0,17 · 10‑3 m/s. Der Wertebereich für den MGWL schwankt sehr stark und liegt zwischen 0,05 und 5 · 10‑3 m/s, für den UGWL zwischen 0,07 und 1,3 · 10‑3 m/s (Wirsing & Luz, 2007).
Hydrologie
Das Grundwasser in der Viernheim-Formation wird überwiegend in der Nähe des Grabenrandes durch vertikale Zusickerung aus der überlagernden Mannheim-Formation neugebildet. Die Zusickerung variiert dabei je nach der lithologischen Ausbildung der Ludwigshafen-Formation, die zwischen den beiden Einheiten liegt, und den regionalen bzw. lokalen Druckverhältnissen. Bei mächtiger schluffig-toniger Ausbildung der Ludwigshafen-Formation ist sie stark reduziert, im Bereich hydraulischer Fenster kann sie stark begünstigt sein. Eine generelle Quantifizierung der Zusickerungsrate ist nicht möglich. In geringerem Umfang treten Randzuströme aus der Vorbergzone zu.
In historischer Zeit war die Zusickerung vom OGWL in den MGWL geringer als heute. Die seit einigen Jahrzehnten ausgebildeten großräumigen Absenktrichter durch Grundwasserentnahmen für industrielle Zwecke und Trinkwassergewinnung führten zu einer starken Absenkung des Druckspiegels im MGWL, der die Zusickerung aus dem OGWL insgesamt begünstigt (sowohl flächig als auch im Bereich hydraulischer Fenster). Als Folge der bereichsweisen Verlagerung der Entnahmen vom MGWL in den UGWL kommt es derzeit zu einem leichten Wiederanstieg des Wasserstands im MGWL und dadurch zu einer Reduzierung des Druckunterschieds zwischen MGWL und OGWL.
Flächenhafte Informationen über die Grundwasserfließverhältnisse in der Viernheim-Formation bzw. im mittleren Grundwasserleiter liegen für den Rhein-Neckar-Raum vor (HGK, 1999). Demnach gleicht das Strömungsbild prinzipiell dem in der überlagernden Mannheim-Formation (Oberer Grundwasserleiter), wird aber durch die o. g. großräumigen Absenktrichter modifiziert. Das Grundwasser strömt vom Grabenrand generell in nordwestliche Richtung dem Rhein zu. Im Bereich der Absenktrichter kann dieser auch unterströmt werden. Eine ähnliche Strömungsrichtung dürfte auch das mittlere Grundwasser im Raum Karlsruhe–Speyer haben.
Das Grundwasser in der Viernheim-Formation ist im Allgemeinen gespannt.
Im Raum Karlsruhe-Speyer liegen in der Rheinniederung die Potenziale im Mittleren Grundwasserleiter (MGWL) geringfügig bis deutlich über denen des Oberen Grundwasserleiters (OGWL). Die Potenzialdifferenz beträgt bis zu drei Dezimeter. In diesen Gebieten durchströmt das Grundwasser des MGWL die Ludwigshafen-Formation und entwässert über das Obere Grundwasser in den Rhein und das übrige Gewässernetz (HGK, 2007). Unter der östlich angrenzenden Niederterrasse liegt der Druckwasserspiegel im MGWL überwiegend tiefer als die freie Grundwasseroberfläche des OGWL. Dies bedeutet, dass das obere Grundwasser die Ludwigshafen-Formation durchsickert und in das mittlere Grundwasser infiltriert. Zum Grabenrand hin liegt die Grundwasseroberfläche des OGWL um bis 1,5 m über dem Potenzial des tieferen Grundwassers. Hier infiltriert Grundwasser in tiefere Abschnitte des Kiesaquifers. Im Raum Phillipsburg und nördlich davon gibt es die räumlich klar differenzierbaren Potenzialunterschiede nicht mehr. Bereichsweise werden die natürlichen Potenzialunterschiede durch Grundwasserentnahmen umgekehrt.
Geogene Grundwasserbeschaffenheit
Das Grundwasser in der Viernheim-Formation ist generell als Calcium-Magnesium-Hydrogenkarbonat-Grundwasser mit mittlerem Gehalt an gelösten Inhaltsstoffen zu charakterisieren. Es kann über große Gebiete stark reduziert sein. Dort treten gelöste Gehalte von Eisen und Mangan sowie Ammonium auf.
In Gebieten, in denen die Ludwigshafen-Formation nicht oder nur eingeschränkt hydraulisch wirksam ist, gleichen sich die Grundwässerstände und die Grundwasserbeschaffenheit von Mannheim- und Viernheim-Formation an.
Im Vergleich zum oberflächennahen Grundwasser ist die Gesamthärteverteilung im tieferen Grundwasser wesentlich ausgeglichener (HGK, 1988). Insgesamt ist die Härte der Grundwässer in der Viernheim-Formation niedriger als im oberen Grundwasser. Dies ist hauptsächlich dadurch bedingt, dass der MGWL noch nicht so stark durch anthropogene Stoffeinträge betroffen ist, wie der OGWL.
Am Gebirgsrand ist das Wasser härter (z. T. 24–30 °dH) als in Rheinnähe (12–16 °dH). Die Zonierung ist die Folge der Potenzialunterschiede zwischen dem OGWL und dem MGWL und der damit einhergehenden Grundwasseraustauschprozesse sowie des langsamen Grundwasserumsatzes im tieferen Grundwasserleiter.
Im MGWL werden meist viel höhere Grundwasserverweilzeiten als für den OGWL bestimmt. Sie liegen oft bei mehreren Jahrhunderten bis zu einigen Jahrtausenden. Diesbezüglich liegt eine ausgeprägte Tiefenzonierung im Grundwasserleiter vor. Trotz der z. T. langjährigen sehr hohen Grundwasserentnahmen in Großwasserwerken hat sich die Altersstruktur des Förderwassers noch nicht oder nur geringfügig verändert. Dies belegt einen sehr stark ausgeprägten Speichereffekt des MGWL, der in dessen großer Mächtigkeit begründet ist.
Geschütztheit des Grundwassers
Das Grundwasser in der Viernheim-Formation ist meist durch den darüber liegenden Grundwasserleiter und die Ludwigshafen-Formation gut bis sehr gut vor direkten Verunreinigungen von der Erdoberfläche geschützt. Zum Schutz trägt auch die Anisotropie der Durchlässigkeit im Grundwasserleiter bei, da die vertikalen Austauschprozesse relativ langsam ablaufen und somit Grundwasserverunreinigungen im OGWL nur langsam in den MGWL gelangen.
Die Geschütztheit nimmt daher mit zunehmender Tiefenlage des Grundwassers zu. Allerdings kann es durch größere Grundwasserentnahmen im mittleren Grundwasser zu einem beschleunigten Beizug von Grundwasser aus dem oberen Grundwasserleiter kommen. Damit kann eine Durchmischung mit stärker belastetem, oberflächennahem Grundwasser verbunden sein.
Grundwassernutzung
Das Grundwasservorkommen in der Viernheim-Formation ist von überregionaler Bedeutung und wird vielerorts zur Trinkwasserversorgung sowie zu gewerblichen und industriellen Zwecken sowie zur Mineralwassergewinnung genutzt. Das Förderwasser zeigt meist noch keine anthropogenen Einflüsse. Bedeutende Trinkwasserentnahmen erfolgen z. B. beim Wasserwerk „Schwetzinger Hardt“ des Zweckverbandes Wasserversorgung Kurpfalz (Entnahmen aus OGWL, MGWLo und MGWLu).
Weitere größere Grundwassernutzungen aus dem MGWL gibt es z. B. in Sandhausen, Wiesloch, Kronau, Hemsbach, Mannheim-Käfertal und Bruchsal.
Literatur
- (1996). Wechselwirkungen zwischen Baggerseen und Grundwasser. – LGRB-Informationen, 10, S. 1–64, 1 CD-ROM.
- (1988). Raum Karlsruhe-Speyer. Analyse des Ist-Zustands; Aufbau eines mathematischen Grundwassermodells. – Hydrogeologische Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung Baden-Württemberg, 111 S., 11 Anlagen, Stuttgart (Ministerium für Umwelt Baden-Württemberg; Ministerium für Umwelt und Gesundheit Rheinland-Pfalz).
- (1999). Rhein-Neckar-Raum. Fortschreibung 1983 – 1998. – Hydrogeologische Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung Baden-Württemberg, 155 S., 18 Karten, 1 CD-ROM, Stuttgart (Ministerium für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg; Hessisches Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten; Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz).
- (2007). Raum Karlsruhe-Speyer. Fortschreibung 1986 – 2005. – Hydrogeologische Kartierung und Grundwasserbewirtschaftung Baden-Württemberg, 90 S., 13 Karten, 1 CD-ROM, Stuttgart (Umweltministerium Baden-Württemberg; Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz).
- (2007). Hydrogeologischer Bau und Aquifereigenschaften der Lockergesteine im Oberrheingraben (Baden-Württemberg). – LGRB-Informationen, 19, S. 1–130.