Nördlich der Ortschaft Ingelfingen, Hohenlohekreis, wurde im Jahr 1869 ein Erdfall in Nähe einer Straße entdeckt. Dieser lag im Ausstrichbereich des Oberen Muschelkalks und vergrößerte sich im Laufe mehrerer Tage auf einen Durchmesser von 8,5 m. Aufgrund der überlieferten gemessenen Tiefe des Erdfalls von etwa 51 m sowie der raschen Vergrößerung des Erdlochs an der Oberfläche wird davon ausgegangen, dass der Ursprung in einem Hohlraum in Gesteinen des unterlagernden Mittleren Muschelkalks liegt.
Ein Augenzeuge berichtete über die Entstehung des Erdfalls (Wolff, 1988):
„In den ersten Tagen des Monats November 1869 habe er, bei trockenem und ziemlich warmen Wetter, morgens als er nach dem Acker gefahren sei, an der Straße von Ingelfingen nach Eberstal, in der Nähe des Waldes Vogelsang, wo die Straße links nach Diebach abgeht, ein Loch bemerkt, welches sich links hart am Straßengraben befand. Dieses Loch sei rund und nicht ganz 1 qm groß gewesen. Er habe einen Stein in dasselbe geworfen, da habe es aber lange gedauert bis der Stein aufgefallen sei, worauf er Angst bekommen habe, er breche ein und sich daher schnell entfernt habe. Nachmittags um 3 Uhr sei das Loch schon 1 ½ qm, den Tag danach schon 3–4 qm groß gewesen. Den dritten und vierten Tag sei das Loch mit Brettern verwahrt worden, aber nach einigen Tagen seien auch diese mit viel Erde und Steinen in das Loch hineingestürzt, worauf die Straße an dieser Stelle ganz abgesperrt worden sei. So vergrößerte sich der Erdfall von Tag zu Tag und bekam schließlich einen Durchmesser von 8 ½ m; die halbe Straße war in denselben gestürzt. Auf dem Grund des Trichters bemerkte man eine Öffnung, welche schräg unter der Straße in die Tiefe führte.
Nach einiger Zeit, ungefähr Ende November, wurde es kalt, der Boden gefror und es lag ein wenig Schnee; zu dieser Zeit erweiterte sich das Loch nicht mehr und es konnten Balken über dasselbe gelegt werden, um besser hineinsehen zu können. Weder durch eine Lampe, noch durch ein Büschel Stroh, welche brennend in die Tiefe geworfen wurden, konnte das Loch genügend beleuchtet werden, man sah nur in der mit dem Senkblei gemessenen Tiefe von 43 m den Grund, auf dem das Senkblei noch 8 ½ m nach unten rollte."
Der Erdfall wurde bereits im Jahre 1870 für 770 Gulden wieder verfüllt (Baur, 1883).
In der Umgebung des überlieferten Erdfalls von 1869 sind weitere, neuere Erdfälle und Dolinenstrukturen zu beobachten.
Nachfolgend sind die wichtigsten Punkte des Erdfalls bei Ingelfingen von 1869 tabellarisch aufgelistet:
Stammdaten:
Objekt-ID |
6623V00001 |
Objektname |
Erdfall bei Ingelfingen |
Lokalität |
Nördlich von Ingelfingen an der heutigen K2316 bzw. am Waldrand Vogelsang |
Gemeinde |
Ingelfingen |
Stadt-/Landkreis |
Hohenlohekreis |
TK25-Nr. |
6623 |
TK25-Name |
Ingelfingen |
Datengrundlage |
Dokumentenrecherche |
Lage-Bezugspunkt |
Zentrum des Subrosionsobjektes |
Ostwert |
547686 |
Nordwert |
5463253 |
Koordinatenreferenzsystem |
ETRS89/UTM32 |
Koordinatenfindung |
Literaturangabe |
Höhe [m ü. NHN] |
405 |
Höhenermittlung |
Karte |
Allgemeine Fachdaten:
Entstehungszeitraum |
November 1869 |
Aktivität |
stabilisiert |
Geländenutzung während der Entstehung |
Grünland, (heutige) Kreisstraße |
Schäden |
Straßenschäden |
Spezielle Fachdaten Verkarstung/Subrosion:
Primär-/Folgeereignis |
Primärereignis |
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Subrosionsobjekt |
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Ursache |
Sulfatkarst |
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Geologie |
Entstehungs-horizont |
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Mittlerer Muschelkalk (mm) |
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Gelände-oberfläche |
Stratigraphie |
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Oberer Muschelkalk (mo) |
Petrographie nicht näher kartiert, für allgemeine Beschreibung der Formation siehe Steckbrief |
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Entstehungstiefe [m. u. GOK] |
Obere Grenze |
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Untere Grenze |
51 |
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Max. oberer Durchmesser [m] |
8,5 |
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Max. unterer Durchmesser [m] |
unbekannt |
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Max. Tiefe [m] |
51 |
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Kubatur [m3] |
unbekannt |
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Aufsichtsform |
rund |
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Profilform |
trichterförmig |
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Zustand zum Zeitpunkt der Aufnahme |
unbeeinflusst |
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letzter bekannter Zustand |
verfüllt |
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Hydrografischer Zustand zum Zeitpunkt der Aufnahme |
unbekannt |
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letzter bekannter hydrografischer Zustand |
unbekannt |
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Sicherungsmaßnahmen |
Absperrung, Verfüllung |
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Sonstige Anmerkungen |
- |
Literatur
- (1883). Beschreibung des Oberamts Künzelsau. - Natürliche Beschaffenheit, Geognostische Verhältnisse, Bodenverhältnisse. – Hartmann, J. & Paulus, E. (Hrsg.). Beschreibung des Oberamts Künzelsau, S. 4–33, Stuttgart (Kohlhammer).
- (1988). Erläuterungen zu Blatt 6623 Ingelfingen. – Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., 169 S., 4 Taf., 7 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).