Lage und Situation
Die Hangrutschung Eichberg befindet sich im südlichen Teil des Krottenbachtals am Westhang des Eichbergs, ca. 1,2 km nordnordöstlich von Blumberg-Achdorf. Sie liegt im Tonsteingebiet des Wutachtals.
Geologisch-morphologische Verhältnisse
Im Bereich des Eichbergs befindet sich die Gewässersohle des Krottenbachs auf etwa 570–585 m ü. NHN im unteren Abschnitt der Opalinuston-Formation (Mitteljura), die jedoch fast vollständig von Rutschmassen überdeckt ist. Am östlich des Krottenbachs gelegenen, knapp 815 m ü. NHN hohen Eichberg reicht die stratigraphische Abfolge bis hinauf zur Wohlgeschichtete-Kalke-Formation (Oberjura). Die Schichten fallen mit 3–5° in östliche Richtungen, also gegen den Hang ein.
Der gesamte Hang zwischen dem Krottenbach und dem Eichberg ist stark von Massenbewegungen beeinflusst. Im südlichen Krottenbachtal setzten die Massenbewegungen bereits in der Würmzeit und im Spätglazial unter periglazialen Bedingungen ein und halten bis heute an (Jordan, 1993). Bereits Greiner (1937) wies die Fläche zwischen Eichberg und Krottenbach als Rutschgebiet aus. Dort, wo große Massenbewegungen wie die Hangrutschung Eichberg ins Krottenbachtal reichen, wird der Krottenbach jeweils auf die gegenüberliegende Hangseite gedrängt.
Die Westseite des Eichbergs ist charakterisiert durch zahllose, sich rückwärts eintiefende Rutschkessel, zwischen denen sich jeweils schmale hangabwärts laufende, stabile Rippen aus anstehenden Gesteinen befinden.
Rutschung im Januar 1966
In der Nacht vom 6. auf den 7. Januar 1966 ereignete sich am Westhang des Eichbergs eine etwa 50 ha große Rutschung, die u. a. von Reichelt (1967) und von Tangermann (1971) beschrieben wurde. Es handelte sich dabei um die Reaktivierung und Erweiterung einer alten Hangbewegung.
Die Auslösung der Rutschung erfolgte nach dem besonders niederschlagsreichen Jahr 1965, in dem an der etwa 7 km östlich gelegenen meteorologischen Station Riedöschingen insgesamt 1400,7 mm Niederschlag (entspricht etwa 144 % des langjährigen Mittelwerts von 976 mm/a) ermittelt wurden. Nach einem außergewöhnlich trockenen und heißen Oktober 1965 fielen allein in den beiden Monaten vor Auslösung der Rutschung (November und Dezember 1965) in Riedöschingen 382,9 mm Niederschlag, mehr als das Dreifache des langjährigen Mittelwerts. Die Niederschläge der dritten Dezemberdekade fielen als Schnee und wurden erst mit einsetzendem Tauwetter Anfang Januar 1966 wirksam. Durch die im Herbst gebildeten Trockenrisse konnte das Niederschlagswasser tief in den Untergrund eindringen. Eine Durchfeuchtung potenzieller (möglicherweise fossiler) Gleitbahnen im Opalinuston sowie ein hoher hydrostatischer Druck in den Bodenklüften waren die Folge (Wagenplast, 2005).
Nach Reichelt (1967) und Tangermann (1971) setzt sich die Rutschung aus einem nördlichen und einem südlichen Schollenfeld zusammen, die jeweils aus einem Mosaik aus rotierten und verkippten Rutschschollen bestehen. Die Bewegungen gingen offensichtlich vom Oberhang aus, indem sich eine neue steile Abrisskante im Westhang des Eichbergs bildete. Durch die Rutschung kam es an der Abrissfläche zu einer Vertikalbewegung von insgesamt 24 m. Den höchsten Teil der Abrissfläche bilden Gesteine der Wohlgeschichtete-Kalke-Formation. Lokale Steilkanten in der Abrissfläche bilden die harten Staufensisbänke der Achdorf-Formation und die Wedelsandstein-Formation.
Anschließend wurden immer tiefere Bereiche aktiviert, da die zusätzliche Auflast der aufgeschobenen Massen die Auslösung der nächsten Rutschscholle verursachte. Die Rutschmassen bestehen im Wesentlichen aus Gesteinen der Opalinuston-Formation. Die Rutschschollen bewegten sich anfänglich mit einer Geschwindigkeit von mehreren Meter pro Tag bis wenigen Meter pro Stunde talwärts. Die Rutschung griff bis zum Gegenhang über und verlangsamte sich nach wenigen Tagen. Die Scherbahn reichte unter das Bett des Krottenbachs, wodurch das Bachbett um bis zu 6 m angehoben wurde, was zu einem Aufstau des Bachwassers hinter diesem Wulst führte. Einzelne Schollen wurden bei diesem Ereignis über 30 m horizontal bewegt (Reichelt, 1967), davon etwa 25 m in den ersten vier Tagen. Im Mai 1967 war die Rutschung bis auf einige unwesentliche kleine Stellen zur Ruhe gekommen.
Durch die Rutschung wurde die Kreisstraße K 21 (heutige Bezeichnung K 5742) zwischen Achdorf und Eschach auf ca. 500 m Länge zerstört (Rohn in: Franz & Rohn, 2004) und zahlreiche landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Flächen so stark verkippt und verformt, dass sie nicht mehr nutzbar waren.
Eine künstliche Stabilisierung der Rutschmasse durch technische Maßnahmen war aufgrund der Dimensionen der Rutschung nicht mit vertretbarem Aufwand möglich. Umgesetzt wurden jedoch Maßnahmen zur Entwässerung abflussloser Senken auf der Rutschmasse und eine Ableitung der Oberflächenwässer in offenen Gräben. Zudem wurden im Krottenbach Maßnahmen zur Beseitigung des Aufstaus durchgeführt und Geröllsperren oberhalb von Achdorf errichtet.
Vom Geologischen Landesamt Freiburg wurden im Juni 1966 drei Erkundungsbohrungen durch die Rutschmasse abgeteuft, die artesisch gespanntes Wasser antrafen. Die Basis der Rutschmasse wurde dabei in 34,8 m, 26 m und 24 m Tiefe erbohrt. Aufgrund der geringen Erosionsleistung des Krottenbachs werden auf der Westseite des Eichbergs große zusammenhängende und tiefreichende Rutschmassen immer dann aktiviert, wenn der Porenwasserdruck in der Rutschmasse oder an deren Basis besonders hoch ist.
Heute ist die Rutschmasse mit Ausnahme des nordöstlichen Teils nur noch undeutlich zu erkennen, da zwischen 1967 und 1969 eine Flurbereinigung mit Geländemodellierungen stattfand (Rohn in: Franz & Rohn, 2004). Besonders die oberen Bereiche der Abrissfläche sind auch heute noch gut erkennbar. Daher wurde die Hangrutschung Eichberg unter der Kategorie „Aufschlüsse” in das Geotop-Kataster Baden-Württemberg (Geotop-ID 16082) aufgenommen.
Nachfolgend sind die wichtigsten Punkte der Hangrutschung Eichberg tabellarisch aufgelistet.
Stammdaten:
Objekt-ID |
8117_Ru00001 |
Objektname |
Hangrutschung Eichberg |
Lokalität |
Am Westhang des Eichbergs ca. 1,2 km nordnordöstlich von Blumberg-Achdorf |
Gemeinde |
Blumberg, Ortsteil Achdorf |
Stadt-/Landkreis |
Schwarzwald-Baar-Kreis |
TK25-Nr. |
8117 |
TK25-Name |
Blumberg |
Datengrundlage |
Dokumentenrecherche |
Lage-Bezugspunkt |
Höchster Punkt der Abrisskante |
Ostwert |
463275 |
Nordwert |
5299565 |
Koordinatenreferenzsystem |
ETRS89/UTM32 |
Koordinatenfindung |
Karte |
Höhe [m ü. NHN] |
710 |
Höhenermittlung |
Karte (DGM5) |
Allgemeine Fachdaten:
Entstehungszeitraum |
06.01.1966 |
Aktivität |
Abgeschlossener Prozess |
Geländenutzung während der Entstehung |
Ackerland, Grünland, Wald, Freizeiteinrichtung, Feldweg, Kreisstraße, Stromleitung, Strommast |
Schäden |
Land- und forstwirtschaftliche Schäden, Straßen- und Wegeschäden, Schäden an Stromleitung, Schäden an fließenden Gewässern |
Spezielle Fachdaten Massenbewegungen:
Primär-/Folgeereignis |
Primärereignis |
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Prozess der Hauptbewegung |
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Max. Länge [m] |
700 |
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Max. Breite [m] |
800 |
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Fläche der Hangbewegung [m²] |
487 000 |
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Max. Tiefe der Gleitfläche [m] |
34,8 |
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Durchschn. Tiefe der Gleitfläche [m] |
20 |
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Fläche der Rutschmasse [m²] |
470 000 |
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Kubatur der Rutschmasse [m³] |
9 400 000 |
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Höchster Punkt der Abrisskante [m ü. NHN] |
710 |
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Höchster Punkt der Rutschmasse [m ü. NHN] |
690 |
||
Max. Höhenunterschied zwischen Abrisskante und Rutschmassentop [m] |
20 |
||
Tiefster Punkt der Rutschmasse [m ü. NHN] |
555 |
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Max. Höhenunterschied (H) zwischen höchstem und tiefstem Punkt der Rutschung [m] |
155 |
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Exposition [°] |
265 |
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Durchschnittliche Hangneigung zwischen Abrisskante und Rutschmassenfuß [°] |
10 |
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Hangneigung [°] |
Oben (zwischen Abrisskante und Rutschmassentop) |
32,5 |
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Mitte (oberer Teil der Rutschmasse) |
9 |
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Unten (unterer Teil der Rutschmasse) |
9 |
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Ursache |
geogen |
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Auslöser |
geogen (Starkniederschläge, überdurchschnittlich nasse Vormonate) |
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Geologie |
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Wohlgeschichtete-Kalke-Fm. (joW) |
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Impressamergel-Fm. (joI) |
Mergelstein, (Kalkstein) |
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Wutach-Fm. (jmWU) |
Kalkstein, (Tonmergelstein, Tonstein) |
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Variansmergel-Fm. (jmV) |
Kalkstein, Tonmergelstein |
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Dentalienton-Fm. (jmDT) |
Tonstein, Tonmergelstein, (Kalkstein, Sandmergelstein) |
||
Hamitenton-Fm. (jmHT) |
Tonstein |
||
Gosheim-Fm. (jmGOS) |
Tonmergelstein, Kalkstein, (Tonstein) |
||
Wedelsandstein-Fm. (jmWS) |
Tonmergelstein, Tonstein, Kalksandstein |
||
Achdorf-Fm. (jmAC) |
Tonstein, (Kalkstein) |
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Opalinuston-Fm. (jmOPT) |
Tonstein, (Kalkstein, Sandstein) |
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Gefahrenbeurteilung |
unbekannt |
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Überwachungsmaßnahmen |
unbekannt |
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Sicherungsmaßnahmen |
Beseitigung des Aufstaus des Krottenbachs, Entwässerung abflussloser Senken und Ableitung der Oberflächenwässer in offenen Gräben |
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Sonstige Anmerkungen |
Reaktivierung und Erweiterung einer alten Hangbewegung, artesisch gespanntes Grundwasser |
Literatur
- (2004). Erläuterungen zu Blatt 8117 Blumberg. – 3. Aufl., Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., VII+196 S., 2 Beil., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
- (1937). Geomorphologische Untersuchungen im Einzugsgebiet der oberen Wutach. – Badische Geographische Abhandlungen, 17, S. 1–122.
- (1993). Die holozänen Massenverlagerungen des Wutachgebietes (Südschwarzwald). – Tübinger Geowissenschaftliche Arbeiten, Reihe C, 16, S. 1–132.
- (1967). Die Rutschungen am Eichberg bei Achdorf (Wutach), Erscheinungsformen, Mechanik, Ursachen. – Erdkunde, 21, S. 169–180.
- (1971). Der Erdrutsch 1966 auf der Gemarkung Achdorf (Landkreis Donaueschingen) im Wutachtal. – Sauer, K. F. J. & Schnetter, M. (Hrsg.). Die Wutach – Naturkundliche Monographie einer Flusslandschaft, S. 543–562, Freiburg i. Br. (Landesverein für Naturkunde und Naturschutz e. V.).
- (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.