Lithostratigraphische Gruppe
Übergeordnete Einheit
Verbreitung in Baden-Württemberg, Landschaftsbild
Das süddeutsche Molassebecken zeigt sich in der Geologischen Karte Deutschlands als Ablagerungsraum, der sich vom Schweizer Mittelland zwischen der Schwäbisch/Fränkischen Alb und den Nördlichen Kalkalpen bis zum Bayerischen Wald erstreckt. In Baden-Württemberg sind weite Bereiche durch die Sedimente des Rheingletschers überdeckt. Entlang der meisten Täler und an den jungen steilen Abrisskanten der Hochgebiete treten die Molasseeinheiten im gesamten Gebiet zu Tage. Die Vulkanruine des Hohenhewen im Hegau bildet mit 844 m NHN die höchste Erhebung im Westen. Sie besteht hauptsächlich aus Nephelinit, einem Basalt-ähnlichen Gestein. Weiter nach Osten folgen der Gehrenberg (754 m NHN) bei Markdorf und etwas nördlich davon der Höchsten (837,8 m NHN), die beide aus feinklastischen bunten Mergeln und Sandsteinen der Obere-Süßwassermolasse-Untergruppe aufgebaut sind. Viel widerstandsfähiger gegenüber Erosion sind die konglomeratischen Adelegg-Schichten, die an der südöstlichen Landesgrenze ein Bergland bilden, dessen höchster Gipfel auf württembergischer Seite mit 1118 m NHN der Schwarze Grat ist.
Lithologie, Abgrenzung, Untereinheiten
Die Molasse Süddeutschlands wird im Rang von Untergruppen untergliedert in (von alt nach jung): Untere Meeresmolasse, Untere Brackwassermolasse, Untere Süßwassermolasse, Obere Meeresmolasse, Obere Brackwassermolasse und schließlich Obere Süßwassermolasse, mit der die Sedimentation vor rund 5 Mio. Jahren endete (Doppler et al., 2005). Die Sedimente dokumentieren zwei große Ablagerungszyklen. Es beginnt mit marinen Bedingungen und endet mit der fluvial-limnischen Auffüllung des Ablagerungsraumes. Jeweils drei Untergruppen gehören zusammen, sie sind durch eine Schichtlücke (Hiatus) getrennt. Der Hauptabfluss durch das Becken und damit die Schüttungsrichtung war im ersten Ablagerungszyklus von Westen nach Osten gerichtet, im zweiten Zyklus kehrte er sich in Ost–West-Richtung um.
Insgesamt handelt es sich bei den Molassegesteinen um wenig verfestigte Sedimente aus dem Abtragungsschutt der Alpen. Mergelsteine und glimmerführende Sandsteine dominieren, randlich und als Rinnenfüllungen im zentralen Becken kommen gröbere Klastika dazu. Im nördlichen Randbereich des Molassebeckens sind häufig Süßwassermergel und Süßwasserkarbonate eingelagert. Die verkarstete Erosionstafel des Jura bildet überall den mesozoischen Untergrund.
Schutt und Schlamm, die von Bächen und Flüssen aus dem Gebirge in das Vorland mitgebracht wurden, lagerten sich im Molassebecken ab. Untergeordnet haben auch die Schwäbische Alb und die anderen, das Vorlandbecken begleitenden Mittelgebirge Sediment geliefert. Abhängig von den tektonischen Randbedingungen konnte zwei Mal das Meer in das süddeutsche Molassebecken eindringen. Meistens aber wurde so viel Material eingeschwemmt, dass das ganze Becken sozusagen gefüllt war und flache Fluss- und Schwemmlandschaften vorherrschten. Nach starken Regenfällen wurde viel grobes Material verlagert, in trockeneren Zeiten gelangte nur der feinste Staub bis in den Vorfluter, der heutzutage von der Donau, im Südwesten von Bodensee und Rhein gebildet wird. Die Molasselandschaft war insgesamt flach, es gab keine Berge, sondern weiträumige Niederungen mit Sümpfen, Wiesen und ausgedehnten Wäldern. Je nach Klima und Ort überwogen feuchte Lebensräume oder Steppen und Savannen. Andernorts, wo Flüsse die aufsteigenden Berge entwässerten, blieb das mitgebrachte grobe Geröll in teils mächtigen Schuttfächern liegen (Luterbacher, 1997).
Mächtigkeit
Die Absenkung des Molassebeckens begann entlang der aufsteigenden Alpen und hat dementsprechend seine höchsten Absenkungswerte im Süden an der Alpenfront erfahren. Deshalb setzte die Sedimentation ebendort zuerst ein mit Bildung der Unteren Meeresmolasse und später der Unteren Brackwassermolasse. Beide Einheiten stehen im Landesgebiet nur untertägig an. Mit zunehmender Absenkung erfasste die Sedimentation immer weiter nördlich liegende Bereiche, so dass sich schließlich ein keilförmiger Sedimentkörper bildete. Dessen größte Mächtigkeiten liegen mit über 5000 m (in Baden-Württemberg 3500 m) am Alpenrand. Nach Norden und Nordwesten nimmt die Mächtigkeit allmählich ab, um an der Südabdachung der Schwäbischen Alb letztlich auszukeilen. Einzelne, mehrere 10er Meter tief in die Oberjuraplatte eingeschnittene Täler sind mit groben Konglomeraten aus Juragesteinen (Ältere und Jüngere Juranagelfluh-Formationen) erfüllt. Sie stellen ehemalige, von der Albhochfläche zum Molassebecken führende Abflussrinnen dar.
Alterseinstufung
Die ältesten (eozänen) Anteile der Molasse sind nur außerhalb des Landesgebiets entwickelt. In Baden-Württemberg setzte die Molassesedimentation erst im frühen Oligozän ein und dauerte bis in das Miozän an. Die jüngsten erhaltenen und fossilführenden Sedimente (Obere Süßwassermolasse) wurden in die Tortonium-Stufe (spätes Miozän, Pannon der Paratethys-Gliederung) datiert und sind rund 10 Mio. Jahre alt.
Sonstiges
Der Begriff „Molasse“ leitet sich vom französischen Wort „mou“, bzw. „molle“ für „weich“ her und war ursprünglich in der französischen Schweiz für wenig verfestigte Sandsteine gebräuchlich. Das Wort wurde später auf alle Ablagerungen des nordalpinen Molassebeckens übertragen. Heutzutage ist „Molasse“ als Überbegriff für alle Sedimente gebräuchlich, die durch spät- und postorogene Erosion in den Vorlandbecken der Gebirge abgelagert wurden.
Im Hegau kam es im mittleren bis späten Miozän über rund 10 Mio. Jahre hinweg zu vulkanischer Aktivität mit Förderung von unterkieselten Magmen. Die ältesten Hinweise auf Vulkanausbrüche sind tuffitische Anteile in der Steinhöfe-Formation. Sie sind auf 16,2 Mio. Jahre datiert (Lippolt et al., 1963). Alle weiteren Vulkanite sowie deren Begleitsedimente sind in die Schichten der Oberen Süßwassermolasse eingelagert. Sie werden als eigene Hegauvulkan-Untergruppe behandelt.
Im Molassebecken wurden schon seit alters her Fossilien gefunden. Neben den überall auftretenden marinen Mikrofaunen (Cicha et al., 1998) ist die Meeresmolasse bekannt für die häufig enthaltenen Haifischzähne und andere Fischreste. In den feinklastischen terrigenen Einheiten sind Pflanzenreste und Blattabdrücke weit verbreitet. Besonders hervorzuheben sind aber die artenreichen Wirbeltierfaunen (siehe z. B. Sach, 1999). Besonders häufig werden Wirbellose, Fischotolithen und Kleinsäuger (v. a. Zähne von Nagetieren etc.) gefunden. An vielen Fundstellen können Zähne und Knochen von Großsäugern, z. B. Reste von Huftieren (Wiederkäuer, Rhinoceros-Verwandte, Schweine-Verwandte), Elefantenartigen, Katzenartigen und vielen anderen gefunden werden. Seltener sind Schildkrötenpanzer oder Zähne von Krokodilen.
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (1998). Oligocene–Miocene foraminifera of the Central Paratethys. – Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, 549, S. 1–325.
- (2005). Die Gliederung des Tertiärs im süddeutschen Molassebecken. – Newsletters on Stratigraphy, 41(1–3), S. 359–375.
- (1963). Altersbestimmungen nach der Kalium-Argon-Methode an tertiären Eruptivgesteinen Südwestdeutschlands. – Jahreshefte des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg, 6, S. 507–538.
- (1997). Stratigraphy and facies evolution of a typical foreland basin – the Tertiary Molasse Basin (Lake Constance Area and Allgäu). – Gaea heidelbergensis, 4, S. 123–140.
- (1999). Litho- und biostratigraphische Untersuchungen in der Oberen Süßwassermolasse des Landkreises Biberach a. d. Riss (Oberschwaben). – Stuttgarter Beiträge zur Naturkunde, Serie B, 276, S. 1–167.