Prozess

Tonige Böden verändern ihr Volumen in Abhängigkeit vom natürlichen Wassergehalt. Sie schrumpfen bei Austrocknung und quellen nach Wiederbefeuchtung. Dieser Vorgang ist reversibel. In heißen Sommern trocknen die oberflächennahen tonig-schluffigen Bodenhorizonte örtlich bis zu einer Tiefe von 1,5 m unter Gelände aus (an steilen Südhängen bis etwa 2 m unter Gelände). Im Wurzelbereich von Bäumen mit hohem Wasserbedarf (z. B. Pappeln, Weiden, Birken, Kastanien, Walnussbäumen) wird die Austrocknung noch erheblich verstärkt und reicht wesentlich tiefer.

Der Wasserentzug hat Volumenverluste zur Folge, die bei überwiegend schluffigen Böden wie z. B. Löss (Lo), Lösslehm (Lol) oder Schwemmlehm (Lz) etwa 5 %, bei Residualton (Tres) etwa 15 % bis über 20 % betragen. Infolge von Austrocknung bilden sich Trockenrisse an der Oberfläche aus, die tiefer als 3 m in den Untergrund reichen können.
Über Trockenrisse kann Niederschlagswasser in kurzer Zeit tief in den Untergrund eindringen und dort zur (Re-)Aktivierung von Gleitbahnen und zur Auslösung von Rutschungen führen.
Bei nachfolgender Durchfeuchtung quillt der tonige Boden wieder auf. Reine Tone quellen besonders stark. Das Quellen kann zu Quellhebungen bzw. zu Quelldruck führen. Bei sandigen Tonen hingegen füllen die quellenden Tonpartikel zunächst den Porenraum zwischen den Sandkörnern. Deshalb findet hier keine nennenswerte Volumenvergrößerung des Bodens statt.
Die Quellvorgänge werden durch die besonderen physikalischen Eigenschaften bestimmter Tonminerale verursacht. Aufgrund ihrer Plättchenform besitzen quellfähige Tonminerale eine große innere Oberfläche, an die Wassermoleküle angelagert werden können. Dieses Adhäsionswasser bildet einen Wasserfilm auf den Tonplättchen. Mit zunehmender Wasserzufuhr nimmt die Dicke des Wasserfilms zu, wodurch sich der Abstand zwischen den Tonplättchen vergrößert. Der tonige Boden quillt.
Bauen auf Gesteinen mit jahreszeitlicher Volumenänderung

Bauschäden durch Schrumpfen und Quellen können durch eine Gründungstiefe von mehr als 1,5 m in tonigen Böden sowie durch einen ausreichenden Abstand (ca. 15 m) zu Bäumen mit großem Wasserbedarf vermieden werden. Bei Hangbebauungen ist auf ein einheitliches Gründungssubstrat unter den bergseitigen und talseitigen Fundamenten zu achten. Im Sommer sollten Baugruben – insbesondere in Südlagen – nicht lange ungeschützt offenstehen. Die bindigen Böden können stark austrocknen und nach der Überbauung wieder quellen, wodurch im Extremfall die Fußböden von Neubauten angehoben werden können.
Gebäudeschäden infolge von jahreszeitlicher Volumenänderung bindiger Böden wurden durch das LGRB beispielsweise bei einem Wohngebäude in Dusslingen, Lkr. Tübingen näher untersucht.
Jahreszeitliche Volumenänderung in der IGHK50

In der ingenieurgeologischen Gefahrenhinweiskarte für Baden-Württemberg (IGHK50) wird für knapp 80 geologische Einheiten eine Gefährdung durch jahreszeitliche Volumenänderung ausgewiesen. Davon sind insgesamt ca. 32 % der Landesfläche betroffen. Diese Gesteinseinheiten zeichnen sich allesamt durch einen vergleichsweise hohen Feinkornanteil aus. Dabei kann es sich um quartäre Lockergesteine handeln, wie beispielsweise Holozäne Abschwemmmassen (qhz), Löss (Lo) oder Verwitterungs-/Umlagerungsbildungen (qum). Aber auch Festgesteinseinheiten und veränderlich feste Gesteinseinheiten, wie z. B. die Trossingen-Formation (kmTr; ehemalige Bezeichnung: Knollenmergel) oder die Steigerwald-Formation (kmSw; ehemalige Bezeichnung: Untere Bunte Mergel) können infolge von Verwitterungsprozessen in für den Baugrund relevanten Tiefen oben beschriebene geotechnische Eigenschaften aufweisen.