Übersicht, Bezeichnung und Verbreitung
Der Rhätsandstein Baden-Württembergs ist ein harter, kieselig gebundener, hellglimmerführender Fein- bis Mittelsandstein hellgelblichbrauner Färbung. Vom bekannten Seeberger Sandstein, dem Rhätsandstein Thüringens unterscheidet er sich durch die größere Härte und das gröbere Korn.
Die Ablagerungen des Oberkeupers und damit auch des Rhätsandsteins treten in Baden-Württemberg hauptsächlich zwischen Tübingen und Stuttgart an die Oberfläche. Weitere, früher genutzte Vorkommen befinden sich bei Nürtingen, Sulz am Neckar und Haigerloch sowie im Kraichgau bei Rauenberg und Mühlhausen. Aufgrund seines Entstehungsmilieus (s. u.) gehen die Sandsteine lateral teilweise in tonige Sedimente, die Rhättone, über. Der Sandstein ist keineswegs durchgängig ausgebildet, stellenweise fehlt er innerhalb der Rhätkeuper-Formation ganz.
Seine Bezeichnung erhielt der Rhätsandstein nach dem Leitfossil Rhaetavicula contorta, einer selten auftretenden Muschel. In der geologischen Literatur wird er auch als Tübingen-Sandstein bezeichnet und als Sonderentwicklung des Contorta-Sandsteins angesehen (Geyer et al., 2011). Der Quarzsandstein wurde aufgrund seiner hellen Farbe und der darin auftretenden feinschuppigen Hellglimmer früher auch „Silbersandstein“ genannt (Reyer, 1927). Zerstoßen wurde er als Schreib- bzw. Löschsand zum Trocknen der Tinte verwendet.
Die Nutzung des Rhätsandsteins in Baden-Württemberg ist für mindestens 30 ehemalige Gewinnungsstellen belegt. Ein Schwerpunkt lag nördlich von Tübingen; hier ist der Rhätsandstein von besonders großer Festigkeit und Witterungsbeständigkeit. Aus diesem Gebiet sind 16 Steinbrüche bekannt. Im Steinbruch „Hägnach“ bei Lustnau und Pfrondorf nahe Tübingen wurde der Rhätsandstein bis zur Schließung des Bruches im Jahr 2009 ausschließlich zu Werksteinzwecken gewonnen; trotz guter Nachfrage musste der Betrieb aus vertraglichen Gründen eingestellt werden.
Während in Baden-Württemberg der letzte Steinbruch im Rhätsandstein vor einigen Jahren geschlossen wurde, befindet sich dieser Quarzsandstein in Bayern und Thüringen noch in regelmäßiger Gewinnung. In Oberfranken stehen derzeit fünf Rhätsandstein-Brüche in Abbau. Bekannt ist z. B. der Bucher Sandstein, der auch als Gelber Mainsandstein vertrieben wird. Ganze historische Stadtkerne sind aus den fränkischen bzw. bayerischen Rhätsandsteinen erbaut, so in Bamberg und in Erlangen. Im Umfeld von Erlangen gab es zahlreiche Rhätsandsteinbrüche, z. B. bei Marloffstein, Adlitz und Kalchreuth (Koch et al., 2003b). In Thüringen wird der Rhätsandstein noch am Großen Seeberg bei Gotha abgebaut. Der Seeberger Sandstein ist feinkörniger und weniger stark verkieselt als der württembergische Rhätsandstein; dieser gut zu bearbeitende Sandstein erlangte durch herausragende Bauwerke wie der Wartburg, dem Dom zu Gotha oder dem Dom zu Erfurt Berühmtheit. Mangels Verfügbarkeit des württembergischen Rhätsandsteins wird der thüringische Rhätsandstein bis nach Baden-Württemberg geliefert (Mitt. E. Stiefel, Fa. Traco, 2011).
Geologisches Alter, Entstehung
Bei Tübingen-Lustnau und ‑Pfrondorf besteht der Oberkeuper fast vollständig aus dem nahezu tonfreien Tübingen-Sandstein, einer Sonderentwicklung des sonst tonigeren, plattig-flaserigen Contorta-Sandsteins (Geyer et al., 2011). Der Rhät- bzw Contorta-Sandstein entstand vor etwa 200 Mio. Jahren im Übergang von einem terrestrisch beeinflussten Milieu zum Jurameer. Er wird stratigraphisch der Exter-Formation des Oberkeupers zugeordnet. Auf die Art des Ablagerungsraums gibt es einerseits dadurch Hinweise, dass die Sandsteine als Dünen- oder Deltasande abgelagert worden sind, andererseits spricht die Muschel- und Spurenfauna für ein randmarines Milieu. Am Top der Abfolge treten im sog. Rhätolias-Grenzbonebed zahlreiche fossile Knochenreste auf. Der Tübingen-Sandstein mit seinen blassgelben Quarzsandsteinbänken geht auf Ablagerungen an einem Sandstrand mit gelegentlichem Landpflanzenbewuchs zurück (Aepler, 1974).
Gesteinsbeschreibung, Schichtaufbau
Der für die Werksteingewinnung bedeutsame Rhätsandstein ist ein gelblich brauner, hellbeiger bis cremefarbener, gleichkörniger, fein- bis mittelkörniger Quarzsandstein. Lokal treten gradierte Mittel- bis Grobsandsteine auf, teilweise sind Wellenrippel und flachwinklige Schrägschichtungskörper erhalten. Bioturbationsanzeichen sind im oberen Abschnitt des Sandsteins häufig.
Der schwäbische Rhätsandstein weist im mikroskopischen Bild ein eng verzahntes und dicht gepacktes Gefüge von Quarzkörnern auf; ihre Korngröße schwankt zwischen 0,04 und 0,15 mm. Nach Lukas (1990b) nimmt der sichtbare Porenraum ca. 24 Vol.‑% ein, die effektive Porosität beträgt rund 14 Vol.‑%. Die durchschnittliche Porengröße liegt bei 0,06 mm. Ein echtes Bindemittel ist selten und besteht dann aus sehr feinkörnigem Quarz; die sehr feste Bindung geht vor allem auf die gute Kornverzahnung und die Bildung von Quarzanwachssäumen zurück. Die leichte Gelbfärbung der Quarzkörner ist auf einen geringen, aber gleichmäßig verteilten Gehalt von Eisenhydroxiden (Limonit) zurückzuführen. Oft zeigt der Rhätsandstein Limonitflecken, ‑streifen und ‑bänder. Kalifeldspat, Tonminerale bzw. Hellglimmer sind selten, ebenso Schwerminerale. Bei den Schwermineralen überwiegen die stabilen Minerale Zirkon, Rutil, Anatas und Turmalin (Walenta, 1969a).
Chemische Zusammensetzung 1) |
Rhätsandstein von Pfrondorf |
Rhätsandstein von Nürtingen |
SiO2 |
98,3 % |
97,13 % |
Al2O3 |
0,6 % |
1,52 % 2) |
Fe2O3 |
0,8 % |
1,37 % |
CaO |
0,24 % |
- |
1) nach Angaben von Reyer (1927, S. 49) und Frank (1944)
2) ist auf einen etwas höheren Tongehalt zurückzuführen
Die Gesamtmächtigkeit der durch Werksteinbrüche erschlossenen Rhätsandsteinvorkommen liegt zwischen 2 und 12 m, im Schnitt wurden 4–7 m mächtige Sandsteinpakete abgebaut. Hohe Mächtigkeiten wurden bei Neckarhausen nahe Nürtingen mit 11 m erreicht (Reyer, 1927); das Vorkommen am Ulrichstein im Aichtal zwischen Grötzingen und Oberensingen ist etwa 9–10 m mächtig, wovon heute im steilen Gelände noch etwa 4–5 m zugänglich sind. Innerhalb dieser Sandsteinpakete treten dicke Platten und bis 1 m mächtige Bänke auf. Die Bankmächtigkeit liegt meist bei ca. 50 cm, es kommen aber auch Bänke mit Mächtigkeiten bis knapp 2 m vor.
Im Gebiet östlich des Steinbruchs Hägnach (RG 7420‑1) bei Tübingen-Lustnau wurde durch Kernbohrungen unter einer bis 18 m mächtigen Überdeckung von grauen Tonsteinen und Mergeln der Psilonotenton-Formation des Unterjuras und einer 0,5 m dicken Kalksandsteinbank, der sog. Psilonotenbank mit Grenzbonebed, ein 7,1 m mächtiges Sandsteinpaket erbohrt (s. geologisches Idealprofil). Es lässt sich nach Hornung (2001) gliedern in einen 4 m mächtigen oberen Abschnitt mit häufiger Bioturbation und kleinen Tonlinsen und einen unteren, etwa 3 m mächtigen Abschnitt mit flachwinkliger Schrägschichtung und zahlreichen Wellenrippeln. Besonders die Basis des Rhätsandsteins über den Knollenmergeln ist stark verkieselt. Im Frühjahr 2011 war im seit 2009 stillgelegten Bruch noch eine etwa 6 m hohe Werksteinwand aufgeschlossen.
Südlich von Pfrondorf wurden mindestens fünf Rhätsandsteinbrüche betrieben; der letzte wurde in den 1970er Jahren stillgelegt (Mitt. Herr Roth sen., Seedorf). Für den Steinbruch Pfrondorf RG 7420‑102 (s. Karte des Vorkommens) zwischen Tübingen-Pfrondorf und Tübingen-Lustnau liegt folgendes Schichtprofil vor (Lage: O 507421 / N 5376288):
- 0,30 m |
Lehm, braun, humos |
- 3,80 m |
|
- 4,15 m |
Kalksandstein, dunkelgrau (Psilonotenton-Formation, Unterjura) |
- 9,15 m |
Feinsandstein, verkieselt, hart, fest, gelblich weiß, oben stark quarzitisch und von Kalk inkrustiert; Bankmächtigkeit 0,10–1,00 m, |
- 9,65 m |
Sandstein, dünnbankig, Bankmächtigkeit 0,05–0,10 m |
- 12,95 m |
Sandstein, z. T. schluffig, lagenweise zu Sand aufgewittert, graubraun, Bankmächtigkeit 0,20–0,50 m |
Darunter |
Graublaue Letten (Knollenmergel, Mittlerer Keuper) |
Das Schichtprofil zeigt, dass der Rhätsandstein dort insgesamt 9,15 m mächtig ist, wovon der Abschnitt von 4,15–9,15 m für Werksteinzwecke genutzt werden kann. Der obere Teil der Werksteinzone ist plattig bis dünnbankig, der untere dickbankig und in großen Kluftkörpern entwickelt. Der unter der Werksteinzone liegende Sandstein ist schluffig und lagenweise zu Sand aufgelockert.
Technische Eigenschaften und Verwendung
Typisch für den württembergischen Rhätsandstein in Werksteinqualität sind die hohe Gesteinsfestigkeit, der scharfkantige, splittrige Bruch und die sehr gute Witterungsbeständigkeit. Die gewinnbare Rohblockgröße variiert zwischen wenigen dm3 und etwa 3 m3.
Technische Eigenschaften |
Württembergbischer Rhätsandstein 1) |
2,17–2,31 g/cm3 |
|
2,66 g/cm3 |
|
effektive Porosität |
14,17 Vol.‑% |
Wasseraufnahme unter Atmosphärendruck |
3,0–3,2 M.‑% |
Wasseraufnahme unter Vakuum |
6,22 M.‑% |
Sättigungsgrad |
0,48 |
133–137 MPa |
|
13,3 MPa |
|
Ankerndorn-Ausbruchlast |
3490 N |
Schleifverschleiß |
11,7 cm3/50 cm2 |
1) nach Lukas (1990b), Reyer (1927) und ein Prüfbericht der Fa. Nagel (1996)
Hauptverwendungsbereiche für den Pfrondorfer Rhätsandstein waren Fluss- und Gartenbausteine, Sockel-, Mauer- und Pflastersteine, Treppenstufen sowie Fassaden- und Bodenplatten. Für figürliche Bildhauerarbeiten wird der Rhätsandstein aufgrund seiner großen Härte selten verwendet. Zahlreiche Gebäude der Stadt Tübingen (z. B. Universität und Rathaus) weisen einen charakteristisch hellbraunen Sockel aus Rhätsandstein auf. Als Sockel- und Mauerstein wurde er in Tübingen z. B. in der Herrenberger Straße, der Hölderlin- und der Mühlstraße, der Neckarhalde und der Gartenstraße verwendet. In Bebenhausen wurden viele Pflasterarbeiten aus diesem sehr widerstandsfähigen Gestein gefertigt. Beim Beginn der Aufstockung des Hauptturms am Ulmer Münster im Jahr 1844 wurde als monumentaler „Grundstein“ ein Block aus Nürtinger Rhätsandstein verwendet, wie alte Chroniken belegen (Mitt. Hüttenmeister A. Böhm, 2011).
Im Zusammenhang mit Renovierungsarbeiten wurde der Pfrondorfer Rhätsandstein aus dem Steinbruch Hägnach (RG 7420‑1) in Form von Platten und Stufen eingesetzt beispielsweise im Innenbereich des Freiburger Münsters (1993–2000), als Pflastersteine und gesägte Platten am Löwentorvorplatz in Stuttgart (2008) sowie als Pflaster-, Mauer- und Verblendsteine auf der Burgruine Rechberg (1995–2007). Beeindruckend ist die Referenzliste der Fa. Renate Nagel von 2008, wonach der Pfrondorfer Sandstein in über 70 Orte, die meisten in Baden-Württemberg, geliefert wurde. Besonders gefragt waren in den letzten Jahrzehnten Mauersteine, Mauerverblender, Bossensteine, Platten für Böden, Fassaden und Fenstereinrahmungen sowie Großpflaster und Blockstufen; Sitz- und Brunnensteine gingen besonders in den GaLa-Bau. Einer der letzten Großaufträge für die Fa. Nagel war das Parkhaus König in Tübingen. Der Rhätsandstein von Nürtingen-Oberensingen und Hardt wurde für Pflaster- und Sockelsteine, seltener für Wetzsteine verwendet (Simon, 2004a).
Wichtige Abbaugebiete
Wie erwähnt, wurde der Rhätsandstein bis 2009 im Steinbruch Hägnach, Gemarkung Tübingen Lustnau, westlich von Tübingen-Pfrondorf, als „Pfrondorfer Rhätsandstein“ gewonnen (s. Übersichtskarte). Daneben existierten mindestens fünf weitere Steinbrüche südlich von Pfrondorf. Dort betrieb die Fa. Karl Riekert vor dem Zweiten Weltkrieg einen Bruch. Reyer (1927) schreibt, dass durch die Pfrondorfer Sandsteinindustrie insgesamt etwa 20 Steinbrüche genutzt wurden, in denen über 100 Arbeiter beschäftigt waren. Nach seiner Darstellung konnten Blöcke bis 10 m3 Größe gewonnen werden. In Tübingen wurden die Sockel der meisten Staatsbauten und vieler Privathäuser aus dem Sandstein der Pfrondorfer Brüche errichtet.
Bei Nürtingen gab es ein weiteres Abbaugebiet mit mindestens sieben Steinbrüchen; fünf standen um 1927 noch in Nutzung (Reyer, 1927). Zwei Brüche lagen südwestlich von Hardt am Ulrichstein und Föllbach, einer nordwestlich oberhalb von Oberensingen nahe des Jacobsbrunnens. Eine Reihe kleiner Brüche zog sich zwischen Nürtingen und Neckarhausen am Neckarhang über fast 1 km Länge hin. In der TK 25 von 1939 sind sie alle noch erkennbar. Heute ist nur noch der Bruch am Ulrichstein mit etwa 5 m Wandhöhe erhalten und auf einem Wanderweg zugänglich. Reyer berichtet, dass die Brüche am Ulrichstein nahe Hardt und bei Neckarhausen von der Fa. August Schäfer aus Nürtingen betrieben wurden. Besten Einblick in den Aufbau der Werksteinschicht bietet der durch einen Felssturz entstandene Ulrichstein unterhalb der in nebenstehendem Bild gezeigten Wand. Die unterlagernden Knollenmergel begünstigen entlang der steilen Neckar- und Aichhänge das Abrutschen des Rhätsandsteins, weshalb diese spröde brechende Sandsteinschicht in viele große Blöcke zerteilt auf den Hängen zu finden ist. Nach Unterlagen im LGRB-Archiv (Weidenbach und Mitarbeiter, 1947, RG 7322‑120) nutzte die Fa. Friedrich Brotbeck mit Sitz in Zizishausen einen Rhätsandsteinbruch 0,4 km westlich der Ortsmitte von Nürtingen-Zizishausen. Im 1947 bereits auflässigen Steinbruch standen 5 m Rhätsandstein unter 2 m Abraum an.
Simon (2004a) berichtet, dass im Gebiet Neckarhausen–Nürtingen–Oberensingen–Hardt–Wolfschlugen ein bis 8 m mächtiger, weißgrauer bis gelbbrauner Rhätsandstein auftritt. Der gut sortierte Feinsandstein ist überwiegend kieselig, z. T. aber auch kalkig gebunden. Schrägschichtung und Wellenrippel sind wie in Pfrondorf häufig. Die Sandsteinkörper, die als strandparallele Schüttungen interpretiert werden, scheinen in N–S-gestreckten Körpern aufzutreten, werden von den überwiegend W–O-verlaufenden Tälern also nur punktuell angeschnitten.
Drei Gewinnungsstellen befanden sich außerdem nördlich von Balingen. Weitere Steinbrüche sind belegt aus dem Gebiet östlich von Vöhringen und südlich von Rosenfeld sowie südlich von Mühlhausen und Rauenberg im Kraichgau.
Gewinnung und Bezugsmöglichkeiten
Der Rhätsandstein wurde von der Fa. Renate Nagel bis 2009 in Lustnau bei Tübingen, Gewann Hägnach, in einer Mächtigkeit von 6–8 m gewonnen. Der Abbau war dort von der Fam. Nagel bereits im Jahr 1888 aufgenommen worden. In der Zeit, als der äußerst widerstandsfähige Quarzsandstein in großem Umfang für Pflaster und Sockel verwendet wurde, waren zahlreiche Arbeiter mit der Gewinnung und Zurichtung beschäftigt. Renate Nagel, Inhaberin des Betriebs seit 1983, berichtete, dass „früher einmal sieben Familien vom Steinbruch im Hägnach lebten“.
Der Abbau erfolgte mittels Lockerungssprengungen. Zuvor wurden Großbohrlöcher angefertigt, die dann mit Schwarzpulver besetzt wurden. Wegen der unterschiedlichen Bankmächtigkeiten variierten die Blockgrößen erheblich. Die größeren Blöcke wurden beispielsweise zu Brunnentrögen verarbeitet. Angestrebt wurde für die weitere Verarbeitung eine Rohblockgröße von 1,1 x 1,5 x 1 m. Aus den dünnbankigeren Bereichen und aus den Verarbeitungsresten der dicken Bänke wurden Platten für Fußböden, Terrassen und Treppen sowie Mauer- und Pflastersteine hergestellt. In der ersten Hälfte des 20. Jh. wurden hier jährlich bis 15 000 t gebrochen und verarbeitet. Die durchschnittliche Abbaurate betrug in den letzten Jahrzehnten nach Darstellung der Fa. Nagel meist zwischen 3 000 und 6 000 t pro Jahr, zuletzt aber nur noch 1 000 bis 2 000 t pro Jahr.
Potenzial
Die Karte der Vorkommen nördlich von Tübingen (s. u. Galerie) zeigt neben den Steinbrüchen auch die nachgewiesenen und prognostizierten, oberflächennah gewinnbaren Vorkommen von Rhätsandstein nahe der Teilorte Lustnau und Pfrondorf. Sofern durch Bohrungen die dargestellten Vorkommensabgrenzungen bestätigt werden können, läge in diesem Gebiet ein beachtliches Potenzial für die Werksteingewinnung vor. Im Steinbruchgebiet Hägnach selbst sind jedoch die verbliebenen und gut erreichbaren Vorräte relativ gering; die Abraummächtigkeit von rund 15 m lag bereits im Grenzbereich der Wirtschaftlichkeit. Etwa 1,5 km entfernt, südlich von Pfrondorf, sind fünf ehemalige Gewinnungsstellen bekannt, in denen der Rhätsandstein in einer Mächtigkeit von 5–8 m gewonnen wurde. Eine Wiederaufnahme des Abbaus wäre besonders im alten Steinbruchgebiet südlich von Pfrondorf denkbar, zumal die Abraummächtigkeiten dort meist nur zwischen 1 und 2 m liegen. Ein Sicherungsgebiet ist auf Anraten des LGRB für den neuen Regionalplan der Region Neckar-Alb vorgesehen. Im Gebiet nördlich von Tübingen sind zudem zehn weitere alte Rhätsandsteinbrüche bekannt, deren Erweiterungspotenzial noch zu prüfen wäre.
Kurzfassung
Der als Werkstein genutzte Abschnitt des württembergischen Rhätsandsteins, der als Pfrondorfer Rhätsandstein oder auch als Tübingen-Sandstein bezeichnet wird, ist ein harter, gelblich brauner, fein- bis mittelkörniger Quarzsandstein mit kieseliger Kornbindung. Entstanden sind diese aus gut sortierten Strandablagerungen am Rand eines flachen Meeres. Die nutzbaren Mächtigkeiten des Rhätsandsteins liegen zumeist zwischen 4 und 6 m. Wegen seiner guten Witterungsbeständigkeit wurde er besonders für Gebäudesockel, Haus- und Gartenmauern sowie in Form von Platten und Treppenstufen im Gartenbau verwendet. Er wurde in Baden-Württemberg in mindestens 30 Steinbrüchen gewonnen; der Schwerpunkt befand sich nördlich von Tübingen. Ein weiteres wichtiges Abbaugebiet lag bei Nürtingen. Trotz guter Nachfrage wurde der letzte Rhätsandsteinbruch bei Tübingen-Lustnau (Fa. R. Nagel) vor einigen Jahren geschlossen. Bezugsmöglichkeiten bestehen in den östlichen Nachbarländern, jedoch werden dort weniger gut verkieselte Rhätsandsteine als Gelber Mainsandstein (Bayern) und als Seeberger Sandstein (Thüringen) gewonnen. Das größte bislang erkannte Potenzial für eine Wiederinbetriebnahme eines Werksandsteinbruchs im württembergischen Rhätsandstein liegt südlich von Tübingen-Pfrondorf.
Weiterführende Links zum Thema
Literatur
- (1974). Der Rhätsandstein von Tübingen – Ein kondensiertes Delta. – Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Abhandlungen, 147, S. 113–162. [12 Abb.]
- (1999). Stratigraphie und Fazies der Trias in der Umgebung von Tübingen anhand von Tagesaufschlüssen und Bohrungen (Exkursion D am 8. April 1999). – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 81, S. 47–67. [13 Abb.]
- (1944). Die natürlichen Bausteine und Gesteinsbaustoffe Württembergs. 340 S., Stuttgart (Schweizerbart). [17 Abb.]
- (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
- (2001). Sedimentpetrographische Untersuchung von 28 Sandsteinproben aus Pliezhausen. – Bericht i. A. Kölner Dombauhütte, 34 S., Tübingen. [unveröff.]
- (2003b). Becken – Hang – Plattform-Übergänge im Kimmeridge 1–3 der Nördlichen Frankenalb (Exkursion F am 24. April 2003). – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 85, S. 169–201. [13 Abb., 1 Tab.]
- (1990b). Geologie und Naturwerksteine Baden-Württembergs. – Grimm, W.-D. (Hrsg.). Bildatlas wichtiger Denkmalgesteine der Bundesrepublik Deutschland, S. 147–162, 2 Taf., München (Arbeitsheft Bayr. Landesamt Denkmalpflege, 50). [2 Abb.]
- (1927). Die Bausteine Württembergs nach ihrer mineralogischen Zusammensetzung und ihrer Struktur in Bezug zu ihrer bautechnischen Verwendung und wirtschaftlichen Bedeutung. VIII + 138 S., 3 Taf., Halle/Saale (Martin Boerner Verlagsanstalt). [8 Abb.]
- (2004a). Erläuterungen zu Blatt 7321 Filderstadt. – 4. völlig neu bearbeitete Aufl., Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 160 S., 2 Beil., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
- (1969a). Schwermineralien aus dem Rhätsandstein von Pfrondorf bei Tübingen. – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 51, S. 119–124. [2 Tab.]