Prozesse
Löslichkeit und Umwandlung von Anhydrit zu Gips
Sulfatgesteine (Calciumsulfat) kommen in Baden-Württemberg sowohl als wasserführender Gips (CaSO4 · 2 H2O) oder wasserfrei als Anhydrit (CaSO4) vor.
Die Verkarstung von Sulfatgesteinen erfolgt durch Wasser aufgrund chemischer Lösung (Korrosion). Die Löslichkeit der Sulfatgesteine wird von der Temperatur und dem Druck beeinflusst. Unter Standardbedingungen (25 °C, 1 atm., keine Fremdionen) beträgt die Löslichkeit von Gips 2,0 g/l bzw. von Anhydrit 2,7 g/l. Durch das Vorhandensein von Fremdionen, insbesondere Chloride im Lösungsmedium, wird die Löslichkeit von Anhydrit deutlich erhöht.
Anhydrit wandelt sich nicht unmittelbar in Gips um, sondern geht zunächst in Lösung und fällt schließlich bei einer Lösungskonzentration von 2,0 g/l CaSO4 als Gips aus (Fällungsreaktion).
Anhydrit Wasser Gips
CaSO4 + 2 H2O ⇌ CaSO4 · 2 H2O
Die Umwandlung von Anhydrit zu Gips geht mit einer Volumenzunahme von bis zu 61 % einher, dem sogenannten „Gipsquellen“. In der Natur fällt diese Volumenzunahme meist deutlich geringer aus.
Sulfatgesteine im Grundwasser
Die Löslichkeit des Gipses liegt im Grundwasser aufgrund des Fremdionenanteils zumeist bei rund 2,3 g/l. Häufig lässt sich im Grundwasser eine Teilsättigung an gelöstem Gips von rund 700–800 mg/l beobachten. Analog zur Karbonatlösung tritt auch bei der Sulfatverkarstung das Phänomen der Mischungskorrosion auf, wenn sich Grundwässer mit unterschiedlicher hydrochemischer Zusammensetzung vermischen (Reuter & Molek, 1980). Die Geschwindigkeit der Sulfatlösung hängt in erster Linie vom Wasserangebot und der Fließgeschwindigkeit des Grundwassers ab, mit dem gelöster Gips abtransportiert wird und frisches, ungesättigtes Grundwasser nachströmen kann.
Anhydrit- und Gipsspiegel
Als Oberer Gips- bzw. Anhydritspiegel wird die Obergrenze des Vorkommens von Gips bzw. Anhydrit im sulfatgesteinsführenden Gebirge bezeichnet. Oberhalb des jeweiligen Spiegels ist Gips bzw. Anhydrit nicht mehr vorhanden. Oberflächennah sind Sulfatgesteine meist vollständig ausgelaugt und es bleibt ein größtenteils schwach bindiger bis bindiger Lösungsrückstand aus Ton- und Gesteinsfragmenten (Gipsauslaugungsrückstände, GAR) zurück. Wenn wasserführende, gut durchlässige Gesteinsschichten einen Sulfatgesteinskörper unterlagern, kann auch hier eine Umwandlung von Anhydrit in Gips und Gipsauslaugung von unten erfolgen. Analog spricht man in diesem Zusammenhang vom Unteren Anhydrit- bzw. Gipsspiegel.
Verkarstungsfaktoren
Der Verkarstungsprozess und die daraus resultierende Ausbildung von Karstformen werden durch verschiedene Faktoren (z. B. Klima, Geologie, Hydrogeologie und Tektonik etc.) und deren Zusammenspiel beeinflusst. Eine zusammenfassende Auflistung der Verkarstungsfaktoren nach Reuter & Tolmačëv (1990) ist in der nachstehenden Tabelle ersichtlich.
Klima |
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Temperatur, Niederschlag, Verdunstung |
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Geologisch-morphologische Verhältnisse |
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Lösliche Gesteine |
Deckgebirge einschließlich Tagesoberfläche |
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Lithologie (Chemismus, Struktur- und Texturverhältnisse, Kristallgröße, Porosität) |
Morphologische Verhältnisse |
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Vegetation |
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Mächtigkeit und Tiefenlage |
Lithologie |
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Strukturgeologische Verhältnisse (Lagerungsformen, Klüftung) |
Mächtigkeit |
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Strukturgeologische Verhältnisse (Lagerungsformen, tektonische Klüftung, Zerrüttung des Gebirges Wechsellagerungen) |
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Hydrogeologische und Hydrochemische Verhältnisse (Zufluss- und Abflussbedingungen) |
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Lösungsprozesse einschließlich Mischungskorrosion |
Hydrogeologische Verhältnisse |
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Zusammensetzung und Konzentration der Fremdionen |
Festigkeitseigenschaften (Kompetenz/Inkompetenz bei Wechsellagerungen) |
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Folgen älterer Verkarstungsprozesse |
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Hohlräume in löslichen Gesteinen |
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Rückstandsbildungen (Residualgesteine), z. B. Gipsaschen mit unterschiedlichem Verfestigungsgrad an der Tagesoberfläche bereits vorhandener Senkungs- und Bruchformen |
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Modifizierende Faktoren |
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Hydromechanische Wirkungen im Deckgebirge |
Anthropogene Einflüsse |
Seismizität |
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Bergbau (Grundwasserabsenkung, Grundwasseranstieg, Hohlraumbildung) |
Natürliche seismische Einwirkung |
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Seismische Ereignisse infolge von Subrosionsprozessen (Gebirgsbrüche, -schläge) |
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Klufterosion im Festgebirge |
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Defekte Be- und Entwässerungsleitungen |
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Untergrundversickerung von Abwässern |
Verkarstungsprozess und entstehende Verkarstungsstrukturen
Der Prozess der Sulfatverkarstung setzt bevorzugt im Bereich hydraulisch wirksamer Trennflächen/Trennflächenverschneidungen (Klüftung, Schichtung, Störung) an, entlang derer Grundwasser zirkulieren und dabei Sulfatgesteine lösen kann. Allmählich werden dabei die Trennflächen zu Lösungshohlräumen wie Höhlengängen, Hallen oder Kavernen erweitert. Weiterhin hängen die entstehenden Verkarstungsstrukturen sehr stark von der Ausbildung des sulfatführenden Ausgangsgesteins ab.
Massiger Gips
Die Verkarstung massigen Gipses setzt vordergründig an dessen Oberfläche an, sowie entlang von ausgebildeten Kluft- und Störungsflächen. Offene oder verlehmte Schlotten, auch Erdfallschlotten sind die Folge (Prinz & Strauß, 2011).
Bankiger Gips
Bei bankig ausgebildetem Gips erfolgt die Verkarstung bevorzugt entlang der Schichtung, wodurch hangende Schichten nachbrechen bzw. nachsacken. Häufig erfolgt dabei die Verkarstung durch gespanntes Grundwasser aus gut durchlässigen Gesteinsschichten im Liegenden der Gipsbänke (z. B. aus dem Grenzdolomit der Erfurt-Formation (Unterkeuper) im Liegenden der Grundgipsschichten der Grabfeld-Formation (Mittelkeuper)). Die Mächtigkeit der Sulfatlagen sowie die geotechnischen Eigenschaften und Mächtigkeit der überlagernden Gesteinsfolgen beeinflussen die Lösungshohlräume und deren Folgestrukturen.
In mächtigen Sulfatgesteinen können größere Hohlräume entstehen, die im Laufe der Zeit nachbrechen und zu Erdfällen an der Geländeoberfläche führen können. Rogowski (2006) erwähnt beispielsweise einen sonarvermessenen ca. 600 m3 großen Hohlraum in den Grundgipsschichten bei Bad Cannstatt in ca. 33 m bis 38 m Tiefe. Bei bedecktem Karst muss der entstandene Lösungshohlraum ausreichend groß sein, um nachbrechendes/verspültes Material der Überdeckung aufnehmen zu können, damit schlotartig hochbrechende Strukturen bis an die Oberfläche durchbrechen (Reuter & Molek, 1980).
Wechselfolgen
In Wechselfolgen aus dünnen Gipslagen und tonig/schluffigem Gestein führt die Sulfatlösung meist zu einem relativ bruchlosen, großräumigen Nachsacken der überlagernden Gesteinseinheiten. Im nachgesackten Gebirge bilden sich bei fortschreitender Auslaugung zerbrochene mürbe Zonen aus, die zunächst aufgelockert sind, sich aber im zeitlichen Verlauf wieder konsolidieren können.
Bestehen die Wechselfolgen aus mächtigeren Sulfatlagen und kompetenten Festgesteinen, verbrechen diese infolge der Sulfatlösung zu einem Gemenge aus Gesteinskomponenten unterschiedlichster Größe in tonig schluffiger Matrix. Eine größere Hohlraumbildung ist dabei nicht zu beobachten.
Gemeinhin bilden sich bei flachem und mitteltiefem Sulfatkarst an der Geländeoberfläche zunächst (abflusslose) Senken. In den Senken angesammeltes Wasser kann den Verkarstungsprozess verstärken, was im weiteren Verlauf die Entstehung von Erdfällen begünstigt. Die entstehenden Erdfälle messen zunächst im Durchmesser bis wenige Meter, selten mehr als 10 m. Im Laufe der Zeit können sich die Erdfälle durch Nachbrechen deutlich vergrößern (Prinz & Strauß, 2011).
Hangbewegungen als Sekundärprozesse
Der Prozess der Gipsauslaugung führt zu einer Mächtigkeitsabnahme sulfatführender Gesteinseinheiten. Zurück bleiben meist tonig/schluffige Residualbildungen. Das auftretende Massendefizit hat eine Auflockerung und ein Zerbrechen überlagernder kompetenter Gesteinseinheiten (Kalksteine, Dolomite, Sandsteine etc.) zur Folge. Findet dieser Prozess in Hanglage statt, wie beispielsweise bei Hessigheim im Neckartal, können sich in den kompetenten Festgesteinen Klüfte zu etwa hangparallelen Zerrspalten öffnen und mehrere, teils treppenförmig hintereinander angeordnete Teilschollen auf den Residualbildungen abgleiten. Häufig kippen die abgleitenden Schollen talwärts, wodurch Felsstürze (z. B. Felsstürze Hessigheimer Felsengärten) ausgelöst werden können.
Bauen im Sulfatkarst
Gebiete mit sulfathaltigen Gesteinen im Untergrund stellen aufgrund der Sulfatverkarstungsthematik einen anspruchsvollen Baugrund dar. Wo möglich, sollten daher Sulfatkarstgebiete, insbesondere bekannte Erdfall- und Senkungsgebiete von einer Bebauung ausgeklammert werden. Häufig ist dies aufgrund des herrschenden Siedlungsdrucks, bereits bestehender Bebauung und äußeren Zwängen beim Verlauf von Infrastruktureinrichtungen (Verkehrswege, Ver- und Entsorgungsleitungen etc.) nicht möglich. Durch Erdfälle und Senken entstehen immer wieder starke Schäden an Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen, die aufwendig saniert, oder im Extremfall die Gebäude und Infrastruktureinrichtungen sogar ganz abgebrochen/rückgebaut werden müssen. Auch Personenschäden sind nicht ausgeschlossen. Um die Gefährdung aufgrund von Sulfatverkarstung zu minimieren, sollte im Vorfeld von geplanten Baumaßnahmen der Baugrund im Hinblick auf Sulfatverkarstung objektbezogen erkundet und der Gefährdung durch entsprechende bautechnische Maßnahmen begegnet werden.
Methoden zur Baugrunderkundung
Die Verfahrensauswahl zur Baugrunderkundung in Sulfatverkarstungsgebieten richtet sich nach dem zu erwarteten Untergrund sowie nach der Größe des Bauwerks und insbesondere nach dessen Empfindlichkeit gegenüber Verformungen. Neben der Erkundung von Hohlräumen und Senkungen umfasst dies auch ehemalige Verkarstungsstrukturen, die aufgrund ihrer teils locker gelagerten Füllungen sowie organischer Anteile einen ungleichmäßig setzungsempfindlichen Baugrund bilden können.
Ingenieurgeologische Untersuchungsverfahren umfassen:
- Geologisch-morphologische Verfahren
- Bestandsaufnahme durch Auswertung von älteren Kartenwerken, Archivunterlagen, Luftbildern sowie Schummerungskarten
- Geländebegehung und Anwohnerbefragung
- Geotechnische Untersuchungsverfahren
- Direkte Baugrundaufschlüsse mittels Kernbohrungen zur Ermittlung von Hohlräumen und ausgelaugten, entfestigten Bereichen (z. B. Residualbildungen)
- Bohrbegleitende Ermittlung der Lagerungsdichte mittels Rammsondierungen (DP), Drucksondierungen (CPT; jeweils oberflächennah) bzw. Bohrlochrammsondierungen (BDP; tieferer Baugrund)
- Geotechnische Laboruntersuchungen an Bohrkernproben (z. B. Dichte)
- Radarinterferometriemessungen oder geodätische Messungen zur Ermittlung aktiver Senkungsbereiche
- Geophysikalische Messverfahren zur Erkundung oberflächennaher Verkarstungsstrukturen
- Flächenhafte Erkundung mittels geophysikalischer Oberflächenmessungen (z. B. kombinierte Reflexions- und Refraktionsseismik, Georadar etc.)
- Seismische Tomographie zwischen zwei oder mehreren Bohrungen zur Ermittlung des dazwischen gelegenen Gebirgsaufbaus (z. B. Dichte)
- Optische und akustische Bohrlochscanner (Kamerabefahrung) zur Erkennung von in Bohrlöchern angetroffenen Hohlräumen und Klüften
- Sonarvermessung zur Untersuchung der räumlichen Ausdehnung von in Bohrlöchern angetroffenen Hohlräumen
Bautechnische Maßnahmen
In Abhängigkeit der geplanten Baumaßnahmen und der tolerierbaren/akzeptierbaren Gefährdung durch Sulfatverkarstung gibt es verschiedene bautechnische Maßnahmen, mit denen einer potenziellen Sulfatverkarstung begegnet und deren Auswirkungen reduziert/minimiert werden können. Generell werden bautechnische Maßnahmen in zwei Arten unterschieden:
- Vollsicherung
- Teilsicherung
Bei der Vollsicherung eines Bauwerks dürfen infolge der Sulfatverkarstung keine Nutzungseinschränkungen am Bauwerk auftreten. Bei der Teilsicherung werden gewisse Nutzungseinschränkungen einkalkuliert. Der Sicherungsumfang richtet sich dabei vor allem nach den akzeptierbaren Nutzungseinschränkungen eines Bauwerks / einer Infrastruktureinrichtung infolge eines aufgetretenen Verkarstungsereignisses, bis die entstandenen Schäden beseitigt werden können. Die durchzuführenden bautechnischen Maßnahmen lassen sich gliedern in:
- Verbesserung des Untergrundes
- Ausräumen und Verfüllen von (stabilen) Karsthohlräumen (z. B. mit Flüssigboden, Betonplomben etc.)
- Bei oberflächennah (unter Gründungssohle) gelegenen Karsthohlräumen Abrammen mittels Fallbirne oder Intensivverdichtung und anschließendes Verfüllen
- Tiefgründungen bis in den tragfähigen, nicht verkarsteten Untergrund
- Verpressen von Hohlräumen und Auflockerungsbereichen mit Zementsuspensionen (Injektionen), sofern hier keine neuen Fließpfade für das Grundwasser verursacht werden
- Hebungsinjektionen in gründungsnahe Deckschichten bei tiefliegenden Auslaugungshorizonten
- Konstruktive Maßnahmen
- Errichtung von Gebäuden (Gründungssohle, Decken, tragende Wände) als starre oder flexible Konstruktionen (Büchner, 1991)
- Verlegung von Ver- und Entsorgungsleitungen mit flexiblen Anschlüssen/Verbindungen
- Überbrückung von bekannten Erdfallstrukturen durch Geogitter oder armierte Betonplatten im Unterbau / Basis des Oberbaus von Verkehrswegen
Sulfatkarst in der Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg
Flächen, in denen eine Gefährdung durch Sulfatverkarstung auftreten kann, sind landesweit in der Gefahrenhinweiskarte von Baden-Württemberg (IGHK50) des LGRB von 2014 im Maßstab 1 : 50 000 als Gefahrenhinweisflächen „Sulfatkarst“ erfasst. Flächen, in denen sich Sulfat- und Karbonatkarst überlagern können, wurden als „Karbonat-/Sulfatkarst“ attributiert. Grundlage zur Ausweisung der Verkarstungsflächen bildet das geologische 3-D-Modell des LGRB, welches bisher nicht landesweit vorliegt. In den nicht bearbeiteten Bereichen (wie beispielsweise im Oberrheingraben) wird bisher grob nach Verkarstungswahrscheinlichkeit (möglich/unwahrscheinlich) unterschieden.
Zusätzlich zeigen Objektpunkte „vermutete Verkarstungsstrukturen“ (Erdfälle, Senken etc.) über verkarstungsfähigem Untergrund an. Auf eine Angabe der Geometrie, des vollständigen Prozessraums sowie der Verkarstungstiefe der Verkarstungsstrukturen wird dabei verzichtet. Die Verkarstungsstrukturen stammen aus dem verfügbaren Kartenmaterial sowie der fernerkundlichen Auswertung des hochauflösenden digitalen Geländemodells (DGM) des Landesamts für Geoinformation und Landesentwicklung (LGL). Die IGHK50 steht als Geoanwendung auf der Homepage des LGRB zur Verfügung.
Auf der Ingenieurgeologischen Gefahrenhinweiskarte sind etwa 4850 km2 (ca. 13,6 % der Landesfläche) als Gebiete mit Gefährdung durch Sulfatverkarstung ausgewiesen. Davon besteht auf rund 1500 km2 (ca. 31,2 % der abgegrenzten Fläche mit Gefährdung durch Sulfatverkarstung) zudem eine Gefährdung durch Karbonatverkarstung. Ca. 9000 vermutete Verkarstungsstrukturen (ca. 10,7 % der in IGHK50 verzeichneten Verkarstungsstrukturen) befinden sich innerhalb von Verbreitungsflächen, für die eine Gefährdung durch Sulfatverkarstung ausgewiesen wurde.
Sulfatführende Formationen/Gesteinseinheiten in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg besteht vor allem in den Gäulandschaften und dem Keuperbergland eine Gefährdung durch Sulfatverkarstung. Verantwortlich hierfür sind die sulfatführenden Gesteine
- der Grabfeld-Formation,
- des Mittleren Muschelkalks
sowie in weitaus geringerem Maße die Gesteine
Neben diesen zur Sulfatverkarstung neigenden Gesteinseinheiten sind in Baden-Württemberg weitere Formationen sulfatführend. Jedoch können keine Verkarstungsstrukturen eindeutig mit den nachfolgenden Formationen/Gesteinseinheiten in Verbindung gebracht werden.
Unterer Muschelkalk
An der Basis des Unteren Muschelkalks wurden im Bereich des Oberen Neckars (in der Umgebung von Rottweil) sowie in südwestlich angrenzenden Gebieten Sulfatknollen in größerer Tiefe erbohrt. Oberflächennah beschränken sich diese sulfatführenden Gesteinsschichten auf das Wutachgebiet, wo diese ausnahmslos ausgelaugt sind und als Residuen vorliegen.
Erfurt-Formation
Innerhalb der Erfurt-Formation (Unterkeuper) können zwei Horizonte sulfatführend sein – die bis zu einem Meter mächtige Alberti-Bank in der unteren Hälfte der Erfurt-Formation sowie das etwa 1–2 m mächtige Böhringen-Sulfat am Übergang zur Grabfeld-Formation im Hangenden. Verkarstungsstrukturen (Erdfälle, Senken etc.), die sich bis an die Geländeoberfläche auswirken, sind von Verkarstungsprozessen der Alberti-Bank nicht bekannt. Verkarstungsprozesse im Böhringen-Sulfat werden stark überlagert von der Sulfatauslaugung in den weitaus mächtigeren Grundgipsschichten an der Basis der Grabfeld-Formation und können von dieser nicht unterschieden werden.
Formationen im Oberrheingraben
Im Oberrheingraben sind in den tertiären Gesteinen der Pechelbronn-Formation (Oberrheingraben-Tertiär) teils in Lagen angeordnete Sulfatknollen enthalten. Die im Oberrheingraben anstehende Wittelsheim-Formation (Oberrheingraben-Tertiär) kann neben Steinsalz- bis Salztonlagen auch Sulfatgesteine enthalten. Dort aufgetretene Verkarstungserscheinungen sind in der Regel auf die Salzgewinnung zurückzuführen.
Literatur
- (1991). Die Gefährdung von Bauwerken durch Erdfälle im Vorland des Westharzes. – Geologisches Jahrbuch, Reihe C, 59, 40 S., Stuttgart (Schweizerbart).
- (2011). Ingenieurgeologie. 5. bearb. u. erw. Aufl., XIII + 738 S., Heidelberg (Springer Spektrum).
- (1980). Ingenieurgeologisch-strukturgeologische Grundlagen zur Beschreibung von Objekten des Sulfat- und Chloridkarstes. 78 S., Leipzig (VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie).
- (1990). Bauen und Bergbau in Senkungs- und Erdfallgebieten. 176 S., Berlin (Akademie-Verlag).
- (2006). Zur Entwicklung des Sulfatkarstes und zur Abschätzung des subrosionsbedingten Gefährdungspotentials in einem Wohngebiet in Stuttgart. – Laichinger Höhlenfreund, 41. Jahrgang, S. 19–26.
- (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.