Die karbonatischen Gesteine des Oberjuras neigen zur Verkarstung (Karbonatkarst). Im Landesgebiet treten sie hauptsächlich im Bereich der Schwäbischen Alb bis in das Randengebiet südlich der Donau zu Tage. Randschollen des südlichen Oberrheingrabens enthalten kleine Ausstrichgebiete des Oberjuras.
Aufgrund ihrer jeweilig variablen Gesteinszusammensetzung weisen die verschiedenen Formationen des Oberjuras auch eine unterschiedliche Verkarstungsfähigkeit auf bzw. variieren in ihrer Verkarstungsintensität stark. So sind die Massenkalke und Dolomitgesteine des Oberjuras (Oberjura-Massenkalk-Formation, Lochen-Formation) meist stärker verkarstet als geschichtete Kalksteine oder Mergelsteine, da keine Tonlagen den vertikalen Wasserdurchfluss behindern (Wagenplast, 2005). In stärker tonhaltigen Mergelsteinschichten wie der Impressamergel-Formation, der Lacunosamergel-Formation oder der Zementmergel-Formation fehlen Karststrukturen teils vollständig. Stellenweise können diese tonreichen Schichten sogar wasserstauend wirken (Reiff, 2004). Optimale Voraussetzungen für die Verkarstung sind dagegen im „zuckerkörnigen Lochfels“ (dedolomitisierter Massenkalk) gegeben. Dieser besitzt zahlreiche, bis etwa faustgroße, oft miteinander verbundene Hohlräume (Wagenplast, 2005).
Verkarstungsphänomene wie Dolinen, Karstwannen sowie Karstschlotten und Höhlenbildungen zählen zu den charakteristischen Erscheinungen im Oberjuragebiet. Bekannte Höhlen sind z. B. die Charlottenhöhle bei Giengen an der Brenz, der Hohle Fels und die Kolbinger Höhle. Diese können oberflächennah durch quartäre oder tertiäre Lockergesteine überdeckt bzw. gefüllt sein. Dolinen treten auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb lokal auch in ganzen Feldern auf, wie z. B. auf der Blaubeurer Alb nördlich von Blaubeuren. Auch beim Bau der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm der Deutschen Bahn wurden zahlreiche Verkarstungsstrukturen angetroffen. Die Verkarstungsstrukturen sind teilweise an tektonische Bruchstrukturen (vorherrschende Kluftscharen, Störungszonen) gebunden, was zur Bildung sog. Dolinenketten oder Höhlengängen führt (Gwinner et al., 1987). Ein schönes Beispiel hierfür bietet die Ebnater Karstwanne.
Auf der Schwäbischen Alb sind als weitere Verkarstungserscheinungen zudem zahlreiche Trockentäler ausgebildet. Hier bedingt die intensive Verkarstung eine hohe Wasserdurchlässigkeit der Karbonatgesteine. Daher erfolgt der Wasserabfluss hauptsächlich unterirdisch. Die Talformen entstanden zunächst durch oberirdische Entwässerung. Durch die seit dem Pliozän anhaltende Hebung der Schwäbischen Alb wurde diese durch eine zunehmend in die Tiefe fortschreitende Verkarstung erfasst, die Entwässerung verlagerte sich schrittweise in den Untergrund. Vermutlich war das Karstsystem während der Eiszeiten im Pleistozän infolge von Permafrost zeitweise plombiert, sodass die Entwässerung vorübergehend wieder oberirdisch erfolgte. Kurzzeitig können auch heute noch bei starker Schneeschmelze oder Starkniederschlägen in manchen Trockentälern größere Wassermengen oberirdisch abfließen (Gwinner & Hafner, 1995). In diesem Fall spricht man von episodischer Wasserführung.
Generell bilden die Gesteine des Oberjuras infolge ihrer starken Verkarstung die bedeutendsten und ergiebigsten Festgesteinsgrundwasserleiter des Landes mit oft überregionaler Bedeutung. Aufgrund des geringen Schutzpotenzials der Grundwasserüberdeckung, des geringen Reinigungspotenzials des Grundwasserleiters und der sehr schnellen Fließverbindungen ist das Karstgrundwasser im Oberjura allerdings sehr anfällig für Verunreinigungen.
Literatur
- (1995). Erläuterungen zu Blatt 7919 Mühlheim an der Donau. – Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 139 S., 4 Beil., Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
- (1987). Erläuterungen zu Blatt 7227 Neresheim-West. – Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., 136 S., 4 Taf., 2 Beil., Stuttgart (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
- (2004). Erläuterungen zu Blatt 7326 Heidenheim. – Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., 223 S., 3 Beil., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
- (2005). Ingenieurgeologische Gefahren in Baden-Württemberg. – LGRB-Informationen, 16, S. 1–79.