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Alpenvorland

Das baden-württembergische Alpenvorland bildet eine weitläufige Hügellandschaft, die sich südlich der Schwäbischen Alb im Vorfeld der Alpen ausbreitet. Es erstreckt sich dabei dreiecksförmig zwischen dem Bodensee und Hochrhein an der Grenze zur Schweiz, der Schwäbischen Alb im Nordwesten und der östlichen Begrenzung entlang von Iller und weiter im Süden von Aitrach und Eschach. Sowohl die maximale Nord–Süd-Erstreckung, wie auch die größte Ost–West-Distanz beträgt rund 100 km. Im Unterschied zu den meisten anderen Landschaften Baden-Württembergs besteht das Alpenvorland aus erdgeschichtlich jungen, känozoischen Gesteinen, deren Bildung und Ablagerung mit der Entstehung der Alpen und ihrer Entwicklung zu einem Hochgebirge zusammenhängt. Bei diesen handelt es sich einmal um Sedimente aus der Tertiär-Zeit, die als Füllung aus Abtragungsmaterial der Alpen in das vorgelagerte Molassebecken geschüttet wurden. Zum anderen konnten sich in den quartären Kaltzeiten im Hochgebirge große Eismassen ansammeln, was schließlich zum Austreten der Gletscher aus den Alpentälern und zur Ablagerung des mitgeführten alpinen Gesteinsmaterials im Vorland führte.

 

Kartenausschnitt
Kartenausschnitt
Panoramabild einer grünen Hügellandschaft mit Wiesen, Waldgebieten und Siedlungen. Im Hintergrund ist eine Kette schneebedeckter Berge erkennbar.
Das Jungmoränen-Hügelland im Westallgäu mit Blick auf die Allgäuer Alpen
Blick über hellbraune Äcker auf eine tiefer liegende Hügellandschaft mit Wiesen, Feldern, Siedlungen und Wäldern. In der Ferne sind flache bewaldete Höhen erkennbar.
Westliches Altmoränen-Hügelland bei Meßkirch

Aufgrund naturräumlicher Unterschiede lassen sich die Altmoränenbereiche im baden-württembergischen Alpenvorland in verschiedene Untereinheiten gliedern. Die mittlere Altmoränenlandschaft wird im Osten durch das nördliche Rißtal und das Umlachtal südöstlich von Biberach a. d. Riß begrenzt. Seine westliche Begrenzung verläuft entlang des Ringgenbachtals, das sich westlich von Pfullendorf, nach Norden bis zu seiner Einmündung ins Ablachtal erstreckt. Die klimatischen Verhältnisse sind hier gemäßigt. Typisch ist die weite Verbreitung von Lösslehmdecken und lösslehmreichen Fließerden, welche den glazialen Untergrund mehr oder weniger lückenhaft verhüllen. Die östliche Altmoränenlandschaft reicht bis an den Rand des Adelegg-Berglands ganz im Süden des Landes und ist durch insgesamt hohe Niederschläge gekennzeichnet. Im westlichen Altmoränengebiet fehlt dagegen eine großflächige Bedeckung mit lösslehmreichen Fließerden und Lösslehmen. Auch geht seine Ausdehnung nördlich der Jungmoränen deutlich zurück und bildet weiter nach Westen einen nur noch schmalen, wenige Kilometer breiten Saum mit z. T. lückenhafter Moränenbedeckung.

Blick auf rundlich geformte, bewaldete Höhenrücken. Im Vordergrund liegen begrünte Äcker, gefolgt von einem Waldstreifen.
Die Innere Jungendmoräne mit Einödhöfen im Westallgäuer Hügelland

Typisch für das Bodenseehinterland sind die bereichsweise vorkommenden, häufig schwarmförmig angeordneten Drumlins (Schreiner, 1992a). Bei diesen handelt es sich um stromlinienförmige, oft an Walrücken erinnernde längliche Hügel, die durch das fließende Gletschereis modelliert wurden. Das östliche Jungmoränen-Hügelland mit seinem engräumigen Wechsel von Moränenkuppen und Senkenbereichen bildet wesentliche Teile des zu Baden-Württemberg gehörenden Westallgäus und wurde von einem Teilstrom des würmzeitlichen Gletschers, dem sog. Argenlobus, geformt.

Weiter Blick über grüne Wiesen auf einen breiten Gürtel von Wald- und Moorflächen. Im Hintergrund erheben sich bewaldete Hügel und Berge.
Blick über das Wurzacher Ried

Charakteristische Elemente in den Moränengebieten sind einzelne größere Becken, die sowohl im Jungmoränen- wie auch im Altmoränengebiet auftreten. Diese können z. T. als klassische Zungenbecken interpretiert werden, welche durch die Gletscherarbeit mächtiger Eismassen herausmodelliert wurden. Bekannte Beispiele sind das Becken von Bad Wurzach im Altmoränengebiet des östlichen Rheingletschers oder das Pfrunger Ried in der Jungmoränenlandschaft südlich von Ostrach. Eine weitere markante Beckenstruktur stellt das Schussenbecken dar, das sich vom Bodensee gut 30 km nach Norden in der Hauptvorstoßrichtung des pleistozänen Rheingletschers erstreckt und in dessen Verlängerung weitere Beckenstrukturen bis in das Altmoränengebiet reichen.

Das Bild zeigt eine hohe, nach rechts ansteigende Felswand mit waagrecht verlaufenden Furchen und Nischen im oberen Drittel. Am Fuß der Felswand ist eine Höhle erkennbar. Rechts unten ist das hellbraune bis graue Gestein bewachsen, ebenso auf der Kuppe.
Felswand in der Oberen Meeresmolasse bei Überlingen (Heidenlöcherschichten)

Als Folge des Abtauchens der eurasischen Platte unter den afrikanischen Kontinent entstand im Nahtbereich, nördlich der sich auffaltenden Alpen, ein asymmetrisches, trogförmiges Vorlandbecken. Zusätzlich wurde die Beckenabsenkung durch die Auflast der im Gebirge angehäuften Gesteinsmassen verstärkt. Die Beckenfüllung aus dem Abtragungsmaterial der Alpen erreicht in unmittelbarer Alpennähe Mächtigkeiten von teilweise über 5000 m und nimmt zum Außenrand bis auf wenige Zehnermeter ab. Die Sedimentation in diesem Molassebecken fand je nach Verbindung zum offenen Meer unter marinen oder limnischen Bedingungen im Salz- bzw. Süßwasser statt. Aus einmündenden Alpentälern wurden zudem im südlichen Teil mächtige geröllreiche Serien in großen Schwemmfächersystemen abgesetzt. Schließlich kam die Molassesedimentation im Jüngeren Miozän vor rund 10 Mio. Jahren zum Erliegen, nachdem der nordalpine Vorlandtrog weitgehend aufgefüllt war. Die flache Aufschüttungslandschaft wurde nun von Flüssen aus dem Alpenraum nach Norden zu einem Vorläufer der Donau gequert. Die fluviatile Formung setzte sich zunächst auch mit dem Beginn der quartären Klimawechsel vor rund 2,6 Mio. Jahren fort. Relikte dieser alten Flussablagerungen aus Kies- und Schottersträngen haben sich bis heute als weitläufige Terrassenablagerungen erhalten.

Böden

Das Bild zeigt ein Bodenprofil unter Wald. Es handelt sich um ein Musterprofil des LGRB. Das fünf Horizonte umfassende Profil ist etwa 1 m tief.
Mäßig tief entwickelte Parabraunerde aus lösslehmhaltiger Fließerde über würmzeitlichem Geschiebemergel (U53)

Im Jungmoränengebiet werden die Böden i. W. durch die im Bereich des Gletschers und seinem Umfeld abgesetzten Ablagerungen geprägt, unter denen kiesführende, sandig-lehmige Moränenablagerungen („Geschiebemergel“) eine weite Verbreitung besitzen. Daneben kommen jedoch auch feinkörnige, schluffig-tonige und sandige Beckensedimente sowie im Vorfeld des früheren Gletschers geröll- und kiesreiche Schmelzwasserablagerungen vor. Auf den durchweg kalkreichen Lockergesteinen des Jungmoränengebiets entwickelten sich hauptsächlich Parabraunerden, deren Eigenschaften stark von der Körnung der jeweiligen Glazialsedimente abhängen. Gebietsweise tritt in den Jungmoränenbereichen ein engräumig wechselndes Relief aus Moränenhügeln und geschlossenen, grundwassererfüllten Hohlformen auf, in denen typischerweise Niedermoore aufgewachsen sind. Große Vorkommen von teilweise mehrere Meter mächtigen Niedermooren, in deren Zentrum sich meist Hochmoorkomplexe gebildet haben, sind charakteristisch für weitläufige Senken- und Beckenbereiche.

Blick über dichte Nadel- und Laubwälder auf einen hochliegenden, flachen grünen Hügel. Auf der Grünfläche weiden Rinder. Im Hintergrund sind weitere Waldspitzen erkennbar.
Alpe auf der Adelegg

Im Bergland der Adelegg wurden nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Höfe aufgegeben und die zugehörigen Grünlandflächen häufig in Wald umgewandelt. Ihr Gebiet wird inzwischen nahezu komplett forstwirtschaftlich genutzt. Die Bodenseeregion nimmt aufgrund ihrer Klimagunst eine Sonderstellung ein. Das aus meist kleineren Waldflächen, Grünland und Äckern bestehende Nutzungsmosaik wird hier durch Sonderkulturen, vorwiegend Obst, Hopfen und Wein ergänzt.

Blick auf eine hellgraue, an den Seiten zugewachsene Gesteinswand. Lose und teils eingebackene Steine bedecken die Wand.
Günz-Deckenschotter (Freundschaftshöhle Heiligenberg)

Weniger ergiebige Grund­wasser­vorkommen können in klein­räumigeren, kiesigen Ein­schaltungen auftreten, die in die geringer durch­lässigen Moränen­sedimente eingelagert sind. Sie sind lediglich von lokaler wasser­wirtschaftlicher Bedeutung.

Brunnen in den größeren Kies­körpern können Ergiebig­keiten von mehreren Zehner l/s erreichen. Die Grund­wasser­vorkommen sind deshalb wasser­wirtschaftlich von regionaler bis über­regionaler Bedeutung. Größere Brunnen dienen z. B. der Trink­wasser­versorgung von Isny oder Leut­kirch. Daneben gibt es zahlreiche weitere kleinere Brunnen und Quellen, die der orts­nahen Trink­wasser­versorgung kleinerer und mittlerer Gemeinden dienen.

Die Iller-Riß-Platten sind durch das Vorkommen von Decken­schottern charakterisiert. Diese grob­körnigen fluviatilen Sedimente sind decken­förmig auf den Hoch­flächen (Riedeln) zwischen den Tälern verbreitet. Die Grenz­fläche zu den unterlagernden, geringer durch­lässigen und als Stauer wirkenden Molasse­sedimenten liegt meist über dem Vorflut­niveau, so dass dort oft Schicht­quellen an Quell­linien aus­treten können. Da die Decken­schotter häufig in kleine Flächen zerteilt sind, sind die Quell­schüttungen meist gering. Ausnahmen bilden z. B. die Quellen bei Hauerz oder Haslach (bei Rot an der Rot) mit Schüttungen von mehreren Zehner l/s. Sie entwässern großräumig zu­sam­men­hängende Decken­schotter­körper.

Blick auf einen gelblich braunen Gesteinshang, nach rechts abfallend, mit größeren, waagrecht liegenden Blöcken im unteren Teil. Auch Risse und Klüfte sind erkennbar. Im Vordergrund ein Erdhang.
Obere Meeresmolasse (Felsenkeller, Pfullendorf)

Mit Ausnahme der Oberen Meeres­molasse sind die übrigen Molasse­einheiten überwiegend als Grund­wasser­geringleiter einzustufen. Ein­geschaltete Fein­sand­lagen können geringe Mengen an Grund­wasser führen, die Abfolge ist dann als schichtig gegliederter Grund­wasser­leiter ausgebildet. Die Grund­wasser­vorkommen können zur lokalen Trink­wasser­versorgung genutzt werden.

In der Oberen Meeres­molasse gibt es mit der Baltringen-Formation im unteren Abschnitt und den Heiden­löcher-Schichten im oberen Abschnitt zwei flächig verbreitete grund­wasser­führende Ein­heiten. Sie werden lokal zur Trink­wasser­gewinnung genutzt.

Grundwässer in den glazial geprägten Sedimenten des Alpen­vorlandes liegen mit einer Gesamt­härte von 12–18 °dH über­wiegend im Härte­bereich „hart“. In Gebieten mit geringen Flur­abständen und in Mooren sind die Grund­wässer oft sauerstoff­arm. Dann können in ihnen hohe Eisen- und Mangan­gehalte auftreten.

Weiterführende Informationen zu den hydrogeologischen Verhältnissen im Alpenvorland finden sich in HGK (1985), Villinger (1997; 2011) sowie in Ad-Hoc-AG Hydrogeologie (2016).

  • Blick auf einen kleineren See. Bäume, Sträucher, Schilf und Gras säumen das Ufer der Wasserfläche. Links führt ein geteerter Weg vorbei.
  • Blick auf eine kleine, von einem niedrigen Steinbogen eingefasste Wasserquelle. Im Hintergrund führen hölzerne Stufen einen Waldhang hinauf.

Rohstoffe

Blick auf die Abbauwand in einer Kiesgrube. Die Wand ist von beträchtlicher Höhe und weist eine waagrechte, leicht schräg verlaufende Schichtung auf. Die Farben des Gesteins sind hellgrau und hellbraun.
Wechsellagerung aus quartären Kiesen und Sanden

Die mit Abstand wichtigsten mineralischen Rohstoffe im oberschwäbischen Alpenvorland sind die glazial geprägten Kies- und Quarzsandvorkommen aus quartär-zeitlichen Lagerstätten sowie die tertiärzeitlichen Lagerstätten in der Molasse. Neben den quartären Kiesvorkommen aus dem Oberrheingraben zählen die des oberschwäbischen Alpenvorlandes zu den wichtigsten im Land. Sie sind jedoch deutlich kleiner und ungleich komplizierter aufgebaut. Die Kies- und Quarzsandvorkommen befinden sich vielfach in Terrassenschottern oder sind an Schmelzwasserrinnen und Becken wie z. B. das Singener Becken oder an Deltaschüttungen gebunden. Die Gewinnung der Lockergesteine erfolgt im Trocken- und untergeordnet im Nassabbau.

Aufwärts gerichteter Blick auf eine hellbraune Gesteinswand. Rechts der Bildmitte knickt die Wand ab und verliert auch an Höhe.
Sande der Oberen Süßwassermolasse

Die tertiär-zeitlichen Quarzsande kommen in der Oberen Meeresmolasse und der Oberen Brackwassermolasse vor. Der Grobsandzug der Oberen Meeresmolasse ist ein schmaler und langgestreckter, ehemals küstenparallel verlaufender Sedimentationskörper des Molassemeeres. Dieser ist heute teilweise als gut erkennbarer Höhenzug erhalten und lässt sich nordöstlich von Singen bis südlich von Mengen verfolgen. Die feinkiesigen Graupensande der Grimmelfingen-Formation der Oberen Brackwassermolasse treten in Baden-Württemberg nur zwischen Ehingen und Ulm am Südrand der Schwäbischen Alb in bauwürdigen Mächtigkeiten auf. Die Sande wurden in einer NO–SW verlaufenden Flussrinne abgelagert, wobei die Sedimente in südwestliche Richtung geschüttet wurden.

Ziegeleirohstoffe kommen in eiszeitlichen Beckentonen und in der Unteren Süßwassermolasse vor. Die grobkeramischen Rohstoffe wurden früher in zahlreichen Gewinnungsstellen abgebaut. Aufgrund von Konzentrationsprozessen in der Grobkeramischen Industrie wird im Alpenvorland nur noch in einem Betrieb Material für die Herstellung von Hintermauerziegeln gewonnen.

 

Das Foto zeigt im Vordergrund schwarzbraunes, feuchtes Erdreich, in das ein Bagger mit seitlichen Schaufeln flache, rechteckige Kuhlen gräbt. Die Kuhlen sind mit Wasser gefüllt. Links vom Bagger ist ein Fahrweg zu sehen. Im Hintergrund steht Wald.
Torfgewinnung in Vogt-Reichermoos

Externe Lexika

Wikipedia

Literatur

  • Ad-Hoc-AG Hydrogeologie (2016). Regionale Hydrogeologie von Deutschland – Die Grundwasserleiter: Verbreitung, Gesteine, Lagerungsverhältnisse, Schutz und Bedeutung. – Geologisches Jahrbuch, Reihe A, 163, 456 S., Hannover.
  • Ellwanger, D., Kimmig, B., Simon, T. & Wielandt-Schuster, U. (2011a). Quartärgeologie des Rheingletschergebiets (Exkursion I). – Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, N. F. 93, S. 387–417.
  • HGK (1985). Grundwasserlandschaften. – Hydrogeologische Karte Baden-Württemberg, 12 S., 8 Anlagen, Freiburg i. Br. (Geologisches Landesamt Baden-Württemberg).
  • Kösel, M. (2014). Süddeutsches Vereisungsgebiet. – Blume, H.-P., Felix-Henningsen, P., Horn, R., Stahr, K. & Guggenberger, G. (Hrsg.). Handbuch der Bodenkunde, Kap. 4.5 Böden als landschafts- und kulturgeschichtliche Urkunden, Unterkap.4.5.3 Paläoböden Weinheim (Wiley-VCH).
  • Scholz, H. (2016). Bau und Werden der Allgäuer Landschaft. 3. vollständig überarb. u. erweiterte Aufl., 354 S., Stuttgart (Schweizerbart).
  • Schreiner, A. (1992a). Einführung in die Quartärgeologie. 257 S., Stuttgart (Schweizerbart).
  • Villinger, E. (1997). Der Oberjura-Aquifer der Schwäbischen Alb und des baden-württembergischen Molassebeckens (SW-Deutschland). – Tübinger Geowissenschaftliche Arbeiten, Reihe C, 34, S. 77–108.
  • Villinger, E. (2011). Erläuterungen zur Geologischen Übersichts- und Schulkarte von Baden-Württemberg 1 : 1 000 000. 13. Aufl., 374 S., 1 Karte, Freiburg i. Br.
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