Zusammenfassung
Eine besondere Art von Bauschäden, vor allem an Hallenbauten, aber auch an Wohngebäuden, ist erst in den letzten 30–40 Jahren bekannt und näher untersucht worden. Diese traten besonders im Vorland der Schwäbischen Alb (Albvorland), untergeordnet auch in anderen Landesteilen auf. Es handelt sich dabei um ungleichmäßige Baugrundhebungen, die an bestimmte Gesteine des Unterjuras und ggf. des Mitteljuras gebunden sind. Hierbei sind vor allem die Gesteine der Posidonienschiefer-Formation sowie untergeordnet der Arietenkalk-Formation anfällig für Baugrundhebungen. Vergleichbare Hebungsprozesse sind in den mitteljurassischen Tonsteinen der Opalinuston-Formation äußerst selten aufgetreten, sind jedoch nicht vollständig auszuschließen. Die hervorgerufenen Schadensbilder gehören neben den Massenbewegungen mit zu den eindrucksvollsten, mit denen ein Baugrundsachverständiger in seinem Berufsleben konfrontiert werden kann. Die Ursachen dieser Schäden wurden erstmals in zwei vom Geologischen Landesamt (GLA, heute LGRB) angeregten und betreuten Dissertationen untersucht und anschließend veröffentlicht (Tietze, 1981; Zimmermann, 1981).
Ursachen
Die Ursachen der Hebungsschäden beruhen nicht auf den bekannten Vorgängen, wie Schwellen bei der Umwandlung von Anhydrit in Gips, Quellung von Tonmineralen, Entspannung überkonsolidierter Gesteine oder Frosthebung. Für das Phänomen sind nach Link (1988) und weiteren Autoren andere, sehr unterschiedliche Faktoren verantwortlich:
Festgestein
- gut aufspaltende, dünnschichtige, bituminöse und wenig verwitterte Gesteine des Unter- und Mitteljuras
- Position über dem Grundwasserspiegel, geringmächtige Lockergesteinsbedeckung
- hoher Gehalt an fein verteiltem Pyrit
Bauwerk und Gründung
- Verminderte Durchfeuchtung bzw. Austrocknung von Festgesteinen mit oben genannten Eigenschaften durch
- Überbauung (fehlender Niederschlag)
- Absinken des Grundwasserspiegels (Drainagen)
- Wärmeeintrag (Heizungen)
- Bauwerksgründungen oberhalb der Grundwasseroberfläche
- relativ geringe Bodenpressung der Bauteile
Mechanismus
Bei diesen gut aufspaltenden, dünnschichtigen, bituminösen und wenig verwitterten Gesteinen mit einem hohen Gehalt an fein verteiltem Pyrit entsteht durch Verwitterung (Oxidation) des überwiegend fein verteilten Pyrits Schwefelsäure, die mit dem Karbonat der Gesteine reagiert. Auf den dünnen, wegen des Kerogengehalts plastifizierungsresistenten, d. h. verformungsunwilligen Schichtplättchen der Gesteine kommt es unter bestimmten Bedingungen oberhalb der Grundwasseroberfläche (in Ausnahmefällen auch darunter) zum Wachstum von Sulfatkristallen.
Diese drücken die zahlreichen dünnen Gesteinsschichten auseinander, woraus schließlich eine Hebung des Untergrunds resultiert.
Diese Phänomene treten sowohl in Zusammenhang mit Überbauungen als auch natürlich auf. So ist z. B. am Westrand der Schwäbischen Alb, südwestlich von Dotternhausen (Zollernalbkreis) ein Felsaufschluss der Posidonienschiefer-Formation zu sehen, bei dem sich natürlich auf unzähligen Schichtflächen ein 0,5–3 mm starker Gipskristallrasen gebildet hat. Aufgrund des Kristallisationsdrucks wurde der Schieferstoß auseinandergetrieben und entsprechend angehoben.
Die bislang bekannten maximalen Hebungsbeträge liegen bei 60 cm. Die Schadensentwicklung setzt u. U. erst zehn Jahre nach Fertigstellung eines Gebäudes ein. Die Hebungsvorgänge können, wenn ausgelöst, Jahrzehnte andauern. In einem, dem LGRB bekannten Fall kam es auch zu Hebungen des Fußbodens, unter dem gebrochenes Ölschiefergestein als verdichtete Ausgleichsschicht eingebaut wurde.
Schadensprävention
Zur Schadensprävention wurden in der Vergangenheit sehr unterschiedliche Wege beschritten:
- Gründung in Lockergesteinen über dem gefährdeten Festgestein (Erhaltung der Deckschichten)
- Versiegelung der Festgesteine mit sogenannten Dampfsperren (Folien)
- Vermeidung tieferer Drainagen im Festgestein
- Künstliche Bewässerung der Festgesteine
- Einbau einer Kiessand-Ausgleichsschicht zwischen zwei Folien (z. T. mit Bewässerung der Ausgleichsschicht)
- Gründung im Festgestein unterhalb des Schwankungsbereichs der Grundwasseroberfläche (z. B. Pfähle mit Gleithülsen, sulfatresistenter Beton)
- Realisierung von Bodenpressungen > 300 kN/m2
- Verankerung der Fundamente im tieferen Untergrund
- Herstellen von Kriechkellern unter wenig belasteten Bauteilen (Hallenböden)
- Austausch des Festgesteins gegen verdichteten Kiessand o. ä. bis unter die Grundwasseroberfläche
Die Wirksamkeit der aufgelisteten Maßnahmen ist statistisch bis heute nicht abschließend zu bewerten. In Fällen, in denen die natürliche Lockergesteinsauflage entfernt werden musste, kam bislang vielfach eine künstliche Bewässerung des gefährdeten Festgesteins zur Anwendung.
Literatur
- (1988). Sulfidverwitterung und Sulfatneubildung als Ursachen für Bodenhebungen und Bauschäden. – Jahreshefte des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg, 30, S. 301–313.
- (1981). Ingenieurgeologische, mineralogische und geochemische Untersuchungen zum Problem der Baugrundhebungen im Lias epsilon (Posidonienschiefer) Baden-Württembergs. – Jahreshefte des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg, 22, S. 109–185, 4 Taf.
- (1987). Baugrundhebungen in bitumenhaltigem Tonmergelgestein – Ursachen und konstruktive Lösungen. – Geotechnik, 1987/3, S. 123–131.
- (1981). Einfluß organischer und anorganischer Bestandteile auf die Baugrundhebungen im Lias epsilon (Posidonienschiefer) Baden-Württembergs. – Jahreshefte des Geologischen Landesamtes Baden-Württemberg, 22, S. 187–239.