Unter dem alten Begriff „Gäu“ versteht man überwiegend agrarisch genutzte Landschaften, die von mehr oder weniger geschlossenen, höher gelegenen Waldgebieten umgeben sind. Im Falle der „Oberen Gäue“ sind dies der im Westen angrenzende Schwarzwald und das im Osten anschließende Keuperbergland. Der geologische Untergrund der Gäulandschaften wird vorwiegend vom Muschelkalk und Lettenkeuper (Unterkeuper, Erfurt-Formation) gebildet. Weite Bereiche sind von Löss und Lösslehm überdeckt. Im Vergleich zu den angrenzenden Waldländern besitzen die Gäulandschaften ein relativ mildes Klima und fruchtbare Böden. Wegen dieser Gunstlage wurden sie in weiten Teilen schon in der Jungsteinzeit, besonders aber seit dem frühen Mittelalter als Siedlungsraum bevorzugt.
Lage und Abgrenzung
Die Oberen Gäue erstrecken sich in Süd-Nord-Richtung vom jungen Neckar nördlich von Schwenningen bis an die Enz bei Mühlacker. An ihrem Südwestrand schließen sie sich zwischen Schramberg-Sulgen und Loßburg an die Schwarzwald-Ostabdachung an. Bei Freudenstadt ragt das Gäu aufgrund der tektonischen Absenkung der Muschelkalkschichten im Freudenstädter Graben weit nach Westen in den Schwarzwald hinein. Weiter nördlich bildet das Nagoldtal mit den Städten Nagold und Calw die Grenze zum Schwarzwald. An ihrem Ostrand, wo die Oberen Gäue vom Kleinen Heuberg, Rammert, Schönbuch und Glemswald begrenzt werden, befinden sich die Städte Rottweil, Rottenburg, Herrenberg, Böblingen, Sindelfingen und Leonberg. Die Bodengroßlandschaft (BGL) Obere Gäue nimmt große Teile der Landkreise Rottweil, Freudenstadt, Tübingen, Böblingen, Calw und des Enzkreises ein. Ein geringerer Flächenanteil entfällt auf den Schwarzwald-Baar-Kreis, den Zollernalbkreis und den Landkreis Ludwigsburg.
Der Südteil der Oberen Gäue wird durch den oberen Neckar und seine Nebenflüsse Eschach, Glatt, Schlichem, Eyach und Starzel entwässert. Hauptentwässerungsader der Gäuflächen südlich des Schönbuchs ist das Ammertal. Das gesamte übrige Gebiet im Norden der Oberen Gäue liegt im Einzugsgebiet von Nagold, Würm und Enz.
Wie die Pluralform im Begriff „Obere Gäue“ anzeigt, besteht das Gebiet aus verschiedenen Teillandschaften, für die es mehr oder weniger gebräuchliche Bezeichnungen gibt. Namensgebend für das Heckengäu (auch „Schlehengäu“) und das Korngäu (auch „Oberes Gäu“) sind letztendlich die dortigen Bodenverhältnisse. Typisch für das Heckengäu im Nordwesten der Oberen Gäue sind die zahlreichen Gehölzstreifen, die sich auf Lesesteinriegeln an den Rändern von steinigen Feldern der Muschelkalklandschaft gebildet haben. Im östlich anschließenden Korngäu sind dagegen fruchtbare, steinfreie Löss‑ und Lösslehmböden über Lettenkeuper (Unterkeuper, Erfurt-Formation) verbreitet. Das sich von Glatten und Dornstetten an nach Westen bis Freudenstadt fortsetzende Hügelland wird auch als „Dorngäu“ und der nördlichste Bereich oberhalb des Enztals als „Enzgäu“ bezeichnet. Am Rand des Strohgäus ganz im Nordwesten erfolgt bereits der Übergang zum Neckarbecken. Die im Süden zwischen Schwarzwald und Westalb gelegenen Gäuplatten am oberen Neckar (Oberes Neckargäu), liegen mit 500–700 m NN rund 100 m höher als die nördlich davon gelegenen Gebiete (400–600 m NN).
Bodeneinheiten auf Buntsandstein am Ostrand der Landschaft werden in der BGL „Buntsandstein-Schwarzwald“ beschrieben, während inselhafte Vorkommen von Unterem Muschelkalk am Schwarzwaldrand zur BGL „Obere Gäue“ gerechnet werden. An der Ostgrenze der Oberen Gäue erfolgt der Übergang zur BGL „Mittleres und Westliches Keuperbergland“ dort, wo dem Lettenkeuper die Gesteine des Gipskeupers (Grabfeld-Formation) aufliegen. Lediglich die im Zentrum der Oberen Gäue in tektonischen Gräben auftretenden Mittelkeupervorkommen gehören mit zur Gäulandschaft. Großflächige Lössdecken über Gipskeuper im Osten wurden ebenfalls noch den Oberen Gäuen zugerechnet. Am Nordrand der südlich angrenzenden Baar beginnen die Oberen Gäue dort, wo sich der Oberlauf des jungen Neckars tief in die Gesteine des Muschelkalks eingeschnitten hat. Die Übergänge zu den Bodengroßlandschaften „Kraichgau“ und „Neckarbecken“ im Norden sind eher fließend. Für die bodengeographische Gliederung bot es sich in diesem Falle an, das Enztal als Grenzlinie heranzuziehen. Im Nordosten der Oberen Gäue erfolgt mit der Zunahme der Lössbedeckung zwischen Leonberg und Vaihingen an der Enz ein allmählicher Übergang zum Neckarbecken.
Geologisch-geomorphologischer Überblick
Den geologischen Untergrund bilden v. a. Gesteine des Muschelkalks und Lettenkeupers (Unterkeuper, Erfurt-Formation). Weite Bereiche werden von Löss und Lösslehm bedeckt. Gelangt man von Westen, von der Schwarzwald-Ostabdachung her in die Oberen Gäue, so trifft man zunächst auf eine mehr oder weniger stark zertalte Hügellandschaft, die vorwiegend von den Mergel‑ und Dolomitgesteinen des Unteren und Mittleren Muschelkalks aufgebaut wird und den eigentlichen Gäuplatten vorgelagert ist. Der Untere Muschelkalk tritt z. T. auch an den Unterhängen der Täler oder als nur sehr flache, inselartige Erhebung auf den Buntsandsteinplatten am Schwarzwaldrand in Erscheinung. Nach Osten schließt sich ein oft nur undeutlicher, stufenartiger Anstieg zum Oberen Muschelkalk an. Dahinter folgt die sanft nach Südosten einfallende flachhügelige Gäuplatte, die nur von wenigen tiefen Tälern zerschnitten ist. Die stark verkarsteten Kalk‑ und Dolomitgesteine des Oberen Muschelkalks bilden eine wasserarme, flachhügelige bis wellige Hochfläche mit verzweigten Trockentalmulden. Diese, i. d. R. zu den tiefer eingeschnittenen Vorflutern hin orientierten Dellensysteme, sind im Pleistozän durch lineare Erosion in Folge von Solifluktion und Abschwemmungen entstanden. Eine Ausnahme bilden die Muschelkalkflächen westlich von Oberndorf und südlich von Dornhan. Der ausschlaggebende Prozess für die Reliefentwicklung war dort die Verkarstung. Deshalb dominieren in diesem unregelmäßigen Flachhügelland geschlossene Hohlformen wie große Schüsseldolinen und flache, breite Karstwannen (Blume & Remmele, 1989a).
Im östlich anschließenden, von Mergel‑, Ton‑, Dolomit‑ und Sandsteinen aufgebauten Lettenkeupergebiet setzen sich die Muldentälchen fort. Auch dort sind sie zunächst frei von Fließgewässern. Wegen des wasserundurchlässigen Untergrunds treten aber oft staunasse Böden auf. Erst im Unterlauf der Tälchen finden sich Quellen und kleine Bäche, die im Bereich der Hochflächenränder beim Übertritt in den verkarsteten Muschelkalk häufig wieder verschwinden. Generell sind im Übergangsbereich vom Muschelkalk zum Lettenkeuper gehäuft Dolinen bzw. Erdfälle zu finden, weil in diesem Bereich das Zwischenabflusswasser aus dem Lettenkeuper das durchlässige Kalkgestein erreicht. Das erhöhte Wasserangebot hat eine verstärkte Karbonatlösung in den unterlagernden Spalten und Klüften zur Folge und führt schließlich zur Dolinenbildung.
Die wellige bis flachhügelige Lettenkeuperlandschaft wird in weiten Bereichen von Lösslehm bedeckt. Zwischen Herrenberg, Horb und Rottenburg kann dieser mehrere Meter mächtig sein. In diesem zentralen Bereich des Korngäus und im Norden, im Übergang zum Neckarbecken und zum Enztal, wird der ältere, kalkfreie Lösslehm häufig von kalkhaltigem jungem Löss überlagert.
Die z. T. tief eingeschnittenen engen Täler der Gäulandschaft sind im Pleistozän entstanden. Als Zeugen älterer Talniveaus finden sich vor allem im Raum Rottweil hoch über der Talsohle gelegene alte Terrassenschotter. Die Talhänge sind meist steil und von Hangschutt bedeckt. Wo der Fluss den Unteren Muschelkalk angeschnitten hat, ist die Hangneigung geringer und die Täler werden breiter. Auslaugungsprozesse in den Salz‑ und Gipsgesteinen des Mittleren Muschelkalks haben zu einem Nachsacken und Abrutschen von Kalksteinschollen des Oberen Muschelkalks geführt und sind vielerorts die Ursache für getreppte Hangformen und Anhäufungen von grobem Kalksteinschutt am Unterhang.
Ausgangsmaterial der Bodenbildung
Den tieferen Untergrund der Oberen Gäue bilden die Sedimentgesteine des Muschelkalks und Lettenkeupers (Unterkeuper, Erfurt-Formation). Ausgangsmaterial für die Bodenbildung sind jedoch meist jüngere Deckschichten, die das Festgestein überkleiden.
Auf den verbreitet vorkommenden Ton‑ und Mergelgesteinen schreitet die Verwitterung relativ rasch voran, sodass sich bereits im Pleistozän Decken aus tonigem Lockermaterial bilden konnten. Bei der sehr langsam ablaufenden Lösungsverwitterung auf den Karbonatgesteinen des Oberen Muschelkalks bleibt jedoch nur sehr wenig Feinmaterial zurück. Der meist gelblich braune Rückstandston hat sich vermutlich während mehrerer Warmzeiten im Pleistozän gebildet. In den Kaltzeiten überwog dagegen die Abtragung und Umlagerung. Die Folge ist, dass man den Rückstandston in nennenswerter Mächtigkeit heute nur noch in erosionsgeschützten Reliefpositionen und als ein von jüngeren Sedimenten überdecktes Umlagerungsprodukt in Mulden und Trockentälern findet.
Unter der Einwirkung häufiger Frostwechsel verwitterten die Muschelkalk‑ und Lettenkeupergesteine bereits während des Eiszeitalters und wurden zerkleinert. Im Sommer taute der Dauerfrostboden in Oberflächennähe auf und bewegte sich schon bei geringster Neigung als wassergesättigter Gesteinsbrei über dem noch gefrorenen Untergrund langsam hangabwärts. So entstandene Deckschichten werden als Fließerden bezeichnet. Gleichzeitig erfolgte durch frostbedingte Prozesse eine Durchmischung des Materials, die sich auch in ebenen Lagen auswirkte. Vom Wind herantransportierter Flugstaub (Löss) bedeckte weite Landschaftsteile und wurde z. T. in die Fließerden eingearbeitet. Die lösslehmhaltigen Deckschichten sind, gerade auch dort, wo sie nur noch 10–30 cm mächtig sind, von großer Bedeutung für die Bodeneigenschaften. Würden sie fehlen, wären oft steiniges Muschelkalkmaterial oder dichtgelagerter, schwerer Lettenkeuper-Ton direkt an der Oberfläche.
Mächtigere Lösslehmdecken sind im Gäu überall in erosionsgeschützten Reliefpositionen anzutreffen. Meist befinden sie sich auf Verebnungen und schwach nach Osten geneigten Hügelrücken und Hängen im Verbreitungsgebiet des Lettenkeupers, in geringerer Mächtigkeit aber auch im Muschelkalk-Gebiet. Im Korngäu und im Übergang zum Neckarbecken, im Nordosten der Oberen Gäue können sie eine Mächtigkeit von mehreren Metern besitzen. In Lagen unterhalb 500 m NN ist dort meist eine deutliche Zweischichtung von jungem würmzeitlichem Löss über älterem Lösslehm festzustellen. Kalkhaltiger Löss (Rohlöss) ist im Osten und Nordosten der Oberen Gäue verbreitet. Der dort in der Würmkaltzeit abgelagerte Löss war so mächtig (> ca. 1 m) dass er nicht vollständig von der holozänen Bodenbildung überprägt wurde. Im Vergleich zu den Lössgebieten des Kraichgaus und Oberrheingrabens handelt es sich um ein feinkörnigeres und kalkärmeres Substrat (meist stark toniger Schluff, 5–20 % CaCO3). Der Löss wird meist von kalkfreiem älterem Lösslehm unterlagert, bei dem es sich oft um umgelagertes fossiles Bodenmaterial handelt (Bibus, 1985b, S. 111 ff.).
Löss wurde nicht nur auf den Gäuflächen sedimentiert. Auch auf Terrassen und an Unterhängen im Neckartal findet sich örtlich kalkhaltiger Löss, der in mehr oder weniger starkem Ausmaß mit Muschelkalkschutt vermengt ist. Ansonsten sind die Talhänge großflächig von Hangschutt aus Karbonatgestein überdeckt, der am Oberhang örtlich fehlt oder geringmächtig ist und zum Unterhang hin an Mächtigkeit zunimmt. An seiner Entstehung waren vermutlich verschiedene Prozesse wie Solifluktion und Abschwemmungen sowie Massenverlagerungen in Form von Felsstürzen, Muren und Rutschungen beteiligt. In oberen und mittleren Hangabschnitten bestehen die Schuttdecken meist aus grobem, steinigem, z. T. blockführendem Material. An Unterhängen sind sie eher grusig bis steinig und besitzen z. T. einen hohen Feinerdeanteil.
Seit den ersten landbaulichen Aktivitäten in der Jungsteinzeit, vor allem aber während der mittelalterlichen Rodungsphasen und als Folge neuzeitlicher Intensivlandwirtschaft, wurde Bodenmaterial von den Hängen abgeschwemmt und in den Talmulden und am Unterhang als Kolluvium wieder abgelagert. Vor allem die weit verbreiteten Böden aus Löss und Lösslehm gelten als sehr erosionsanfällig. Mancherorts wurden ursprünglich vorhandene lösslehmhaltige Deckschichten durch die holozäne Bodenerosion komplett abgetragen oder zumindest in ihrer Mächtigkeit stark reduziert. Von Fließgewässern weiter transportierte Abschwemmmassen wurden im Überflutungsbereich der Bäche und Flüsse in Form von Auenlehm bei Hochwasserereignissen wieder abgelagert.
Nur an wenigen Stellen kam es in den Oberen Gäuen im Holozän zu Torfbildung. Dies ist beispielsweise im Glatttal bei Glatten oder im Maisgraben nördlich von Bad Liebenzell-Möttlingen der Fall, wo an ganzjährig vernässten Quellaustritten im Unteren Muschelkalk die organische Substanz nicht abgebaut werden konnte. Ein etwas größeres Vorkommen von Niedermoortorf findet sich im Randbereich der Würmaue nördlich von Weil der Stadt. Teilweise ist der Torfkörper dort von geringmächtigem Auenlehm oder holozänen Abschwemmmassen überdeckt.
Landnutzung
Der Umriss der Oberen Gäue zeichnet sich deutlich in der Landnutzungskarte von Baden-Württemberg ab. Die überwiegend landwirtschaftlich genutzte Gäulandschaft grenzt an die Waldgebiete des Schwarzwalds und des Keuperberglands. Generell zeigt sich meist ein vielgestaltiges Landschaftsbild mit einem Wechsel von Ackerland, Grünland und inselhaft vorkommenden Wäldern. Die für große Teile der Gäulandschaft typischen kleinparzellierten Flurstücke gehen auf die Erbsitte der Realteilung zurück. Durch Flurbereinigungsmaßnahmen wurde diese Eigenheit nur z. T. beseitigt.
Landnutzung in der Bodengroßlandschaft Obere Gäue (generalisierte ATKIS-Daten des LGL Baden-Württemberg)
Auf den fruchtbaren Lösslehmböden des Korngäus dominiert der Ackerbau, während auf schweren Böden des Unteren Muschelkalks, auf flachgründigen Kuppen im Oberen Muschelkalk und in den Talauen Grünlandnutzung in den Vordergrund tritt. 50–80 % der Ackerflächen werden durch Getreidebau genutzt (v. a. Winterweizen, Winter‑ und Sommergerste). Hinzu kommen Winterraps und, v. a. in den Muschelkalkgebieten, Silomais. Auf den Lössböden des Korngäus spielen örtlich auch Zuckerrüben und Kartoffeln eine gewisse Rolle. Hohe Grünlandanteile finden sich in Gemeinden, die mit ihrem Gebiet ausschließlich im Heckengäu liegen (z. B. Aidlingen). Es handelt sich meist um wenig intensiv genutzte Wiesen und Weiden. Die steilen Hänge der Muschelkalktäler sind fast ausschließlich bewaldet. Während der Weinbau an den Talhängen in früheren Zeiten noch eine gewisse Verbreitung hatte, ist er heute auf wenige Rebflächen bei Rottenburg und in Nebentälern der Enz beschränkt.
Der wirtschaftliche Strukturwandel in der Region hat in den letzten Jahrzehnten wie überall zu einem Bedeutungsverlust für die Landwirtschaft und zu einem starken Anwachsen der Siedlungs‑, Gewerbe‑ und Verkehrsflächen geführt. Vor allem in den am Rand der Oberen Gäue liegenden Verdichtungsräumen Böblingen/Sindelfingen und Pforzheim hatte dies einen hohen Flächenverbrauch zur Folge, der noch immer anhält.
Für das Verständnis der Böden sind oftmals auch frühere Nutzungsweisen von Bedeutung. So hat beispielsweise das Rigolen bei dem früher im Raum Herrenberg und Rottenburg verbreiteten Hopfenanbau zu einer Einarbeitung von Humus in den Unterboden geführt, der heute noch feststellbar ist. Durch ehemalige Schafbeweidung verarmte Böden im Muschelkalk und aufgelassene Weinberge im Neckartal sind heute bewaldet. Reste ehemaliger Ackerterrassen in den Waldgebieten weisen auf frühere landbauliche Nutzung hin.
Klima
Für die jährliche Niederschlagsmenge und ‑verteilung in den Oberen Gäuen ist deren Lage im Windschatten des Schwarzwalds ausschlaggebend. Am Westrand der Gäulandschaft, in den höheren Lagen bei Freudenstadt und Loßburg, betragen die jährlichen Niederschläge im Durchschnitt noch 1200 bis über 1300 mm und nehmen nach Osten hin rasch ab. In der Mitte und im Norden der Oberen Gäue liegen die Werte meist zwischen 700 und 850 mm, im Norden und Nordosten im Übergang zum Enztal und Neckarbecken sinken sie auf unter 700 mm. Die relativ hoch gelegenen Gäuflächen am Oberen Neckar zwischen Rottweil und Horb weisen ein Jahresmittel von 900–1000 mm auf. Erst ganz im Süden, im Übergang zur Baar, liegen die Werte wieder unter 900 mm.
Ein ähnliches, an die Höhenlagen gekoppeltes Verteilungsmuster weisen die jährlichen Durchschnittstemperaturen auf. Sie liegen im größten Teil des Gebiets zwischen 8,5 °C im Westen und 9,5 °C im Osten und Norden. Im höher gelegenen südlichen Abschnitt der Bodengroßlandschaft und im Übergang zum Schwarzwald betragen sie meist 8–8,5 °C. Im Norden, im Übergang zum Enztal und Neckarbecken, treten dagegen durchschnittliche Jahrestemperaturen von 10 °C auf.
Die jährliche Klimatische Wasserbilanz zeigt einen deutlichen Gradienten von den höheren Bereichen im Südwesten der Oberen Gäue zu den tiefer gelegenen Gebieten im Nordosten. In dem Gebiet zwischen Oberndorf und Schwarzwaldrand sowie im Raum Freudenstadt-Dornstetten liegt sie nach Westen ansteigend zwischen +600 und +1000 mm. Im Nordosten und Osten, im Raum Mühlacker, Renningen, Herrenberg, Rottenburg dagegen bei +200 bis +300 mm. Im Nordwesten sowie im zentralen und im südlichsten Bereich der Oberen Gäue ergibt sich eine jährliche Klimatische Wasserbilanz von Ost nach West zunehmend von +300 bis +600 mm. Im Sommerhalbjahr beträgt sie im Südwesten +200 bis +300 mm, im Norden und Osten 0 bis +100 mm und im übrigen Gebiet +100 bis +200 mm. Im Bereich des Enztals ist die Klimatische Wasserbilanz im Sommerhalbjahr bereits negativ.
Die oben genannten Klimadaten sind den Datensätzen des Deutschen Wetterdienstes für den Zeitraum 1991–2020 entnommen:
- DWD Climate Data Center (CDC), Vieljähriges Mittel der Raster der Niederschlagshöhe für Deutschland 1991-2020, Version v1.0.
- DWD Climate Data Center (CDC), Vieljährige mittlere Raster der Lufttemperatur (2m) für Deutschland 1991-2020, Version v1.0.
Für die Angaben zur Klimatischen Wasserbilanz wurde die digitale Version des Wasser- und Bodenatlas Baden-Württemberg herangezogen (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, 2012).
Literatur
- (1985b). Zur jungen Relief- und Bodenentwicklung in der Umgebung von Tübingen. – Zeitschrift für Geomorphologie, Supplementary Issues, N. F. 56, S. 109–124.
- (1989a). Die Muschelkalk-Schichtstufe am Ostrande des Schwarzwaldes. – Jahreshefte der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg, 144, S. 29–41.
- (2012). Wasser- und Bodenatlas Baden-Württemberg. 4. erw. Ausg., Karlsruhe.