Verbreitungsgebiet: Westliches, südwestliches und nördliches Vorland der gesamten Schwäbischen Alb und Langenbrücker Senke
Erdgeschichtliche Einstufung: Obtususton-Formation (juOT), Unterjura
(Hinweis: Die Rohstoffkartierung liegt noch nicht landesweit vor. Der Bearbeitungsstand der Kartierung lässt sich in der Karte über das Symbol „Themenebenen“ links oben einblenden.)
Lagerstättenkörper
Die Tonstein-Fazies der Obtususton-Formation des Unterjuras bildet einen schichtförmig aufgebauten Lagerstättenkörper und streicht im Vorland der Schwäbischen Alb aus. Der im Mittel etwa 15 –3 m mächtige Gesteinskörper fällt mit wenigen Grad nach Süden bzw. Südosten ein, weshalb die Ausstrichbreite bei etwa 0,5–1 km liegt. Wirtschaftlich interessante Rohstoffkörper befinden sich überwiegend im unteren und mittleren Abschnitt der nahezu sandfreien und kalkarmen (< 10 % Karbonatgehalt), monotonen Tonsteinabfolge. Die Ausdehnung dieser Bereiche wird durch die nach Erosion verbliebene Restmächtigkeit vorgegeben. Weiterhin ist die Obtususton-Formation in der Langenbrücker Senke, einer tektonischen Hochscholle am Oberrheingrabenrand, erhalten und erreicht dort seine größten Mächtigkeiten von 65 m (Geyer et al., 2011).
Gestein
Die Obtususton-Formation besteht zum überwiegenden Teil aus schwarzgrauen, schiefrigen, nach oben zunehmenden schluffigen Tonsteinen bis Tonmergelsteinen (Geyer et al., 2011). Im verwitterten Zustand hat das Gestein eine dunkelgrau-gelbbraune Farbe. Bereichsweise enthalten die Ton- bis Tonmergelsteine Pyritkonkretionen und dunkelgraue bzw. rostbraune, flachovale Toneisensteingeoden. Die Ton- bis Tonmergelsteine sind dünnschichtig gelagert und führen oft auf den Schicht- und Kluftflächen Feinglimmer sowie hauchdünne rostbraune Limonitbeläge. Härtere Kalksteinbänke finden sich erst im oberen Drittel der Abfolge. Die markante Betakalkbank (juBe) im Oberen Obtususton ist eine etwa 10–30 cm mächtige Bank (Franz & Münzing, 2004) aus einem schwarzgrauen oder braunschwarzen, feinsandigen Kalkstein (Schmidt, 1994). Der obere Teil der Obtususton-Formation einschließlich der Betakalkbank, d. h. die oberen 3–5 m der Abfolge, ist aufgrund der häufigen Kalksteineinschaltungen nicht als Ziegeleirohstoff verwertbar und daher als Abraum zu betrachten. Die Betakalkbank bildet die Obergrenze der nutzbaren Abfolge. Zum Hangenden ist eine Zunahme des Feinsand- und Glimmergehalts zu beobachten (Geyer & Gwinner, 1986).
Mineralogie, Geochemie, Korngrößenverteilung
Korngrößenverteilung von drei Obtususton-Proben:
Albvorland | Langenbrücker Senke | ||
Tongrube Zimmern (RG 7718-120) in [%] | Tongrube Hölzle (RG 7917-3, Pierkes 1992) in [%] | Rohstofferkundungsbohrungen Ro6718/B3 (BO6718/551) in [%] | |
Ton (< 0,002 mm) | 3 | 53 | 16 |
Schluff (0,002–0,063 m) | 68 | 25,1 | 38 |
Sand (0,063–2 mm) | 16 | 19,5 | 46 |
Kies (2–63 mm) | 10 | 2,1 | k. A. |
Steine (63–200 mm) | k. A. | 0,2 | k. A. |
Mineralbestand:
Albvorland | Langenbrücker Senke | ||
Tongrube Zimmern (RG 7718-120) in [%] | Tongrube Hölzle (RG 7917-3, Pierkes 1992) in [%] | Rohstofferkundungsbohrungen Ro6718/B3 (BO6718/551) in [%] | |
Quarz | 14 | 15–20 | 10–50 |
Calcit | 5 | 3–5 | < 10 |
Dolomit | 2 | < 2 | < 10 |
Feldspat | 11 | < 3 | k. A. |
Chlorit | 7 | ca. 5 | k. A. |
Tonminerale/Glimmer | 61 | ca. 60–65 |
< 30 |
Tabelle der geochemischen Zusammensetzung von elf Obtususton-Proben:
Chemie | Minimalwerte [%] | Maximalwerte [%] | Durchschnittswerte [%] |
SiO2 | 39,3 | 55,7 | 47,7 |
TiO2 | 0,7 | 1,0 | 0,9 |
Al2O3 | 14,3 | 20,4 | 18,9 |
Fe2O3 | 3,6 | 10,3 | 6,7 |
MnO | 0,1 | 0,3 | 0,2 |
MgO | 1,1 | 2,6 | 2,1 |
CaO | 2,0 | 16,1 | 6,1 |
Na2O | 0,01 | 0,5 | 0,2 |
K2O | 2,4 | 3,1 | 2,8 |
P2O5 | 0,1 | 0,4 | 0,2 |
Glühverlust | 9,9 | 18,7 | 13,5 |
Mächtigkeiten
Geologische Mächtigkeit: Die Mächtigkeit der Obtususton-Formation schwankt aufgrund des Wechsels von Schwellen und Senken stark. Im Bereich der Ries-Tauber-Schwelle bei Aalen ist die Mächtigkeit auf 5–8 m reduziert. Südlich der Rems bei Göppingen beträgt diese Mächtigkeit ca. 7–15 m, die im Vorland der Mittleren Schwäbischen Alb zwischen Kirchheim/Teck und Mössingen auf 30–47 m ansteigt. Im Gebiet der Spaichinger Schwelle sinkt die Mächtigkeit auf 25–28 m und steigt in der sich nach Westen anschließenden Schwäbischen Senke auf 33 m an (Franz & Münzing, 2004). Nach Südwesten nimmt die Mächtigkeit wiederum bis auf 6 m im Klettgau ab. Die größte Mächtigkeit erreicht die Obtususton-Formation mit 65 m in der Langenbrücker Senke am Rand des Oberrheingrabens (LGRB, 2009).
Genutzte Mächtigkeit: Im Bereich des Albvorlandes wie in der Langenbrücker Senke variieren die genutzten Mächtigkeiten der Obtususton-Formation zwischen 3 und 35 m (LGRB, 2001, 2009).
Gewinnung und Verwendung
Gewinnung: Der Abbau erfolgt in der Regel durch Bagger und Raupenfahrzeuge. In der Tongrube Mühlhausen-Rettigheim (RG 6718-1) werden feste Partien durch Reißen gelockert. Abbautechnisch ist in der Tongrube eine Gewinnung nur bis max. 35 m möglich. Das gewonnene Material wird vor Ort gebrochen und in Halden zwischengelagert. Die weitere Verarbeitung erfolgt dann im Ziegelwerk Malsch (LGRB, 2009). Toneisensteingeoden und Karbonatkonkretionen sind beim Brennvorgang der Ziegel unerwünscht (Bildung von sog. Kalkmännchen: Schmidt, 1973). Deswegen wurden die zerkleinerten Tonsteine oft längere Zeit aufgehaldet, damit unregelmäßig auftretende Karbonatanreicherungen sowie festere Partien der Ton- und Mergelsteine zerfallen. Anschließend wurde das Material in einer Ziegelei weiterverarbeitet. Die Feinsedimente können nach Winkler (1954) und Schmidt (1973) zu Klumpen aggregieren und sind dann für die Ziegeleiherstellung ungeeignet. Die Gewinnung von Ziegeleirohstoffen findet daher häufig nicht kontinuierlich statt, sondern werden durch mehrmonatige oder mehrjährige Abschnitte ohne Abbauaktivität unterbrochen. In der Tongrube Tuningen (Hölzle, RG 7917-3) bei Villingen-Schwenningen wurde bis 2016 die Obtususton-Formation zur Förderung der Verwitterung im Schrägabbau gewonnen.
Verwendung: Die Ton- und Tonmergelsteine der Obtususton-Formation werden für die Herstellung von Hintermauerziegeln verwendet (Tongrube Mühlhausen-Rettigheim, RG 6718-1, LGRB, 2009). Bis 1980 bzw. 2016 wurden die Tonsteine der Gruben Zimmern unter der Burg (Schafhof Allmend, RG 7718-120) und Tuningen (Hölzle, RG 7917-3) für die Produktion von Blähtonen gewonnen. Hierbei wurden Tonsteine der Obtususton- und Opalinuston-Formation im Verhältnis 1 : 3 gemischt, gemahlen, zu kleinen Kugeln granuliert und bei > 1200 °C im Drehrohrofen gebrannt. Dabei entweichen die organischen Bestandteile und der Ton bläht sich auf. Es entstehen feinporige, feste und gleichzeitig leichte Tonkugeln mit luftdurchsetztem Kern und hoher Druckfestigkeit. Dieses als „Liapor“ bezeichnete Material wird als Dämmmaterial, als Zuschlagstoff für „Liapor“-Beton, für Hydrokulturen, für die Abwasserreinigung (LGRB, 2006) und gebrochen als Winterstreu verwendet. Eine Nutzung der Tonsteine zur Herstellung von Steingut fand bis Anfang der 1990er Jahre bei Alfdorf statt (RG 7124-3 und 4, LGRB 2001).
Literatur
- (2004). Erläuterungen zu Blatt 7917 Villingen-Schwenningen Ost. – 6. Aufl., Erl. Geol. Kt. Baden-Württ. 1 : 25 000, 199 S., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg).
- (2011). Geologie von Baden-Württemberg. 5. völlig neu bearb. Aufl., 627 S., Stuttgart (Schweizerbart).
- (1986). Geologie von Baden-Württemberg. 3., völlig neu bearbeitete Aufl., VII + 472 S., Stuttgart (Schweizerbart). [254 Abb., 26 Tab.]
- (2001a). Blatt L 7324 Geislingen an der Steige, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 91 S., 7 Abb., 5 Tab., 1 Kt., Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg). [Bearbeiter: Wagenplast, P. & Werner, W.]
- (2009a). Blatt L 6718 Heidelberg-Süd, mit Erläuterungen. – Karte der mineralischen Rohstoffe von Baden-Württemberg 1 : 50 000, 242 S., 33 Abb., 8 Tab., 1 Kt., 1 CD-ROM, Freiburg i. Br. (Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau). [Bearbeiter: Kleinschnitz, M. & Engesser, W.]
- (2006b). Rohstoffbericht Baden-Württemberg 2006 – Gewinnung, Verbrauch und Sicherung von mineralischen Rohstoffen. – LGRB-Informationen, 18, S. 1–202, 1 Kt.
- (1992). Mineralogisch-Chemische und Keramotechnische Untersuchungen am Opalinuston Baden-Württembergs – Endbericht zum Forschungsprojekt. Band I Projekt, Methodik, Ergebnisse. 84 S., Aachen (Institut für Mineralogie und Lagerstättenlehre der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule in Zusammenarbeit mit dem Geologischen Landesamt Baden-Württemberg). [unveröff.]
- (1973). Rohstoffkenndaten der verschiedenen Erzeugnisraten der Ziegelindustrie. – ZI Ziegelindustrie International, Heft 6, S. 212–216.
- (1922). Erläuterungen zu Blatt Geislingen a. Riedbach (Nr. 131). – Erl. Geol. Spezialkt. Württ., 85 S., 2 Taf., Stuttgart (Geologische Abteilung im württembergischen Statistischen Landesamt). [Nachdruck 1972, 1994: Erl. Geol. Kt. 1 : 25 000 Baden-Württ., Bl. 7718 Geislingen; Stuttgart]
- (1954). Bedeutung der Korngrößenverteilung und des Mineralbestands von Tonen für die Herstellung grobkeramischer Erzeugnisse. – Berichte der Deutschen Keramischen Gesellschaft, 31, S. 337–343.